Der Raum als 3.Pädagoge. Was bedeutet moderne Schulbaugestaltung für Lehrpersonen?


Thèse de Master, 2018

88 Pages, Note: A


Extrait


Inhalt

Zusammenfassung

Einleitung

1. Hinführung zur Forschungsfrage

2. Aktueller Forschungsstand
a) Psychologische Perspektive
b) Bildungswissenschaftliche Perspektive
c) Soziologische Perspektive
d) Architektonische Perspektive
e) Bedeutung des Forschungsstandes für diese Arbeit

3. Die Sprache der Räume

4. Sample

5. Grundriss-Analyse
a) Wohlbefinden und Anregung der Sinne
b) Kooperation, Austausch und Interaktionsformen
c) Selbstständigkeit, Kontrolle und Macht

6. Fazit

7. Ausblick

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Anhang A: Beispiel der Space Syntax Theorie

Anhang B: Gütekriterien für Schulgebäude

Anhang C: Grundrisse, Beispieletagen

Zusammenfassung

Basierend auf einer umfassenden Literaturrecherche wird in der vorliegenden Arbeit zuerst die Relevanz bestimmter psychologischer und bildungswissenschaftlicher Bedürfnisse sowie soziologischer Bedingungen und architektonischer Lösungsmöglichkeiten in Bezug auf den Leistungserfolg von SchülerInnen verdeutlicht. Mithilfe der Space Syntax Methode, welche die Anordnung von Räumen hinsichtlich des Zusammenlebens von Menschen erklärt, und eines spezifischen Raum-Musters gelingen qualitative Aussagen in den drei interdisziplinär herausgearbeiteten Bereichen - 1. Wohlbefinden und Anregung der Sinne, 2. Kooperation, Austausch und Interaktionsformen, 3. Selbstständigkeit, Kontrolle und Macht, um die Forschungsfrage zu beantworten, welches Arbeiten von Lehrpersonen in bestimmten modernen Schulgebäuden ermöglicht oder behindert wird.

Die Anwendung der Methode auf vier Fallbeispiele von Sekundarschulen des Schweizer Kantons Zug führt zu dem Schluss, dass der Leistungserfolg von SchülerInnen und das Arbeiten von Lehrpersonen letztlich auch vom Grundriss einer Schule abhängen.

Anstatt davon auszugehen, dass ein sich wandelnder Unterricht neuer bzw. anderer Räume bedarf, wird hier umgekehrt gezeigt, dass erst «neue» Räume Lehrpersonen das Lehren mit neuen pädagogischen Konzepten ermöglichen, da Räume und Raumanordnungen nicht nur eine bestimmte soziale Ordnung und Verhaltensweisen erkennen lassen, sondern diese regelrecht formen. Der von Hattie geprägte Satz „Gewisse Lehrpersonen machen einen Unterschied“ gilt dementsprechend besonders da, wo der 3.Pädagoge, der Raum, die Lehrpersonen unterstützt.

Abstract

Based on comprehensive literature research, the present study first clarifies the relevance of certain psychological and educational needs regarding the achievement of students and it also demonstrates and substantiates sociological conditions and architectural solutions.

Using the space syntax method, which explains the arrangement of spaces for the social interactions of people, and a specific space pattern results in qualitative statements in the three interdisciplinary areas - 1. well-being and stimulation of the senses, 2. cooperation, exchange and interaction, 3. independence, control and power to answer the research question how modern school buildings may enable, or hinder teachers’ work.

The application of this method to four case studies of secondary schools in the Swiss canton of Zug leads to the conclusion that the performance of pupils and the work of teachers ultimately depends on the layout of a school building.

Instead of assuming that changing pedagogic concepts require new or altered space, it is demonstrated conversely that only “new” rooms enable teaching based on new pedagogic concepts since layouts not only unsheathe a certain social order and behavior but downright shape them. Hattie's phrase "Certain teachers make a difference" applies accordingly to where the third pedagogue - the space - supports the teachers.

Die Endung - I nnen wird hier stellvertretend für weibliche und männliche Personengruppen verwendet, wodurch „Schülerinnen und Schüler“ zum Ausdruck „SchülerInnen“ werden und „Nutzer und Nutzerinnen“ zu „NutzerInnen“.

Auch wenn „Bildungswissenschaften“ ein weiter Überbegriff ist, „Didaktik“ sich mehr auf den Teil der Bildungswissenschaften bezieht, welcher mit Unterricht zu tun hat und „Pädagogik“ den Bereich abdeckt, der sich auf Kinder und Jugendliche bezieht, werden diese Begriffe hier ähnlich verwendet, hinnehmend dass sie nicht deckungsgleich sind. So ist die Rede bspw. von bildungswissenschaftlichen, didaktischen und pädagogischen Konzepten.

Einleitung

In der Schweiz halten sich SchülerInnen während ihrer dreijährigen Sekundarschulzeit durchschnittlich ca. 4000 Stunden ohne Zusatzveranstaltungen im Schulgebäude auf. „Es gibt keinen anderen Ort als die Schule, an dem das Kind außerhalb des Elternhauses insgesamt so viel Zeit verbringt“ (Rödder & Walden, 2013, S. 31). Lehrpersonen verbringen noch mehr Zeit in der Schule. Sie befinden sich dort im Unterricht und in Konferenzen, bereiten Unterricht vor und nach und treffen Absprachen. Zudem erleben beide Gruppen in der Schule ganz Alltägliches: sie pflegen Freundschaften, gehen Hobbies nach, tauschen sich aus, bewegen sich, reden, spielen, etc. - kurz: sie leben dort auch. Deswegen wird der Architektur von Schulgebäuden schon seit Dekaden, u.a. seit dem Aufkommen von Ganztagsschulen, zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt.

Diese Aufmerksamkeit hat sich in den letzten Jahren verstärkt, da der Raum als dritter Pädagoge eine neue Wichtigkeit erfahren hat und noch erfährt.

„Raum als 3.Pädagoge“ bedeutet, dass neben dem 1. Pädagogen - der Lehrperson - und dem 2. Pädagogen - den Peers -, von denen nachgewiesen ist, dass sie das Lernen ebenso beeinflussen wie Lehrpersonen, nun auch dem Raum pädagogische Effekte zugeschrieben werden, was ihn zum 3. Pädagogen macht. Seit längerem ist wissenschaftlich belegt, dass sich Menschen in Räumen unterschiedlich fühlen: negativ z.B. beklommen, verloren, unbedeutend, aber auch positiv z.B. frei und aufgewertet. Auch agieren sie unterschiedlich. „Buildings influence people, through their layout, their spatial relations, often in a hidden way. In physical terms, buildings form the conditions for human behavior and interaction” (Bjurström, 2011, S. 36). Wenn sogar das soziale Miteinander durch den Raum geformt - zumindest aber beeinflusst - wird, wie Bjurström behauptet, und pädagogische Prozesse im Kern zwischenmenschlich sind (Rolff, 1992, S. 306), dann können Auswirkungen des Raums dementsprechend das Ziel der Schule unterstützen. Der Raum kann somit als dritter Pädagoge fungieren. Dann wäre zu vermuten, dass der 3. Pädagoge die beiden anderen Pädagogen effektiver macht.

Die Erkenntnisse aus neuen pädagogischen Konzepten, z.B. dass dezentriertes Lernen sich positiv auf die Selbstständigkeit von SchülerInnen auswirkt (Breidenstein, Rademacher, & Menzel, 2017), können nur beschränkt in manchen Räumen verwirklicht werden. Schulräume sind hier die entscheidende Ressource zur Steuerung. Sie sind aber auch entscheidend für das Wohlbefinden (Rittelmeyer, 2004) und das soziale Miteinander (Kaiser, 2017).

Der Raum, in dem Bildung stattfindet, wird als zusätzlicher Pädagoge immer wichtiger, da Bildung selbst den einzelnen Menschen aber auch der Politik zunehmend wichtig ist -gemessen an der steigenden Zahl der in Schulen und Tertiärstufe befindlichen Personen in der Schweiz (bfs.admin.ch, 2018). Der Raum als dritter Pädagoge zur Unterstützung der beiden anderen „Pädagogen“ ist nicht nur von nationalem wirtschaftlichen Interesse, damit Unternehmen im Wettbewerbsdruck bestehen, oder von internationalem Interesse, um im sich ausbreitenden Kampf um Ressourcen und in der weiterhin zunehmenden Globalisierung wirtschaftlicher Unternehmen den eigenen nationalen Standpunkt halten oder verbessern zu können. Sondern die Unterstützung des Raums ist auch wichtig, damit SchülerInnen zukünftig im privaten Bereich in der zunehmend komplexen und undurchsichtigen Welt handlungsfähig sind, kompetente Entscheidungen fällen und eine gesunde Lebensführung haben können.

Da Menschen heutzutage nicht mehr in vorgefundenen Höhlen leben, sondern Räume, in denen sie leben, selbst gestalten, liegt der Gedanke nahe, Schulgebäude so zu gestalten, dass der 3.Pädagoge wirken kann. Was aber heisst dies genau?

1. Hinführung zur Forschungsfrage

Dieses Kapitel führt anhand von relevanter Information dahin, was die Absicht und das Interesse dieser Arbeit ist.

Hattie (2009, S. 33) schreibt in seiner Synthese von über 800 Meta-Analysen in Bezug auf Schulen „The effects of schools too often are overplayed - particularly in developed countries.” Kurioserweise wären die am häufigsten diskutierten Probleme oft die mit den kleinsten Effekten (ebenda).

Bei Hatties Aussage ist einerseits zu beachten, dass für Hattie der Einfluss der Schule auf den sichtbaren Leistungserfolg (achievement - „Visible Learning“) eine Einflussgrösse neben fünf weiteren war: 1. Einfluss des Zuhauses, 2. der SchülerInnen, 3. der Curricula, 4.der Lehrpersonen und 5. der Herangehensweisen beim Lehren. Andererseits ist zu beachten, dass Hattie zu den Schuleinflüssen nicht nur die Architektur der Schule zählte, sondern auch die Unterschiede in Stundenplänen, Schul- und Klassengrössen, Schulfinanzen etc. Die grössten Unterschiede zwischen Schulen wurden in „less resourced countries“ (S. 73) gemessen. Er kommt durch seine Meta-Analyse den Leistungserfolg betreffend (« visible learning ») zu dem Schluss: „the most powerful effects of school relate to features within schools, such as climate of classroom, peer influences, and the lack of disruptive students in classroom“ (Hattie, 2009, S. 33).

Wenn, wie Hattie feststellte, die grössten Mess-Unterschiede innerhalb einer Schule und nicht zwischen den Schulen liegen (2009, S. 34), dann lässt sich daraus nicht zwingend schliessen, dass der Schul-Faktor zwar wichtig, aber im Hinblick auf den Leistungserfolg der SchülerInnen unwesentlich ist, - insbesondere dann nicht, wenn bestimmte Details des Schulbaus (z.B. Grundriss, Fassade, Mobiliar, Akustik) in den untersuchten Studien unberücksichtigt blieben.

Um herauszufinden, was der Schulbau zum Leistungserfolg von SchülerInnen zusteuern kann, bräuchte es andere - direktere - Vergleiche und für diese Vergleiche müssten die von Schulgebäuden beeinflussbaren Kriterien bekannt sein.

Zum einen wäre bei einer Untersuchung der Einflusskriterien von Schulbauten das Kriterium „Leistungserfolg“ eventuell kein Kriterium, worauf ein Schulgebäude einen direkten Einfluss ausübt. Denn Schulraum könnte bspw. das Wohlbefinden von SchülerInnen beeinflussen, wodurch bessere Leistungen erbracht werden könnten. Zum anderen könnten Details des Schulbaus Aufschluss über Einflüsse geben, bspw. kann schlechte „Akustik“ den Lernerfolg direkt beeinflussen. Es ist dementsprechend wichtig, nicht den Schulbau insgesamt zu betrachten, sondern die Auswirkungen von Schulbau-Details zu untersuchen.

Durch unzählige eigene Wohnortwechsel und eine persönliche Erfahrung mit einer aussergewöhnlichen Schule, der Kincaid Elementary School (siehe Abb. 1), wurde der Autorin bewusst, dass sich Menschen in verschiedenen Gebäuden nicht nur unterschiedlich wohl fühlen, sondern anscheinend auch unterschiedlich verhalten und gar unterschiedlich lernen, da sich Gebäude auf Menschen auszuwirken scheinen. Die Rolle des Gebäudes in Bezug auf das Lernen ist ein faszinierender Ausgangsgedanke, insbesondere für Lehrpersonen.

Das Aussergewöhnliche an der Kincaid-Elementary-School waren der Gebäudegrundriss, und der unkomplizierte Umgang der SchülerInnen damit.

Selbst Fünfjährige fanden sich sehr schnell in der Schule zurecht und hatten weder Orientierungsprobleme noch fühlten sie sich in irgendeiner Weise verloren. Niemand schien es seltsam zu finden, dass die Räume keine rechten Winkel hatten. Die Schule bestand aus hexagonen und pentagonen Bereichen. Die Anordnung der Schule und die Flure erleichterten zwar die Orientierung, man musste sich aber in jedem Raum immer wieder neu orientieren. Zusätzlich zu den Fenstern liessen Deckenöffnungen Tageslicht hinein. Dazu kam, dass meist mehrere Klassen mit fliessenden Übergängen eine Einheit bildeten in einem vom Rest der Schule abgegrenzten Bereich. Es gab leicht verschiebbare Wände, was oft und schnell genutzt wurde, um grössere oder kleinere Gruppen zu bilden. Interessanterweise war keine Einheit gleich oder symmetrisch. Abb. 1 zeigt ein Luftbild der Schule, Abb. 2 den Grundriss.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die SchülerInnen vermittelten in persönlichen Befragungen den Eindruck, dass sie die Schule übersichtlich fanden und sich einer Einheit zugehörig fühlten. Auch war beeindruckend, wie leicht es ihnen fiel, „Outside-The-Box“ zu denken, d.h. keine stereotypen Lösungen zu finden. Einige Kincaid-Lehrpersonen aber beklagten die Räumlichkeiten aus unterschiedlichen Gründen, im Wesentlichen, weil Team- bzw. Gruppen-Teaching und Grossräume mit Öffnungen ungewohnt waren. Empirisch war weder untersucht worden, ob die Kincaid-SchülerInnen ein besseres Orientierungsvermögen oder „Out-of-the-box“-Denken hatten, noch die Vor- oder Nachteile des Lernens und Lehrens.

Im Zuge der aufkommenden Diskussionen um den Raum als 3. Pädagogen regten diese Beobachtungen aber an, inwieweit der Raum, der SchülerInnen und Lehrpersonen umgibt, ihr Denken und Handeln beeinflussen konnte und auf welche Weise das funktionierte. Kann ein Grundriss selbst schon kognitiv beeinflussen? Welche Auswirkungen haben Grundrisse noch?

Zu untersuchen wäre, was und wie Schulgebäude beeinflussen, welche Auswirkungen davon dem Grundriss zuzuschreiben sind und ob diese Auswirkungen Voraussetzungen für erfolgreiches Lernen sind. Interdependenzen der Einflusskriterien sind anzunehmen, da die Schule als eine personenbezogene Organisation - eine „besondere soziale Organisation“ (Rolff, 1992, S. 306ff) - der Ort ist, an dem durch menschliche Beziehungen und Prozesse gelernt wird und, da pädagogische Prozesse im Kern zwischenmenschlich sind (ebenda), dies somit zu einer hohen Komplexität führen muss. Beobachtete Phänomene müssen sich tatsächlich auf den Raum bzw. den Grundriss zurückführen lassen. Das gute Orientierungsvermögen der Kincaid-SchülerInnen könnte schliesslich anderen Faktoren zugeschrieben werden, bspw. dem kreativen Lehrpersonal oder den Unterrichtsinhalten im Fach Sport.

Mithilfe einer bestimmten architektonischen Methode kann an Grundrissen festgestellt werden, wie sich in den unterschiedlichen Räumen soziale Beziehungen gestalten und aufgrund dessen lässt sich das Leben und Arbeiten dieser Menschen ein Stück weit rekonstruieren.

Wenn Räume Auswirkungen auf die in ihnen lebenden Menschen haben, dann haben Schulräume nicht nur Auswirkungen auf SchülerInnen, sondern auf alle NutzerInnen, also auch auf Lehrpersonen, deren Wohlbefinden, Lehren, Arbeiten im Team und Umgang mit SchülerInnen. Da „the current mantra is that teachers make the difference “ (Hattie, 2009, S. 34), ist das professionelle Arbeiten und Leben von Lehrpersonen in Schulgebäuden hier von grösserem Interesse. Hattie erläutert näher, dass der o.g. Satz so nicht ganz richtig sei, vielmehr seien es bestimmte Lehrpersonen, die einen Leistungsunterschied bei SchülerInnen erreichten. Die Annahme hier ist, dass Lehrpersonen durch einen sie unterstützenden Schulraum diesen Unterschied eher leisten können.

Da SchülerInnen nicht nur auf die hiesige Gesellschaft vorbereitet werden sollen, sondern auch auf eine Welt von morgen und diese Gesellschaft sich immer schneller wandelt, müssen sich auch die Schule und der Unterricht dementsprechend schnell entwickeln.

Hans-Günter Rolff geht davon aus, dass Unterrichtserneuerung bisher eher fragmentiert verlief, aber zukünftig eine holistische Unterrichtsentwicklung anvisiert werden muss. Er hält eine ganzheitliche Gestaltungsformel beim Bau von Schulräumen für notwendig (Hammon, 2017, S. 39). Demnach sollten nicht nur didaktische Fragen über das Was, Wann, Wie, Wer, Wo und das Warum erforscht werden, sondern diese sollten ineinandergreifen und sich gegenseitig ergänzen. Davon ausgehend und auf den Schulraum bezogen, wäre ein optimal gestalteter Unterricht zwar notwendig allerdings für bessere Lernergebnisse nicht hinreichend. Der Raum als dritter Pädagoge müsste zusätzlich zur Weiterentwicklung des Unterrichts und Förderung der SchülerInnen genutzt werden.

Wenn die Schule, auf der also ein zunehmender Leistungs- bzw. Erfolgsdruck lastet, den Schulbau selbst als weitere Ressource künftig zur Leistungsverbesserung der SchülerInnen und Weiterentwicklung des Unterricht nutzen möchte, ist es wichtig, dies vernetzt mit den didaktischen Fragen anzugehen und Forschungsergebnisse aus der Psychologie, Bildungswissenschaft, Soziologie und Architektur interdisziplinär als Synergien zu verlinken.

Konkret geht diese Arbeit deshalb der Forschungsfrage nach:

Welche Schlussfolgerungen können aus Grundrissen von Schulgebäuden

unter Berücksichtigung von psychologischer, bildungswissenschaftlicher,

soziologischer und architektonischer Forschung

für die praktische Arbeit von Lehrpersonen in Schulen gezogen werden?

- am Fallbeispiel neu gebauter Zuger Sekundarschulen -

In Kap. 4 werden die Kriterien der Auswahl des Fallbeispiels erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Gesamtübersicht der Arbeit (Quelle: Eigene Darstellung)

Diese Arbeit ist eine kritische Auseinandersetzung mit der bestehenden Literatur zum Thema Schulraumgestaltung sowie einer Dokumenten-Analyse von Grundrissen.

Abb. 4 zeigt die einzelnen Schritte.

Relevante Forschungsergebnisse zum Thema Raumgestaltung aus Psychologie, Bildungswissenschaften, Soziologie und Architektur werden in Kap. 2a - 2e umfangreich und detailliert geschildert. Damit soll die notwendige Interdisziplinarität zum Ausdruck gebracht werden. Spezifische Kriterien hieraus werden als Basis für die Analyse der Grundrisse genommen. Zur Analyse dient die Space Syntax Theorie und das Raum-Muster Sekundarschule, welche in Kap. 3 ausführlich dargestellt wird, damit die Ergebnisse und Interpretation der Grundrisse in Kap. 5 nachvollziehbar werden. Das weitere Vorgehen und die hier verwendete Auswahl an Schulbau-Grundrissen werden in Kap. 4 näher erläutert. Im Fazit (Kap. 6) werden Rückschlüsse auf die pädagogischen Möglichkeiten und das Arbeiten von Lehrpersonen gezogen. Ein Ausblick beendet diese Arbeit in Kap. 7.

2. Aktueller Forschungsstand

Dieses Kapitel gibt einen Überblick des aktuellen Forschungsstandes den Raum als dritten Pädagogen betreffend. Nach einer Einleitung werden die Disziplinen Psychologie, Bildungswissenschaften, Soziologie und Architektur einzeln betrachtet. Im letzten Unterkapitel wird das für diese Arbeit Relevante zusammengefasst.

Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Raum, verwandt mit dem althochdeutschen Wort Rümi, meint: weit, geräumig, im erweiterten Sinne viel Platz, Freiheit, Möglichkeiten, nichts steht im Wege, verhindert oder behindert Bewegung, Kontakt, Entfaltung (Becker-Textor 2007; zitiert von Rödder/Walden, 2013, S.24). Man kann sich selbst nicht ohne Raum begreifen, der Raum gehört zum Menschen, beide sind undenkbar ohne das andere. Raum ist Umgebung, ist ein Teil der Umwelt. Diese Umwelt kann natürlich oder vom Mensch geschaffen - also künstlich - sein. Ein pädagogischer Raum existiert einerseits ideell als ein gewisser Spielraum und andererseits physisch real. So kann man Raum passiv als Nutzer bzw. Bewohner erleben, gleichzeitig aber gestaltet bzw. schafft man ihn auch aktiv. Die Akteure sind also keine „Opfer des Raums“ (Böhme & Herrmann, 2011, S. 35). Der Schulraum verweist auch immer auf ein bestimmtes Menschenbild, historisch und kulturell. Je nach dem, was in dem Raum geschieht, was der Mensch in ihm macht und mit ihm vorhat, erhält der Raum zudem seinen ganz spezifischen Charakter, bekommt sozusagen „thematisches Gehalt“, so der berühmte Schularchitekt Scharoun zitiert von Nechvile & Planitzer (2012, S. 41). Dementsprechend unterscheiden sich Eingangshallen von Toilettenräumen und Bankzentralen von Schulgebäuden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dies sei noch seltener erforscht. Am seltensten aber seien Forschungen zum Thema Empowerment (E), so Malinin, womit partizipative Forschungsdesign-Strategien gemeint seien, die ein Umdenken in Bezug auf Bildungsziele und der Rolle der Schule in der Gesellschaft beinhalteten.

Der Vergleich eines derartigen Verhältnisses an Studien im deutschsprachigen Raum, insbesondere in der Schweiz wäre interessant. Dazu liegen der Autorin keine Daten vor. Wohl aber wird immer häufiger von partizipativen Projekten berichtet (Empowerment), in denen NutzerInnen von Beginn an am Schulbau involviert wurden (Spannberger, 2017; Zinner, 2017; Ryznar, 2017). Zudem existieren Arbeiten, welche die Art und Weise vorbildlicher Zusammenarbeit beschreiben (Oregioni, 2017; Weyland, 2017; Burgdorff & Imhäuser, 2012). Es wäre von Vorteil, wenn interdisziplinär gearbeitet würde, denn diese Vernetzung würde nicht nur beide Seiten befriedigen, sondern auch den NutzerInnen zugutekommen.

Stadler-Altmann sieht mittlerweile im deutschsprachigen Raum zwei grosse Forschungsstränge: eine architektonisch geprägte und eine erziehungswissenschaftlich geprägte Richtung, welche sie auch in der internationalen Forschung bestätigt sehe (2016, S. 11). Unter dem englischen Begriff Learning Environment würden „sowohl erziehungswissenschaftliche als auch architekturwissenschaftliche Aspekte aufgegriffen“ (Stadler-Altmann, 2016, S. 61). Allerdings würden die heterogenen Forschungsergebnisse wenig in Beziehung zueinander gesetzt werden, der Zusammenhang zwischen Schul- und Klassenraum und dem Lehren und Lernen käme zu kurz (ebenda).

Dass die Ergebnisse der Forschung in zwei getrennten Diskussionssträngen diskutiert würden, begründet auch für Malinin das Problem der Schulraumforschung. Ihrer Ansicht nach untersucht die Forschung über Schuleinrichtungen „die physische Schul- und Campus-Umgebung und deren Auswirkungen auf das Wohlbefinden (Menschen-Ort-Beziehung) und Verhaltensleistung (Praxis-Ort-Beziehung)“ während die Forschung über Lernumgebungen „die soziale Lernumgebung (Menschen-Praxis-Beziehung)“ im Fokus hätte (ebenda). Lernumgebungen und Schuleinrichtungen gehörten aber zusammen. Wo man sich nun einig sei, „dass die gebaute Umwelt eine entscheidende Rolle dafür spielt, wie Menschen denken und mit anderen interagieren“ (Malinin, 2015, S. 76) und deshalb nun die Forschung über Schuleinrichtungen endlich beginne, die Auswirkungen der Schulgestaltung auf die Wahrnehmung der NutzerInnen einzubeziehen, als auch umgekehrt die Forschung über Lernumgebungen berücksichtige, wie Räume soziale Interaktionen vermitteln, müsse man diese beiden Zweige besser aufeinander beziehen.

Abb. 5 zeigt in den drei Überschneidungen zwischen dem Menschen, dem Ort, indem er ist, und den Praktiken, die er dort ausführen kann, die drei derzeitigen Schulraum-Forschungsrichtungen Wohlbefinden, Lernen, Leistung laut Malinin.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: “Beurteilung des Mehrwertes von Schuldesign” (Quelle: vgl. Malinin, 2015, S.76)

Grob kann man nun die Erkenntnisse über den Menschen der Psychologie und Soziologie zuschreiben, die Erklärung über die pädagogischen Praktiken den Bildungswissenschaften und den Ort als Gestaltungsdomäne der Architektur. An den Überschneidungen in Abb. 5 wird deutlich, dass Wohlbefinden, Lernen und Leistung immer auf Wechselwirkungen dieser Bereiche beruhen. In dieser Arbeit werden die psychologischen, soziologischen, bildungswissenschaftlichen und architektonischen Forschungsstränge berücksichtigt. Sie alle werden als anthropologisch betrachtet, weil alle vier Wissenschaften bei ihren Theorien vom Menschen ausgehen. Göhlich nennt es das erweiterte anthropologische Raumverständnis, denn der Mensch gestalte nicht nur den Raum, sondern erfahre sich selbst in ihm. (vgl. Göhlich, 2009, S. 89f).

Die Perspektive der Architekten und diejenige der Bildungswissenschaftler ähneln sich auf den ersten Blick, schliesslich gestalten beide den pädagogischen Raum, aber Architekten gestalten die räumliche Dimension der Pädagogik und Bildungswissenschaftler pädagogische Dimension des Raumes.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Schematische Darstellung des Zusammenspiels der Wissenschaften (Quelle: Eigene Darstellung)

Architektur und Bildungswissenschaften haben in den letzten Dekaden - unter Einwirkung der Soziologie und Psychologie, welche viele Zusammenhänge zwischen Schulraum und Menschen erklären - ihre eigenen Theorien zum Schulraum verschiedener Bereiche betreffend entwickelt. Abb. 6 gibt einen Überblick.

Nachfolgend wird der aktuelle Forschungsstand dieser Disziplinen dargelegt, wodurch sich die vom dritten Pädagogen, dem Schulraum, beeinflussbaren Kriterien herauskristallisieren werden.

a) Psychologische Perspektive

In diesem Unterkapitel wird der Zusammenhang zwischen Räumen und deren psychologischen Auswirkungen auf Menschen beschrieben, es wird den Fragen nachgegangen, wie wirkt der Raum auf den Menschen und was braucht der Mensch bzgl. des Raumes.

