Empowerment im sozialarbeiterischen Alltag. Beziehungswiderstände und Perspektiven


Seminararbeit, 2018

17 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe

Inhalt

1. Einleitung

2. Definition von „Empowerment"

3. Empowerment als Chance für den Beziehungsaufbau zwischen Sozialarbeiter und Klient
3.1 Allgemeine Definition von Beziehung
3.2 Die helfende und professionelle Beziehung in Bezug auf Empowerment

4. Die Empowerment-Beziehung als Partnerschaft („Sharing Power")

5. Beziehungsstörungen der Empowerment-Perspektiven
5.1 Empowerment als Gefahr der Überforderung für den Klienten
5.2 Der Klient in der Position der Fügsamkeit und Abhängigkeit
5.3 Legitimität der Expertenmacht

6. Der Eigensinn des Klienten
6.1 Psychische Belastung des Sozialarbeiters
6.2 Beispiel

7. Die Grenzen der Empowerment-Arbeit

8. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Methode des Empowerments kann als eine Möglichkeit der Definition für eine professionelle soziale Arbeit verstanden werden. „Empowerment" als solches bedeutet Selbstbefähigung, Selbstbemächtigung, Stärkung der Eigenmacht, wie auch Autonomie und Selbstverfügung (Vgl. Herriger 2002, S. 18). Es ist der Versuch, den Blickwinkel auf die Schwächen, durch eine Orientierung an den Stärken und Kompetenzen der Individuen zu ersetzen (Vgl. Galuske 2009, S. 262). Wichtig für diese Methode ist, dass man als professioneller Sozialarbeiter die Enteignung von Macht auf ein Minimum beschränkt und so die Unabhängigkeit und Kompetenz des Klienten fördert (Vgl. Herriger 2002, S. 197). Dieser Vorgang kann einige Widerstände auf der Beziehungsebene hervorrufen und Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Empowerment verursachen. Aus diesem Grund beschäftige ich mich in dieser Seminararbeit mit dem Thema: „Beziehungswiderstände bei der Umsetzung der Empowerment-Perspektiven im sozialarbeiterischen Alltag". Diesbezüglich werde ich die Frage „Wie wirken sich Beziehungswiderstände auf die Umsetzung von Empowerment-Perspektiven aus und welche Schwierigkeiten verbergen sich für Klient und Sozialarbeiter hinter diesem Konzept der Sozialarbeit?" klären. Um das Ziel - die Lösung der Frage -erreichen zu können, gehe ich auf folgende Schwerpunkte ein: Ich beginne mit der allgemeinen Definition von Empowerment, um ein Verständnis des Themas zu erlangen. Darauf folgt das Betrachten von Empowerment als Chance für den Beziehungsaufbau zwischen Sozialarbeiter und Klient. Diesbezüglich werde ich beleuchten, was eine Beziehung im Allgemeinen ist und wie sie im Bezug zu diesem Arbeitsstil steht. Im weiteren Verlauf meiner Seminararbeit betrachte ich die Empowerment-Beziehung als Partnerschaft und untersuche die Widerstände, die sich daraus ergeben. Für den Klienten ergibt sich aus diesem Konzept meist eine Überforderung, weshalb ich auf die Legitimität der Expertenmacht hinweise. Ein weiterer Punkt, auf den ich eingehe, ist die Position der Fügsamkeit und Abhängigkeit des Klienten. Um diese Position verstehen zu können, nehme ich Bezug auf den Eigensinn des Adressaten und beleuchte die damit verbundene psychische Belastung des Sozialarbeiters. Ich werde dies anhand eines Beispiels skizzieren. Als letzten Schwerpunkt betrachte ich mögliche Grenzen, der Empowerment-Arbeit, welche aus den Punkten davor resultieren. Am Ende der Seminararbeit werde ich noch einmal auf die Fragestellung eingehen und ein persönliches Fazit der Thematik formulieren.

