„Braucht Europa eine Verfassung?“ Mit dieser Fragestellung möchte sich die vorliegende Arbeit beschäftigen und die verschiedenen Dimensionen der angesprochenen Verfassungsdebatte näher beleuchten. Die Debatte um die Notwendigkeit einer Verfassung ist schließlich nicht zuletzt auch in Folge der ablehnenden Referenden über den vorlegten EU-Verfassungsvertrag in Frankreich und den Niederlanden von ungebrochener Aktualität. Die Sinnkrise verschärfte sich noch deutlich, als am 16./17. Juni 2005 in Brüssel sich die Regierungschefs auf kein weiteres Vorgehen in der Verfassungsfrage festgelegen konnten und darüber hinaus auch die Verhandlungen über die mittelfristigen Finanzplanung in der EU scheiterten. Um Zeit zu gewinnen hatten die EU-Regierungschefs "eine Phase der Reflexion und des Dialogs" beschlossen: Bis zum EU-Gipfel im Juni 2006 wurden weitere Referenden ausgesetzt und damit auch das gesamte Verfassungsprojekt auf Eis gelegt. Zu beobachten ist, dass sich in dieser Reflexionszeit die Fragen nach einer Verfassung wieder verstärkt auf das grundsätzliche Bedürfnis einer europäischen Verfassung konzentrieren. Dieser fundamentalen Frage, ob Europa eine Verfassung braucht, soll in der vorliegenden Arbeit Rechnung getragen werden, weitgehend ohne den konkreten Verfassungsvertrag, bewertend in den Blick zu nehmen.
Zunächst soll geklärt werden, ob Europa bereits in irgendeiner Gestalt eine Art Verfassung besitzt, um danach im Groben die Gestalt der Verfassungsdiskussion zu umreißen. Anschließend wird sowohl auf die Chancen, als auch die Grenzen einer europäischen Verfassung eingegangen. Abschließend werden kulturpolitische Erwägungen bezüglich einer Verfassung herangezogen. Anhand der dargestellten Aspekte soll die folgende These belegt werden:
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der organisierte Zustand Europas: Verfassung oder Vertrag?
- Zum Begriff der Verfassung
- Hat Europa bereits eine Verfassung?
- Die Verfassungsdebatte als Antwort auf Reformbedarf in der Europäischen Union
- Die Chancen einer europäischen Verfassung
- Mehr Legitimität - mehr Demokratie?
- Effizienz, Transparenz, Vereinfachung
- Grenzen einer Verfassung Europas
- „Wo kein Staat, da keine Verfassung, wo kein Staatsvolk da kein Staat“
- Die Verfassungen der Mitgliedsstaaten als rechtliche Grenzen einer Verfassung Europas
- Problem der Finalität
- Die Idee von Europa: Ein Gesellschaftsmodell per Verfassung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, ob Europa eine Verfassung benötigt. Sie beleuchtet die verschiedenen Dimensionen der Verfassungsdebatte, die insbesondere durch die ablehnenden Referenden über den EU-Verfassungsvertrag in Frankreich und den Niederlanden an Aktualität gewonnen hat. Ziel der Arbeit ist es, die Chancen und Grenzen einer europäischen Verfassung zu untersuchen und die Notwendigkeit einer reformierten und einheitlichen vertraglichen Grundlage für die Europäische Union zu belegen.
- Der Begriff der Verfassung und seine Bedeutung für Europa
- Die Verfassungsdebatte als Reaktion auf Reformbedarf in der EU
- Chancen einer europäischen Verfassung: Mehr Legitimität, Effizienz und Transparenz
- Grenzen einer europäischen Verfassung: Staatsvolk, Mitgliedsstaaten und Finalität
- Die Idee von Europa als Gesellschaftsmodell per Verfassung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Frage nach der Finalität des europäischen Integrationsprozesses und der Notwendigkeit einer europäischen Verfassung in den Kontext der Herausforderungen und Komplexitäten der EU-Erweiterung. Kapitel 2 befasst sich mit dem Begriff der Verfassung und untersucht, ob Europa bereits eine Verfassung besitzt. Die Chancen einer europäischen Verfassung, wie beispielsweise mehr Legitimität, Effizienz und Transparenz, werden in Kapitel 4 beleuchtet. Kapitel 5 analysiert die Grenzen einer europäischen Verfassung, die durch das Fehlen eines europäischen Staatsvolkes, die Verfassungen der Mitgliedsstaaten und die Problematik der Finalität des Integrationsprozesses entstehen. Kapitel 6 widmet sich der Idee von Europa als Gesellschaftsmodell, das durch eine Verfassung gestaltet werden könnte.
Schlüsselwörter
Europäische Union, Verfassung, Integrationsprozess, Legitimität, Demokratie, Effizienz, Transparenz, Finalität, Staatsvolk, Mitgliedsstaaten, Gesellschaftsmodell
- Arbeit zitieren
- Tobias Naber (Autor:in), 2005, Braucht Europa eine Verfassung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45607