Psychologische und anthropologische Untersuchungen über die unterschiedlichen Wirkungen bestehender Schulgebäude auf Menschen geben konkretere Anhaltspunkte, was der Mensch im Raum fühlt und welche Erwartungen und Bedürfnisse er hat.

Manche Auswirkungen von Schulräumen auf NutzerInnen sind messbar und deshalb schon durch verschiedene Studien bestätigt worden:

- Anwesenheit
- Krankheitstage
- Testergebnisse
- Konzentrationsrate
- Erinnerungsvermögen
- Verhalten (u.a. Vandalismus)
- Effektive Lernzeit bzw. Lernzeitverlust
- Fluktuationsrate des Personals insbesondere der Lehrpersonen
- Sympathie- oder Antipathie-Empfinden dem Schulgebäude gegenüber

Ergebnisse von Untersuchungen zu schädigenden Baumaterialien wurden seinerzeit zuerst nicht ernst genommen. Ungiftige Baumaterialien sind nicht immer selbstverständlich gewesen. Heute darf man zu Recht annehmen, dass schädigende Baumaterialien in der Schweiz nicht mehr eingesetzt werden. Genauso müsste es selbstverständlich sein, dass menschliche Grundbedürfnisse nach guter Luft, angemessener Temperatur und Lautstärke, oberste Anliegen sind und somit grundsätzlich berücksichtigt werden. Untersuchungen fundamentaler Aspekte von Schulen, wie die Luftqualität (auch Temperatur, Klimaanlagen und Heizungen), Lärm- und Lichtverhältnisse, Farben und Faktoren des Schulumfeldes, wie Gänge und Aussenanlagen zeigen allerdings, dass dem nicht so ist.

Für Earthman (2004), die die Faktoren einzeln untersucht hatte, war die Temperatur, Heizung und Luftqualität das Wichtigste im Hinblick auf die Schülerleistung, denn die Luftqualität beeinflusse die Konzentrationsfähigkeit, könne Allergene enthalten und Asthma auslösen, Lärm könne Blutdruck erhöhen und schlechtes Licht zur Überanstrengung der Augen, Kopfschmerzen und Müdigkeit führen.

Darüber hinaus stellten Higgins, Hall, Wall, Woolner & McCoughney (2005) fest, dass nicht nur jeder Faktor für sich Effekte auf die SchülerInnen habe, sondern insbesondere die Kumulation und die Wechselwirkungen mehrerer Elemente die Leistungen beeinträchtige. Bei näherer Betrachtung der Studie „School Facility Conditions and Student Academic Achievement” von Earthman (2002) fällt auf, dass insbesondere ältere Schulen im Vergleich zu jüngst erbauten Schulen deutlich schlechter abschnitten: „The age of school buildings is a useful proxy in this regard, since older facilities often have problems with thermal environment and noise level.“ Insgesamt kommt sie zu dem Schluss, dass „students attending schools in better condition outperform students in substandard buildings by several percentage points.“ Die gleiche Studie zeigt auch, dass in überfüllten Klassen schlechter gelernt wird und dass hierbei insbesondere die sozial schwächeren SchülerInnen untergehen.

Ähnlich wie Earthman in den Vereinigten Staaten konnte auch Al-Enezi (2002) in Kuwait einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Zustand einer Schule und den Leistungen feststellen, insbesondere in den Naturwissenschaften, was nicht verwundert, da hier nur brauchbares, instandgehaltenes bzw. neues Unterrichtsmaterial und technische Ausstattung zu erfolgreichen Übungen führen. Unter den Prädiktoren für generell schlechtere Schulleistungen waren undichte Dächer und Graffiti am aussagekräftigsten. Hier dürfte allerdings die Qualität der Graffitis und die Gegend eine gewisse Rolle spielen, da Graffitis in unseren Breitengraden des Öfteren zur Schulverschönerung und, falls von SchülerInnen hergestellt, zur besserer Identifizierung mit der Schule genutzt werden.

Es ist nicht nur störend oder belastend, beim Lernen in Räumen untergebracht zu sein, welche Minimalanforderungen an die Bautechnik und das Inventar nicht erfüllen, sondern man empfindet die Zuteilung zu derartigen Räumen auch als persönliche Abwertung. Die Erfüllung der Grundbedürfnisse nach guter Luft, angemessener Wärme bzw. Kälte, Licht und die Funktionstüchtigkeit des Gebäudes sind notwendig, allerdings ist sie nicht ausreichend, das Gebäude auch als sympathisch zu empfinden.

Die Reduzierung des Vandalismus ist, Studien in Deutschland und den USA zufolge, mit einer „positiv erlebten Schulumgebung (Architektur, Farbgestaltung, Schulhofgestaltung, Dekor usw.)“ (Rittelmeyer, 2016, S. 28) assoziiert. Dieses liesse sich ausser auf den Stolz oder die verbesserte Identifizierung mit dem Gebäude eventuell auch auf eine verstärkte Kontrolle seitens der Lehrpersonen zurückführen. Earthman (zitiert durch Rittelmeyer, 2016, S. 28) zeigte, dass verbesserte Schulleistungen in fast allen Fächern mit einem sympathisch erlebten architektonischen Umfeld einhergehen. Diese könnten aber ebenso durch eine verstärkte elterliche Unterstützung zustande kommen. Wenn 80% der Lehrpersonen einer Schule diese angenehm finden, allerdings nur 50% ihrer SchülerInnen der gleichen Meinung sind (SFC, 2012, S. 14), könnte dies auch an Ursachen liegen, die nicht direkt mit dem Gebäude in Verbindung stehen. Die SchülerInnen könnten die Schule bspw. mit einer restriktiven Schulordnung verbinden. Manche Auswirkungen sind trotz Triangulationen nur bedingt messbar und erschweren eine Ursachenzuordnung. Auch wenn manche Studien ihre Ergebnisse durch zusätzliche Interviews und Beobachtung erhärten, gehen führende Wissenschaftler davon aus, dass Kausalzusammenhänge nicht eindeutig zu bestimmen sind, da das Umfeld erstens sehr komplex ist und es zweitens immer in einem sozialen und kulturellen Milieu stattfindet (S. 5).

Bessere Leistungen also auf nur eine Ursache zurückzuführen, ist kaum machbar, denn es handelt sich um ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Neben Faktoren der Lehrperson, des Unterrichts und der Familie (vgl. modifiziertes Angebots-Nutzungs-Modell der Unterrichtswirksamkeit nach Helmke in: Kunter & Trautwein‎, 2013) gehören dazu ebenso Motivation, Kreativität, Identifikation mit der Schule, Stolz auf die Schule als auch das Verhalten, welches in einer Schule möglich ist. So wirkt sich Wohlbefinden auf die Lernbereitschaft aus, der Zustand eines Gebäudes wirkt auf die Motivation, anregende Ansichten wirken auf die Aufmerksamkeit, dies wiederum steigert die Aufnahmefähigkeit, Kreativität und Leistungsbereitschaft, - beste Voraussetzung für das Lernen. Da einem Sprichwort zufolge nichts so erfolgreich macht wie Erfolg selbst verheisst Erfolg grössere Leistungsbereitschaft und das bedeutet bessere Leistungen. Und so trägt der Schulbau letztendlich auch zu besseren Leistungen bei. Allein, dass man etwas für seine SchülerInnen verbessern möchte, habe schon einen positiven Effekt, so der SFC (S. 6). Derartige Zusammenhänge können nur bedingt im Experiment untersucht werden, Messungen geschehen meist empirisch im Feld. Wenn auch keine Kausalitäten bewiesen sind, so gibt es doch eindeutige Zusammenhänge von Schulraum und SchülerInnen, welche genutzt werden können, um positive Effekte des Raumes auf das Lernen und Leben von SchülerInnen zu erhöhen.

Westphal (zitiert von Rödder / Walden, 2013, S.26). befragte Schulkinder zu ihrem Schulraum. Sie fanden sehr unterschiedliche Bezeichnungen für ein und denselben Raum: gross, schwarzweiss, dunkel, offen. Dies zeigt die Vielfalt unterschiedlicher Empfindungen zur Raumatmosphäre Denn Räume könnten unterschiedliche psychologische Prozesse hervorrufen, wie „Erregung, Anpassung, Stress, Ablenkung, Überlastung und Ermüdung“ (S. 27). „Jeder nimmt den umgebenden Raum auf seine persönliche Weise wahr und achtet bei seinem Betreten oder dem Verweilen in der jeweiligen Umgebung auf andere Details“ bekunden die Architektur-Psychologen Rödder & Walden (2013). Dies zeigte sich auch im eingangs beschriebenen Beispiel der unterschiedlichen Erfahrungen von Lehrpersonen und SchülerInnen der Kincaid ES. Bewusste oder unbewusste Raumstimmungen - wie Offenheit, Klarheit, Verlorenheit, Geborgenheit, Bedrückung, Überfüllung, Kargheit, Irritierung, Enge oder Weite, Ordnung und Überschaubarkeit oder Unordnung und Chaos - bestimmen, ob wir uns wohlfühlen oder nicht. Warum wir uns in bestimmten Räumen wohlfühlen und andere lieber meiden möchten, warum wir also Räume unterschiedlich empfinden, ist u.a. von unseren unterschiedlichen Erfahrungen und Assoziationen abhängig. Lernbereitschaft und Wohlfühlen stehen in einer Wechselwirkung zueinander. So kommt es, dass das Wohlfühl-Empfinden unser Lernen, unsere Lernbereitschaft und das soziale Verhalten bestimmt.

Diesen psychologischen Prozessen liegt zugrunde, dass wir durch unsere verschiedenen Sinne Unterschiedliches wahrnehmen: Wir sehen, hören und riechen unterschiedlich gut. Und wir machen unterschiedlichen Sinn daraus, denn auch unsere kognitiven, aus persönlichen Erfahrungen entwickelten Fähigkeiten unterscheiden sich sehr; auch deshalb nehmen wir in Räumen verschiedene Details wahr. Diese Doppelbedeutung des Wortes Sinn, die es so auch in vielen anderen Sprachen gibt (sentido, sens, senso, etc.), - die Bedeutung vom geistigen (kognitiven) Sinn und die von der körperlichen (sensorischen) Empfindung - weist auf ein unangebrachtes Entgegensetzen von Körper und Geist hin, so Rittelmeyer (2002, S. 56). Körper und Geist gehören zusammen, sie brauchen einander.

„Das Nachdenken über „Raum“ z.B. wird erst möglich durch das Gleichgewichtsorgan, das gleichsam auf den Raum hin „gestimmt“ ist und die in ihm möglichen Erfahrungen vorstrukturiert; vor jeder möglichen geometrischen Berechnung hat so der räumliche Leib mit seinen Organen den „Raum“ schon konstituiert. Und die Bewegungsmöglichkeit des Leibes, registriert durch den Eigenbewegungssinn, antizipiert den Sinn von „hier“ und „dort“, von „jetzt“ und „dann“ (Rittelmeyer, 2002, S. 58f). Deshalb begründet sich der kognitive Sinn auf den Sinnen und nicht umgekehrt. Da der Hirnforscher Damasio 1994 herausfand, dass Gefühle nicht den Kopf vernebeln, sondern vielmehr Grundlage für rationale Entscheidungen sind (Damasio, 2014), belegt dies, dass der Mensch zuerst seine Entscheidungen „im Bauch“ trifft (damit sind die Sinne gemeint), und diese dann mit dem Kopf begründet, - erst die Sinne, dann der Sinn.

Rittelmeyer, Diplom-Psychologe, bis 2003 Professor für Erziehungswissenschaft, und Leiter eines mehrjährigen Forschungsprojektes zur Wirkung der Schularchitektur auf SchülerInnen, untersuchte Schulbauten über mehrere Dekaden. Aus all der ihm zugrunde liegenden Literatur zieht er den Schluss, dass „Schulbauten erhebliche Auswirkungen auf das Lernverhalten, auf die Aggressionsbereitschaft und auf die Krankheitsanfälligkeit Heranwachsender haben“ (2010, S. 28ff). Seine Daten einer umfangreichen internationalen Forschungsliteratur bezeugen u.a., dass insbesondere die „Farbgebung und Lichtführung in Schulen, die Luftqualität und Schallqualität, die Möblierung und das Nahrungsangebot eindeutige Auswirkungen auf Stimmungen, Lernleistungen und Wohlbefinden der Schüler haben“. Sie zeigen zudem, dass sich die Krankheitsrate der Schüler z.B. durch das Ersetzen von „warmer“ Beleuchtung anstatt Neonlicht senkt (ebenda).

Mit eigenen empirischen Untersuchungen konnte Rittelmeyer den Zusammenhang von körperlichen Reaktionen und Gebäuden belegen. Die „Schularchitektur [hat] ausgeprägte körperliche Auswirkungen […]: Je nach Formen und Farben werden Spannungs- und Entspannungsgefühle, Gefäßdurchblutung, Blickbewegungen und andere physiologische Parameter in einer jeweils besonderen Weise provoziert; diese leibliche Komponente der Architekturwirkung macht erst verständlich, warum z. B. Schulvandalismus, Krankheitsanfälligkeit oder Antipathien durch bestimmte Schulbauformen hervorgerufen bzw. vermindert werden.“ (Rittelmeyer, 2010, S. 29). Rittelmeyer zählt neun Sinne (2014, S. 391):

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Abbildung 7: Unsere Sinne, „aussen“- bis „innen“-gerichtet (Quelle: Rittelmeyer, 2014, S. 391)

Dabei sind wir uns oft nicht unserer nach innen gerichteten Sinne (Temperatur-, Eigenbewegungs-, Gleichgewichts-, Lebensfunktions- und Tastsinn) bewusst. Durch seine sinnesphysiologischen Untersuchungen kam er zu dem Schluss: nicht nur die einzelnen Elemente unserer Empfindungen, also die einzelnen Sinne, sondern gerade das Zusammenspiel verschiedener Sinne (Synästhesien) bringe ein bestimmtes Gefühl zustande. Wenn bspw. blau bei einigen Personen zu einer Kälte- und rot zu einer Wärmeempfindung führt, dann sind daran Temperatur- und Sehsinn involviert (2002, S. 59f). Im Grunde sind aber alle Sinne an der Architektur-Wahrnehmung beteiligt: „Wir bewahren unseren aufrechten Gang mehr oder minder sicher in verschiedenen (waagerecht, senkrecht oder schräg konturierten) Raumarrangements; unsere Blicke gleiten über Fassaden, wir durchlaufen gewisse muskuläre Spannungs- und Entspannungsprozesse bei der Betrachtung von Architektur. Unsere Atem- und Herztätigkeit scheint mindestens durch bestimmte architektonische Umgebungskonstellationen beeinflusst zu werden.[…] Verschiedene Bauformen scheinen diese Sinne in einer jeweils besonderen Weise anzusprechen und anzuregen, so dass die jeweilige sensorische Komposition auch den Gebäudeeindruck spezifisch mitbestimmt“ (2014, S. 391). Mit derartigen Messungen konnten bspw. eine erlebte Starre oder Dynamik von Gebäuden belegen, dass derartige Empfindungen nicht rein intellektuell, sondern eine Synästhesie sind. Wir empfinden das Gebäude biologisch. Der nach aussen gerichtete Sehsinn leitet ein visuelles Signal - einen Farb- oder Gebäudeeindruck - an das Gehirn. Von hier muss ein Impuls zurück an die Peripherie erfolgen: die Gefässtätigkeit wird erregt oder gedämpft, die Körpertemperatur verändert sich. Beide Empfindungen (Sehsinn, Temperatursinn) verschmelzen. (2013b, S. 96)

Hierdurch lässt sich nun einerseits belegen, ob ein Gebäude die Sinne anspricht bzw. aktiviert. Aktiviert die Architektur die Sinne, kann es zur Inspiration und Kreativitätsförderung genutzt werden. Dies erklärt, warum die eingangs genannte Kincaid Elementary School mit ihren unterschiedlichen Raumformen und Winkeln eine bestimmte wahrgenommene, wenn auch nicht wissenschaftlich bestätigte Wirkung auf ihre SchülerInnen hatte.

Andererseits lässt sich statistisch ermitteln, ob ein Raum als angenehm oder unangenehm empfunden wird, welche Gebäude bzw. welche Gebäudebereiche Menschen eher sympathisch oder unsympathisch sind, in welchen sich ergo z.B. besser lernen lässt.

Auch über die Pupillenstellung und die Blickbewegungen von Gebäude-Betrachtern liess sich biologisch feststellen, ob das Betrachtete, z.B. ein Schulgebäude, als sympathisch oder unsympathisch empfunden wurde - ähnlich der Sympathieempfindungen unter Menschen (Rittelmeyer, 2002, S. 60). Ohne also je in den betrachteten Gebäuden gewesen zu sein, reagiert man schon mit antipathischen oder sympathischen Empfindungen auf das Abbild der Gebäudefassade. Das ist insofern von Bedeutung, da man ansonsten negative Empfindungen auch auf in der Schule Erlebtes zurückführen könnte. Die betroffenen Probanden kannten die betrachteten Gebäude nicht, also konnten persönliche Erlebnisse, Anerkennung von Mitschülern und Lehrpersonen oder Mobbing-Erfahrungen, die vermutlich zu einer gewissen positiven bzw. negativen Assoziation mit dem Ort geführt hätte, die Messdaten nicht beeinflussen. Eher das Gegenteil ist wohl der Fall, wie eine englische Studie belegt: ein negativ anmutendes Gebäude verstärkt anderweitig negative Gefühle und schlechte Stimmung (Price, Clark, Holland, Emerton, & Wolstenholme, 2009, S. 23), nach dem Motto: Keine gute Note erhalten und zudem noch in diesem heruntergekommenen Bunker eingepfercht sein.

Diese Studien belegen, dass „nicht nur die technische Qualität von Schulräumen (z.B. die Luft- und Schallqualität, die Belichtung und die Verwendung ungiftiger Baumaterialien), sondern auch deren Zustand oder ästhetische Gestaltung (Formen, Farben, Dekor, Möblierung) manifeste Auswirkungen auf die Herzfrequenzvariabilität, auf den Blutdruck und auf das körperliche wie seelische Wohlbefinden von Schülern hat“ (Rittelmeyer, 2013b, S. 93).

Nicht nur Gesundheit und Wohlbefinden werden durch eine ästhetische Gestaltung der Schule positiv beeinflusst: „We have good reasons to believe that high aesthetic quality of the school buildings does have an inspiring and stimulating effect on the learning process as well as a cultivating effect” (Bjurström, 2011, S. 35). Überspitzt formuliert bedeutet das, man benehme sich automatisch anders in einem verwahrlosten Raum als in einen Prunkschloss. Und Kjærvang behauptet gar: “Schools with an aesthetic quality will give the pupils an aesthetic awareness which will make them appreciate quality in their physical surroundings in the future” (Kjærvang, 2006). Ausserdem sieht sie auch eine deutliche Verbindung zwischen dem Selbstwertgefühl von SchülerInnen und ästhetisch schönen Schulen, da diese durch eine derartige Schule vermittelt bekämen, wie wichtig sie der Gesellschaft seien. Selbstwertgefühl ist wiederum verbunden mit Selbstvertrauen und dies mit positiverer Leistung: Wer an sich glaubt, geht zuversichtlicher an eine Aufgabe. Da SchülerInnen zudem besser lernen können, wenn sie sich wohl fühlen, sollte beides beim Bau eines Schulgebäudes berücksichtigt werden. (vgl. Kjærvang)

Die psychische Komponente des Wohlbefindens wird nicht zuletzt durch Verhaltensweisen und Aktivitäten beeinflusst. Wissen wir, dass wir in dem Raum, den wir betreten, körperlich oder geistig gefordert werden, hängt es wiederum mit dem dadurch entstehenden Gefühl zusammen, ob uns dieser Zustand Angst und Resignation oder aber Freude und Ansporn bereitet. Diese psychischen Effekte tangieren das Wohlbefinden positiv oder negativ.

Gute Gebäude, für welchen Zweck auch immer gebaut, zeichnen sich durch materielle und ästhetische Dauerhaftigkeit aus, schreibt Lederer in seinem Artikel „Schulbauten - schön und dauerhaft“ (2014). Sicher, Gebäude aus der griechischen Antike sind beständig, auch in ästhetischer Hinsicht. Würden sie aber heutzutage genauso gebaut werden, würden wir sie als unpassend erleben.

Räume senden gewissermassen Botschaften, die uns nicht immer bewusst werden, die wir aber dennoch wahrnehmen. Diese Wahrnehmungen der Botschaften hinsichtlich verschiedener Aspekte bewirken dann, ob wir ein Gebäude als sympathisch oder passend empfinden und ob wir uns in einem Raum wohl fühlen. Wir entscheiden: ist der Raum zeitgemäss, empfinden wir ihn als schön, passt er in die Region, entspricht der Raum seiner Bestimmung, stimmt seine funktional-technische Ausrichtung und spricht er unsere Sinne positiv an bzw. irritiert er sie. (Rittelmeyer, 2014, S. 389f)

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Abbildung 8: „Sieben Aspekte der Architekturbeurteilung“ (Quelle: Rittelmeyer, 2013b)

Dieses Erleben hat eine Leib-Resonanz, wird also sinnästhesiologisch untermauert. Generell können Botschaften verschiedene Funktionen haben, die Rittelmeyer auch auf Schulgebäude anwendet (2009, S. 161ff):

- referentielle = Verweis auf Ideen, Personen, historische Verhältnisse (kasernenartige Schulgebäude mit seriellen Fenstern verweisen z.B. auf Gleichmacherei, sind ent-individualisierend),
- expressive / emotionale = erzeugen Emotionen, Stimmungen (z.B. gemütliches Klassenzimmer, bedrückend wirkender Flur, abstossende Fassade)
- appellative / imperative = Forderungen, Direktiven, Regelvorschriften, handlungsleitende Bitten (z.B. nur begrenzte Aus-/Einblicke sind möglich, ein Schulinventar, welches nur bestimmte Schülergruppierungen zulässt, Pausenhallen mit und ohne Rückzugsecken, Treppenstufenabstände, die nur eine bestimmte Schrittfolge zulassen, Verbotsschilder … alles was den Nutzer dirigiert)
- pathische / kontaktbestimmende = Herstellung, Sicherung oder Unterbrechung der Kommunikation zwischen Gebäude und Mensch (z.B. ein Stuhl, der zum Hinsetzen, - eine Klinke, die zum Anfassen „einlädt“ oder aber ein abschreckender Schuleingang, ein monotoner Flur, in dem man nicht verweilen möchte)
- metasprachliche = kommentieren den Bau selbst bzw. ein Detail von ihm (z.B. die Inschrift „Dorfschule“ oder Vandalismus-Spuren, „die besonders häufig in als hässlich erlebten Schulgebäuden auftauchen und diese daher auf besondere Weise kommentieren“ (2009, S. 164)
- ästhetische = wenn die Botschaft auf sich selbst verweist, wenn man beim Betreten des Bauwerks auf dessen Machart und Gestaltungsprinzipien positiv aufmerksam wird, wenn ein Schönheitseindruck unmittelbar entsteht und der Verstand herausfinden möchte woran das liegt (Immanuel Kant zitiert von Rittelmeyer, ebenda). „Daher sind ästhetische Botschaften, semiologisch betrachtet, immer Idiolekte, d.h. noch nicht kulturell kodierte Phänomene, …“ (ebenda)

„Schulgebäude sollten in referenzieller Hinsicht sowohl die pädagogischen Ideen (wie Sozialität, Mündigkeit, Allgemeinbildung, Entwicklungsfähigkeit, Offenheit und Toleranz) zum Ausdruck bringen als auch in historischer Hinsicht einen Habitus demonstrieren, der einem fortschrittlichen Bewusstsein verpflichtet ist“ (S. 166f). So könnte Toleranz z.B. dadurch ausgedrückt werden, dass es im Bau völlig unterschiedliche Elemente gibt, welche aber harmonisch aufeinander abgestimmt sind, sich also jeweils Raum geben und trotzdem nicht beziehungslos und nur kumulativ zu den anderen Elementen stehen (ebenda). Menschen haben ein Gefühl dafür, wenn etwas nicht stimmt oder sie etwas positiv anspricht, auch wenn es oft nicht in Worte gefasst werden kann, was genau nicht stimmt bzw. so gut gefällt (siehe ästhetische Botschaft).

Rittelmeyer kommt durch diese semiotische Analyse zum Kern des Problems. Dadurch dass die Rhetorik eines Gebäudes unterschiedlich empfunden und interpretiert werden kann, können diese unterschiedlichen „Lesarten“ einerseits dazu führen, dass ein kasernenartiges Schulgebäude mit serieller Fenstergestaltung für manche Gleichmacherei für andere aber Schlichtheit ausdrückt. Häufiger noch entstehen unterschiedliche „Lesarten“ durch die Betonung von Botschaften unterschiedlicher Funktionen, bspw. wenn ein Betrachter in erster Linie einen referentiellen Hinweis auf pädagogische Ideen sucht, der andere aber in einer appellativen/imperativen Botschaft Sicherheit oder Funktionalität gewährleistet sieht. Oder wenn eine Farbwahl aus ästhetischen Gründen getroffen wurde, welche beim Betrachter aber nicht ästhetisch, sondern negativ emotional ankommt, weil die Farben für ihn Aufdringlichkeit ausdrücken.

Was tun, wenn Botschaften kollidieren? Wer hat Recht?

Rittelmeyer schreibt hierzu: „Die ästhetische Botschaft wird […] immer nur entstehen können, wenn imperative und suggestiv-expressive Botschaften nicht dominieren“ (S. 167). Zudem ist er der Meinung, dass es für den „Schulbau der Zukunft“ wie Walden und Borrelbach (2002) ihn beschreiben, eine naheliegende Forderung sei, „bestimmte Funktionen stärker, andere weniger stark in der Baurhetorik anzustreben“ (S. 166). Seiner Meinung nach sollten referenzielle, emotionale oder gar imperative Botschaften zu Technik, Funktionalität und Effektivität, die es immer auch in Schulen gibt, nicht derart in den Vordergrund treten, dass sie jede Ästhetik verschlucken. Wobei es hier auch wieder auf die Art der Ästhetik ankommt, denn jene neuaufgekommene platonische Architektur mit meist blaugrauen Glas-Stahl-Rasterbauten, welche Architekten als Inbegriff der Moderne bezeichnen, welche Ausdruck der Chancengleichheit und klaren Erkenntnis sei, ist “von all dem doch - wie die semiotische und empirische Schulforschung zeigen - das genaue Gegenteil“ (S. 168). Im Zweifelsfalle sollte zugunsten der Parteien entschieden werden, die das Gebäude nutzen, auf sie sollte es positiv und ästhetisch wirken. Wenn die Nutzer das Gebäude „lesen“, sollte es Sinn für sie machen, nicht unbedingt für den Architekten, der das Gebäude nach Fertigstellung in der Regel nicht einmal mehr sieht.

