Die Einbettung wirtschaftlicher Entscheidungen in die soziale Umwelt. Welche Rolle spielt hierbei die Kultur?


Hausarbeit, 2016

17 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Einbettung wirtschaftlicher Entscheidungen in die soziale Umwelt- Welche Rolle spielt hierbei die Kultur
2.1 Theorie zur Einbettung wirtschaftlichen Handeln
2.2 Annäherung an den Kulturbegriff
2.3 Darstellung und Bewertung empirischer Ergebnisse zur Erforschung kultureller Einflüsse
2.4 Kulturelle Einbettung wirtschaftlicher Entscheidungen

3. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Schon im Jahre 1930 legitimierte der Soziologe und Volkswirt Werner Sombart in seinem Werk National ökonomie und Soziologie die Erforschung der Ökonomie aus sozialwissenschaftlicher Sicht, wenn er sagt, dass Wirtschaft (…) ein Teil der menschlichen Gesellschaft [ist] (Sombart 1930: S. 176). Daran knüpft ein Teilgebiet der Soziologie an- die Wirtschaftssoziologie. Inwiefern wirtschaftliches Handeln in soziale Strukturen eingebettet ist, beschreibt Mark Granovetter 1985 in seinem Auf- satz Economic Action and Social Structure: The Problem of Embeddedness, wel- cher als das Leitbild in dieser Debatte gilt und Raum für weitere Untersuchung bietet. In dieser Hausarbeit soll geprüft werden, welche Rolle die Kultur bei der Einbettung wirtschaftlicher Entscheidungen in die soziale Umwelt spielt. Daher wird nun zu- nächst die Theorie der Einbettung nach Granovetter beschrieben sowie überblicks- halber verschiedene Dimensionen der Einbettung dargestellt. Die Dimension der Kultur ist schließlich relevant für diese Arbeit, weshalb anschließend eine Annähe- rung an den Kulturbegriff vorgenommen wird. Hier zeigt sich, dass es keine eindeu- tige Definition von Kultur gibt. Nun erfolgt die Darstellung und methodische Bewer- tung von diversen Studien, die anhand von Ultimatum- Spielen kulturelle Einflüsse auf wirtschaftliche Entscheidungssituationen untersucht haben. Durch das Zusam- mentragen aller Ergebnisse kann anschließend die Forschungsfrage beantwortet werden. Zuletzt werden zentrale Befunde zusammengefasst und ein Ausblick auf weitere Forschungsmöglichkeiten gegeben.

2. Die Einbettung wirtschaftlicher Entscheidungen in die soziale Umwelt- Welche Rolle spielt hierbei die Kultur?

2.1 Theorie zur Einbettung wirtschaftlichen Handelns

Der Begriff der Einbettung wird üblicherweise mit dem Soziologen Mark Granovetter in Verbindung gebracht, welcher als bekannter Vertreter der Netzwerkanalyse gilt. Erstmals wurde diese Bezeichnung allerdings in Karl Polanyis Werk The Great Transformation aus dem Jahre 1944 verwendet, in welchem er kurz gesagt die Herausbildung der liberalen Marktwirtschaft beschreibt. Granovetter verbreitet das Konzept der Einbettung schließlich in seinem bekannten Aufsatz Economic Action and Social Structure: The Problem of Embeddedness (1985) auf eine andere Art und Weise als Polanyi. Dies gilt als zentraler Diskussionspunkt für die neue Wirtschaftssoziologie, da wirtschaftliches Handeln keine reine Untersuchung der Ökonomen bleiben darf, sondern vor einem sozialen Kontext betrachtet werden muss (Vgl. Braun et al. 2013: S. 167). Diese Idee wird im Folgenden erläutert. Zunächst beschreibt Granovetter das Konzept der Über- und Untersozialisierung, welche er beide kritisiert.