2. Definition von „Empowerment"

Die Vielfältigkeit der Entstehung von Empowerment ist in unterschiedlichen geschichtlichen Wurzeln zu finden. Grundlegend wurde das Konzept durch die Pädagogik der Unterdrückten, der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, dem Feminismus sowie der Selbsthilfebewegung geprägt (vgl. Seckinger 2011, S. 314).

Um Empowerment definieren zu können, betrachte ich den Begriff aus der transitiven Richtung. Der Kerngedanke bezieht sich hierbei auf die Unterstützung und Förderung von individueller Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit durch andere, wie zum Beispiel Sozialarbeiter, Therapeuten und weitere Menschen, die in den psychosozialen Berufsfeldern tätig sind (vgl. Herriger 2002, S. 14). Empowerment fördert dementsprechend auch eine Veränderung der Sicht- und Handlungsweisen der professionellen Helfer. Es wird versucht, der Defizitzuschreibung gegenüber dem Klienten entgegenzuwirken (vgl. Galuske 2009, S. 261). Vielmehr wird der Schwerpunkt auf Ermutigung, Motivation und Erprobung von Selbstgestaltungskräften der Adressaten gelegt. Es sollen Ressourcen der Klienten herausgefunden, sichergestellt und gestärkt werden, um das Bewusstsein der Selbstwirksamkeit zu aktivieren und ein Zurückgreifen auf solche in misslichen Situationen zu ermöglichen. Bei dem Gestalten eines eigenständigen und lebenswerten Lebensraums stellt dieses Konzept der Sozialarbeit eine wesentliche Hilfestellung für die Adressaten dar. Die Aufgabe des Sozialarbeiters ist hier dennoch keineswegs die Bewältigung der Hürden und Handlungsschritte, sondern viel mehr ein Unterstützen, Motivieren und Beraten des Betroffenen. Empowerment ist zusammenfassend die Gesamtheit mutmachender Prozesse, welche Fähigkeiten wie beispielsweise eigenverantwortliches Treffen von Entscheidungen, welche das eigene Leben und damit verbunden alle Lebensoptionen, Bedürfnisse, Interessen und Wünsche angehen, bildet.

Versuchen Sozialarbeiter nicht auf die Schwächen, sondern auf die Stärken des Klienten einzugehen, ermöglichen sie eine Stärkung der Eigenmacht. Das führt wiederum dazu, dass sich Betroffene nicht ausgeliefert fühlen, sondern neues Selbstbewusstsein bilden (vgl. Herriger 2002, S. 17-18). Empowerment stellt für den Beziehungsaufbau zwischen Klient und Pädagoge eine potenzielle Chance dar, da sich Adressaten nicht bevormundet fühlen, sondern mit ihren Problemen ernst genommen und verstanden werden. Es wird ein grundlegendes Vertrauen in den Betroffenen gesteckt, dass dieser das Problem durchaus aus eigener Kraft (mit Unterstützung des Sozialarbeiters) bewältigen kann.

3. Empowerment als Chance für den Beziehungsaufbau zwischen Sozialarbeiter und Klient

Klienten werden bei der Umsetzung von Empowerment-Perspektiven nicht verurteilt, deswegen wird eine Vertrauensbasis ermöglicht und eine produktive Arbeitsbeziehung geschaffen. Um die Auswirkung von Empowerment auf die Sozialarbeiter-Klient-Beziehung tiefer verstehen zu können, werde ich im folgenden Abschnitt klären, was eine Beziehung im Allgemeinen ist und die helfende und professionelle Beziehung in Bezug auf Empowerment beleuchten.