In Gebäuden herrschen also bestimmte Stimmungen, Aktivitäten und physikalische Faktoren vor, die bei jedem unterschiedliche Gefühle evozieren und unser Wohlbefinden und Bewusstsein beeinflussen. Darüber hinaus beachten wir verschiedene Aspekte an einem Gebäude, bewusst oder unbewusst, und nehmen soziale Botschaften eines Gebäudes wahr. In Anbetracht dieser Daten ist es richtig, wenn Bodack als primäre psychisch-soziale Funktion eines Schulgebäudes fordert, dass diese „die Entwicklung der Nutzer fördern, Freude, Neugier und Interesse wecken, Offenheit und Motivation unterstützen, sozialverträgliche Kommunikationsprozesse veranlagen [und] Gewalt gegen Menschen und Objekte verhindern“ (Bodack, 2009, S. 274).

b) Bildungswissenschaftliche Perspektive

Lehrpersonen möchten nach ihrer Ausbildung an einer pädagogischen Hochschule, Schulräume vorfinden, in denen sie ihr Gelerntes anwenden können. Natürlich freuen sie sich, wenn diese Räume die NutzerInnen auch anderweitig mit einer guten Akustik, ausreichender Frischluft und angemessenem Licht unterstützt und die Räumlichkeiten einladend und sympathisch aussehen, kurz die psychologischen Bedürfnisse erfüllen. Aber für ihre Arbeit, die Umsetzung eines pädagogischen Konzeptes, haben sie bestimmte Ansprüche an die Räume. In diesem Unterkapitel wird der Zusammenhang zwischen bildungswissenschaftlichen bzw. pädagogischen Ansprüchen und den Räumen, in denen die Bildung geschieht, beschrieben.

Dewey schrieb 1897: „With the advent of democracy and modern industrial conditions, it is impossible to foretell definitely just what civilization will be twenty years from now“ (S. 6). Diese Schwierigkeit, Kinder auf eine ungewisse Welt von morgen vorzubereiten, besteht heute nach wie vor. Der gesellschaftliche Wandel wird jedoch zunehmend schneller, was eine schneller werdende Unterrichtsentwicklung benötigt. Da Schulräume für den dort stattfindenden Unterricht geplant werden, ist zu vermuten, dass sich die Räume somit ähnlich schnell verändern bzw. anpassen müssen, wenn immer sich der Unterricht verändert (a in Abb. 9), analog zu Hübners „Neues Lernen erfordert neue Räume“ (Hübner, 2016, S. 114). Auswirkungen des Raums auf den Menschen würden folglich belegen: Wenn immer sich der Raum wandelt, verändern sich die Menschen und ihr Verhalten in den Räumen (b), was wiederum den Unterricht in gewünschter Form verändern könnte (c).

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Abbildung 9: Zusammenhang pädagogischer Konzepte und Raum (Quelle: Eigene Darstellung)

Weil es verschiedene pädagogische Konzepte als auch Unterrichtsmethoden gibt, entsteht schnell „der Wunsch der Lehrpersonen nach mehr Flexibilität, Wandelbarkeit und Anpassungsfähigkeit“ (Baier, 2009, S. 335). Schon in den 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde deshalb viel mit Schulbaugrundrissen experimentiert. Auf diese Weise wurde schon herausgefunden, was nicht funktionierte, bspw. Schulen ohne natürliches Licht, und dies wurde mittlerweile schon revidiert (S. 333).

Heute gibt es Leichtbauweisen, die bspw. weit gespannte Decken ermöglichen, wodurch „eine größtmögliche Raum-Disponibilität und Nutzungs-Flexibilität erreicht werden kann“ (S. 334). Die Vorteile dieser Leichtbauweise besteht darin, dass Wände je nach pädagogischem Trend schnell ein- oder abgerissen, transportiert oder neu gesetzt werden können. Trotz dieser überzeugenden Vorteile sei wichtig, dass „alle Randbedingungen, die eine Nutzung der Schule funktionell, ästhetisch, praktisch, bequem und dauerhaft machten, […] in ihren gegenseitigen Abhängigkeiten Beachtung finden und gemeinsam zur Optimierung des Endproduktes beitragen“ (S. 337). Unerheblich ob leicht verschiebbare Wände oder gemauerte Wände gewählt werden, letztendlich bestimmt der umgesetzte Grundriss, welches Verhalten und welche Handlungen begünstigt werden.

Weil der „pädagogische Raum voller in Einrichtung und Materialien eingelassener und mit ihnen verknüpfter Handlungen und Handlungserwartungen“ (Göhlich, 2009, S. 90) ist, sei die Nutzung von besonderer Bedeutung für den Schulraum. Hierbei bezieht sich Göhlich auf Dürkheims Handlungsraum, denn - nach dessen Meinung - aktiviere sich ein Raum durch die in ihm stattfindenden Handlungen (Dürkheim zitiert von Göhlich, 2009). Die im Raum machbaren Handlungen geben dem Raum somit den ihm eigenen Charakter.

Die arbeitsbezogenen Handlungen von Lehrpersonen und der Schulraumbedarf werden durch die Schulstrukturmodelle, den Lehrplan 21, das Schulkonzept, das pädagogische Konzept und die in der Ausbildung erlernten didaktischen Methoden bestimmt.

Die unterschiedlichen Schulstrukturmodelle der Sekundarstufe 1 - geteilt, kooperativ, integriert - lassen unterschiedliche Raumbedürfnisse erkennen. Im geteilten Modell werden SchülerInnen je nach Leistungsniveau dem Schultyp mit Grundansprüchen, mit mittleren oder höheren Ansprüchen zugewiesen; manche Kantone haben zwei bzw. vier Schultypen. Im kooperativen Modell gibt es Stammklassen je nach Leistungsniveau. Zusätzlich besuchen die SchülerInnen bestimmte Fächer in anforderungsdifferenzierten Niveaugruppen. Im integrierten Modell gibt es Stammklassen ohne Selektion, welche in bestimmten Fächern einen anforderungsdifferenzierten Niveauunterricht bieten (EDUCA, 2018). Je nach Schulstrukturmodell wird dementsprechend eine gewisse Anzahl von Räumen in bestimmter Grösse und Ausstattung benötigt.

Der Lehrplan 21 ist der heutige Bildungsauftrag in der Deutschschweiz. Er legt für die Jahrgänge vom Kindergarten bis Ende der Sekundarschulzeit die anzustrebenden Bildungsziele fest: überfachliche und fachliche Kompetenzen in bestimmten Fächern. Diese Bildungsziele sind beeinflusst von aktuellen Herausforderungen (z.B. nationale Wettbewerbsfähigkeit, Berufsfähigkeit oder Digitalisierung) oder gesellschaftlichen globalen Problemen. Einige ernste Bedrohungen der Menschheit werden hier genannt, um die im Lehrplan 21 festgelegten Kompetenzen zu verdeutlichen:

Klimawandel, Biochemische Pandemien, Nanotechnologien, Superintelligenzen, Atomkrieg, Unwissenheit bzw. Verzerrung der Wahrheit bis hin zu politischen Gefahren, Ungleichheit, Massentierhaltung, Wasserknappheit, Müll (Sandberg, 29.Mai 2014; Dambeck, 2009; Global-Chellenges-Foundation, 2017).

SchülerInnen müssen befähigt werden, die Welt nicht nur zu nehmen, wie sie ist, sondern auch durch ihre Entscheidungen positiv zu beeinflussen, bewusst mitzugestalten und eventuell als Löser von Problemen zu retten. Natürlich ist nicht jeder Sekundarschüler bzw. jede Sekundarschülerin in die unmittelbare Lösung derartiger Probleme involviert, sicher aber zumindest indirekt betroffen. Es wird deutlich, dass hierzu nicht nur fachliche Kompetenzen von Nöten sind, sondern dass es zusätzlich eine gemeinsame Anstrengung zur Lösung braucht. Dafür und für den Umgang mit diesen Herausforderungen werden überfachliche Kompetenzen immer wichtiger. Der Bildungsauftrag umfasst darüber hinaus bestimmte Haltungen (auch Wertehaltungen), eine Kritikfähigkeit gegenüber Informationen, Kreativität für Lösungen, Vielseitigkeit, Verstehen der Komplexität der Welt, Entscheidungsfähigkeit, Selbstständigkeit und Kooperation. Kooperation bedeutet Austausch. Selbstständigkeit bedeutet Selbstorganisation, Selbstmotivation und Selbststeuerung. Deshalb benennt der Lehrplan 21 nicht nur Bildungsziele, sondern macht auch Aussagen über die Art und Weise des Lehrens (vgl. Göhlich, 2009, S. 89):

- Alle Kinder sollen ihre Potenziale bestmöglich entfalten können
- SchülerInnen sind fähig, variable Formen der Zusammenarbeit mit anderen einzusetzen
- Heterogenität als Faktum einer integrativen Volksschule akzeptieren bedeutet, durch differenzierte Unterrichtsangebote individuelle Lernwege ermöglichen und zielgerecht begleiten
- mannigfaltige und störungsarme Lernumgebungen, in der die Lernzeit effizient genutzt werden kann
- Methodenvielfalt
- SchülerInnen erfahren sich kompetent und handlungsfähig in einem kooperativ geprägten und positiv unterstützten Lernrahmen
- Schule als Gestaltungs-, Lern- und Lehrraum

Der daraus erhoffte Leistungserfolg hängt also nicht nur von einem Faktor ab. Es ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren.

Das Schulkonzept zeigt wie die Schule als System funktioniert, welche Schwerpunkte sie setzt und mit welchen Methoden sie diese erreichen möchte. Es präzisiert die Massnahmen für die einzelne Schule, dem ein Schulbau Rechnung tragen muss. Eine Schule im Zentrum einer Agglomeration mit reduziertem Platzangebot wählt bspw. einen anderen Schwerpunkt als eine von Wasser umgebene Schule in Küstennähe. Ob der Schwerpunkt der Schule auf einem Fach wie Segeln liegt, auf Bewegung, MINT-Fächern oder Sprachen, das curriculare Angebot der Schule ist als Rahmenbedingungen für Schulbauten wichtig.

Das pädagogische Konzept ist ein „definiertes System pädagogischer Überzeugungen“, wie Knauf (zitiert von Brockmeyer, 2018) treffend formuliert. Es ist „der Zusammenhang von Inhalten, Verfahren, Zielen, Menschenbild, Methoden und Techniken der praktischen Arbeit“ (Brockmeyer, 2018). Diese pädagogischen Konzepte sind historisch entstanden und spiegeln die Gesellschaft, für die sie formuliert wurden, als auch den pädagogischen Trend wieder. Um die o.g. Bildungsziele ansteuern zu können, orientieren sich pädagogische Konzepte heute am Menschenbild der Moderne - autonom, selbstbestimmt, sich bewusst entwickelnd (bpb, 2013). Sie zielen auf

- Kooperation
- Austausch
- Selbstständigkeit

Pädagogische Konzepte sind auch deshalb auf Selbstständigkeit und Teamfähigkeit ausgerichtet, weil zukünftige Arbeitsgeber als auch die Politik dies von abschliessenden SchülerInnen erwarten.

“Selbstgesteuertes Lernen zählt zu den überfachlichen Qualifikationen, die für die lebenslange Aneignung von Kenntnissen und Fertigkeiten in einer sich rasch wandelnden Wissensgesellschaft unerlässlich sind.“ (Institut für Erziehungswissenschaft, 2013) Selbstreguliert, selbstbestimmt, selbstorganisiert, autonom, eigenständig bezeichnen die verschiedenen geforderten Facetten von selbstgesteuertem Lernen. Folgende Methoden gehören deshalb oft zu pädagogischen Konzepten:

Die freie Arbeit gehört zum Unterricht der Selbststeuerung, das in seiner radikalsten Form bedeutet, dass SchülerInnen selber - autonom und eigenverantwortlich - darüber entscheiden, was sie wo und mit wem in welcher Reihenfolge lernen. Ebenso schülerzentriert ist die Projektarbeit, bei der SchülerInnen sich einzeln oder im Team einem selbstgewählten Vorhaben widmen, dieses planen, umsetzen und präsentieren. Des Weiteren gibt es die Planarbeit, welche Pflicht- und Wahlaufgaben beinhaltet. Diese müssen innerhalb einer festgelegten Zeit von den SchülerInnen erledigt werden. Der Werkstattunterricht stellt ein didaktisches Arrangement dar, bei dem den SchülerInnen zu einem Lerngegenstand ein Lernangebot mit geeigneten Aufgabenstellungen und Reflexionsphasen mit vorbereitetem Material bereitgestellt wird, das ihnen das Erreichen von (selbstständig) bestimmten Lernzielen ermöglicht. Der Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) trägt heute insbesondere zur Selbstständigkeit von Jugendlichen wesentlich bei. Sie „dienen u.a. zur Beschaffung und Verarbeitung von Informationen, sie helfen beim Üben des Gelernten und unterstützen kooperative Lernprozesse“ (Institut für Erziehungswissenschaft, 2013).

Dass Selbstständigkeit und Teamfähigkeit u.a. durch Kooperation, Austausch und Selbststeuerung erreicht werden können, lernen angehende Lehrpersonen in ihrer Ausbildung. Sie lernen auch über die anzuwendende Methodenvielfalt und die dafür einzusetzenden Interaktionsformen.

Rolff stellt die Schule als „besondere soziale Organisation“ (Rolff, 1992, S. 306ff) heraus. Da sie eine personenbezogene Organisation sei und sich Unterricht in Interaktionen abspiele, seien pädagogische Prozesse im Kern zwischenmenschlich.

Diese Interaktionen sieht Hammon als formelartige Verkürzung für das Lernen schlechthin. Interaktionen stehen bei ihm im Zentrum von räumlichen Lernumgebungen.

„Interaktionsprozesse beim Lernen sind stets verortet und daher von örtlichen und räumlichen Umgebungseinflüssen in störender oder förderlicher Weise beeinflusst“ (Hammon, 2017, S. 41). Für ihn liegt das Problem in der Diskrepanz zwischen neuen Prozessen und alten Strukturen, denn die Nutzungsanforderungen seien erweitert und komplexer geworden. Er schlägt vor, die Passung zwischen diesen beiden zu erhöhen, um die Lernergebnisse zu optimieren (S. 40).

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Abb. 10 zeigt Interaktionen als „DNA“ von räumlichen Lernumgebungen. Zu den Interaktionen zählt Hammon Partner- und Gruppenarbeiten, Einzelarbeiten, Diskussionen im Plenum sowie Frontalunterricht.

Die Relevanz von Kooperation, Austausch und Selbststeuerung macht diese Interaktionsformen besonders wertvoll für Lehrpersonen. Die Interaktionsformen befinden sich auf der Microebene, können aber in offenen oder geschlossenen Räumen stattfinden und betreffen somit auch immer die Mesoebene des Schulgebäudes; und diese wiederum die Makroebene der Region. Ein Gebäude kann nun bestimmte Interaktionen (Aktivitäten/Handlungen) behindern oder fördern. So gesehen haben Schulgebäude in einem weiteren Sinne eine Disziplinierungs- und eine Sozialisierungsdimension, welche Bengstsson (2011, S. 7) „the silent education of school builings“ nennt.

Die pädagogischen Konzepte und die Ausbildung von Lehrpersonen orientieren sich am konstruktivistischen Lernverständnis. Das bedeutet jeder Mensch kann nur auf seinem eigenen Vorwissen neues Wissen aufbauen und dies ist nur selbstständig aktiv möglich, somit individuell verschieden. Deshalb sind moderne pädagogische Konzepte auf Handlungsorientierung und Individualisierung bedacht.

Die aktuelle Forschung der Neurowissenschaft bestätigen die Richtigkeit von Handlungsorientierung, Individualisierung, Austausch, Kooperation und Selbstständigkeit. Im Film „Schule und Hirn“ des Senders Arte (2018) berichteten „Wissenschaftler aus aller Welt […] von bahnbrechenden, dank moderner Bildgebungsverfahren möglich gewordenen Entdeckungen über die Funktionsweise des Gehirns“.

Das Lernen brauche demnach vier Säulen. Neben der ersten Säule, der Fähigkeit zur selektiven Aufmerksamkeit (gleichzeitig Ausblendung aller anderen störenden Informationen), und der zweiten Säule, einer Wissenskonsolidierung durch Wiederholung, braucht es als dritte Säule eine aktive Beteiligung, z.B. durch eigenes Forschen, Experimentieren, kontroverse Diskussionen und Feedback von verschiedener Seite und als vierte Säule die eigene Fehlerkorrektur (gleichzeitig Automatismen blockieren können). Zur Fehlerkorrektur muss der Fehler erst einmal erkannt werden, das heisst erkannt werden, dass man sich geirrt hat, um eine Neukonfiguration der koronaren Netzwerke zu bewirken. Dann muss erforscht werden, woher der Fehler rührt und wie er behoben werden kann. Hierbei wurde belegt, dass durch Wiedergabe das Wissen besser gespeichert wird, was abermals die Wichtigkeit von Austausch hervorhebt (ebenda).

Tabelle 1: Alte und neue Annahmen über Lernen (Bauer & Hille, 2017, S. 70)

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Durch die aktuellen Erkenntnisse werden dem Lernen heute andere „neue“ Annahmen zugrunde gelegt. In Hille & Bauers Analyse der heutigen Annahmen über das Lernen lässt sich in gewisser Weise ein Trend der Entgrenzung der einst starren Vorstellungen vom Lernen erkennen (2017, S. 70). Man kann überall und zu jeder Zeit lernen, einzeln oder zusammen. Man kann mit und von jedem lernen; auch Lehrpersonen können einzeln und in Gruppen lehren.

In Tab. 1 sind alte Annahmen über das Lernen den neuen Annahmen gegenübergestellt.

Für das „neue“ Lernen in verschiedenen Sozialformen muss nicht immer ein geschlossener Raum gegeben sein. Offene Zwischenräume, auch Treppenhäuser, Eingangshallen oder Flure können ebenso wie der Aussenraum für unterschiedliche Sozialformen flexibel genutzt werden. Das „neue“ Lernen findet nicht nur im Unterricht, sondern im Leben generell statt. Für das Wohlbefinden von SchülerInnen und Lehrpersonen braucht dieses Leben auch Platz an der Schule: Räume zum Spielen, Werken, Plaudern, Essen und Ruhen, zum Vor- und Nachbereiten. Auch diese Räume müssen nicht als zusätzliche geschlossene, rechtwinklige Räume gedacht werden, sondern können offen und überall sein.

Die o.g. Individualisierung geht mit der Dezentrierung des Unterrichts einher, das heisst die SchülerInnen gehen unterschiedlichen Tätigkeiten nach und das Unterrichtsgeschehen hat „kein gemeinsames Zentrum der Aufmerksamkeit“ (Breidenstein, Rademacher, & Menzel, 2017, S. 73). „Die Dezentrierung des Unterrichts, die auf die Ausrichtung auf einen gemeinsamen Gegenstand und die Synchronisierung der Schülertätigkeiten verzichtet, stellt dabei spezifische Anforderungen an die praktische Organisation des Vollzuges von Unterricht“ (S. 18). In der Metapher der Öffnung zeigt sich die Dezentrierung von Unterricht, wobei sich die Öffnung des Unterrichts gegen die Geschlossenheit lehrerzentrierten Unterrichts wendet, welcher „bekannt (und berüchtigt) für die Stillstellung und Disziplinierung der Schülerkörper“ (S. 20) ist. Praktisch zeigt sich dies, indem aufgestanden und herumgelaufen bzw. verschiedenste Haltungen und Orte eingenommen werden dürfen - räumlich durch umgestaltete Räume ohne zentralisierten Lehrertisch, unregelmässige Tischformationen, Sofas und Teppiche als Arbeitsfläche, geöffnete Türen, die Nutzung von Verkehrswegen (Treppen und Fluren) und ausserschulische Lernorte (vgl. ebenda S. 19f). Dieses offene Konzept ist sehr vielversprechend. Allerdings birgt es andere Formen der Schliessung wegen der knappen Ressource Lehrperson (ebenda). Denn die Lehrperson hat neben ihrer Aufsichtspflicht auch die Aufgabe, die von den SchülerInnen geleistete Arbeit zu kontrollieren, um ihren Lernstand zu eruieren. Diese Kontrolle muss sie auch zeitlich und räumlich organisieren.

Eine grössere Öffnung der Schule zu ihrer umgebenden Gemeinde oder ihrem Stadtteil ist eine neue, zusätzliche Forderung der Bildungswissenschaften (Holtappels, 2003, S. 183; Deinet, 2003; Herrmann, 2013; Rittelmeyer, 2013b; Canto Monitz & Fereirra, 2016). Sie könnte helfen, die Schule zu entschulen, weil die Schule dadurch deutlicher ein Raum des öffentlichen Raumes würde, was sie schliesslich ist, und ebenso helfen, die Schule bildungsfernen Schichten näher zu bringen, indem diese für sie attraktive Freizeit-Kurse in der Schule besuchen könnten. Dem Verlust des Bildungsmonopols durch die Entgrenzung des Pädagogischen an ausserschulische Lernorte und informelles Lernen könnte dementsprechend begegnet werden, indem eben jene ausserschulische Lernorte den Weg in die Schule finden und die Schule dadurch Teil der gesamten Gemeinde würde. Bislang werden meist nur die Sporthallen ausserschulisch genutzt. Mit entsprechenden Kursleitern könnte das Chemielabor für Experimentier-Kurse, BG-Räume für Töpferkurse oder die Schulküchen für interkulturelle Kochabende genutzt werden.

Die Montag Stiftung formulierte deshalb als ihre zehnte und letzte These für den Schulbau: „Die Schule öffnet sich zur Stadt. Die Stadt öffnet sich zur Schule. Von der geschlossenen Schule zur wechselseitigen Nutzung zentraler Funktionsbereiche“ (Hubeli, et al., 2017).

Der pädagogisch gestaltete Raum verfolgt somit bestimmte Absichten. Bildungswissenschaftler wünschen, dass der Schulraum SchülerInnen ermöglichen soll, das zu lernen, was sie brauchen. Das bedeutet zwangsläufig, dass der Schulraum Lehrpersonen ermöglichen muss, ihre Unterrichtsvorstellungen umzusetzen. Um einen Unterricht vorbereiten und durchführen zu können, braucht es ein pädagogisches Konzept. Die Räume (geschlossen, semipermeable oder offen, gross oder klein) und deren Anordnung, sollten dies und zusätzlich die neuen Annahmen über das Lernen, die gewünschte Öffnung der Schule und neue Informations- und Kommunikationstechnologien für Blended Learning vorsehen. Wenden Lehrpersonen möglichst vielfältige Methoden mit verschiedensten Interaktionsformen an und erreichen SchülerInnen dadurch die gewünschte Vielseitigkeit und Flexibilität, bedeutet das, dass der Raum ebenso flexibel und vielfältig sein sollte, - nicht nur um dies zu unterstützen, sondern auch um seinen eigenen Teil dazu beizutragen.

Wenn die Architektenseite dafür nicht nur vielfältige sondern auch zukunftsorientierte Lösungen mit modernem Material finden sollen, dann sollen Schulen ihrerseits nicht nur ein modernes pädagogisches Konzept haben, sondern ihre Schulentwicklung an einem modernen bildungswissenschaftlichen Diskurs orientieren.

Sven Hartman von der Universität Linköping in Schweden analysierte die Schulentwicklung hinsichtlich der Organisation von Gruppen in Schulen. Er definierte separierende und integrierende Aspekte (zitiert von Bjurström 2011, S.42), woran sich eine Richtung der Schulentwicklung abzeichnet. Diese separierenden und integrierenden Aspekte untersuchte er hinsichtlich Beziehungen, Wissen, Zeit, Raum und der Organisation selbst, welche Tabelle 2 entnommen werden können:

Tabelle 2: Separierende und integrierende Auswirkungen der Organisation von Gruppen nach Hartman

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Auch wenn in Schulen separierende und integrierende Aspekte nebeneinander bestehen, so lässt sich an Hartmans Unterteilung ein Trend in Richtung Integration erkennen. Inklusion, Ganztagsangebote, die Akzeptanz von Heterogenität, Differenzierung, Individualisierung und dezentriertes Lernen sind Schöpfungen dieses Trends. Dass das räumliche Design vor allem Kontakt zwischen den verschiedenen Gruppen und Klassen erleichtern sollte, ist im Verhältnis zum Klassenzimmer-Prinzip zu sehen und bedeutet nicht zwangsläufig, dass Einzelarbeit nicht stattzufinden hat. Dennoch ist Gruppenarbeit das Wichtigste, was neueste neurologische Untersuchungen bestätigen (ARTE, 2018).

c) Soziologische Perspektive

Norbert Elias, einer der bedeutendsten Soziologen des 20. Jhd., schrieb: „Die ‚Umstände‘, die sich ändern, sind nichts, was gleichsam von ‚außen‘ an den Menschen herankommt; die ‚Umstände‘, die sich ändern, sind die Beziehungen zwischen den Menschen selbst.“ (Wikipedia, 2018 ). So kann Schule unter anderer Perspektive betrachtet werden, als wechselseitiges Geflecht von Gesellschaft und Individuum und zwischen Individuen. Dies nannte Elias „Figuration“ (Elias & Scotson, 1990).

Der Faktor Macht ist für Elias wesentlich. Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse ist, dass konkurrierende Gruppen unterschiedliche Machtpotenziale haben, welche sie nutzen, um ihre Macht zu festigen und weiterauszubauen bzw. andere vom Zugang zur Macht abzuhalten. Die Mächtigen bestimmen die Konditionen für die Ohnmächtigeren auch dahingehend, dass die Gegengruppe besser kontrolliert werden kann, wodurch der Machtunterschied zu ihnen gesichert oder gar ausgebaut werden kann. Je grösser das Machtgefälle ist, desto schwieriger ist es für die schwächere (geschwächte) Gruppe sich zu wehren und desto schlechter ist sie angesehen bei der mächtigeren Gruppe. Je kleiner aber das Machtgefälle zwischen den Gruppen desto erbitterter die Kämpfe, desto eher passiert eine Revolution.

Diese Erkenntnisse sind wichtig in Bezug auf das asymmetrische Verhältnis von Lehrpersonen und SchülerInnen, auch wenn es sich hierbei nicht um miteinander konkurrierende Gruppen handelt, sondern Lehrpersonen SchülerInnen zu einem Lernzuwachs befähigen möchten. Genau in diesem Zusammenhang ist relevant, über die Faktoren der Verschiebung von Machtgefälle zu wissen, vor allem zugunsten der schwächeren Gruppe. Denn möchte man Mitsprache für „Schwächere“ bewirken (SchülerInnen gegenüber Lehrpersonen und Lehrpersonen gegenüber der Verwaltung oder Schulleitung), muss die schwächere Person oder Gruppe zuerst bestärkt bzw. erhoben werden, das heisst für voll genommen werden, in dem Bewusstsein, dass die Person oder Gruppe das noch nicht ist. Auf diesen Sachverhalt zielt auch Habermas in seiner „idealen Sprechsituation“ für Personen die Interesse an der Entwicklung ihres Gegenübers haben. In seiner Theorie des kommunikativen Handelns schlägt Habermas vor, die unterschiedliche kommunikative Kompetenz von Gesprächspartnern auszugleichen, indem kontrafaktisch eine ideale Sprechsituation unter Gleichen unterstellt wird, somit der inkompetentere Gesprächspartner als gleich kompetent behandelt wird. Dadurch wird dieser kompetenter, da er das Vorbild erlebt und die Situation gleichzeitig übt. Auf die gewünschte Selbstständigkeit von SchülerInnen bezogen, würde dies bedeuten, die Kontrolle zunehmend zu reduzieren und die Mitbestimmungs-, Einfluss- und Wahlmöglichkeiten sukzessive zu erhöhen.