In klassischen und neoklassischen Wirtschaftstheorien innerhalb der utilitaristischen Denkweise nimmt man das Modell eines homo oeconomicus an, welcher eigeninteressiert seinen Nutzen maximieren will. Es liegt hier ein atomistisches, untersozialisiertes Konzept menschlichen Handelns vor, bei welchem der Einfluss von sozialen Strukturen auf die Wirtschaft ausgeschlossen ist. Man geht nämlich in dieser Tradition davon aus, dass soziale Beziehungen störend sind für den Wettbewerbsmarkt aufgrund von Misstrauen und dass die gesellschaftliche Atomisierung die Bedingung für einen vollkommenen Wettbewerb bildet (Vgl. Granovetter 1985: S. 483/484). Jüngere Theorien dagegen stellen soziale Einflüsse nun in den Mittelpunkt des wirtschaftlichen Handelns: Diese erscheinen als Prozesse, durch welche sich der Handelnde Gewohnheiten oder Normen aneignet, welche er mechanisch und automatisch befolgen, ohne Rücksicht auf seine rationale Entscheidungsfähigkeit. Hier liegt nun ein Konzept der Übersozialisierung vor, da man annimmt, dass Verhaltensmuster verinnerlicht sind und sich aktuelle Beziehungen nicht auf das Handeln auswirkt.

Das unter- und übersozialisierte Konzept bilden zunächst einmal einen Gegensatz, allerdings stellt Granovetter eine entscheidende Gemeinsamkeit fest: In beiden Fällen wird ein atomistischer Akteur beschrieben, der aus seinem Kontext herausgelöst ist (Vgl. Granovetter 1985: S. 484/485).

Granovetter lehnt daher die Konzepte der über- und untersozialisierten Perspektive ab, sondern geht stattdessen von folgendem Mittelweg aus:

Actors do not behave or decide as atoms outside a social context, nor do they adhere slavishly to a script written for them by the particular intersection of social categories that they happen to occupy. Their attempts at purposive action are instead embedded in concrete, ongoing systems of social relations (ebd.: S. 487).

Ein Akteur verhält sich nicht rein nach einer Nutzentheorie, da hierbei strukturelle Bedingungen des Handelns vernachlässigt werden. Er wird stattdessen aufgrund seines sozialen Kontextes beeinflusst, durch welchen er auch wiederum rational entscheiden kann.

Mikl-Horke fasst Granovetters Ansichten sehr übersichtlich und leicht verständlich zusammen:

1. Die Verfolgung ökonomischer Ziele wird begleitet von den nicht- ökonomischen Zielen wie Geselligkeit, Anerkennung, Status, Macht.
2. Wirtschaftliches Handeln ist sozial situiert und kann daher nicht durch individuelle Motive allein erklärt werden; es spielt sich in einem sozialen Kontext ab, der die Individuen beeinflusst und der von diesen ihrerseits aktiv mit gestaltet wird.
3. Wirtschaftliche Institutionen entstehen nicht automatisch aufgrund externer Umstände, sondern sind sozial konstruiert; sie entwickeln sich auf der Grundlage der praktischen Wirtschaftsbeziehungen und werden im Rahmen derselben immer wieder gedeutet und modifiziert. (Mikl-Horke 2008: S. 116/117)

Da Granovetter keine genauere Beschreibung der verschiedenen Arten von sozialer Einbettung vornimmt, wird nun auf eine Übersicht aus einem Lehrbuch zurückgegriffen, welche sich mit diesem Thema befasst hat und verschiedene Ergebnisse zusammengetragen hat. So erhält man einen kurzen Einblick in die verschiedenen Formen.

