Der aus dem Griechischen stammende Begriff „Mimesis“ wird in der Regel als „Nachahmung der Natur“ verstanden. Das zugehörige Verb „mimeísthai“ wird nicht nur im Sinne von „etwas nachahmen“, sondern unter anderem auch im Sinne von „darstellen“ verwendet was bereits darauf hindeutet, dass es sich der Nachahmungsbegriff nicht auf die Nachahmung tatsächlich geschehener Ereignisse oder real existierender Orte und Personen bezieht, sondern auf die Nachahmung bzw. Darstellung dessen, was sein könnte.
Hierzu sagt Aristoteles, auf den Kleist sich, wie ich später ausführen werde, in dem Text „Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten“ bezieht, dass der Dichter nicht das mitteilen soll, „was wirklich geschehen ist, sondern vielmehr, was geschehen könnte, d.h. das nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit Mögliche“. Da Aristoteles als einendes Merkmal aller Dichtkunst die Nachahmung nennt , muss er diesen Begriff notwendigerweise als die Darstellung des Möglichen oder Wahrscheinlichen verstehen und nicht als die Nachbildung wirklich geschehener Ereignisse.
Gerade um den Unterschied zwischen Wahrheit und Wahrscheinlichkeit, die die Wahrheit lediglich nachahmt, geht es in Kleists Erzählung „Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten“.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Mimesis in Heinrich von Kleists Erzählung „Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten“?
- Die zwei Teilaussagen des Offiziers
- Die drei Ebenen der Geschichte
- Die Grenzen zwischen Wahrheit und Dichtung
- Die allgemeine Aussage der Erzählung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Essay analysiert Heinrich von Kleists Erzählung „Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten“ im Hinblick auf den Begriff der Mimesis. Die Arbeit untersucht, wie Kleist in seiner Erzählung das Verhältnis von Wahrheit und Wahrscheinlichkeit sowie die Grenzen zwischen Fiktion und Realität erforscht.
- Mimesis in Kleists Erzählung
- Verhältnis von Wahrheit und Wahrscheinlichkeit
- Grenzen zwischen Fiktion und Realität
- Spielebene der Wahrheit und Wahrscheinlichkeit
- Unterscheidung zwischen Dichtung und Geschichtsschreibung
Zusammenfassung der Kapitel
- Der Essay beginnt mit einer Definition des Begriffs „Mimesis“ und seiner Bedeutung in der Literatur. Es wird auf Aristoteles’ Poetik Bezug genommen, die die Nachahmung als einendes Merkmal aller Dichtkunst darstellt.
- Im zweiten Kapitel wird Kleists „Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten“ vorgestellt und die darin erzählten Geschichten analysiert. Es wird gezeigt, wie der Offizier in der Geschichte seine Zuhörer mit unwahrscheinlichen Geschichten unterhält, von deren Wahrheit er selbst überzeugt ist.
- Das dritte Kapitel analysiert die logische Zwickmühle, die durch die Reaktionen der Zuhörer auf die Geschichten des Offiziers entsteht. Die Zuhörer glauben dem Offizier zunächst, obwohl dieser selbst betont, dass die Wahrscheinlichkeit nicht immer auf Seiten der Wahrheit liegt.
- Es wird die Unterscheidung zwischen Wahrheit und Wahrscheinlichkeit sowie die Grenzen zwischen Fiktion und Realität anhand der drei Ebenen der Geschichte (Binnengeschichte, Rahmengeschichte und die reale Welt des Lesers) untersucht.
- Der Essay endet mit der Frage, ob es möglich ist, die allgemeine Aussage der Erzählung zu be- oder widerlegen. Es wird gezeigt, dass der Text sich durch ständige Widersprüche selbst in Frage stellt und die Unterscheidung zwischen Wahrheit und Dichtung letztendlich unmöglich macht.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Essays sind Mimesis, Wahrheit, Wahrscheinlichkeit, Fiktion, Realität, Dichtung, Geschichtsschreibung, Aristoteles, Kleist, „Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten“, Erzählung, Geschichte, Leser, Zuhörer.
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- Johanna Mandelartz (Autor), 2013, Mimesis in Heinrich von Kleists Erzählung "Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455727