Elias Erkenntnisse sind für die Analyse von Raumbesetzungen oder Raumzuteilungen auch deshalb relevant, weil die Bewohner und Besucher, die in einem asymmetrischen Verhältnis zueinanderstehen und deshalb unterschiedliche Regeln haben, diese Figuration auch im Raum herstellen bzw. ausdrücken. Raumzuteilungen können asymmetrische Verhältnisse offenlegen und zur Interpretation von Gruppenunterschieden bzw. Gruppenzugehörigkeiten herangezogen werden. Beispielsweise können qualitativ höherwertige Räume ausdrücklich „Schwächeren“ zugeteilt sein, um sie zu erhöhen, oder aber alle Räume gleich attraktiv gestaltet werden, um durch die Räume keine Machtunterschiede auszudrücken.

Da der Grundriss Produkt mehrerer Gruppen ist und das entstandene Dokument - der Grundriss - laut Hoffmann (2018, S. 116) „potenziell die nachwirkenden Spuren jeder einzelnen, an der Entstehung des Dokumentes beteiligten Person und Etappe in sich trägt“, zeigt sich in der letztendlich erbauten Schule auch das Machtverhältnis der an der Planung beteiligten Gruppen. Aber „die Idee des Anfangs spiegelt sich nicht zwangsläufig 1:1 im finalen Ergebnis wieder“ (S. 116). Im Falle von Schulbauten bedeutet das: Selbst wenn „schwächere“ Gruppen an der Planung des neuen Schulbaus partizipieren durften und ihre Bedürfnisse im Grundriss angelegt werden konnten, gäbe es theoretisch die Möglichkeit für die mächtigere Gruppe (Verwaltung, Lehrpersonen), mit Schlössern, Inventar, Regeln oder Raumzuteilungen den von ihnen gewünschten Zustand anzustreben und somit die im Schul-Grundriss vorgesehenen Beschränkungen oder Zugänge zu umgehen, wenn dies so nicht von ihnen gewünscht wäre.

Allerdings erschwert dies die Art und Weise der Durchführung heutiger Partizipation, nämlich in Form einer Projektgruppe mit unterschiedlichen Vertretern aller beteiligten Gruppen. Hier werden Wünsche und Bedürfnisse nicht nur genannt, sondern so ausgehandelt, bis alle das letztendlich entstehende System (Grundriss, pädagogisches Konzept, für Ausstattung bereitgestellte Finanzen etc. pp) gut und akzeptabel finden.

Die Mächtigeren bestimmen die Konditionen und Regeln der Schwächeren. Im Falle von Lehrpersonen und SchülerInnen ist dies natürlich und erwünscht, weil die Beziehung zwischen Lehrpersonen und SchülerInnen durch das Alter, die Erfahrung und Versiertheit und insbesondere durch die ihnen offiziell verliehene Macht des Bewertens und Massregelns asymmetrisch ist. Lehrpersonen können deshalb bestimmen, wie und wo sie SchülerInnen unterstützen und kontrollieren. Sie müssen dies tun, da sich SchülerInnen in der Entwicklung befinden und Orientierung brauchen. Um zunehmend selbstständig zu werden, sollte mit steigendem Alter die Unterstützung und Kontrolle der SchülerInnen abnehmen bzw. sich verändern. Dies kann als Form von Scaffolding bezeichnet werden, ein im E-Learning Bereich beim Instructional Design üblicher Begriff, welcher auf Vygotskys‘s Zone der proximalen Entwicklung zurückgeht. Scaffolding kann über Feedback, die Änderung der Aufgabenstellung oder das unterstützende Material geschehen durch Lehrpersonen, Peers oder computer-gestützt, wobei die Verfügbarkeit und dessen Abnahme (Fading) eine wichtige Rolle einnimmt. Es ist also von Belang, ob unterstützendes Material selbst gesucht werden muss und hierbei, ob Computer oder Smartphones genutzt werden können, wo sich die Bibliothek befindet, ob mit Partnern oder in einer Gruppe diskutiert werden kann und wie häufig die Lehrperson befragt werden kann bzw. wie häufig sie kontrolliert und was sie kontrolliert.

Mit Regeln wird SchülerInnen die Verfügbarkeit der Lehrperson bekannt gemacht: Wenn immer die Tür offen ist, eine Fahne grün zeigt, es grosse Pause ist oder zu ausgemachten Zeiten. Bezogen auf die Räumlichkeiten ist interessant, wo sich die „Heimat“ der Lehrperson befindet: Schreibtisch im Klassenzimmer, im Lernstudio, im Lehrpersonen-Arbeitsbereich oder eigenes Büro. Dies betrifft dann nicht nur die Verfügbarkeit, sondern auch die Kontrolle durch den Sichtbereich der Lehrperson sowie die Ruhe zum Arbeiten durch die Abgeschiedenheit. So wie kleine Kinder spielerisch in der Nähe der Bezugsperson lernen und ältere Kinder eventuell besser abgeschieden an einem Tisch lernen, ist in der Sekundarschule mit zunehmendem Alter wichtig, Aufgaben auch unbeaufsichtigt, auf sich selbst gestellt lösen zu können. Dadurch wird das Machtgefälle zwischen Lehrpersonen und SchülerInnen reduziert, was wichtig ist, um die SchülerInnen zur gleichberechtigten Verantwortungsübernahme in der „Erwachsenenwelt“ vorzubereiten.

Auch wenn bspw. SchülerInnen untereinander den gleichen offiziellen Status haben, so entstehen hier auch asymmetrische Beziehungen bspw. durch das Alter, die Dauer der Zugehörigkeit oder des Wohnsitzes (Definition nach Elias & Scotson, 1990, S. 11), die Sprachkenntnisse der einheimischen Sprache, die Sympathie, Kenntnisse oder Besonderheiten. Die Bewertung der schulischen Leistungen von SchülerInnen seitens der Lehrpersonen führt ebenso zu einem Gefälle zwischen den einzelnen SchülerInnen bzw. Gruppen. Ebenso haben Lehrpersonen untereinander nicht die gleiche Macht und Stellung. Alteingesessene z.B. kennen Lieblingsplätze schon genau und haben eine Strategie, wie sie sich diese sichern.

Das Machtgefälle innerhalb und zwischen Gruppen mit gleichem Status hat nicht nur bei der Sicherung von Lieblingsplätzen oder bei Sitzordnungen innerhalb von Räumen Relevanz, sondern auch bei der Belegung der Räume durch unterschiedliche Altersstufen, weil diese je nach Einsehbarkeit und Kontrollmöglichkeit von den Gruppen unterschiedlich bewertet werden.

d) Architektonische Perspektive

Architekten gehen beim Planen von Gebäuden ebenso vom Menschen aus, wie dies für Psychologen und Bildungswissenschaftler in den vorigen Perspektiven beschrieben wurde. Sie beschäftigen sich mit den Fragen, wozu das Gebäude dem Menschen dienen soll und welche Tätigkeiten hier ermöglicht werden sollen. Die architektonische Perspektive bezieht sich nicht nur auf den Bau an sich. Architekten gehen laut Weyland (2017, S. 171) von einem grossen Massstab (Einbettung des Gebäudes in das urbane Gefüge) hin zu einem kleinen (Einrichtung der Räume, Anbringung der Lichtschalter etc.). Sie sehen den Prozess auf diesen verschiedenen Ebenen und in zeitlichen Phasen.

Die Phasen beziehen sich auf die Ausschreibungsphase, die Planungsphase, die Umsetzungs- und Konsolidierungsphase, letztere im Sinne einer Verbesserungsanalyse für die Zukunft. In dieser Arbeit interessieren die letzten beiden Phasen nicht.

Architekten müssen bei ihrer Planung von Schulbauten nicht nur dem Auftrag mit seinen pädagogische Richtlinien entsprechen und Nutzeranforderungen berücksichtigen, sondern auch ökologische Vorgaben, Brandschutzbestimmungen, Sicherheitsvorschriften, den Zeitrahmen und das Budget einhalten. Ihre allererste Aufgabe ist allerdings, optimale Strukturen für die Realisierung der antizipierten Tätigkeiten und dem Zweck des Gebäudes zu finden. Der Zweck wäre für Schulen die Umsetzung pädagogischer Konzepte und die nutzerfreundliche Ermöglichung des Lebens und Arbeitens von SchülerInnen, Lehrpersonen und Verwaltung. Weil aber Schulbauten laut Böhme & Herrmann (2009, S. 204) funktional spezifizierte Bauten seien, deren Gestalt neben pädagogischen „vielmehr auch pragmatischen, stadtbildnerischen, technischen, ökonomischen, regional-ökologischen bzw. ästhetischen Kriterien unterworfen“ seien, wären „Schulbauten [eben] nur bedingt als Projektionsfläche pädagogischer Konzeptionen interpretierbar“ (ebenda). Rittelmeyer (2014, S. 387) ist hierzu der Ansicht: „Den architektonisch gestalteten Raum auf die Bedürfnisse der jeweiligen Nutzer abzustimmen, ihn nicht allein nach Maßgabe technisch-funktionaler Vorgaben (Hauptnutzflächen, Energieeffizienz, Raumangebot je Schüler usw.) zu planen“ und verweist auf die anthropologischen Architektur.

Es wird deutlich: die Aufgaben von Architekten sind komplex. Um ihnen nachzukommen, erkunden und sammeln Architekten erst einmal alle relevanten Informationen.

In der Innerschweiz kommt üblicherweise der erste Impuls zum Bau einer Schule von der Schule, wenn bspw. mehr Schulraumbedarf gewünscht wird. Dies folgt einem bestimmten Verfahren, welches von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sein kann.

Die Gemeinde belegt bspw. anhand der Entwicklung der Einwohnerzahlen und anhand von Hochrechnungen für zukünftige Zu- und Abwanderung bzw. Schüler/Innen-Schätzungen einerseits und dem benötigten Raum für moderne pädagogische Konzepte andererseits einen neuen Bedarf an Schulraum. Zudem wird je nach Schulstrukturmodell - geteilt, kooperativ, integriert - eine bestimmte Anzahl von Räumen in bestimmter Grösse und Ausstattung benötigt.

Die Schulleitung und ihr Team erarbeiten dann das pädagogische Konzept und konkretisieren es in Raumbedarf, z.B. Klassenzimmer zu je 75qm, pro 2 Klassenzimmer ein Gruppenraum (34qm) plus 1 Gesprächsraum für Lehrer und Eltern und 2 Garderobenräume mit je 15 qm, zuzüglich Fachräume und technische Räume. Zusätzlich beschreiben sie besondere Wünsche: z.B. die Räume sollen möglichst untereinander verbunden sein mit beidseitigem Zugang und anschlussfähig an nahegelegene Gebäude sein. Für die Plausibilisierung dieser Pläne sind in der Regel politische Vertreter, die Beraterfirma, der Schulleiter und das Bauamt verantwortlich.

Das gewünschte Gebäude wird dann für Architekten ausgeschrieben, so dass sich jede Architektenfirma am Wettbewerb beteiligen kann. „Die Ausschreibungskriterien müssen aber so abgefasst werden, dass Architekten und Planer sie lesen und verstehen können. Obwohl dies zunehmend gelingt, zeigt sich doch, dass in aller Regel mindestens die Hälfte, der an einem Wettbewerb Teilnehmenden diese Texte nicht richtig interpretieren kann und versucht, sie in ihren vertrauten Strukturen unterzubringen. Dementsprechend planen sie traditionell“ (Imhäuser, 2015, S. 30).

Über die Auswahl des Architektenwettbewerbs befindet eine Fachjury. Meist sind in ihr doppelt so viele Architekten, wie Schulmitglieder oder Gemeinderäte. Unter den fünf Forderungen für zukünftige Schulbauplanungen, die Rittelmeyer (2013a) definiert, beschreibt eine die Auflösung nutzerfeindliche Netzwerke. Damit fordert er konkret, dass „bei Schulbauwettbewerben die Jurymitglieder nicht nur aus Architekten und Vertretern der Bauadministration bestehen“ (S. 72). Denn „die Einseitigkeit der Präsentation [im Jahr 2006 war] kaum zu übersehen“ (S. 73), schliesslich stünde „ein sehr viel breiteres Spektrum von Bauformen (auch aus dem Bereich der organischen Architektur) zur Verfügung“ (S. 73). Auch Bodack weist in diesem Zusammenhang auf die vom Anthroposophen Rudolf Steiner geprägte organische Architektur, die wieder im Aufwärtstrend sei (Bodack, 2009).

Die Durchsicht der Grundrissfibel für Schulbauten (Hönig & Nashed, 2015), in denen 30 Architekturwettbewerbe in der Schweiz zwischen 2001 und 2015 gezeigt sind, lässt Hoffnung auf eine Weiterentwicklung des Schulraums zu. Zwar überwiegen auch hier die „Ein Lehrer-Lernräumen“ (Imhäuser, 2015, S. 30), aber Zwischen -Räume werden öfter schon als Lernzone deklariert. Da nicht nur erste Ränge des Wettbewerbs im Buch publiziert sind, wird deutlich, dass moderne Schulraumideen nicht immer den Wettbewerb gewonnen haben.

Es ist somit wichtig, dass alle Jurymitglieder - nicht nur die Architektenseite sondern auch die Verwaltungs- und Pädagogenseite - die Ausschreibungskriterien verstehen, um die Entscheidung nicht zugunsten traditioneller Planungen zu treffen. In diesem Zusammenhang verweisen Dinsleder & Kirchgässner auf die „Sollbruchstelle“ (2017, S. 34) zwischen den Akteuren im Jurierungsprozess, weil hier pädagogische Akteure weniger zahlreich und fachlich in Bezug auf baurechtliche Regelungen und Instandsetzung, dem Lesen von Grundrissen und dem Verstehen des Fachjargons leicht abzuhängen sind.

Nachdem der Gewinner eines Bauwettbewerbes feststeht, kann dieser seine Planung konkretisieren und erweitert dazu seine Informationssammlung. Dazu werden oft - aber nicht immer - NutzerInnen befragt. „Fehlende Abstimmung mit den Nutzern stellt ein […] Defizit dar, das den weiteren Planungsprozess und nicht zuletzt das Ergebnis beeinträchtigen kann“ (Verspay & Hausmann, 2013, S. 247). Partizipation im Planungsprozess bedeutet das Einbinden und Zu-Wort-kommen-Lassen zukünftiger NutzerInnen. Fordert die Schule dies und beauftragt Raumentwickler, zeigt dies das Verständnis der Schule für Empowerment.

Gerade bei der Umsetzung, Konzipierung und Verwirklichung schulischer An-, Um- oder Neubauten ist „ein interdisziplinärer Austausch erforderlich, der zwischen Architekten, Bautechnikern, Lehrerkollegien, Schulämtern, Kommunen, Schülerschaften, Städteplanern, Eltern, Politikern, Unternehmen, Schulleitungen und möglichen anderen Akteursgruppen immer wieder angemahnt wird“, schrieb Böhme (2009, S. 20).

Seit einigen Jahren gibt es für eine kooperative Zusammenarbeit zunehmend Beispiele, die teilweise auch in der Literatur veröffentlicht wurden (Sanoff, 2016; Hübner, 2016; Spannberger, 2017; Ryznar, 2017; Weyland, 2017; Zinner, 2017; Hübner, 2005). Die Partizipation hat sich entwickelt. In Südtirol beschreibt Watschinger (2013) ein Beispiel, bei dem analog zu den gesetzlichen Bestimmungen im Bildungsbereich neue Schulbaurichtlinien mit Entwicklungsleitlinien den Prozess unterstützten: „Schulen mit eigenem pädagogischen Konzept erhalten durch diese Richtlinien die Option ihre pädagogischen Ansätze durch eine entsprechende Architektur zu unterstützen“ (S. 258). Die Grundschule Walsberg hat dadurch für das Malen, Werken und Kochen ein multifunktional eingerichtetes Atelier im Eingangsbereich mit erweitertem Freiluftatelier; ihre SchülerInnen gehören eine der zwei Lerngemeinschaften an, um welche die Schule gebaut wurde und die Bibliothek ist überall, um nur wenige der erarbeiteten Details dieser interdisziplinären Zusammenarbeit zu nennen (S. 261ff). „Involving users provides several benefits: it reduces the likelihood of investing in aspects which are irrelevant to users, earns commitment to and co-ownership of the investments, and reduces the chance that users do not understand the changes or know how they should then work in the improved facilities.” (SFC, 2012, S. 7) Der SFC schlägt deshalb vor, Nutzer vor, während und nach dem Schulbau zu involvieren; was gentil transitions und soft landings verspräche (ebenda).

Für eine verbesserte Zusammenarbeit ist es von Vorteil, wenn Verwaltung und finanzielle Entscheidungsträger von Beginn an im Planungsprozess eingebunden sind, da sie in der Entwicklungsphase oft merken, „dass das Geld, das sie zur Verfügung stellen wollten, nicht genug ist für das, was getan werden müsste“ (Imhäuser, 2015, S. 31). Sie sind dann für Anpassungen oder eine Änderung der Finanzierungsstrategie empfänglicher (ebenda). Auch für Oregioni (2017, p. 93) zählen bei der kooperativen Lernraumentwicklung zu den Planern und Nutzern als Dritte im Bunde die Bauherrn und die Verwaltung, die eine eigene Perspektive auf das Schulgebäude hätten. Zudem bräuchte es Lernraumentwickler, die zwischen diesen Gruppen vermittelten. Denn, so Rittelmeyer (2013a, S. 72), Nutzer und Planer müssten eine gemeinsame Sprache finden, da sie häufig aneinander vorbeiredeten.

Wenn dieses gelingt, geht es nachfolgend nicht nur darum, dass die Auftraggeber und Schulseite dem Architekten ihren Raumbedarf und die antizipierten pädagogischen Handlungen und Bedürfnisse darlegen und die Architektenseite diese mit vielfältigen Lösungen, die der Schulseite gefallen, beantwortet, sondern auch darum, dass Architekten moderne zukunftsorientierte Lösungen und Materialvorschläge offerieren, welche Auftraggeber und Schulseite kaum geläufig sind. Bei der Erstellung der Schulraumlösungen orientieren sich Architekten an Literatur und der Bewertung von Schulbauwettbewerben. Ein Beispiel ist der in Deutschland von der Architektenkammer im Sept 2018 bekannt gegebene Schulbaupreis oder der jährlich durchgeführte Schulpreis der Schweiz, der sich nicht nur auf die architektonische Lösung bezieht. Nichtsdestotrotz stehen diese in enger Beziehung zueinander.

Verschiedene Gruppen - teils länderübergreifend und interdisziplinär - haben sich einer Verbesserung der Zusammenarbeit aller Beteiligten verschrieben und bieten konkrete Hilfen an. So gibt es bspw. den PULS-Verbund oder die Montagsstiftung. Diese beiden publizieren Literatur und Partizipationsprojekte und begleiten unterstützend. Auch veröffentlichen sie neue Forschungsergebnisse zum Schulbau.

PULS (in D-I-CH-AU) möchte Interessierte und Experten vernetzen, Entwicklungsnotwendigkeiten aufspüren, durch den Verbund ihre Kompetenzen multiplizieren und durch entsprechende Massnahmen stützen. Die Montag-Stiftung setzt sich in Deutschland und der Schweiz für gute „pädagogische Architektur“ ein (Fischer, 4/2015, S. 13). Es besteht eine Liste von Merkmalen pädagogischer Architektur (Watschinger, 2013, S. 266). Diese Organisationen vermitteln zwischen Architekten und Pädagogen.

Im Folgenden werden die Ideen moderner Schulbaukonzepte von Imhäuser, dem Vorstand der Montag-Stiftung, verdeutlicht, in denen sich neue pädagogische Konzepte umsetzen lassen, im Gegensatz zu den Ein Lehrer-Lernräumen (2015, S. 29-33).

Offene Lernlandschaften ermöglichen offene Settings mit semipermeablen Strukturen (akustisch voneinander getrennt, oft werden Verkehrswege dafür genutzt), in denen sich variable Lerngruppen formieren lassen und sich Lernen situativ entwickeln kann.

Die Bildung von Cluster (Einheiten mehrerer Räume) ermöglicht unterschiedliche Sozial- und Interaktionsformen. So entstehen „Lernorte, die Gemeinschaft ermöglichen, in denen durch Instruktion gelehrt und gelernt wird, aber auch Räume für individuelle, differenzierende Lernprozesse“ (S. 30). Imhäuser verweist explizit auf die Wichtigkeit, die Räume des Clusters aufeinander abzustimmen und die Grössenverhältnisse der Gemeinschaftsräume zu den Differenzierungsräumen und insofern auch die Anordnung der Räume zu berücksichtigen.

Imhäuser sieht vor allem Fachbereiche in Clustern. Hinzu komme eine sogenannte Homebase als Heimat der SchülerInnen. Eine derartige Homebase würde somit den üblichen Klassenraum ablösen. Ähnlich einem Grossraumbüro hätten hier jede/r der bis zu 60 SchülerInnen ihren privaten Arbeitsbereich und würden von dort aus Inputräume oder andere Fachräume je nach individuellem Plan und Bedarf aufsuchen. Diesem privaten Bereich können sie individuell gestalten.

Anstatt also Klassenzimmer für einen festen Klassenbestand und einer Lehrperson zu errichten, sollten eher Lernhäuser entstehen mit Lerninseln, Teamstationen, Nischenarbeitsplätzen, Ad-hoc-Lernstationen, Gemeinschafts- und Differenzierungszonen, die von einer unterschiedlichen Anzahl an Lehrpersonen unterrichtet werden könnten. Für ein derartiges Raumkonzept mit offenen Lernformen, der Nutzung der Gänge und Eingangsbereiche, dem Einbezug des Aussenraums als Lernbereich und mit Rückzugsmöglichkeiten sei es wichtig, dass „beide Akteure in die Pflicht genommen werden“ (Imhäuser, 2015, S. 31) - er bezieht sich auf Lehrpersonen und SchülerInnen -, denn „Lärm entsteht dort, wo wir immer noch von einer zentralen Lehrerfigur ausgehen, die eine Gruppe von Kindern zur Aufmerksamkeit bringen und unter Stille Lernen organisieren will. Eine Schule, die nicht beginnt neu zu denken, wird an der Realität der neuen Räumlichkeiten vorbeilehren“ (S. 31).

In den Clustern fällt nun die Ähnlichkeit zur Kincaid Elementary School auf, welche in Abb. 11 als durchschnittliches Schema jener Schule dargestellt ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Durchschnittliches Cluster der Kincaid Elementary School (Quelle: Eigene Darstellung)

Die Umsetzung neuer pädagogischer Konzepte stellt Städte und Gemeinden vor grosse Herausforderungen, nicht nur bei Neu- sondern besonders auch bei Um- oder Erweiterungsbauten. Neue pädagogische Konzepte benötigten für ihre Umsetzung zwar gute Schulbaukonzepte, dazu müssen aber nicht unbedingt neue Schulen gebaut werden. Denn neue Schulbaukonzepte lassen sich in Altbauten integrieren. Um eine grössere Raumeinheit von 400 Quadratmetern zu erreichen, nehme man Wände heraus, beziehe Verkehrsflächen wie Flure und Treppen mit ein und bespiele diese grosse Fläche gemäss dem pädagogischen Lernkonzept (Imhäuser, 2015).

Architektonisch benötigt man also möglichst grosse Spannweiten und eine offene und flexible Raumstruktur, damit immer wieder neue Lösungen verwirklicht werden können je nach pädagogischem Schwerpunkt, Vorlieben oder Trends. Damit die Raumstruktur aber optimal genutzt werden kann, ist die Flexibilität der Räume (schnell und einfach umzubauen) weniger wichtig als ein klares pädagogisches Konzept mit expliziten Raumvorstellungen, für welches die Raumstruktur geplant wurde.

Jeder Raum - jedes Element eines Gebäudes - hat eine bestimmte Form und Grösse und hat eine bestimmte Funktion, wie Wörter einer Sprache. Darüber hinaus sind Räume auf bestimmte Weise mit den anderen verbunden, ähnlich der Syntax einer Sprache. Unerheblich ob es sich bei den einzelnen Räumen einer Schule um die o.g. Lerninseln, Teamstationen, Nischenarbeitsplätze, Rückzugszonen, Ad-hoc-Lernstationen, Gemeinschafts- und Differenzierungszonen - neben den immer benötigten Toilettenräumen, dem Eingangs- und dem Verwaltungsbereich - handelt oder um Klassen- und Fachräume mit zusätzlichen sozialen Bereichen, immer haben Räume eine eigene Bestimmung und sind zugleich Teil einer bestimmten Raumaufteilung. Laut Hillier & Hanson (zitiert durch Bjurström, 2011, S. 37) bestimme Architektur die Wechselwirkung von Raum und Ereignissen. So können durch die räumliche Anordnung und Verbindung der Räume Rückschlüsse auf das soziale Leben und die Ordnung der in den Räumen lebenden Menschen gezogen werden, wie durch eine sprachliche Mitteilung.

e) Bedeutung des Forschungsstandes für diese Arbeit

Kap 2 verdeutlichte die Relevanz bestimmter psychologischer und bildungswissenschaftlicher Bedürfnisse, soziologischer Bedingungen und den Bedarf bestimmter moderner Schulbaukonzepte und verdeutlichte somit, dass Leistungserfolg sich durch verschiedene Faktoren im Zusammenspiel einstellt. Aus ihnen ergeben sich bestimmte Anforderungen an den Schulraum, wodurch dieser, sollten die Anforderungen umgesetzt seien, als dritter Pädagoge wirken kann. Die Räume müssen darauf untersucht werden, ob sie den unterschiedlichen Bedürfnisse gerecht werden, welche zusammenfassend in Tabelle 3 gelistet sind.

Tabelle 3: Bedürfnisse von RaumnutzerInnen und Anforderungen an den Schulraum (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Schulraum ermöglicht oder behindert die o.g. spezifischen Bedürfnisse. Daraus lässt sich das Leben aller RaumnutzerInnen rekonstruieren. Dadurch sind Rückschlüsse auf das Arbeiten von Lehrpersonen möglich. Hierzu braucht es eine Methode, die es ermöglicht, das Leben, welches in Räumen stattfindet oder erzeugt wird, sichtbar zu machen.

Im Folgenden wird eine Theorie vorgestellt, welche mit ihren Methoden für die Zwecke dieser Arbeit geeignet ist.

3. Die Sprache der Räume

Die Idee Räume als Sprache zu verstehen, gelang Christopher Alexander und seinem Team 1977. Sie erkannten wiederkehrende Muster in Räumen, beschrieben deren Zusammenspiel und verglichen diese mit Elementen der Sprache, - eine Sprache räumlicher Muster.

Alexander verstand, an Raum-Elementen das Essentielle als immer wieder gleich auftretende Phänomene (Muster) herauszuarbeiten, analog zu einzelnen Wörtern und Wortarten einer Sprache. Dadurch kristallisierten sich das Verhältnis und die Beziehung zu den anderen Mustern (Räumen) heraus. So entstand die Muster-Sprache - the pattern language.

Insgesamt wurden 253 Raum-Muster definiert (im Vergleich dazu gibt es nur 10 Wortarten im Deutschen) und für jedes wurde eine optimale Lösung vorgelegt. Die verschiedenen Räume seien auf bestimmte, zusammenhängende Weise angeordnet: von ziemlich gross, z.B. Nr.11: Local Transport Areas (S. 63ff) bis hin zu sehr klein z.B. Nr.251: Different Chairs (S. 1157ff). Jeder Raum besteht aus kleineren Räumen, die wiederum aus kleineren bestehen: Der grösste Raum - also das grösste Sprach-Element - hier Nr.1: unabhängige Region (S. 10ff) - wird immer weiter herunter gebrochen bspw. in Gemeinden, Städte, Subkulturen, Plätzen hin zu Häusern, Fronten, Lieblingsplätzen etc. und verzweigt sich dabei ähnlich einem Stammbaum.