3.1 allgemeine Definition von Beziehung

Eine Beziehung ist eine Verbindung bzw. ein Kontakt jeglicher Art zwischen Einzelnen oder Gruppen (vgl. Duden, https://www.duden.de/rechtschreibung/beziehung). sie verknüpft zwei oder mehrere abstrakte oder konkrete Dinge miteinander, in meinem Fall ist die Beziehung zwischen zwei Personen gemeint. Die Alltagspsychologie geht zum einen von der Beziehung als Rollenbeziehung mit funktionellem Hintergrund aus und zum anderen von der persönlichen Beziehung. Die erste beruht sich auf wechselseitige Rollenerwartungen, die zweite hingegen entwickelt sich zwischen Menschen durch ihre Persönlichkeit, ungeachtet der jeweiligen sozialen Rolle. Jede Beziehung besteht immer aus einer Dyade, das heißt - zwei Personen, die im Verhältnis zueinanderstehen und mindestens ein stabiles Interaktionsmuster aufweisen. Die Dyade beschreibt genau dieses Muster der Interaktion und keinesfalls die einzelnen involvierten Personen. Aus der Beobachtung einer Dyade kann durch die stabile Wechselwirkung das zukünftige Verhalten und demnach auch die Beziehung ermittelt werden. Die oben erwähnten Rollenbeziehungen stellen soziale Verbindungen dar, welche durch die sozialen Rollen der Bezugspersonen bestimmt werden. Die Rolle ist ein Grundbegriff der Soziologie, der für alle Positionen eines Menschen steht und die damit verbundenen Rollenanforderungen einbezieht. Jede Person nimmt im Alltag verschiedene Rollen ein, zum Beispiel die Vater- oder Mutterrolle, die Freundschaftsrolle oder die berufliche Rolle. In manchen Fällen stellen Rollenbeziehungen sehr unpersönliche Verbindungen dar, die allein von den Eigenschaften und Anforderungen der Rolle ausgehen und keine persönlichen Inhalte mit sich tragen (vgl. Schreibner 2008, S. 17-18). Ein Beispiel ist das Vorzeigen der Fahrkarte beim Busfahrer.

Die professionelle Beziehung zu einem Klienten stellt eine ähnliche Art der Rollenbeziehung dar. Die Person in der beruflichen Helferrolle muss alle anderen Rollen bei der Ausübung der Arbeit hintenanstellen. Auch der Klient sollte seine Rolle als Hilfesuchender einnehmen. In der sozialen Arbeit stellt man allerdings schnell fest, dass so eine Art der Klientenarbeit nur sehr selten existiert oder die Dauer auf einen kurzen Zeitabschnitt beschränkt ist. Je länger der Zeitraum der Rollenbeziehung andauert, desto persönlicher wird sie dementsprechend auch. Es findet ein Anpassen auf die persönlichen Eigenheiten des Einzelnen statt. Dort, wo bestimmte Verhaltensweisen durch Rollenbeziehungen nicht mehr erklärbar sind, entsteht eine persönliche Beziehung und ein gewisser Grad an Abhängigkeit wird erreicht (vgl. Schreibner 2008, S. 17-18).

3.2 Die helfende und professionelle Beziehung in Bezug auf Empowerment

Bei professionellen und helfenden Beziehungen handelt es sich meistens um eine asymmetrische Beziehung, das heißt, dass eine Verbindung zwischen zwei Personen besteht, die hauptsächlich auf nicht-wechselseitigen Elementen beruht. So lässt sich auch die Verbindung zwischen Sozialarbeiter und Klient beschreiben. Alle Interaktionen die in einem Hilfeprozess stattfinden, werden hier eingeordnet (vgl. Schreibner 2008, S. 18). Daraus entsteht die Grundlage für eine Empowerment-geprägte Arbeit mit dem Klienten. Die Beziehungsarbeit legt hier den Grundstein für den weiteren Hilfeprozess und ist ausschlaggebend für die Entwicklung des Adressaten. Für die zwischenmenschliche Beziehung und dessen Aufbau, werden drei wichtige Elemente beschrieben - Empathie, Wertschätzung und Echtheit oder Kongruenz.