Grundlegend gibt es einen zeitlich-historischen Kontext, der bei allen weiteren folgenden Dimensionen eine Rolle spielt. Die institutionelle Einbettung untersucht, wie wirtschaftliches Handeln durch institutionelle Rahmenbedingungen geprägt ist. Hierbei steht die Ordnungsfunktion von Institutionen im Vordergrund, welche das Handeln planen und koordinieren können. Des Weiteren ist die strukturelle Einbettung von Bedeutung, bei welcher anhand von sozialen Netzwerken die Einbindung des Akteurs beschrieben wird (Vgl. Braun et al. 2013: S. 167). An dieser Stelle ist auf Granovetters ebenfalls sehr wirkungsmächtigen Aufsatz The Strength of Weak Ties (1973) zu verweisen. Hier betont Granovetter, dass gerade schwache Beziehungen erfolgversprechend sind, was er anhand der Stellensuche von Absolventen überprüft hat.

Die kulturelle Einbettung ist eine weitere Option, die sich mit dem Handeln vor den Bedingungen der jeweiligen Kultur befasst (Vgl. Braun et al. 2013: S. 167). Dieser Punkt ist von zentraler Bedeutung für die weiteren Untersuchungen in dieser Hausarbeit, weshalb nun der Versuch einer Begriffsbestimmung erfolgt.

2.2 Annäherung an den Kulturbegriff

Um zu untersuchen, wie sich der kulturelle Kontext auf wirtschaftliches Handeln auswirkt, muss zunächst bestimmt werden, was man darunter versteht.

Kultur ist ein Begriff, welcher sowohl im Alltag als auch in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen wie beispielsweise der Ethnologie, der Soziologie und der Anthropologie häufig verwendet wird und deshalb äußerst vielseitig ist. Das Wort stammt ursprünglich vom lateinischen cultura ab, was so viel wie Landbau und Pflege des Körpers und Geistes bedeutet (Vgl. Duden). Im allgemeinen Sprachverständnis spielt heutzutage der landwirtschaftliche Aspekt wohl eine eher untergeordnete Rolle und auch der zweite Teil der lateinischen Übersetzung trägt nicht wesentlich zum Verständnis des Begriffs bei. Sucht man nun nach nicht- fachspezifischen Definitionen von Kultur, stößt man auch hier auf verschiedene und allgemeine Bedeutungen. Eine Erklärung beschreibt Kultur als Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Höherentwicklung (Vgl. Duden), wobei unklar ist, was genau damit gemeint ist. Es sollte selbstverständlich sein, dass eine Begriffsdefinition aus dem Duden keinen soziologisch mächtigen Grundbegriff wie Kultur erklären kann. Betrachtet man nämlich jetzt spezifisch den Kulturbegriff der Soziologie, so gibt es allerdings auch hier keine eindeutige Definition, da der Begriff je nach Paradigma verschiedene Funktionen erfüllen kann. Daraus folgend kann nun hier auch lediglich eine Annäherung an den soziologischen Begriff geleistet werden, weshalb zwei allgemeine Definitionen des soziologischen Grundbegriffes Kultur dargestellt werden:

Unter Kultur versteht man (…) die erlernten oder sonstwie angeeigneten, über Nachahmung und Unterweisung tradierten, strukturierten und regelmäßigen, sozial verbreiteten und geteilten Gewohnheiten, Lebensweisen, Regeln, Symbolisierungen, Wert- und Wissensbestände der Akteure eines Kollektivs, einschließlich der Arten des Denkens, Empfindens und Handelns (Esser 1999: S. 9).

und

Die Gesamtheit der Verhaltenskonfigurationen einer Gesellschaft, die durch Symbole [Religion, Kunst, Wissen usw.]

[...]

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Details

Titel
Die Einbettung wirtschaftlicher Entscheidungen in die soziale Umwelt. Welche Rolle spielt hierbei die Kultur?
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
1,7
Jahr
2016
Seiten
17
Katalognummer
V456100
ISBN (eBook)
9783668864566
ISBN (Buch)
9783668864573
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einbettung, entscheidungen, umwelt, welche, rolle, kultur
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Anonym, 2016, Die Einbettung wirtschaftlicher Entscheidungen in die soziale Umwelt. Welche Rolle spielt hierbei die Kultur?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/456100

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