Nicht die Anordnung teilt hier etwas mit, wie bei Space Syntax, sondern das Muster (das einzelne Wort), das heisst auf welche Weise der spezifische Raum (bspw. eine Schule, in der Mustersprache Teenage-Society) umgesetzt wird. Alexanders Methode, die sich mittlerweile weithin - vor allem in den Computerwissenschaften - verbreitete hat, besteht darin, zuerst eine kurze sachliche Problembeschreibung eines wiederkehrenden Phänomens zu geben, dazu den aktuelle Forschungsstand zu nennen und zuletzt eine knappe Lösung zu nennen, welche mit all den anderen Problembeschreibungen und Lösungen Teil der Gesamtlösung ist. Die Lösung zur Teenage-Society bspw. lautete:

„Replace the „high school” with an institution which is actually a model of adult society, in which the students take on most of the responsibility for learning and social life, with clearly defined roles and forms of discipline. Provide adult guidance, both for the learning and the social structure of the society; but keep them as far as feasible, in the hands of the students.” (1977, S. 418)

Die Architekten Hillier und Hanson wiederum konnten 1984 in ihrem Buch „The Social Logic of Space“ aufzeigen, dass die Anordnung von Räumen eine Sprache darstellt, die etwas über die soziale Ordnung von Menschen mitteilt.

Hierin vertreten sie die Theorie, sie nennen sie Space Syntax Theorie, dass Räume (Räume jeder Grösse, von urbaner Siedlung bis zur Abstellkammer) einzelne Sprachelemente sind, die zusammengesetzt eine Sprache sprechen, welche etwas über die Menschen und ihr Miteinander in den Räumen verrät.

Es geht hier nicht um die Gestaltung der einzelnen Raum-Elemente wie bei „The Pattern Language“ (Alexander, et al., 1977), die in ihrer jeweiligen Gestalt etwas Bestimmtes kommunizieren oder der Einbettung kleinerer Räume in grössere, um ein bestimmtes Gesamtbild zu vermitteln wie bei einem Mosaik.

Bei „The Social Logic of Space“ geht es um die Raum-Elemente im Zusammenhang. Ähnlich einem Satzgefüge werden diese durch eine bestimmte Syntax zusammengehalten und vermitteln dadurch einen bestimmten Sinn. Der Sinn, den die räumliche Syntax macht, also die Anordnung der Räume miteinander, sagt etwas über die soziale Ordnung, die in diesen Räumen stattfinden muss bzw. kann und hat insofern weit mehr Bedeutung als der Sinn, den ein einzelner Raum (Wort) macht.

„The way parts of space are connected is, according to Hillier and Hanson, far more important in its effect than any single part” (Bjurström, 2011, S. 36).

Nehmen wir bspw. eine Küche.

Es ist unerheblich, ob sie modern oder altertümlich ist. Wichtig ist, wo die Küche im Gesamtarrangement lokalisiert ist. Befindet sich diese Küche z.B. als abgetrennter kleiner Raum am Ende eines langen Flures, von welchem Zimmer mit Türen abgehen (wobei die „gute Stube“ womöglich zudem noch weit entfernt von dieser Küche liegen mag), sagt dies etwas anderes über die mit dieser Küche lebenden Menschen aus, als wäre dieselbe Küche im Zentrum der Wohnung in einem Open Floor Plan gelegen. Hier im Zentrum muss jeder immer wieder durch sie hindurch, nicht nur die Person, die das Essen bereitet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass hier mehrere Personen bei der Essenszubereitung helfen werden, dass diese Tätigkeit insofern eine kommunikative ist, genauso wie das Einnehmen der Mahlzeiten. Wäre ein Koch angestellt, wäre er in der zweitgenannten Küche wesentlich einfacher integriert und informiert. Am Rande der Wohneinheit wäre seine Position innerhalb der Bewohner-Gruppe nicht von hohem Rang, da man seine Tätigkeiten nicht in dem Masse wertschätzen könnte, weil nur das Produkt ersichtlich wäre: das mehr oder weniger pünktliche und schmackhafte Essen. Wäre am selben zentralen Ort anstatt der Küche eine Bibliothek mit mehreren Sesseln, wären Lesen und Gespräche über Bücherinhalte sicherlich zentraler (als Essen). Und dies nur schon durch die häufige Frequentierung und die erhöhte Zugänglichkeit.

Integration und Zugehörigkeiten können durch die Lage des Raums im Gesamtensemble aller Räume (Grundriss) wesentlich beeinflusst werden. Die Abgeschiedenheit eines Raums (Tiefe im Grundriss) hat als Vorteil Privatheit, als Nachteil schlechtere Informiertheit und dadurch evtl. Anschlussverlust. Liegen Lehrerzimmer oder Aussenanlagen weit weg von einem Schulzimmer, kann die Distanz ein Grund sein, warum Lehrpersonen diese Bereiche seltener frequentieren und eventuell eher in ihren Klassenräumen bleiben. Gruppenräume zwischen Klassenräumen bewirken, dass hier Lehrpersonen Absprachen treffen können, ohne dass in die Domäne eines Kollegen eingedrungen werden muss, da Klassenzimmer Domänen der jeweiligen Klassenlehrperson sind. Gibt es Lehrerarbeitsräume für Fachbereiche, Stufen oder Klasseneinheiten sind grössere Teams wahrscheinlicher.

Die Lage ist entscheidend, um zu wissen, wer mit wem häufiger oder weniger häufig zu tun hat und wie privat oder fachlich überwiegend die Gespräche sind. Auch in einer Teeküche kann fachlich gearbeitet werden, aber man wird dazu eher andere Räume aufsuchen, es sei denn, diese sind zu weit entfernt oder haben negative psychologische Effekte.

Die Art und Weise, wie also Räume angeordnet und verbunden sind, ist ausschlaggebend. Hillier & Hanson gebrauchen den Begriff der «Konfiguration» für die Anordnung der Räume mit ihren Verbindungen. Ihrer Meinung nach ist die Konfiguration von wesentlich grösserer Wichtigkeit als irgendein anderer Aspekt wie bspw. «Appearance».

Laut Ledewitz (1991) vom Architektur Department der Carnegie Mellon University Pittburgh, USA, befasste man sich zu jenem Zeitpunkt, als Hillier und Hanson 1984 das Buch „The Logic of Space“ schrieben, in alter Tradition hauptsächlich mit appearances aus Mangel an Alternativen „because of a lack of a theoretical understanding of the underlaying spatial organisation“ (S. 261). Hilliers und Hansons Theorie erkläre nicht nur die Beziehung zwischen sozialen Mustern und räumlicher Organisation, so Ledewitz, sondern auch die Beziehung zwischen räumlichen Varianten und der sozialen Ordnung, die die Räume helfen herzustellen:

„The topological structure of space is a fundamental means by which society constitutes itself: the structure of space helps establish social roles and makes certain social relationships more likely than others. Thus, the spatial patterns of buildings and settlement both embody and shape social patterns” (S. 261).

Die räumliche Anordnung bringt also nicht nur die soziale Anordnung zum Vorschein, sondern formt sie auch gleichzeitig.

Hillier & Hanson meinen, ein Gebäude determiniere zwar nicht das Sozialverhalten der Menschen in ihm, aber es korrespondiere zu bestimmten Mustern sozialer Interaktionen (Bjurström, 2011, S. 37) und helfe Regeln zu etablieren. (Man kann auch in der kleinen Küche am Ende des Flurs gemeinsam kochen, aber dies wird seltener passieren, da eine derartige Aktion nicht durch die o.g. Konfiguration unterstützt wird.)

Da für jede Raumanordnung eine korrespondierende soziale Ordnung und Interaktionsmöglichkeit besteht, beweist die Space Syntax Theorie, dass Gebäude Menschen beeinflussen - oft in versteckter Weise wie Bjurström (2011, S. 36) meint - und zwar durch die Anordnung und Beziehungen der Räume untereinander. Gebäude bilden somit die Konditionen für menschliches Verhalten und Interaktionen. Auch wenn die räumliche Konfiguration nicht das einzige Instrument für Macht, Kontrolle und soziales Verhalten darstellt, so kann sie doch die Organisationsstruktur oder didaktische Konzepte unterstützen oder unterminieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Theoretisches Modell einer “Zelle” nach Hillier & Hanson (Quelle: Eigene Darstellung)

Das theoretische Modell ist die Zelle, in Abb.12 dargestellt.

Diese besteht aus einem Innenraum, einem Aussenraum, einer Begrenzung, einer Öffnung in der Begrenzung und einem Begegnungsraum. Dadurch entstehen Bewohner (des Innenraumes), Fremde (im Aussenraum) bzw. Besucher, sollten sie sich in der Zelle befinden, Trennungen (durch die Begrenzung) und die Möglichkeit zu Begegnungen. Die täglichen, räumlichen Bedürfnisse - unterschiedlich für Fremde und Einwohner - decken sich hierbei mit den Wegen (paths), die axial spaces genannt werden, und den Plätzen, convex spaces genannt. Diese Plätze lassen sich bestimmten Tätigkeiten, Gruppen oder Regeln zuordnen.

Hieraus lässt sich ableiten:

- Es besteht eine unterschiedliche soziale Ordnung in Innen- und in Aussenräumen

- Axial Spaces ermöglichen Fremden den Zutritt, wobei Convex Spaces statische Zonen sind, in denen eher die Bewohner die Kontrolle haben.

- Begrenzungen und Durchlässigkeiten verschieden arrangierter Zellen bestimmen das soziale Verhalten und soziale Regeln

- Bündel (clump, cluster) werden erzeugt durch aneinander gehängte Zellen, im Gegensatz zu Räumen, die in einem anderen Raum liegen (concentric)

- Räume können verteilt, dezentralisiert (distributed) oder zentralisiert (non-distributed) angelegt sein und

- ebenso können sie symmetrisch oder asymmetrisch angeordnet liegen

Dazu Hillier und Hanson (zitiert von Ledewitz ebenda): „These relations are nothing more than the basic linguistic concepts of singulars and plurals, subjects and objects.”

So können aus den Elementen und der vielen Möglichkeiten ihrer Anordnungen verschiedene Konfigurationen, z.B. Ringe oder spinnenartige Vernetzungen entstehen und unterschiedliche Pole von Kontinuums werden sichtbar (asymmetrisch - symmetrisch, zentralisiert - dezentralisiert, etc.), insbesondere, da sich Bewohner sowie Besucher weiter in Subgruppen nach Alter, Geschlecht, Fähigkeit, Spezialisierungen, Fächern etc. unterteilen lassen.

Ob bspw. Lehrpersonen zu den Bewohnern oder besser zu den Besuchern zählen sollten, liegt einerseits an der angestrebten Flexibilität - Räume, Zeiten und Gruppen betreffend (Manche Lehrpersonen fühlen sich dadurch eher wie Gäste) - und andererseits daran, dass Lehrpersonen in manchen Klassen auf bestehende Regeln treffen (Bjurström, 2011, S. 39). Aber auch wenn sie nicht diejenigen waren, die diese Regeln bestimmten, haben sie dennoch mehr Macht als SchülerInnen, was sie eher zu Bewohner als zu Gästen macht.

„Bewohner und Fremde stimmen generell mit Wegen und Plätze überein, denen sie zugeordnet sind. Diese generalisierte Übereinstimmung ermöglicht es Hillier & Hansen, durch eine Berechnung von Anzahl und Anordnung (configuration) der axialen und konvexen Räume die relative Bedeutung von Begegnungen zwischen Bewohnern und Fremden in Zahlen auszudrücken und diese mit den quantifizierten Begegnungen zwischen Bewohnern mit Besuchern zu vergleichen“ (Ledewitz, 1991, p.262, Übersetzung ders Autorin). Durch diese Berechnungen lassen sich Bewegungen und Begegnungen zwischen den Schulgebäude-Gruppen bestimmen.

Gerade in einer Zeit, in der die Sicht der Autoren Hillier & Hanson von vielen Menschen geteilt wurde, dass Gebäude zunehmend beklemmend seien und sich der besiedelte Raum vom Menschlichen entfremde, tue eine Theorie gut, die durch Berechnungen dieses anscheinend objektiv dokumentiere, so Ledewitz.

Ebenso kann nun diese Theorie helfen, die Bedeutung der in Schulgebäuden verdeckten sozialen Begegnungen aufzudecken und zu dokumentieren.

Dennoch habe das Buch „The social Logic of Space“ arge Mängel, schrieb Ledewitz in seinem Review. Und tatsächlich hatten sich nach Erscheinen zuerst nicht viele zu diesem Werk geäussert. Abgesehen von langatmigen Erklärungen, die durch Diagramme und Grafiken viel präziser gewesen wären, fehlenden Referenzen und Belegen, einem Hang zur Dualität, welche die Theorie künstlich einschränke, habe das Buch diverse Widersprüche. So zum Beispiel, wenn erklärt würde, dass grosse „Tiefe“ bei gleichzeitiger zentraler Lage auf hohen sozialen Status und Macht (the rulers inner sanctum) in einem anderen Beispiel aber auf wenig Macht mit gleichzeitig hoher Einlass-Kontrolle (wives quaters) verweise. Auch die gesuchte, zu grosse Simplizität würde dieser bedeutenden Theorie nicht gerecht, denn… - und so beendet Ledewitz (1991, S. 263-265) seine eingehende Analyse:

„This is unquestionable ground-breaking work.

[…] it will allow us to understand our social structure as it is revealed by the way we organize our buildings and cities.“

Es ist verständlich, dass sich seit der Erscheinung des Reviews die Studien zu Space Syntax regelrecht überhäuften, wodurch viele Ungenauigkeiten von Hillier und Hanson mittlerweile geklärt sind.

Heute ist Space Syntax ein gross angelegtes Forschungsprojekt www.spacesyntax.com, welches alle Facetten von Beziehungen zwischen menschlichen Gesellschaften und dem Raum untersucht. Ausgangspunkt ist dabei immer, dass menschliche Gesellschaften den Raum als notwendige Ressource nutzen, um sich zu organisieren, um sich zu konfigurieren.

Da Verbundenheit/Anschlussfähigkeit (connectivity) und Bewegung (movement) zentral in dieser Theorie sind, befasst sich internationale Space-Syntax-Forschung heute mit vertiefenden Problemen wie z.B. dem Strömungswiderstand (impedance) in grossen Gebäuden (Krankenhäuser, Bürogebäude, Malls, etc.) für Evakuierungsmassnahmen (Hyeyoung Kim, 2008), welche sich ebenso auf den Verkehr anwenden lassen oder auch der Frage, ob Raum Kriminalität erzeuge oder nur anziehe (Klarqvist, 1993).

Über die Zeit veränderte sich die Bedeutung der einzelnen Begriffe geringfügig und diejenigen, die sich intensiv mit Space Syntax befassten, hätten bisweilen eigene Interpretationen, so Klarqvist. Für diese Arbeit reichen Grundbegriffe zur Verständigung und simplifizierte Analysemethoden zur Messung.

Begriffe und Analysemethoden der Space Syntax Theorie

Konfigurieren ist

„- a term that space syntax recognizes as an act of turning the continuous space into a connected set of discrete units” (Bafna, 2016) ,

wodurch jeder Raum anders gekennzeichnet und verschiedenen Personen, Regeln oder Tätigkeiten zugeordnet werden kann.

Zur Analyse stehen verschiedene Methoden zur Verfügung: die Convex Space Map, die Axial Map, die Interface Map, die Isovist Map und die Graph (Kaiser, 2017, S. 75ff).

Ein Grundriss lässt sich bereits als abstrahierte Darstellung einer Konfiguration betrachten (ebenda). Da man in ihm die Anzahl der Räume und Zugänge erkennt, kann hier von der expliziten Erstellung einer Convex Space Map im Wesentlichen abgesehen werden, welche vor allem genutzt wird, um eine urbane Siedlung in Konvexe Räume zu unterteilen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Konvexe Räume sind Räume, die von jedem in ihnen befindlichen Standpunkt aus gänzlich einzusehen sind (a in Abb.13). Im Gegensatz dazu haben konkave Räume uneinsehbare Bereiche, d.h. manche Punkte innerhalb des Raumes können nicht miteinander verbunden werden, ohne den Raum zu verlassen (b in Abb.13).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Prozedur: Zugänge und Grenzen von Konvexen Räumen zeichnen. Indem man konkave Räume in konvexe Räume unterteilt, gelangt man zur gewünschten Karte (map). Diese Unterteilung nennt sich «Konvex Space Partitioning». Hier reicht der Grundriss. Sollten konkave Räume von Bedeutung sein, werden sie explizit in einer Isovist-Karte dargestellt.

Eine Axial Map besteht aus Linien und Ebenen und stellt sich deshalb als Achsen mit Schnittpunkten dar. Achsen sind gerade „Sicht“-Linien, woraus Kontrollbereiche entstehen. Achsen kann zu Fuss ohne Hindernis nachgegangen werden. Aus ihren Schnittpunkten werden Begegnungsmöglichkeiten quantifizierbar. “An axial line is defined as the longest line representing the maximum axial extension of any point in a straight line. An axial map is the least set of the axial lines which passes through each convex space” (Hillier & Hanson, 1984, S. 91-92; Turner, Penn & Hillier, 2005, S. 432-7).

Prozedur: Zuerst die längste Sichtlinie im Gebäudegrundriss finden, dann die zweitlängste usw. so lange bis alle konvexen Räume durchkreuzt und alle Achsen miteinander verbunden sind ohne Wiederholungen. Es kommt darauf an die Anzahl der Achsen soweit wie möglich zu reduzieren.

Der Graph berücksichtigt nur Nachbarschaftsbeziehungen im Sinne von Zugänglichkeiten oder Erreichbarkeiten. Als eindrückliches Beispiel hierfür kann die Darstellung eines Liniennetzes des Öffentlichen Verkehrsnetzes dienen. Je mehr Stationen man braucht, um anzukommen und je weniger Wege dorthin führen, desto abgelegener der Ankunftsort.

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Prozedur: Jeden konvexen Raum als Knotenpunkt darstellen und mit den anderen Knotenpunkten verbinden. Relationalen Raum vernachlässigen. Von einem beliebigen Standpunkt aus kann so die Tiefe von Räumen per Anzahl der Knotenpunkte gemessen werden. Niedrige Tiefenwerte bedeuten erhöhte Integration und umgekehrt. (Bus & Pedraza, 2016, S. 22)

In Abb. 14 ist zu erkennen, dass vom Standpunkt 5 maximal drei Knotenpunkte durchlaufen werden müssen, um jeden anderen Raum zu erreichen. Vom Standpunkt 10 ist es am Weitesten zur Raum 7 (sechs Knotenpunkte).

Integration beschreibt die durchschnittliche Tiefe eines Raumes zu allen anderen Räumen im System - analysiert somit «global». Connectivity (Anschlussfähigkeit) misst nur «lokal» die Anzahl der direkten Nachbarn (Anschlüsse). Man kann anstatt Knotenpunkte auch Abzweigungen auf dem kürzesten Weg zählen, durch deren Anzahl ebenso eine gewisse „Tiefe“ entsteht. Möglichst wenige Abzweigungen auf einem Weg, um alle anderen Bereiche zu erreichen, bedeuten eine bessere Erreichbarkeit. Je einfacher ein Platz von allen anderen erreicht werden kann, desto frequentierter ist er. (Klarqvist, 1993)

Der Isovist bezeichnet den Raum (hellgrau in Abb. 16), der von einem gewissen Punkt (c) aus einsichtig ist. Mit einer Isovist Map kann somit die lokale Einsehbarkeit von einem Standpunkt aus, als auch die globale Einsehbarkeit eine gesamte Gebäude-Etage betreffend (Abb. 17) gemessen werden. Abb. 17 ist so zu verstehen, dass „die Punkte, von denen aus die geringste Anzahl anderer Punkte einsehbar ist, blau gefärbt sind, wohin gegen die Punkte, von denen aus eine sehr hohe Anzahl anderer Punkte zu sehen ist, dunkelrot gefärbt sind“ (Kaiser, 2017, S. 92). Das bedeutet, dass die am häufigsten frequentierten Wege diejenigen mit der grössten Einsicht sind, wodurch sie am besten kontrolliert sind. Hierdurch können somit die Kontrollmöglichkeiten (Control Value), die man von einem Raum aus über seine direkten Nachbarn hat, und die Privatheit wie zwei entgegengesetzte Pole gemessen werden. (Klarqvist, 1993)

Prozedur: Lokal = einen Standpunkt wählen und von diesem aus axial lines durch den Raum ziehen (Abb. 18). Global = wie lokal, nur für alle Standorte (Punkten) Sichtlinien (axial lines) ziehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Interface Map „lässt sich als erweiterte „Convex Space“- Karte auffassen“ (S. 98). Die Besonderheit dieser Karte besteht vor allem darin, dass die Zugänge zu den einzelnen Räumen hinsichtlich deren Nachbarschaftsbeziehungen zu konvexen Räumen berücksichtigt werden (ebenda).

Prozedur: Da Zugänge in Grundrissen als Türen (als Zugang zu Räumen) oder Treppen (als Zugang zu Etagen) eingezeichnet sind, kann hier auf eine explizite Zeichnung verzichtet werden. Sie werden in den Graphs integriert und analysiert. Das Beispiel in Abb. 18 zeigt einen Flur (Knotenpunkt in der Mitte), von dem neun Räume abgehen. Er hat 3 Zugänge: einen von aussen und 2 Treppen führen eine Etage höher.

Ein ausführliches Beispiel in Anhang 2 verdeutlicht diese abstrakten Begriffe.

Wenn man die Space-Syntax Theorie als Werkzeug für das Lernen und Lehren betrachtet, kann gezeigt werden, wo sich Menschen im Schulgebäude begegnen, zu welchem Zweck sie zusammenkommen, wo sie sich verbunden fühlen oder kontrollieren können bzw. kontrolliert werden. Misst man nun durch die Anschlüsse die Anschlussfähigkeit, durch die Tiefe der Räume die Integration bzw. Privatsphäre und durch die Sichtlinien die Kontrollmöglichkeiten, lassen sich durch die Bewegung von Bewohnern und Besuchern mit einfachen Mitteln Aussagen über das Leben und Arbeiten von Lehrpersonen machen.

Für das Küchenbeispiel heisst das:

Die erstgenannte Küche am hintersten Flur-Ende und um die Ecke ist segregiert, hat kaum Durchlauf, dafür aber eine hohe Privatsphäre und gleichzeitig wenig Kontrollmöglichkeit; wohingegen die zweitgenannte Küche zentral im Gesamtarrangement integriert liegt, hoch frequentiert und gut kontrollierbar ist, aber keine Privatsphäre hat.

Das Beispiel zeigt, dass die gemessenen Parameter am meisten Sinn zusammen machen.

Die unterschiedlichen Analysemethoden der Space-Syntax Theorie werden bedarfsweise angewendet. Das bedeutet je nachdem, was in einem Gebäude verdeutlicht werden soll, wird der Grundriss selbst als Konvex-Karte genutzt oder aber andere Karten bzw. eine Graphik hinzugezogen.

Ebenfalls orientiert sich diese Arbeit an der Pattern Language. Diese Sprache könne man, so Alexander, als gemeinsame Sprache nutzen, um bspw. ein eigenes Haus, eine Schule oder Krankenhaus zu bauen oder mit anderen die eigene Stadt oder Region zu verbessern (S. x). Wer diese Sprache der Muster lerne, könne in ihr und mit ihr kommunizieren, könne mit anderen gemeinsam bauen, könne die Sprache selbstständig erweitern, wie es bei natürlichen Sprachen der Fall ist. Da die Lösungen nicht als Weisheiten verstanden werden sollten, sondern modifiziert, ergänzt oder aktualisiert werden sollten, könnten weitere Muster erkannt und zur Sprache addiert werden, wodurch man irgendwann der Wahrheit nahe kommen würde. (S. xv)

In diesem Sinne kann das damalige Raum-Muster Teenage-Society durch die psychologischen und pädagogischen Bedürfnisse und die modernen Schulbaukonzepte der Architekten, wie in Kap 2 formuliert, als heutiges Muster Sekundarschule neu definiert werden. Die einzelnen Räume darin (z.B. Lerninseln, Nischenarbeitsplatz bis hin zu Gemeinschafts- und Differenzierungszonen) könnten ebenso ein Muster-Element sein wie das übergeordnete Muster Sekundarschule.

Eine heutige, moderne Lösung zum Raum-Muster Sekundarschule könnte in der Pattern Language Methode nach Darlegung des Forschungsstandes und der Raum-Sprachen folgendermassen beschrieben werden:

„Lege Lernstudios, Input- und Fachräume in Clustern an und gebe Verwaltung, Lehrpersonen und SchülerInnen je ihren persönlichen Platz in der Schule, möglichst einem Cluster zugehörig. Plane Rückzugszonen ein. Nutze Verkehrswege wie Treppen, Eingangshallen oder Flure als offene Lernlandschaften. Wähle eine Anordnung der Räume und ihre Öffnungen für Cluster und Zwischenräume, welche alle Sozial- und Interaktionsformen unterstützten - insbesondere jene, welche Austausch und Zusammenarbeit fördern - und welche leicht zu wechseln und unterschiedlich zu kontrollieren sind. Verwende eine Raumaufteilung und Raumformen, welche die Sinne angenehm anregen, also vom Üblichen abweichen und inspirierend sind, und sich trotzdem harmonisch ein- bzw. zusammenfügen. Lege die Räume so an, dass sie auch von anderen Gemeindemitgliedern genutzt werden können, die dafür mit ihren Steuergeldern gezahlt hat.“

Diese Lösung, welche Räume, Anordnung und Wirkung berücksichtigt, bezieht sich auf den Grundriss, könnte aber auf Akustik, Licht und Farben und in den einzelnen Räumen auch auf das Mobiliar erweitert werden.

Diese sind deshalb relevant für Lehrpersonen, weil …

- integrierende bzw. separierende Auswirkungen von Gruppenorganisationen sie bei bestimmten pädagogischen bzw. didaktischen Massnahmen unterstützen bzw. hindern könnten,
- sie der Möglichkeit bedürfen, alle Interaktionsformen durchführen zu können,
- sie SchülerInnen brauchen, die sich im Schulgebäude wohlfühlen und überdies auch positiv kognitiv beeinflusst werden,
- sie eine gewisse Kontrolle über ihre Schülerinnen brauchen, um sie bestmöglich unterstützen zu können ohne hierbei deren Selbstständigkeit zu gefährden,
- generell Menschen Rückzugsmöglichkeiten brauchen, d.h. begegnungsfreie und/oder kontrollfreie Ruhe-Zonen.

4. Sample

Die Arbeit beschäftigt sich mit Grundrissen von Schulgebäuden.

Bei Bedarf werden auch Aufrisse hinzugezogen und schematisch dargestellt. Ein Grundriss zeigt Fenster, Türen und Wände von oben, ein Aufriss von der Seite. Analysiert werden weder Farbgebung, Lichtverhältnisse, Thermik oder Akustik noch die Innengestaltung der Räume, wie bspw. das Mobiliar oder die technische Ausstattung von Schulgebäuden. Derartige Faktoren haben selbstverständlich auch eine grosse Auswirkung auf das Lernen als auch auf die Gebäudenutzer, können aber im Rahmen dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden. Auf die Ästhetik wird nur eingegangen, wenn der Grundriss der Ästhetik entgegensteht bzw. diese unterstützt.