Für den Sozialarbeiter bedeutet Empathie das Verstehen der problemhaften Lebenswelt des Klienten. Unabdingbar für den strukturierten und produktiven Beziehungsaufbau ist, dass der Professionelle sich in dieser Lebenswelt so bewegen kann, als wäre es seine eigene, ohne Qualität der Hilfe abzubauen. Ziel ist es, die Perspektive zu wechseln und aus den Augen des Klienten zu sehen und wie er zu fühlen, aber mit dem theoretischen Wissen welches der Sozialarbeiter besitzt.

Wertschätzung steht in diesem Fall für bedingungsloses Akzeptieren. Die Annahme aller problematischen aber auch positiven Eigenheiten des Klienten ist Voraussetzung für eine gewinnbringende Entwicklung, so reagiert der Professionelle auf Gefühle und Gedanken des Adressaten ohne Verurteilung oder abneigende Bewertungen.

Echtheit und Kongruenz ist unabdingbar, da sie ein wichtiger Teil einer fundamentalen Beziehung darstellt. Die professionelle Hilfe kann nur dann den Grad der produktiven Veränderung des Klienten erreichten, wenn der Sozialarbeiter authentisch ist und eigene Wahrnehmungen, wie positive oder negative Gefühle zur Problematik, in die Beziehung des Klienten einfließen lassen kann - das ist in diesem Fall mit Kongruenz gemeint (vgl. Schreibner 2008, S. 19-20).

Gerade für die Umsetzung der Empowerment-Perspektiven erscheinen mir diese drei Elemente als unbedingt notwendig. Damit die volle Energie, Kraft und Leistungsfähigkeit des Klienten freigesetzt werden kann, muss der Sozialarbeiter erst einmal verstehen, wieso sie momentan unterdrückt ist. Ein Beispiel dafür könnten lebensweltliche Zwänge und gesellschaftliche Erwartungen sein, welche die Entwicklungs- und Bildungsmöglichkeiten blockieren (vgl. Dörr und Müller 2007, S. 38). - siehe Empathie. Daraus folgt, dass Professionelle den hilfesuchenden Menschen, der diese Gründe der Einschränkung aufweist, bedingungslos annehmen muss und ihm „mit einer warmen, entgegenkommenden, nicht besitzergreifenden Wertschätzung" gegenübertritt (vgl. Schreibner 2008, S. 19). Wenn der Klienten wegen seiner Fehler verurteilt wird, kann der Sozialarbeiter unmöglich dessen Eigenmacht stärken und übt so keinen mutmachenden Prozess aus. Wird er hingegen ernst genommen und ihm Anerkennung geschenkt, hilft es ihm bei der Bildung des Selbstwerts und eine Empowerment-orientierte Arbeit ist möglich (vgl. Herriger 2002, S. 18). Letztendlich ist es wichtig, dass der Professionelle dem Adressaten seine Wahrnehmungen mitteilt und ihm deutlich macht, welches Potenzial er in ihm sieht. Er glaubt an ihn und an seine Fähigkeiten, bestimmte Probleme zu bewältigen - bezüglich Kongruenz. Damit auch der Klient daran glauben kann, muss der Sozialarbeiter seine Macht auf ein Minimum beschränken und eine Art Beziehungsmodus wird erreicht. Darauf möchte ich in dem folgenden Abschnitt genauer eingehen (vgl. Herriger 2002, S. 195).

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Empowerment im sozialarbeiterischen Alltag. Beziehungswiderstände und Perspektiven
Hochschule
Duale Hochschule Gera-Eisenach (ehem. Berufsakademie Thüringen in Eisenach)
Note
2,5
Autor
Jahr
2018
Seiten
17
Katalognummer
V455576
ISBN (eBook)
9783668872394
ISBN (Buch)
9783668872400
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Empowerment, Beziehungswiderstände, Konzepte der Sozialarbeit
Arbeit zitieren
Michéle Wohlrab (Autor:in), 2018, Empowerment im sozialarbeiterischen Alltag. Beziehungswiderstände und Perspektiven, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455576

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