Die Grundrisse sind die analysierbaren Dokumente. Dokumente sollen auf etwas Anderes verweisen, dieses dokumentieren (Hoffmann, 2018, S. 112). In dieser Arbeit sollen sie dokumentieren, inwieweit aktuelle psychologische und pädagogische Bedürfnisse architektonisch befriedigt werden können. Es muss „einen plausiblen Grund oder zumindest einen ‚Verdacht‘ geben, dass uns die Dinge als Dokumente tatsächlich Auskunft über die soziale Welt bzw. über Praktiken oder Strukturen des jeweiligen Feldes geben können“ (Hoffmann, 2018, S. 106). Da Grundrisse im Gegensatz zu Beobachtungen von Praktiken und Menschen nicht flüchtig sind und die Space-Syntax Methode es möglich macht, menschliche Verhältnisse in Gebäudegrundrissen sichtbar zu machen, ist der Verdacht gerechtfertigt, dass sich Grundrisse als Dokumente eignen.

Dokumente können als Ergebnisse menschlicher Kulturtätigkeit verstanden werden, als Material, welches nicht erst vom Forscher durch eine Datenerhebung geschaffen werden muss, sogenannte natürliche Daten bzw. nonreaktive Verfahren, da sie nicht als Reaktion auf eine Aufgabenstellung eines Wissenschaftlers zustande kommt (Mayring, Salheiser und Ballstaedt zitiert von Hoffmann ebenda). Dokumente z.B. Grundrisse sind nicht zum Zweck des Analysierens und Dokumentierens erstellt worden. Im Alltag erfüllen Grundrisse unterschiedliche Funktionen: sie dienen als Grundlage zur Erstellung eines Hauses durch verschiedene Disziplinen und Akteur-Gruppen, könnten aber auch zur Profilierung von Architekten genutzt werden.

Hier sollen die Grundrisse das Vorhandensein bestimmter Kriterien dokumentieren:

- Wohlbefinden und Sinnes-Aktivierung von RaumnutzerInnen
- Möglichkeiten für Interaktionsformen und insbesondere integrierende, nicht separierende Bestrebungen für Austausch, Kooperation und Selbststeuerung
- Möglichkeiten von Kontrolle und Macht von RaumnutzerInnen
- kurz: die soziale Ordnung und Bewegung von Menschen im Gebäude.

Um besser vergleichbar zu sein, wurde darauf geachtet, dass die Schulen des Samples gleiche Rahmenbedingungen haben und vom Zweck und Alter ähnlich sind.

Deshalb wurde die Auswahl auf Sekundarschulen begrenzt.

Es wurde ein Kanton gewählt, so dass gleiche kantonale Vorgaben und Richtlinien gelten. Der Kanton Zug wurde ausgesucht, weil für Sekundarschulen eine neue kantonale Richtlinie, SEK 1 PLUS genannt, in Kraft getreten ist, welche bis 2022 umgesetzt sein soll.

SEK 1 PLUS bezieht sich auf „eine noch stärker auf das individuelle Berufs- oder Schulziel abgestimmte Förderung“ (Direktion-für-Bildung-&-Kultur, 2012, S. 1). Zentrale Elemente des Vorhabens seien „eine frühzeitige Berufswahlvorbereitung, ein individueller Förderplan und viel eigenverantwortliches Lernen“ (ebenda). Dies soll mithilfe von Wahlfächern, begleitetem Studium, Projektunterricht und Lernstudios geleistet werden (S. 13). Lernstudios umfassen Inputräume für angeleiteten Unterricht in Gruppen und individuelle Arbeitsplätze für die anschliessende Vertiefung (S. 13). Diese Lernstudios können „ohne zwingende und vorgängige bauliche Anpassungen umgesetzt werden“ (S. 5). Stünden aber bauliche Veränderungen an, sollten die Tendenzen eben dieser Unterrichtsentwicklung berücksichtigt werden, um den „Schulraum so anzupassen, dass eigenständiges Lernen im Lernstudio (zwei Schulklassen in einem Raum mit individuellen Arbeitsplätzen und Inputräumen) umgesetzt werden kann“(ebenda). Diese Richtlinie gibt der einzelnen Schule Spielraum für die Umsetzung.

Konkret bezieht sich das hier genutzte Sample des Kantons Zug auf Schulen mit baulichen Veränderungen in Form eines An- oder Neubaus , aber keine Sanierungen im Sinne von technischen Aufrüstungen oder kleineren Umbau-Massnahmen.

Zudem müssen diese Gebäude aktuell sein, das heisst im Zeitraum 2015 bis 2022 komplett fertig gestellt sein. Das bedeutet vom heutigen Zeitpunkt 2018 plus minus 3 Jahre.

Zum Sample gehören demnach vier Sekundarschulen aus den Gemeinden Cham , Hünenberg , Neuheim , und Risch . Die einzelnen Schulansichten, Anschriften und Architekten können der nachfolgenden Tabelle 4 entnommen werden. Die Grundrisse sind hier nur als Idee zu verstehen, im Anhang befindet sich zu jeder Fall-Schule ein lesbarer Grundriss einer Etage und in der Analyse sind die relevanten Grundrissbereiche explizit vergrössert.

Tabelle 4: Übersicht der zum Sample gehörenden Schulgebäude
(Alle Fotos und Pläne durch die zuständige Gemeinde- und Schulverwaltungen freigegeben)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

5. Grundriss-Analyse

Nicht alle psychologischen, bildungswissenschaftlichen und architektonischen Anforderungen lassen sich in einem Grundriss erkennen. Tabelle 5 fasst die Anforderungen, die im Grundriss zu erkennen sind, zusammen.

Mithilfe der Space Syntax Theorie und des o.g. Raum-Musters werden in den Grundrissen der vier Schulgebäude das Leben der Bewohner und Gäste rekonstruiert, eingeteilt in drei Kategorien von Bedürfnissen, welche in der Analyse einzeln betrachtet werden:

a) Psychologische Auswirkungen: Wohlbefinden und kognitive Aktivierung

b) Kooperation, Austausch und Interaktionsformen

c) Selbstständigkeit, Kontrolle und Macht

Tabelle 5: Bedürfnisse von RaumnutzerInnen und Anforderungen an den Grundriss eines Schulbaus (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die verschiedenen Methoden (Convex, Axial oder Isovist Map) werden angewendet, je nachdem welche Auswirkungen von Grundrissen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden soll. Deshalb werden nicht für jede Schule und auch nicht für jede Etage sämtliche Pläne erstellt, um bspw. Connectivity, Global Choice, Control Value und Integration zu zeigen, sondern exemplarisch die Bereiche verdeutlicht, die zeigen, wie die gewünschten bildungswissenschaftlichen und psychologischen Bedürfnisse hier stattfinden. In den Gegenüberstellungen der Grundrisse und deren Effekte kann mittels der Space-Syntax Methode das unterschiedliche Leben der Bewohner und Gäste hinsichtlich der verschiedenen Kriterien am besten gezeigt werden.

a) Wohlbefinden und Anregung der Sinne

Wer würde sich schon in einem Rohbau wohlfühlen? Dieser würde nur das nackte Gemäuer zeigen. Wohnlich wird es erst mit Mobiliar, Vorhängen, Pflanzen oder zumindest Bodenbelägen und Tapeten. Die Farben und das Licht tun das Ihre dazu. So gesehen kann mit einem Rohbau noch viel Positives in Hinblick auf das Wohlbefinden der späteren NutzerInnen geschehen (- ohne Zweifel). Ein Grundriss ist sogar noch weniger als ein Rohbau, er ist nur der Plan für den Rohbau.

Trotzdem beeinflusst der Grundriss Wohlbefinden und Sinne, wie in Kapitel 2 a dargelegt. Räume können demnach Integration von Menschen erschweren, negative Empfindungen wecken oder falsche Botschaften senden, bspw. durch zu lange dunkle Flure mit zu niedrigen Decken, zu wenige oder keine Fenster; eine Aneinanderreihung von monotonen Wiederholungen etc. (Rittelmeyer, 2013b, S. 44ff). Fehlplanungen im Grundriss sind zu einem späteren Zeitpunkt entweder nicht mehr zu retten oder verursachen erhebliche Mehr-Kosten, um sie durch eine bestimmte Ausstattung oder Licht und Farben positiv auszugleichen.

Deshalb werden in diesem Abschnitt in Bezug auf das Wohlbefinden

- die Integration der verschiedenen Bereiche und deren Privatheit
- die Übersichtlichkeit der Grundrisse und das Raumangebot
- und mögliche Rückzugsecken
analysiert und in Bezug auf die Aktivierung der Sinne
- kreative oder unterschiedliche, von der Norm abweichende Bereiche im Grundriss (bspw. Winkel, Formen und Schrägen)
- sowie Durch-, Ein- oder Ausblicke.

Integration

Je zentraler ein Raum im Gesamtensemble aller Räume ist, desto integrierter sind die dort lebenden Menschen und haben leicht Teil am Geschehen. Je abgeschiedener ein Raum liegt, desto leichter wird der Anschluss verloren, desto mehr kann aber „für sich“ gearbeitet werden. Das kantonal anvisierte Lernstudio vereint mehrere Klassen in einem Raum, in dem dann für sich an eigenen Tischen gearbeitet werden kann. Es schafft hierdurch Integration und eine gewisse Rückzugszone, insofern die SchülerInnen einen bestimmten Tisch ihr „Eigen“ nennen können. Die Einheit der Klasse zeigt sich im Grundriss als Klassenzimmer. Team-Teaching und gemeinsames Arbeiten von Klassen in Gruppenräumen heben erweiterte Zugehörigkeit hervor. Zugehörigkeiten sind auf verschiedenen Gruppenebenen psychologisch wertvoll und fördern das Wohlbefinden: Person, Klasse, Stufe, Schule, Gemeinde, etc. Da das Gemeinschaftsgefühl mit der Grösse der Gruppe schwindet, sind Zwischenschritte je nach Grösse der Stufe oder Schule hilfreich. So sind Klassen Teil eines grösseren Teams und nicht nur Nummern. Arbeiten also 2-3 Klassen zusammen (nicht zwingend die gesamte Stufe, es könnte auch stufenübergreifend sein), sind dies ebensolche Einheiten, Segment oder Cluster genannt, wie die Klasse oder Schule, aber als Zwischengrösse.

Deutliche Beispiele Einheit-stiftender Segmente, in denen sich also SchülerInnen und Lehrpersonen neben ihrer Klasse noch einem anderen Team zugehörig fühlen können, sind in Hünenberg und Rotkreuz zu finden.

In Rotkreuz ist im Grundriss zu erkennen, dass jedes Segment durch eine Tür zu einem breiten „Flur“, der durch seine Grösse und Form mehr einem Gemeinschaftsraum ähnelt (Pfeil in Abb19), erreicht werden kann. Dieser Raum ist fast so gross wie die Klassen- bzw. Input-Räume rechts und links im Grundriss. Begegnungen hier versprechen weniger fachliche als vielmehr soziale Konversation, welche zum Wohlbefinden beitragen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 21: Hünenberg Cluster mit Gruppenraum (G) (Schule Hünenberg, 2018)

Eine andere soziale Ordnung wird im folgenden Beispiel der Schule Neuheim erreicht. Der Grundriss unterstützt nicht explizit einzelne Segmente. Dennoch tragen manche Bereiche mehr zu einem Gemeinschaftsgefühl bei als andere. Der hintere Bereich (links im Bild von Abb. 22) hat in der obersten Etage ohne eine weiter nach oben führende Treppe die grösste Tiefe und somit Privatheit. Insbesondere das rot eingezeichnete Segment wird sich durch die Türen untereinander (blaue Kreise) und den Vorraum (grün) verbunden fühlen, da sie einfacher zusammenarbeiten können.

Der gelbe Kreis (Abb. 22) verbindet das etwas grössere Lernstudio zum selbstständigen Lernen mit einem links davon gelegenen Inputraum. Trägt man auf dieser obersten Etage die möglichen Sichtlinien von den Räumen aus ein, zeigt sich, dass kaum Sichtkontakt von den an der Treppe gelegenen Räumen zu den anderen Räumen möglich ist (rote Linien Abb. 23). Diese Räume sind also mehr für sich, eventuell ungestörter, ein Verbundenheitsgefühl mit den Menschen in den anderen Räumen ist nach der Space Syntax Theorie erschwert, ungestörtes, schwerer beobachtbares also wenig kontrollierbares Arbeiten aber erleichtert.

Da der Bereich um die Treppe herum nicht genug Platz bietet, um Raumcharakter zu haben und ausserdem zu viele Öffnungen hat, wird dieser Raum als Treppenhaus und somit Durchgangsraum wahrgenommen und vermittelt insofern wenig Arbeitsatmosphäre oder Ruhe im grün markierten Bereich (Abb. 22).

Die Glasfront (blau Abb. 22) schirmt die Geräusche des Treppenhauses zwar ab, macht das Treppengeländer (Pfeile Abb. 22), den Vorraum und die Türen der umgebenden Räume aber dennoch sichtbar. Die NutzerInnen dieses Raums werden sich dadurch mehr mit den anderen verbunden fühlen und integriert sein. Ob er allerdings als Teil des Treppenhauses oder eher als Teil des Klassensegments wahrgenommen wird, in dem sich allein oder in Gruppen arbeiten lässt, hängt hier in besonderer Weise von der Akustik und dem Mobiliar ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Übersichtlichkeit

Es ist ein Bedürfnis, sich in Räumen schnell zurechtzufinden. Je mehr Räume ein Gebäude hat, desto wichtiger wird die Übersichtlichkeit, um sich zu orientieren. Dies ist ausgesprochen einfach in einem Gebäude, in dem die Treppe zentral ist und der grösste Teil der Räume von hier erreicht werden kann (Abb. 22 Neuheim, 27 Hünenberg, 34 Rotkreuz). Dies wird zusätzlich unterstützt, wenn die Sicht zwischen den Etagen wie in einem Atrium ermöglicht wird (Abb. 27, 34). In Hünenberg (Abb. 34) allerdings sind nicht die Räume, sondern die Segmente mit der zentralen Treppe verbunden. Hünenberg und Cham weisen komplexere Grundriss-Strukturen auf ohne unübersichtlich zu sein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Cham gibt es keine zentral gelegene Treppe, sondern zwei Treppenhäuser. Dies gibt den durch sie zu erreichenden Segmenten mehr Tiefe. Sie sind dadurch abgeschirmter und unter sich integrierter, die Einheit kann sich stärker entwickeln. Besonders übersichtlich ist hier die Integration der Fachbereiche. Diese liegen jeweils zwischen den Segmenten und Treppenhäusern in der Mitte jeder Etage (Kreis Abb. 24). Im Kreis von Abb. 24 erkennt man zwei Inputräume, die mit einer verschiebbaren Wand verbunden werden können und an je eine Küche angeschlossen sind, welche wiederum untereinander verbunden sind. Jede hat vier Kocheinheiten und zusammengestellte Ess- bzw. Arbeitstischen. Hieran, an den Verbindungstüren und am gemeinsamen Essensraum (schwarzer Pfeil Abb. 24) lässt sich erkennen, dass Gemeinschaft im Grundriss dieser Schule in verschiedener Hinsicht gefördert wird; es wäre schwer dieser Gemeinschaft zu entgehen. Durch die Symmetrie ist die Übersichtlichkeit aber trotz Vielzahl der Räume auch in diesem Bereich gewahrt.

Raumangebot

Das Raumangebot in den Sekundarschulen aller vier Grundrisse kann als grosszügig bezeichnet werden, denn sie erweisen sich als die Vorgabe überschreitend. Dies ist auch in den Plänen der noch nicht fertig gestellten Gebäude in Rotkreuz und Cham zu sehen. NutzerInnen können sich wohl- und aufgewertet fühlen. Der Raumbedarf ist veranschlagt mit einer Grössenvorgabe von mindestens 75qm pro Klassenzimmer und einem Gruppenraum von mindestens 34qm für zwei Klassenzimmer zuzüglich eines Gesprächsraums für Lehrer und Eltern und Garderobenräumen von mindestens 15qm.

In Cham gibt es sechs Geschosse (Abb. 25) und ein zusätzliches Gebäude mit Aula und Turnhallen. Jedes Teamsegment hat einen grossen Gruppenraum (blauer Pfeil, Abb. 24) und einen grossen Vorraum (grüner Pfeil, Abb. 24).

In Rotkreuz gibt es neben dem Umbau des Oberstufengebäudes (blauer Pfeil, Abb. 26), dessen Grundrisse in dieser Arbeit gezeigt werden, zusätzlich einen grosszügigen Neubau für bestimmten Fachunterricht (grüner Pfeil, Abb. 26).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die neugebaute Schule in Hünenberg war zuerst als Aufstockung eines niedrigen Schulnebengebäudes geplant. Geändert worden war dies, da sich die Kosten zwischen Aufstockung und Neubau nicht wesentlich unterschieden. Die neu gebaute Schule hat einen Übergang zum alten Haupt-Gebäude, welches sie weiterhin nutzt. Zudem hat jedes Teamsegment aus Brandschutzgründen ein eigenes Treppenhaus zusätzlich zum Treppenhaus im Atrium (unten rechts). Auch wenn diese nur zur Flucht genutzt werden können (sie sind nur von einer Seite zu öffnen), vermittelt es den RaumnutzerInnen, wie wichtig dieser Schule die Sicherheit der NutzerInnen ist, was eine gewisse Wertschätzung verdeutlicht. Diese allerdings wird in gewissen Ländern schlicht vorausgesetzt und deshalb kaum wahrgenommen.

Auch in Neuheim wurde der alten Schule ein Neubau angegliedert, welcher nur von Sekun-darschülerInnen genutzt wird. Ob Fach- oder Klassenraum, es besteht ein grosszügiges Platzangebot, welches auch an moderner Ausstattung alles Wünschenswerte ermöglicht. Dies wiederum kann als Wertschätzung der eigenen Person empfunden werden.

Rückzugsecken

Ein Detail im Grundriss der Schule Hünenberg ist erwähnenswert (gelber Kreis, Abb. 28). Es ist eher unüblich, dass ein grosses Fenster so nah vor einer Wand steht, d.h. nur ca. 1.5 m davon entfernt. Das Fenster (blau, Abb. 24) ist zur Hälfte vor der Wand des Treppenhauses (rot, Abb. 28). Diese behindert also den Ausblick und den Lichteinfall von aussen. Auf dem Grundriss wirkt dies wie ein unnützer Raum.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aber es sind gerade solche Nischen, die oft zu Lieblingsplätzen werden. In diesem Fall half das Mobiliar. Man hat zwei bequeme Sessel so in die Nische gestellt, dass man den Ausblick geniessen kann. Wer hier sitzt, hat eine schützende Wand im Rücken und ist von Blicken und Lärm des Atriums etwas geschützt (grauer Strich in Abb. 28) ohne aber abseits zu sein, das bedeutet, man bekommt noch genug mit, um integriert zu sein. Dass nur zwei bis drei Personen Platz haben, gibt den Personen in der Nische etwas Abstand von den Massen, eine bedeutsame kleine Rückzugszone, die sicherlich hart umkämpft ist (Abb. 29). Es wäre sinnvoll, gerade in Ganztagsschulen (in der Schweiz sind SekundarschülerInnen vier Tage die Woche an Vor- und Nachmittagen in der Schule), für alle SchülerInnen verschiedenartige Rückzugszonen zur Verfügung zu stellen. Aussenanlagen gehören zwar auch dazu, aber wenn diese nicht teilweise überdacht sind, lassen sie sich an Regentagen als Rückzugszone nicht nutzen.

Ein-, Aus- und Durchblicke

Öffnungen durch Fenster und Glastüren ermöglichen Einblicke, Ausblicke und Durchblicke. Diese können zum Träumen oder Beobachten verleiten. Je nachdem was gesehen werden kann, kann dies kognitiv aktivierend sein. Ist es wert beobachtet zu werden, erregt es also die Aufmerksamkeit, dann ist es kognitiv aktivierend. Manche Lehrpersonen mögen dies als störend empfinden, da es eine Ablenkung vom Unterricht darstellen könnte und somit den Druck auf die Lehrperson erhöht, mit dieser Ablenkung konkurrieren zu müssen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Grundriss als Inspiration

Das Atrium in der Schule Rotkreuz enthält die Treppe. Ein grosser Teil des Atriums ist nach oben geöffnet, wodurch es einen Innenhof-Charakter bekommt, der dadurch unterstrichen wird, dass die Öffnung sich nach oben hin auf den weiteren Etagen verengt.

Vielfältige und zufällige Begegnungen werden dadurch auf allen Etagen gefördert. Betont wird dies durch die Galerie im Lehrpersonenbereich im ersten Obergeschoss (gelb markiert, Abb. 34), abgeschirmt durch einen Sichtschutz (rot markiert, Abb. 34) vom Arbeitsbereich. Die Privatheit büsst zwar durch die Öffnung des Atriums ein, aber Bewohner und Besucher fühlen sich durch die Öffnung mit der gesamten Schule verbunden. Unterstützt ist dies dadurch, dass es an dieser Schule keine einzelnen Segmente gibt (im Gegensatz zum Atrium in Hünenberg) -selbst auf der obersten Etage nicht (wie unbeabsichtigt in Neuheim). Hier in Rotkreuz sind alle Räume zum Atrium hin ausgerichtet und deshalb gleichermassen exponiert. Die kognitive Aktivierung durch das Sehen und Gesehen-werden ist hier zentraler als die Betonung von Einheiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Wand des Lernstudios (blaues „L“, Abb. 35) im Erdgeschoss der gleichen Schule wölbt sich zur Aula und weicht dadurch von allen rechten Winkeln ab. Auf diese Weise ändert es das Raumklima im Lernstudio und im Atrium: das Atrium wird zugunsten des Lernstudios eingedrückt und die Menschen in Richtung der Raum-Öffnungen bewegt (rote Pfeile, Abb. 35). Die Abweichung von üblichen Formen durch die Rundung der Wand im Erdgeschoss wie der gerundeten Galerie im ersten Obergeschoss beruhigt das Auge ebenso wie es die Sinne aktiviert.

Die gewählte Treppe in Neuheim ist funktional, hat aber ein die Sinne aktivierendes Detail: sie ist zwischen den Stufen nicht geschlossen; man kann also durch sie hindurchsehen. Die Treppenform in Rotkreuz (Abb. 34 und 35) ist zwar rechtwinkelig, die versetzten Aufgänge weichen aber dennoch von der üblichen Form ab und regen so die Sinne an. Die Treppenaufgänge im Atrium der Schule Hünenberg (Abb. 27) sind einerseits versetzt, aber zugleich auch gerundet. Ausserdem muss nach jeder Etage erst um eine Ecke gegangen werden, um den nächsten Auf- oder Abgang zu nehmen. Somit weicht diese Treppe in verschiedener Hinsicht von gewohnten Formen ab und regt die Sinne an.

b) Kooperation, Austausch und Interaktionsformen

Kooperation, Austausch und Interaktionsformen können schlecht getrennt voneinander betrachtet werden.

Die Interaktionsformen beziehen sich auf das Plenum, die Gruppenarbeit, den Frontalunterricht ebenso wie auf die Einzelarbeit jeweils für Lehrpersonen und SchülerInnen. Austausch und Kooperation bezieht die Verwaltung mit ein insofern sie im Haus lokalisiert ist.

Kooperation, Austausch und Interaktionsformen werden im Grundriss verdeutlicht durch

- die Zugänglichkeit und Verbindungen von Räumen

- die Integration oder Abgeschiedenheit von Räumen

- “Gesprächsecken”, Winkel und Raumformen

Wie in Kap. 3 dargelegt, kann die Tiefe von Räumen auf unterschiedliche Weise dargestellt werden, bspw. durch das Zählen von Abzweigungen, die zu nehmen sind, um in einzelne Räume zu gelangen oder das Zählen von Knotenpunkten in einer Graphik.

Am Beispiel der Schule Neuheim wird die Raumtiefe über drei Etagen hinweg anhand der Abzweigungen analysiert, da sich diese Schule zur Veranschaulichung als die kleinste der vier Schulgrundrisse dazu eignet. Durch die in der Convex Map verdeutlichte Integration, Abgeschiedenheit und Verbindungen lässt sich bestimmen, wo Kooperation erleichtert oder erschwert ist.

Die Schule Neuheim besteht aus 3 Etagen, wobei das Erdgeschoss einen grossen überdachten Eingangsbereich hat, den man durchschreitet, um durch die gläserne, sich selbstöffnende Tür einzutreten (blauer Pfeil in Abb 36). Dieser überdachte Eingangsbereich ist zugleich Pausenhof der SchülerInnen. Lehrpersonen verbringen ihre Pausen im Lehrpersonenbereich im nächsten Gebäude, falls sie nicht in den Input- oder Klassenzimmern bleiben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ähnlich ist es im Stock darüber (Abb.38). Hier im zweiten Obergeschoss können die meisten Räume (mit Ausnahme von E) nur über drei Abzweigungen erreicht werden. Zusammen mit den drei Abzweigungen im Erdgeschoss und den vier im ersten Obergeschoss verweist dies auf die grösste Tiefe (Privatheit) im Gebäude vom Haupteingang aus betrachtet.

Das Lager E ist auf dieser Etage noch in der Verkehrszone, was für ein Lager unerheblich ist, da dies keine Menschen betrifft. Die Räume C, D, G und F haben zwar Privatheit - hier lässt sich gut in Ruhe arbeiten - scheinen aber nicht wirklich integriert im Cluster A,B,H und I (dem gezackten grauen Bereich). Diese direkten Nachbarräume sind wie ein Verbund an Räumen - eine Gruppe für sich -, deren Verbindungstüren schnellen Kontakt und häufiges Sehen ermöglichen. Eine Kooperation ist unter ihnen durch die im Vergleich zur 1. Etage hinzukommende Tiefe ohne Durchgangsverkehr besonders erleichtert. Der Bereich „I” unterstreicht mit seiner Glasfront (blau) diesen Charakter: hier fühlt man sich privat, also entfernter vom restlichen Schulgeschehen und zugleich integriert im Zentrum des Geschehens des Clusters. Einerseits erleichtert dies private Gespräche in unterschiedlichen Gruppen-Grössen derjenigen, die zu diesem Cluster gehören, und auch den Austausch über Themen, welche in dieser Raumeinheit fachlich stattfanden. Andererseits bekommt dieser Bereich dadurch etwas Elitäres.

Lehrerzimmer und Fachräume ausser Werken, Textiles und Bildnerisches Gestalten (BG) sind im alten Nebengebäude untergebracht und können deshalb zur Analyse nicht hinzugezogen werden.

Durch die Bewegungsströme der verschiedenen Gruppen zu den unterschiedlichen Räumen wird somit deutlich, welche Plätze hoch und welche niedrig frequentiert sind. Dadurch wiederum ist abzuleiten, wie sich in welchem Raum arbeiten lässt.

In einer Graphik lässt sich die Tiefe und Struktur übersichtlich darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im cuz (Abb. 39) sind alle Räume auf jeder Etage gleich tief und Spinnen -förmig angelegt ohne Nachbarschaftsbeziehungen. Das Treppenhaus und die alle Etagen verbindende Öffnung sind zentral; es führen jeweils zwei Treppen in die nächste Etage. Die einzigen Räume mit Tiefe sind die Hauswarts- und Reinigungsräume, die hier grau sind. Schon von der Tiefenstruktur dieser Räume im Vergleich zur übrigen Raumstruktur wirkt dieser Bereich auffallend anders, als gehöre er nicht wirklich dazu oder als wolle er die anderen Bereiche nicht stören und selbst ungestört sein.

Im Schulhaus Röhrliberg in Cham (Abb. 40) verdeutlicht die Graphik Ring -artige Segmente ohne Verbindungstüren untereinander. Dies erschwert das Bilden von Einheiten. Die zwei Treppen führen hier jeweils in unterschiedliche Bereiche, die verbunden sind und in deren Verbindung die Fachräume liegen. Deren Verbindungen sind anders, nämlich nach ihrem fachbedingten Bedarf gewählt. Die Struktur in Cham ist wesentlich komplexer, dennoch nicht unübersichtlich. Im Vergleich der Grafiken wird aber deutlich, wie viele Räume mehr in Cham miteinander verbunden sind als in Rotkreuz. In Rotkreuz sind alle gleichermassen - nämlich zentral - miteinander verbunden. In beiden Schulen wird also kommuniziert und kooperiert, aber auf unterschiedliche Weise.

Fächerkombinationen, der Stundenplan oder Freundschaften zwischen Lehrpersonen können Teams in Schulen bestimmen. Teams könnten aber auch durch den Grundriss, z.B. durch Cluster oder wenigstens Verbindungstüren gebildet werden. Da in der Schule in Rotkreuz weder Cluster noch Verbindungsräume im Grundriss vorgesehen sind, kann Team-Bildung durch den Grundriss nicht erleichtert werden. Denn Kommunikation geschieht hier entweder zentral für alle sichtbar im Treppenraum - dann nicht zwingend über Fächerinhalte, da der Raum öffentlich ist - oder aber privat hinter verschliessbaren Türen in den Domänen der Lehrpersonen oder den Gruppenräumen. Hierzu muss man sich verabreden, d.h. man muss aus anderen Gründen schon integriert sein. Im Lehrpersonenbereich können nur Bewohner - nicht aber Gäste (SchülerInnen, Gäste) - in verschiedenen Konstellationen und Interaktionsformen kommunizieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

durchlaufen. Sollten hier eines Tages Tische und Stühle anstatt Garderobenhaken stehen, liessen sich hier - trotz Durchlauf - Hausaufgaben oder Aufträge besprechen und gemeinsam lernen - anders als in einem Flur. Von diesem Raum aus können die drei anderen erreicht werden, die aber auch untereinander verbunden sind. Bei den meisten dieser Segmente lässt sich der mittlere Raum mit Glaswänden zu den Nachbarräumen in zwei Räume per Trennwand (schwarzer Pfeil, Abb. 41) unterteilen. So kann er als gemeinsamer oder - durch die zu öffnende Wand - als geteilter Gruppenraum genutzt werden. Das Segment lässt somit unterschiedliche Interaktionsformen zu und das grosszügige Platzangebot macht es möglich, unterschiedliche Tischformationen stehen zu lassen.

Einheitsstiftend wird das Segment durch die Form des Zugangs: Unerheblich auf welcher Etage man sich befindet - also selbst auf dem Erdgeschoss - kommt es durch den Zugang über das Treppenhaus mit Eingangs- und Ausgangstür zu grösserer „Tiefe“ und somit mehr Privatheit. Hier bedeutet Privatheit nicht segregiert zu sein, sondern einem Einheit stiftenden Segment anzugehören.

Im Vergleich hierzu die Schule Hünenberg: ein ähnliches, sich wiederholendes Segment von zwei bis drei Inputräumen mit je einem Gruppenraum und einem Flur (Abb. 42 hellblau). Der Zugang geschieht durch Türen, wodurch die Privatheit der einzelnen Segmente wie in Cham erhöht ist. Allerdings ist der Flur durch seine geringe Grösse und Kennzeichnung als Garderobe für kürzere Aufenthalte konzipiert, man redet weniger; wichtig werden so nur die zuführenden Türen zu den Klassenzimmern. Diesem Umstand wurde mit Mobiliar, Farbe und Licht so entgegengewirkt, dass sich Personen beim Setzen vertraulich nah sind und somit privater Austausch nun eher eintritt.

Ein Gefühl der Verbundenheit entsteht durch die Glaswände des kleinen Gruppenraums (G) (siehe Abb. 20). Durch seine exklusive Zugangsmöglichkeit - nur über die Klassenräume - und seine Grösse erahnt man die Konversationen, die in ihm stattfinden werden: Hier geht man hinein, um über etwas zu sprechen, man ist fokussiert auf Gesprächsinhalte, kann den Raum aber auch für individuelles leises Arbeiten nutzen. Es gibt hier keine verbindenden Smalltalk-Gespräche bei zufälligen Begegnungen.

Jede Etage hat Toiletten, allerdings liegen diese immer nur innerhalb eines der drei Etagen-Segmente, wodurch die Privatheit dieses Segments beeinträchtigt ist. Auch könnte durch die Funktion dieses „Toiletten“-Raumes der Wert des gesamten Segmentes leiden. Der von allen gebrauchte Materialraum (Pfeil, Abb. 42) erhöht wiederum den Wert des Segmentes. Wäre das Treppenhaus mit den Toiletten vertauscht und die Toiletten zugänglich vom zentralen Treppenaufgang, hätten die Toiletten weniger einen privaten Charakter und wären weniger das „stille Örtchen“.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 42 (Schule Hünenberg, 2018) 3.Obergeschoss drei Segmente, Atrium und Toiletten

Das verbindende Element für die gesamte Schule wird durch die zentrale Treppe im Atrium (rot, Abb.42) erreicht, die zu allen Etagen hin geöffnet ist. Hier trifft man sich und redet, … hier allerdings schon über andere - fachfremde - Inhalte, denn hier ist man schon im gemeinsamen Schulgebäude und nicht mehr im Segment (anders als im Gemeinschaftsvorraum in Cham). Hier gehört man nicht mehr zu einem bestimmten Segment, sondern zur Schule.

Im Vergleich hierzu die Schule in Rotkreuz, von der beispielhaft das Erdgeschoss (Abb. 43), das dritte Obergeschoss (Abb.44) und das erste Obergeschoss (Abb. 45) der Sekundarschule gezeigt wird. Auffallend ist, dass es nur konvexe Räume gibt, keine einzigen konkaven Räume. Durch gelbe und rote Markierungen haben die Architekten änderbare Nutzungsmöglichkeiten in den Grundrissen verdeutlicht.

Lernstudios gibt es auf jeder Etage. Sie sind zentral in der Nähe von Inputräumen. Zusätzlich gibt es Gruppenräume. Alle Räume sind grundsätzlich durch den Flur zu erreichen, Verbindungen zwischen den Räumen gibt es nicht (Abb. 43/44). Das Lernstudio (blaues L) im Erdgeschoss (Abb.43) liegt zwischen Zimmer 1 und 2, aber ohne direkten Zugang. Dieser könnte allerdings noch geschaffen werden (rote Wand, Abb.43). Im Moment würde man das Lernstudio durch einen kleinen Vorraum mit Schränken betreten. Dadurch bekommt das Lernstudio mehr Tiefe (Privatheit).

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der Bibliothek (blaues Rechteck, Abb.43), wäre die Bibliothek höher frequentiert und häufiger genutzt, gleichzeitig hätte der Arbeitsbereich mehr Tiefe und dadurch mehr Privatheit und Ruhe. Da es aber schon abgetrennte Bereiche für ruhiges Arbeiten gibt (schwarze Pfeile, Abb. 43), ist davon auszugehen, dass im Bereich hinter dem Sichtschutz Kooperation und Austausch zwischen Lehrpersonen die Arbeit betreffend erwünscht ist, denn der Grundriss erleichtert dies durch Lage und Zugänglichkeit.

Der Lehrpersonenbereich ist nicht nur flächenmässig grosszügig gestaltet: ein Leben ausserhalb des Unterrichts kann in Teeküche, Balkon, Aufenthaltsraum, Arbeitsbereich und eigener Bibliothek stattfinden. Arbeitsbereiche (Teambesprechungen, Recherchen) und Aufenthaltsbereiche (z.B. Reden / Essen) sind voneinander getrennt, liegen aber nebeneinander. Unverbindliche Gespräche beim Mittagessen können somit ebenso stattfinden, wie gemeinsame oder individuelle Vorbereitungen ausserhalb des Unterrichtsraums.

Weiterhin ist an diesem Grundriss offensichtlich, dass eine bestimmte Flexibilität zentral ist. Der abgetrennte LP-Bereich kann spiegelverkehrt bei Bedarf kurzerhand zu einem weiteren Unterrichtszimmer mit Gruppenraum werden (Kreise Abb. 45).

Erschwert ist bei diesem Grundriss die Bildung von Segmenten als Team-Teaching. Team-Teaching scheint entweder gemeinsam in einem Raum oder abwechselnd stattzufinden, denn alle (Klassen-)Räume, in denen sich SchülerInnen aufhalten können, sind jeweils für sich, also nicht durch Türen miteinander verbunden. Diese Aneinanderreihung von Räumen, in denen Team-Teaching erschwert ist, verspricht eher einen Unterricht, in dem Lehrpersonen Einzelkämpfer sind (unerheblich ob sie als Unterrichts- oder Inputraum genutzt werden). Hier gedeiht eher eine Vorstellung von „Meine Klasse und ich“ als ein Teamgedanke mit anderen Kollegen - wie noch im Atrium. Der Lehrperson stehen nichtsdestotrotz verschiedene Interaktionsformen für ihren Unterricht zur Verfügung: Plenum-Gespräche, Frontalunterricht oder Gruppenarbeit im Unterrichtsraum oder in abgetrennten Gruppenräumen, Einzelarbeit in Lernstudios (oft mit zwei Zugängen), - dennoch erschwerter gemeinsamer Unterricht.

Diese leise Widersprüchlichkeit ist bspw. in Hünenberg nicht im Grundriss zu sehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Lehrpersonenbereich (rot markiert, Abb.46) ist grosszügig mit Aufenthaltsräumen (braune Pfeile) und Arbeits- und Besprechungsräumen (graue Pfeile) ausstaffiert - passend zum erleichterten Team-Teaching in den Segmenten. Es fällt besonders auf, dass es sich hier nicht um einen von den SchülerInnen abgeschotteten Bereich handelt, da einerseits alle Türen durchsichtig aus klaren Glas sind und andererseits die SchülerInnen mitten durch diesen Bereich gehen müssen, um zur Sporthalle (blau), dem angrenzenden Altbau (roter Pfeil) oder zum Musikraum (grün) zu gelangen.

Dies lässt sich auch so interpretieren, dass sich Lehrpersonen hier als Lernbegleiter fühlen, den Unterricht gemeinsam absprechen und planen und damit ihren Teil der Verantwortung genau so ernst nehmen, wie sie die Verantwortung für das Lernen auch den SchülerInnen überlassen.

c) Selbstständigkeit, Kontrolle und Macht

Da durch die Space-Syntax Methode der Menschenfluss, ihr Blickwinkel, die Raumzuordnung zu Menschen und Tätigkeiten und die Möglichkeiten an nachbarschaftlichen Beziehungen sichtbar gemacht wird, lassen sich auch Rückschlüsse auf mögliche Kontroll- und Machtunterschiede ziehen. Dies geschieht durch

- Verbindungen und Öffnungen von Räumen (für wen - nach innen, nach aussen, zu anderen - Sichtbereiche)
- Zuteilungen zu Räumen unterschiedlicher Qualität (Grösse, Form, Lage, Privatheit, Rückzugsecken)

Öffnungen und Verbindungen

Öffnungen lassen Schall durch. Deshalb muss die eigene Lautstärke in Räumen, in denen viele (Gruppen) arbeiten wie z.B. in Grossraumbüros oder Lernstudios angepasst werden. Rücksichtnahme lässt sich hier durch den Raum gut vermitteln. Diese Rücksichtnahme bewirkt zudem, sich auf seine Arbeit zu fokussieren. Letztendlich unterstützt der Raum somit die Selbstständigkeit.

Öffnungen in der Wand (Fenster, Glas, Türen) ermöglichen aber auch Durchblicke, Ausblicke und Einblicke. Diese können das Beobachten ermöglichen. Sie können aber auch das Gefühl des Beobachtet- oder Kontrolliert-Werdens auslösen. Je mehr Verantwortung für das Lernen übernommen werden kann, desto mehr werden SchülerInnen auf andere Weise als durch Sichtkontakt kontrolliert. Die Kontrolle bezieht sich vielmehr auf das zeitliche und thematische Einhalten von Prozess-Stationen und das Endprodukt. In den höheren Jahrgängen sollten Arbeitsräume für Einzelarbeit wie bspw. Lernstudios von diesen Funktionen entbunden sein. Tische von Lehrpersonen in Lernstudios haben dann zumeist nur die Funktion, zu bestimmten Zeiten ansprechbar zu sein. Die Lernstudios der Schule Neuheim in Abb. 38 und der Schule Rotkreuz in Abb. 43 zeigen die notwendige Abgeschiedenheit.

An der Schule Rotkreuz sind rechts und links vom Eingangsbereich (dem integriertesten Punkt der Schule) die Büros der Schulleitung (Abb.47). Dies macht sicherlich Sinn, damit die Leitung vom Geschehen genug mitbekommt und überall schnell hinkommt, liesse sich argumentieren. Und es stimmt, von diesem Bereich werden alle anderen Räume auf kürzestem Weg erreicht. Durch die Macht entscheiden zu können, könnte der begehrteste Platz von der Leitung beansprucht werden. Warum wählt die Schulleitung dann nicht den schönsten Raum mit der grössten Tiefe (bspw. ein Büro mit Dachterrasse und keinen Kellerraum ohne Fenster)? Oder anders gefragt, warum belegt ihn nicht ein Pförtner oder die Schulsekretärin, wie andernorts oder in früheren Zeiten. Die Antwort ist, weil die Aufgaben und Funktion der Schulleitung durch den Raum unterstützt werden sollte. Beide Räume neben dem Eingang haben Sichtkontrolle nach innen und aussen, wobei die Sichtkontrolle dem Lehrpersonenbereich gilt und nicht den Gästen. Für Gäste - SchülerInnen wie Eltern - ist dieser Raum leicht erreichbar und somit ansprechbar. Daran erkennt man den Aufgabenschwerpunkt der Leitung in dieser Schule in Rotkreuz. Beachtenswerter Weise ist kein weiterer Raum für die Verwaltung bezeichnet als die beiden neben dem Eingang.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Hünenberg gibt es zusätzlich zum Lehrpersonenbereich (rot markiert, Abb. 48) einen ebenso grosszügig angelegten Verwaltungsbereich (gelb markiert). Dieser ist hier ähnlich zentral und mit Sichtkontrolle zum Eingangsbereich gelegen wie in Rotkreuz die Büros der Schulleitung. In diesem Bereich gibt es mit Glastüren versehene Einzelräume, welche alle von einem gemeinsamen Raum betreten oder eingesehen werden können. Das Verwaltungspersonal, welches in diesem Raum arbeitet, hat Sichtkontrolle zur Schulleitung in den Einzelräumen aber weniger Privatheit. Umgekehrt hat die Schulleitung mehr Privatheit, weil sie die Tür schliessen kann und ihre Gespräche somit nicht mehr gehört werden. Sie hat aber eingeschränkte Sichtkontrolle über den mittleren Raum. So ist das Verhältnis zwischen diesen Gruppen ebenbürtig trotz Asymmetrie.

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Die Schule Neuheim besteht in erster Linie aus konvexen Räumen, welche keine uneinsichtigen Zonen bietet. Einzig der Technik-Raum im Erdgeschoss (grau markiert, Abb.49) bzw. das Lager im 2.Obergeschoss sind konkav und bergen Ecken, die vom Eingang des Raumes nicht gesehen werden. Bezeichnenderweise sind diese Räume nicht für SchülerInnen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Achsen, welche Abb. 49 eingezeichnet wurden, verdeutlichen „Sicht“-Linien und Begegnungsfelder. Dabei ist hervorzuheben, dass die Treppe im Zentrum zwischen ihren Stufen durchsichtig ist. Auch ist sie im grün markierten Mittelbereich nur ca. 1.70 m hoch, was bedeutet, dass Begegnungen und Blicke nur in Abhängigkeit von der Körpergrösse möglich sind. Gelb markiert sind die Fenster zwischen Werk- und Maschinenraum, welche den Kontrollbereich vergrössern. Hier steht nicht die Selbstständigkeit im Vordergrund sondern der Schutz vor Verletzungen durch die Maschinen. Glas macht Kontrolle möglich, verhindert aber störenden Schall. Auffällig ist, dass sich die Eingangstür des Werkraums (rot markiert) nicht im „Hallen“-Bereich des Flures in der Nähe des Eingangs befindet, sondern vor der Treppe. Dadurch ist der Garderobenraum - der einzige Raum ohne Aufsichtsperson und von aussen durch zu hohe Oberfenster nicht einsehbar - völlig unkontrolliert. Dies kann auch als den SchülerInnen entgegengebrachtes Vertrauen gewertet werden. Allerdings käme diese Lösung in einem verarmten Stadtviertel weniger in Frage als an einer Schule einer kleinen Gemeinde. Zu lösen wäre dies durch die Verschiebung der Werkeingangstür in Richtung Schuleingangstür (braun markiert, Abb. 49)

Ebenso denkbar wäre, die Garderobe nicht mit horizontalen Oberfenster, sondern mit vertikalen Fenster zu versehen. Sie wäre dadurch vermeintlich kontrollierter und würde gleichzeitig die o.g. Einsicht verstärken (Abb. 31).

Hätte der Werkraum seine Tür an der gelben Stelle, bedürfte es zwei Abbiegungen weniger und wäre um den Grad integrierter. So hat er etwas mehr Privatheit.

Der blau markierte Bereich hat Fenster im oberen Fünftel der Wand, welche im Aufriss der Schule deutlich werden (schematisch in Abb. 50 dargestellt). Menschen mit einer Körpergrösse bis 1.90 m haben hier nur Ein- oder Ausblicke zur Decke (rote Pfeile). Dies bewirkt, dass die Schule von vorne aussen etwas „Bunker“-haftes hat: man bekommt keinen Einblick, was in ihr vorgeht. Für den Werkraum, der an einer anderen Seite eine ganze Fensterseite hat und aus Lichtgründen keine weiteren Fenster bräuchte, sind die Oberfenster überflüssig, da sie keinen Ausblick ermöglichen und kein Licht einlassen.

Eine Öffnung der Schule zur umgebenden Gemeinde zeigt sich in den Grundrissen nicht. Die Schulen verfügen alle über eine geringe Anzahl von Aussenöffnungen,

Daraus wird geschlossen, dass die besonderen Fachräume oder auch Gruppenräume nicht explizit zur Nutzung ausserschulischer Akteure vorgesehen sind.

Raumzuteilung

Durch das Kennzeichnen der Räume („Damentoiletten“, „Schulleitung“, „Hauswart“, „Lernstudio“, „Lehrerarbeitsbereich“ etc.) ist vorbestimmt, welche Tätigkeit in einem Bereich oder Raum vorgesehen ist und welche Gruppe den Raum für sich beanspruchen darf. Da jeder Raum eine unterschiedliche Qualität hat und dadurch unterschiedlich bewertet wird, sagt die Zuteilung zu den unterschiedlichen Räumen laut Space Syntax Theorie etwas über die soziale Ordnung des Schulsystems.

Die Schule ist zum Lernen da, trotzdem braucht es einen Hauswart. Manche Räumlichkeiten von Hauswarten sind sichtbar im Eingangsbereich untergebracht. Dies war früher aus Kontrollzwecken üblich. Auffallend ist jetzt an allen untersuchten Schulen, dass die Räumlichkeiten nach ganz unten hinten versetzt wurden (grau markiert Abb.43.). Damit wird deutlich, dass dieser Bereich in einer Schule notwendig, aber nicht mehr zentral ist.

Schnell zugänglich und dadurch in zentraler Lage ist vielmehr der Lehrpersonenbereich, teilweise auch der Verwaltungsbereich. Die Kennzeichnung der verschiedenen Räume im Lehrpersonenbereich zeigt, dass diese Bereiche wahrgenommen, ermöglicht werden und insofern die Nutzung erwünscht ist. Die Lehrpersonen haben einen von den SchülerInnen abgeschirmten Bereich, der durch die Kennzeichnung von Teeküche, Balkon, Bibliothek und Arbeitsbereich eine gewisse Exklusivität und Qualität hat. Eine besondere Tiefe bekommen manche Räume innerhalb des Lehrpersonenbereichs, z.B. bestimmte Räume des Lehrpersonenbereichs in Hünenberg (grauen Pfeile, Abb.46) oder die Lehrpersonenbibliothek in Rotkreuz (blaues Rechteck, Abb. 45).

So wie der Chef eines Konzerns die Privatheit seines Büros auf der obersten Etage schätzt, da er ohnehin die Kommunikation aller Mitarbeiter einfordern kann, so kann auch im Schulgebäude festgestellt werden, wer derartige Privilegien geniest. Die Abgeschiedenheit allein zeigt diese Privilegiertheit nicht, wie das Küchenbeispiel vom Koch in der hintersten Hausecke verdeutlichte. Zur Abgeschiedenheit müssen zusätzlich eine gewisse Exklusivität und Qualität kommen und jene Qualität muss den Informationsfluss beinhalten.

Je abgeschiedener also ein Raum ist - bei gleichzeitiger hochwertiger Ausstattung und Informationsfluss -, desto mehr Privatheit strahlt er aus und desto schwerer ist dieser Raum durch seine Abgeschiedenheit zu kontrollieren. Der Informationsfluss gewährleistet die Schule über ihre inneren Strukturen, die für alle Lehrpersonen-SchülerInnen-Beziehungen gleich sind. Dadurch, dass die Räume in allen vier Sampleschulen auf allen Etagen die gleiche Qualität und den gleichen Informationsfluss haben, bringt die Abgeschiedenheit auf der obersten Etage zusätzliche Exklusivität. Sie strahlen etwas Erhabenes oder Elitäres aus. SchülerInnen oberer Jahrgänge belegen meist diese obersten Etagen. Dies ist nicht dadurch begründet, um auf die Jüngeren herabsehen zu dürfen - als verdienter Status durch die Jahre des Schuftens - oder damit jüngere SchülerInnen schneller in die Aussenanlagen gelangen. Vielmehr hat die Zuordnung der Räume mit exklusiver Lage zu den oberen Jahrgängen durch die verringerte Kontrollmöglichkeit (wegen der Tiefe der Räume) einen positiven Effekt auf das Arbeiten der SchülerInnen und auf ihre Selbstständigkeit.

Auffallend ist, dass auf die Bedürfnisse von SchülerInnen ebenso wie auf die der Lehrpersonen eingegangen wird. Gemeinsame Sitz- und Kontaktgelegenheiten finden sich in der Schule als auch ausserhalb der Schule wie in Abb. 51 veranschaulicht. Alle Zimmer haben zwar oft unterschiedliche aber gleichwertige Qualitätsmerkmale, von beschreibbaren Schrankflächen, über Laptops und Whiteboards, höhenverstellbaren Tischen und Stühlen hin zu grossen Fensterfronten und Pflanzen. Derartige Raummerkmale werten die im Raum lebenden Menschen auf. Die Atrien bzw. Cluster-Vorräume sind auf eine Weise gestaltet, die Kontakte und/oder Beobachtungen erleichtern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Clusterbildung vergrössert durch die Teamarbeit von Lehrpersonen die Ansprache- und Fragemöglichkeiten für SchülerInnen, nicht nur weil es mehrere Lehrpersonen gibt, sondern weil es unterschiedliche Lehrpersonen gibt und SchülerInnen wählen können. Der einzelne Schüler oder die einzelne Schülerin kann durch die Clusterteams von mehreren Lehrpersonen für die gleiche Sache beobachtet und bewertet werden. Dies stellt einen Schutz vor unangemessener Bewertung dar. Cluster bieten eine zusätzliche Zugehörigkeit in einem grösseren Massstab.

Lieblingsplätze gibt es in jeder Schule. Sie sind oft hart umkämpft und die Mächtigeren sichern sich diese Plätze, z.B. der oberste Platz des Klettergerüstes auf dem Pausenhof oder bspw. jene Fensternische der Schule Hünenberg, die in Kap. 5a beschrieben wurde.

Man kann in den neuen Schulräumen wahrnehmen, dass sich das Machtgefälle zwischen der Lehrpersonen- und der SchülerInnen-Gruppe deutlich reduziert hat. Es bleibt zwar nach wie vor die asymmetrische Beziehung zwischen den älteren und versierteren Lehrpersonen und den sich noch entwickelnden SchülerInnen bestehen, was für die Entwicklung auch unabdingbar ist, aber im Grundriss ist nicht zu erkennen, dass ein zusätzliches Machtbestreben angestrebt wird. Generell brauchen Lehrpersonenbereiche keine Abgeschiedenheit von anderen Räumen, um Privatheit herzustellen, da sie dies durch Verbotsregeln für bestimmte Gruppen (Eltern, SchülerInnen) ebenso erreichen würden. Aber in den Grundrissen des Samples - insofern vorhanden -, sind Lehrpersonenbereiche nicht mehr komplett uneinsichtig oder hinter dicken Mauern. Zudem sind Lehrpersonen nun auch kontrolliert, das heisst sie könnten sich nun durch die erleichterte Teambildung auch gegenseitig kontrollieren. Dies wirkt aber vielmehr als Hilfe und Erleichterung, da Lehrpersonen hierarchisch gleichgestellt sind und untereinander keine Weisungsbefugnis haben.

6. Fazit

Gebäude spiegeln die Gesellschaft ihrer Zeit. Sie laden zum Lernen und Leben ein; Wohlbefinden in ihnen wird angestrebt; Austausch und Kooperation wird gefördert und die Raumformen sollen die Sinne zusätzlich anregen. Die aktuell erbauten Schulgebäude des Samples dieser Arbeit bestätigen dies. Sie sind typische Schulgebäude unserer Zeit, dafür geschaffen heutige Bildungsziele zu unterstützten: Vielseitigkeit, Verstehen der komplexen Welt, Entscheidungsfähigkeit, Selbstständigkeit und Teamfähigkeit.

Mithilfe der

Der aktuelle Forschungsstand verdeutlicht, dass das Erreichen der Bildungsziele und schulischer Leistungserfolg nicht nur von einem Faktor abhängen, sondern dass ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren gelingen muss, bspw. dass sich SchülerInnen u.a. psychisch wohlfühlen und akzeptiert fühlen müssen und Lehrpersonen den SchülerInnen Erfolg ermöglichen sollten etc. Der Grundriss trägt zu diesem komplexen Zusammenspiel bei.

Dadurch dass Grundrisse nicht nur über die Form, Grösse, Deckenhöhe und Öffnungen der einzelnen Räume auf das Wohlbefinden und Arbeitsverhalten von Menschen wirken, wie die Pattern Language aufzeigt, sondern auch durch die Anordnung der Räume und ihre Verbindungen das soziale Miteinander und die hierarchische Ordnung beeinflussen, wie die Space Syntax Theorie belegt, konnte gezeigt werden, dass sich Grundrisse als Dokumente eignen, um das Leben und Arbeiten von Lehrpersonen zu rekonstruieren.

Aus den Ergebnissen der Analyse werden folgende Schlüsse gezogen:

Der Grundriss trägt direkt zum psychischen Wohlbefinden und zur kognitiven Aktivierung bei, indem er bestimmte Sinne positiv anspricht. Er tut dies auch indirekt, indem er bestimmte psychische Bedürfnisse ermöglicht: Im Grundriss können Möglichkeiten eingeplant werden, um sich zurückzuziehen, um andere zu beobachten oder sich darzustellen (beides wichtig im pubertierenden Alter) oder um bspw. SchülerInnen zu kontrollieren. Er kann beeinflussen, indem er die Macht bestimmter Gruppen unterminiert bzw. zuspielt. Und er kann Austausch und Kooperation ermöglichen. Der Austausch kann sich auf Situationen ohne und mit schulischem Interesse beziehen.

Macht-, Kontroll-, Austausch- und Kooperationsmöglichkeiten, die ein Grundriss ermöglicht, wirken nicht nur auf die Psyche, sondern auch auf das Gruppenverhalten von SchülerInnen und Lehrpersonen - auch untereinander - und die didaktischen Planungen von Lehrpersonen. Für geplante Gruppenarbeiten in verschiedenen Grössenordnungen und andere Interaktionsformen ist wichtig, dass der Grundriss dies vorsieht. Selbstständiges, ruhiges Arbeiten in ruhigen Zonen kann durch die Anordnung der Räume und deren Zugänge ebenso ermöglicht werden, wie zu Austausch und Kooperation einladende Bereiche. Erstere sind eher abseits gelegen mit erschwertem Zugang (Zwischenraum oder Treppenhaus) und für letztere sind Durchgangsbereiche nutzbar, insofern sie Nischen oder eine bestimmte Grösse haben. Selbstverständlich kann Mobiliar, Farbe und Licht diese Funktionen unterstützen, aber sollte dies so nicht im Grundriss angelegt sein, wird es erschwert oder/und sehr teuer.

Der Schulbau-Grundriss beeinflusst Menschen somit auf bestimmte Weise. Deshalb konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass Lehrpersonen an der Lage und Form der von ihnen genutzten Räume erkennen können, welche Tätigkeiten in dem Raum möglich sind, wie ihre Zusammenarbeit mit anderen Lehrpersonen sein wird und wie selbstständig sie ihre SchülerInnen arbeiten lassen können. Da seitens der Planer Entscheidungen bezüglich Wänden, Türen und Fenstern selbst den flexibelsten Rohbau zu einem bestimmten Grundriss formen, verrät der Grundriss den Lehrpersonen ein Stück weit, welche Form des Lehrens erwünscht ist. Lehrpersonen werden deshalb je nach präferierter Art des Unterrichtens und der individuellen Bedürfnisse entweder Schulen mit Clustern oder mit einzelnen Räumen bevorzugen.

Neu entwickelte Schulraumkonzepte, wie bspw. die weiterentwickelten Cluster oder Verkehrswegenutzung, unterstützen moderne pädagogische Konzepte sinnvoll. Durch Cluster entstehen Einheiten, die Zugehörigkeit und unterschiedliche Gruppengrössen auch über Klassengrenzen hinweg ermöglichen. Durch die Nutzung der Verkehrswege innerhalb einer Schule (Treppen, Flure, Eingangshallen etc.) kann zusätzlicher „Lern“-Raum geschaffen werden, ohne den Raumbedarf (Quadratmeterfläche) zu erhöhen. Beide - Cluster und die Nutzung der Verkehrswege - erweitern auch die Vielfalt der Interaktionsformen.

Derartige Raumkonzepte können individuell an die einzelne Schule angepasst werden, insbesondere wenn Partizipation bei der Erstellung eines Schulbau-Grundrisses ermöglicht wird. Hierzu müssen manche Akteursgruppen erst befähigt bzw. ermächtigt (empowered) werden. Der beginnende Trend zur Partizipation und Kooperation der verschiedenen Akteure in der Planungsphase unter Leitung von RaumentwicklerInnen hilft die traditionellen Raumkonzepte langsam abzulösen, die in erster Linie von Architekten allein entworfen wurden. Das mehrfach kritisierte Verfahren der Schulbauten-Ausschreibung für Architekten (Rittelmeyer, 2013a, S. 72; Imhäuser, 2015, S. 30) birgt ein gewisses Risiko, die Partizipation und das Empowerment verschiedener Gruppen zu umgehen, die besser von Beginn an involviert sein sollten. Obwohl die in dieser Arbeit untersuchten Schulen bei der Planung ihrer Grundrisse verschiedene Akteursgruppen berücksichtigten, wenn auch nicht immer die SchülerInnen, hat sich eine weitere Öffnung der Schule zur umgebenden Gemeinde in den Grundrissen nicht gezeigt.

Die Wettbewerbsgewinner der hier analysierten Schulen involvierten verschiedene Gruppen, z.B. auch spätere NutzerInnen, und planten wenig traditionell. Anstatt Klassenräume möglichst symmetrisch an einen Flur aneinanderzureihen, nutzten sie Verkehrswege, schufen Verbindungen zwischen den Räumen und Lernstudios, welche Team-Teaching und Aufsicht vereinfachen. Zudem waren Gruppenräume in allen Grundrissen ersichtlich. In zwei der vier Schulen wurden Cluster für einen Verbund von Klassen- und Gruppenräumen bzw. Fachabteilungen explizit inkludiert, in einer weiteren Schule ergaben sich Cluster implizit neben abgeschiedenen Lernzonen durch die Raumanordnung mit Verbindungstüren.

Auch wenn in allen vier analysierten Schulen des Samples, das Wohlbefinden der RaumnutzerInnen und die Integration von Gruppen und Individuen von den Architekten berücksichtigt wurde - wenn auch auf unterschiedliche Weise -, so ist ebenso auffallend, dass selten aussergewöhnliche Winkel oder Raumformen im Grundriss zur kognitiven Aktivierung von Synästhesien geschaffen wurden. Nur vereinzelt finden sich gerundete, versetzte Treppen und abgerundete Atrien oder gerundete Galerien und Wände, wodurch die Schule auch als Inspirationsinstrument fungiert wie bspw. jene eingangs genannte Kincaid Elementary School. Es wurde eher im altbekannten „Quadratisch-Praktisch-Gut“-Planen verharrt. Kognitive Aktivierung ausserhalb des Unterrichts findet somit weniger über Raumformen und -strukturen statt als vielmehr über die verschiedenen Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten, bspw. in dafür gestaltete Vor- und Zwischenräumen, Atrien oder Garderobenräumen.

Auffallend ist, dass sich das früher übliche Lehrer zimmer zu einem Lehrpersonen bereich mit Teeküche, Bibliothek, Balkon, Arbeits-, Gruppen- und Konferenzräume wandelte. Dieser Bereich ist auch als Cluster angelegt und ermöglicht Lehrpersonen das einzelne und gemeinsame Arbeiten und ein „Leben“. Laut Space Syntax Theorie weisen diese „Privatgemächer“ die Lehrpersonen als Bewohner und die SchülerInnen als Gäste der Schule aus, weil SchülerInnen hier nicht die gleichen Zugangsrechte haben und der Bereich von den SchülerInnen wenig einsehbar ist. Geändert hat sich, dass der Bereich für Lehrpersonen nicht mehr hinter dicken Wänden, sondern offener mit Glastüren oder Sichtblenden ist. Dies kann als Annäherung in der Asymmetrie zwischen Lehrer- und Schülergruppe gewertet werden, da das Machtgefälle zwischen ihnen dadurch verkleinert wird (Elias & Scotson, 1990, S. 28f).

Obwohl sich alle Grundrisse eher am Klassenzimmer-Prinzip orientierten, schufen sie vielfache Kontaktgelegenheiten zwischen den verschiedenen Gruppen und Klassen, was allerdings in Clustern facettenreicher ist als bei Einzelräumen ohne Verbindungstüren (Ein-Lehrer-Lern-Räume). Im hier analysierten Sample fungiert das Klassenzimmer weiterhin als Heimat der Klassenlehrperson und ihrer Klasse und nicht etwa die individuellen Tische im Lernstudio. Vom Klassenzimmer aus werden die anderen Orte aufgesucht. Individualisiertes Lernen findet somit eher beaufsichtigt im Klassenverband statt anstatt selbstständig im Lernstudio. Wird dezentriertes Lernen als individualisiertes, selbstständiges Lernen verstanden und angestrebt, dann erschwert das Klassenzimmer-Prinzip dies und verleitet eher zu traditionellen Lehrmethoden, weil der „Klassenzimmer-Grundriss“ es so vorsieht. Die Ein-Lehrer-Lern-Räume waren für traditionelle Lehrmethoden vorgesehen. Durch Glasbereiche, Verbindungen und Cluster werden sie langsam aufgeweicht. Dennoch bleibt das Klassenzimmer die Heimat der SchülerInnen und Lehrpersonen - auch in den Clustern.

Dies wird einerseits als problematisch angesehen, weil es erstens eine höhere Quadratmeterfläche benötigt, wofür Steuerzahler aufkommen, zweitens die in der Lehrpersonen-Ausbildung gewonnene Orientierung hin zum individualisierten und selbstständigen Lernen ein Stück weit aufhebt und drittens Lehrpersonen hierfür mehr eigene Ressourcen benötigen. Denn in Ein-Lehrer-Lern-Räumen organisieren sich Lehrpersonen erst einmal althergebracht. Zusätzlich aber treffen sie Absprachen mit Lehrpersonen für das Team-Teaching im Clusterverbund und überlegen, welche der Aufträge von den SchülerInnen allein in Lernstudios bzw. in Gruppen bewältigt werden sollen und welche im Klassenverband. Eine Fokussierung auf das eine oder andere ist erschwert. Die Lehrperson ist hier Allrounder. Dahingegen betonen Lehrpersonen von Schulen mit Inputräumen und Lernstudios in Form von Grossraumbüros für SchülerInnen und Lehrpersonen - also einem anderen pädagogischen Konzept wie bspw. in Bürglen - die Schonung ihrer eigenen Ressourcen (Tagblatt, 2013), denn sie konzentrieren sich auf einzelne oder gemeinsame Inputs und Aufträge, also auf eine von allen geteilte Variante des Unterrichts.

Andererseits gelangt man zu der Frage, ob der Grundriss zugunsten eines bestimmten pädagogischen Konzeptes ausgerichtet sein sollte oder möglichst viele verschiedene Konzepte ermöglichen sollte, damit Lehrpersonen ihre präferierte Variante wählen können. Wenn ein Grundriss konsequent auf ein bestimmtes pädagogisches Konzept ausgerichtet ist, welches bspw. den Bildungsauftrag am besten ermöglicht, dann schliesst sich die zweite Frage an, ob unterschiedlichen Sekundarschuljahrgängen und deren unterschiedlichen Niveaus an Selbstständigkeit nicht besser mit unterschiedlichen pädagogischen Konzepten und den dafür ausgerichteten Räumen begegnet wird. Konkret hiesse das, in den unteren Jahrgängen eher Cluster oder miteinander verbundene Klassenräume und im letzten Jahrgang Lernstudios als „Homebase“ mit Inputräumen. Welches Konzept auch gewählt wird, der Grundriss sollte darauf ausgelegt werden. Das vom Kanton Zug gewünschte eigenverantwortliche Lernen im Programm Sek1 Plus ist wohl eher durch Lernstudios als Homebase mit Inputräumen zu erreichen als mit Klassenzimmern, - selbst in Clustern.

Dadurch, dass der Grundriss auf bestimmte pädagogische Konzepte ausgerichtet werden kann und das Planen von modernem, dezentriertem, individualisiertem Unterricht vereinfacht, assistiert er dem ersten Pädagogen - den Lehrpersonen - in deren aktueller Lehrtätigkeit. Er unterstützt zudem den zweiten Pädagogen, wenn er Austausch und Kooperation unter SchülerInnen ermöglicht. Wenn der Grundriss zusätzlich auch psychologische Bedürfnisse berücksichtigt und kognitiv aktiviert, fungiert er als dritter Pädagoge.

Da die pädagogischen Richtlinien des Kantons Zug moderne Lernarrangements als Ziel festlegte und dies in den vier Schulen des Samples angestrebt wurde, rechtfertigt es die Annahme, dass derartige Richtlinien das Bauen von Schulen als dritten Pädagogen forciert, welche Team-Teaching und individualisiertes Unterrichten erleichtern. Ebenso eine Hilfe zur Orientierung könnte die Bewertung von Schulbauten durch Schulpreise, wie bspw. dem Schweizer Schulpreis, oder durch Schulbauwettbewerbe, wie bspw. in Deutschland im September 2018 durch die Architektenkammer, darstellen.

Hübner (2016) sieht einen Zusammenhang zwischen der Zementierung eines „konventionellen Schulbetriebes“ und bestimmten Schulhäusern, jenen „mit langen Fluren und aneinandergereihten Zimmern [, welche][…] leider immer noch als Regelfall gebaut (werden)“ (S. 115). Baier (2009) erinnert, dass schon bei den Experimentierversuchen der 60-er Jahre mit der Gestaltung von „multifunktionell veränderbaren, flexiblen Arbeitsgruppen-, „mobilen“ Aktions- und Lehrräumen oder sogenannten „clustern“ u.a. bezweckt wurde, eine grössere „Durchlässigkeit“ und „Anpassung“ der tradierten Bildungsprozesse zu ermöglichen“ (S. 333).

Wenn der architektonische Grundriss und das Design der Schule die Art und Weise des Lehrens und Lernens beeinflusst, wie Hübner und Baier längst vermuteten und die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigten, dann muss die eingangs aufgestellte Vermutung:

„Wenn immer sich der Unterricht wandelt, müssen sich auch die Räume verändern“ und dementsprechend müssten nur Räume zur Verfügung gestellt werden, die flexibel genug sind, um den verschiedenen pädagogischen Konzepten gerecht zu werden,

revidiert werden. Da der Grundriss eines Schulgebäudes zu einem nicht unerheblichen Teil festlegt, welcher Unterricht, welches Lernen und Wohlbefinden darin stattfinden kann, muss man nun umgekehrt den Rückschluss ziehen (wie in Abb.52 dargestellt):

Wenn immer sich die Räume (Grundrisse) ändern, wandelt sich der Unterricht.“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 52: Zusammenhang Schul-Raum und pädagogisches Konzept (Quelle: Eigene Darstellung)

Der Grundriss unterstützt so als dritter Pädagoge das in der Ausbildung erlernte Arbeiten von Lehrpersonen.

7. Ausblick

Hatties Meta-Analyse fasste viele Einflussgrössen unter dem Schul-Begriff zusammen (von Finanzen über Klassengrösse bis hin zu Stundenplänen) und kam zu keinen nennenswerten Unterschieden zwischen Schulen den Leistungserfolg der SchülerInnen betreffend. Der Vergleich des Leistungserfolges in Bezug auf einzelne Einflussgrössen der Schule, also entweder bzgl. Finanzen oder Klassengrössen oder aber Grundrissen, könnte zu anderen Ergebnissen führen, denn in dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass Grundrisse eine Einflussgrösse sind und unterschiedliches Lernen, Arbeiten und Leben ermöglichen. Empirische Studien zu den spezifischen Auswirkungen bestimmter Grundrisse könnten die Effektivität bzgl. des Leistungserfolges zum Vorschein bringen. Durch empirische Studien zu den sieben Wahrnehmungsaspekten und Botschaften von Gebäuden liesse sich der Effektivität von Schulbauten ebenso annähern.

Die Leistung lässt sich durch ein positives Zusammenspiel mehrerer Faktoren steigern. Neben der Untersuchung von einflussnehmenden Faktoren (unabhängigen Variablen wie z.B. Unterrichtsform oder Akustik im Schulraum) wäre die Erforschung der abhängigen Variablen Selbstständigkeit von SchülerInnen interessant. Selbstständiges Einschätzen des eigenen Lernpensums, der eigenen Ressourcen, Stärken und Schwächen und das selbstständige Erarbeiten von Aufträgen, das eigene Ermessen, welche Art von Hilfe notwendig ist, bestärkt SchülerInnen und ist erwünscht. Man mutet ihnen dies nicht zu, man traut es ihnen zu. Was genau trägt der Schulbau hierzu bei? Könnte die Selbstständigkeit von SchülerInnen erhöht werden, wenn bspw. im Grundriss die persönliche Kontrolle über gewisse bauliche Bereiche (Das Ein- und Ausschalten von Licht, Klimaanlage, Heizung, das Öffnen und Schliessen von Fenstern und Jalousien) eingeplant wäre. Dies könnte darüber hinaus als Wertschätzung verstanden werden. Überdies wären empirisch erhobene Daten interessant, die belegten, welches pädagogische Konzept in welcher Jahrgangsstufe die Selbstständigkeit am besten unterstützt (Klassenzimmer-Cluster versus Lernstudios als Homebase) oder ob dies eher der individuellen Unterschiedlichkeit von SchülerInnen zugeschrieben werden muss anstatt der Jahrgangsstufe.

Ein positives Zusammenspiel mehrerer Faktoren, u.a. auch des Grundrisses, könnte die pädagogische Effektivität zusätzlich erhöhen, wenn Lehrpersonen von bestimmten Aufgaben entbunden würden, wie bspw. der Ziffern-Benotung zum Zwecke der Selektion und Allokation. Wenn Schule nur für das Pädagogische zuständig wäre, also nur eine Bewertung oder Fehleranalyse zur Förderung von SchülerInnen unternehmen würde, und Selektion und Allokation aufnehmenden Instanzen wie Arbeitgebern und weiterführenden Schulen überlassen würde, wie hinlänglich gefordert (Pekrun, 1997, S. 73) , könnten moderne Schulräume mehr Wirkung entfalten, denn Selektion wirft einen Schatten auf das soziale Miteinander. Diesen Schatten hat Meyer für die Schweiz ausführlich in seinem Kapitel „Obligatorische Schule (Kindergarten, Primar- und Sekundarstufe I)“ (2018, S. 30ff) dargelegt. Dieser Schatten schmälert somit die Wirkung von Schulräumen, welche die pädagogische Effektivität versuchen zu erhöhen. Durch negative Erlebnisse wird die schönste Schule für einen Schüler oder eine Schülerin trist. Dies könnte eine Erklärung sein, warum Schulgebäude, die bei der Eröffnung noch hochgelobt wurden, ein halbes Jahr später meist nicht mehr positiv auf die Insassen wirken (Rittelmeyer, 2004, p. 28).

Die von Malinin beschriebenen vernachlässigten Forschungsbereiche - von Gemeinschaft über Kreativität bis Empowerment stellen sich im deutschsprachigen Raum anders da.

Zu Kooperation und Partizipation während der Planungsphase (Empowerment) gibt es hier mittlerweile zahlreiche Beispiele und diese Form der Kooperation fand in allen Samplefällen statt.

Die neurologischen Zusammenhänge, wie Schulbauten die Kreativität von SchülerInnen beeinflussen, sind in dieser Arbeit beschrieben worden. Ob dies allerdings wirklich geschieht, wird zwar vermutet; empirische Bestätigungen fehlen aber bislang. Da ästhetisches Lernen auch durch Architektur geschehen muss, so die Montags-Stiftung in ihrer 6.These (Hubeli, et al., 2017) und Grundrisse kognitiv aktivieren können, kommen sie als Inspirationsinstrument in Frage und somit auch als Forschungsinstrument.

Anders bei Studien zu Gemeinschaft. Klassenräume sowie spezialisierte Fachräume (Küche, Physik/Chemie-Labor, Werkräume, Sportanlagen, Mediatheken etc.) als auch Aulen, Gruppenräume oder Cafeterien eignen sich für verschiedene Anlässe innerhalb einer Gemeinde, insbesondere wenn sie Aussentüren haben. Diese mehrfach geforderte Neubesinnung der Öffnung von Schule wird in Schulgrundrissen noch zu selten berücksichtigt. Sie würde Lehrpersonen auf der Mesoebene unterstützen. Aufgrund der zuvor beschriebenen Ergebnisse der Auswirkungen von Grundrissen, müssten Ideen der Öffnung von Schule konsequenterweise ebenso in der Grundriss-Planung berücksichtigt werden. Ob Schulen von ausserschulischen Gruppen tatsächlich genutzt werden können und dies einen positiven Einfluss auf die grössere Gemeinschaft hat, ist allerdings im Grundriss nur bedingt an Aussenzugängen abzulesen. Hier wären empirische Untersuchungen oder Untersuchungen von Richtlinien und Schulregeln ergiebiger.

Da nicht alle Räume gleichzeitig besetzt sind, weil sich SchülerInnen entweder in „ihrem“ Klassenzimmer oder in spezialisierten Fachräumen (Sporthalle, Küche etc.) aufhalten, sind viele Räume in den unbesetzten Zeiten oft nur Heimat einer einzigen Person: der Fach- oder Klassenlehrperson. Deshalb sind der Raumbedarf und seine Ausnutzung immer wieder Thema, da Steuerzahler dafür aufkommen, und er deshalb begründet werden muss. Zu untersuchen wäre hier, ob das pädagogische Modell der Lernstudios mit „Homebase“ gemeinsam mit Inputräumen eine Raumausnutzung erhöht.

Derartige Studien würden als Mosaiksteine auch zur besseren Vernetzung der Forschung über Schuleinrichtungen einerseits, also „die physische Schul- und Campus-Umgebung und deren Auswirkungen auf das Wohlbefinden (Menschen-Ort-Beziehung) und Verhaltensleistung (Praxis-Ort-Beziehung)“ (Malinin, 2015, S. 76) und der Forschung über Lernumgebungen andererseits, also der sozialen Lernumgebung (Menschen-Praxis-Beziehung), beitragen.

Tabellenverzeichnis

Hinweis: Die Tabellen sind von der Autorin selbst erstellt worden. Benutzte Quellenangaben sind im Tabellentitel referenziert

Tabelle 1: Alte und neue Annahmen über Lernen (Bauer & Hille, 2017, S. 70) 20

Tabelle 2: Separierende und integrierende Auswirkungen der Organisation von Gruppen nach Hartman 22

Tabelle 3: Bedürfnisse von RaumnutzerInnen und Anforderungen an den Schulraum (Quelle: Eigene Darstellung) 30

Tabelle 4: Übersicht der zum Sample gehörenden Schulgebäude (Alle Fotos und Pläne durch die zuständige Gemeinde- und Schulverwaltungen freigegeben) 41

Tabelle 5: Bedürfnisse von RaumnutzerInnen und Anforderungen an den Grundriss eines Schulbaus (Quelle: Eigene Darstellung) 42

Abbildungsverzeichnis

Hinweis: Ist die Abbildung von der Autorin erstellt worden, wird sie mit „Eigene Darstellung“ bezeichnet. Referenziert die Abbildung zu einer anderen Quelle, ist diese explizit angegeben.

Alle in dieser Arbeit verwendeten Abbildungen mit Grundrissdarstellungen der untersuchten Schulhäuser wurden durch die zuständigen Gemeinde- und Schulverwaltungen oder Architekturbüros (Siehe Tabelle 4 auf Seite 41) in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Sie wurden in das Literaturverzeichnis dieser Arbeit aufgenommen. Darüber hinaus wurden sie, wo zum besseren Verständnis der in dieser Arbeit gemachten Aussagen erforderlich, mit Linien, Pfeilen und farblichen Hervorhebungen ergänzt.

Abbildung 1: Luftbild der Kincaid Elementary School, Marietta, GA, USA (Quelle: Google Earth)

Abbildung 2: Grundriss der Kincaid Elementary School Marietta, GA, USA (Quelle: JEA-Architects, 2011)

Abbildung 3: Gesamtübersicht der Arbeit (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 4: Fünf Bereiche des Schuldesigns (Quelle: Malinin, 2015, S.84)

Abbildung 5: “Beurteilung des Mehrwertes von Schuldesign” (Quelle: vgl. Malinin, 2015, S.76)

Abbildung 6: Schematische Darstellung des Zusammenspiels der Wissenschaften (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 7: Unsere Sinne, „ aussen “- bis „ innen “-gerichtet (Quelle: Rittelmeyer, 2014, S. 391)

Abbildung 8: „Sieben Aspekte der Architekturbeurteilung“ (Quelle: Rittelmeyer, 2013b)

Abbildung 9: Zusammenhang pädagogischer Konzepte und Raum (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 10: Die “DNA” der räumlichen Lernumgebung (Quelle: Entnommen aus A. Hammon 2017, S. 41)

Abbildung 11: Durchschnittliches Cluster der Kincaid Elementary School (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 12: Theoretisches Modell einer “Zelle” nach Hillier & Hanson (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 13: a Convex Space, b Concave Space (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 14: Beispiel Graph Öffentliches Verkehrsnetz (Quelle: ZVB)

Abbildung 15: Beispiel Graph. Anzahl der Kontenpunkte verdeutlicht Distanz Tiefe der Räume (Quelle: Hillier ztitert durch Kaiser, 2017, S. 86)

Abbildung 16: Isovist Map lokal - hellgrau zeigt an, was vom Standpunkt C aus gesehen werden kann (Quelle: Kaiser, 2017, S. 91)

Abbildung 17: Isovist Map, globale Messung im Tate Britain Museum (Quelle: Kaiser, 2017, S. 91)

Abbildung 18: Graph mit Interface-Relationen (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 19: Rotkreuz Cluster mit Vorraum, 2 Inputräumen und Gruppenraum (Schule Neuheim, 2018)

Abbildung 20: Hünenberg Gruppenraum (G) zwischen zwei Klassenzimmern (Quelle: Eigenes Foto)

Abbildung 21: Hünenberg Cluster mit Gruppenraum (G) (Schule Hünenberg, 2018)

Abbildung 22: (Schule Neuheim, 2018) 2.Obergeschoss Convex Map

Abbildung 23: (Schule Neuheim, 2018) 2.Obergeschoss Axial Map

Abbildung 24: (Schule Cham, 2018) 3.Obergeschoss Fachbereich WAH zwischen zwei Clustern

Abbildung 25: (Schule Cham, 2018) Aufriss der sechs Etagen

Abbildung 26: (Schule Rotkreuz, 2018) Lageplan gesamtes Schulareal

Abbildung 27: (Schule Hünenberg, 2018) Gesamtgrundriss oberste Etage

Abbildung 28: (Schule Hünenberg, 2018) Grundriss-Detail

Abbildung 29: Fensternische (Quelle: Eigenes Foto)

Abbildung 30: Schule Neuheim Eingangsbereich, Oberfenster horizontal (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 31: Schule Neuheim Eingangsbereich, Fenster vertikal (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 32: Schule Neuheim Oberfenster zwischen Werkraum + Eingangsbereich (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 33: (Schule Neuheim, 2018) Grundriss Eingangsbereich

Abbildung 34: (Schule Rotkreuz, 2018) 1.Obergeschoss Treppe und Galerie

Abbildung 35: (Schule Rotkreuz, 2018) Erdgeschoss - gewölbte Wand

Abbildung 36: (Schule Neuheim, 2018) Erdgeschoss Tiefe

Abbildung 37: (Schule Neuheim, 2018) 1. Obergeschoss Tiefe

Abbildung 38: (Schule Neuheim, 2018) 2. Obergeschoss Tiefe

Abbildung 39: Tiefe der Räume in Rotkreuz (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 40: Tiefe aller Räume der Schule Cham (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 41: (Schule Cham, 2018) Ausschnitt des Schulgrundrisses- Segment

Abbildung 42 (Schule Hünenberg, 2018) 3.Obergeschoss drei Segmente, Atrium und Toiletten

Abbildung 43: (Schule Rotkreuz, 2018) Oberstufengebäude Erdgeschoss

Abbildung 44: (Schule Rotkreuz, 2018) Oberstufengebäude 3. Obergeschoss

Abbildung 45: (Schule Rotkreuz, 2018) Oberstufengebäude 1. Obergeschoss - mittlere Etage - Haupteingang

Abbildung 46: (Schule Hünenberg, 2018) Erdgeschoss Lehrpersonen- und Verwaltungsbereich mit Sporthalle (blau) und Musiksaal (grün)

Abbildung 47: (Schule Rotkreuz, 2018) Oberstufengebäude Eingangsbereich der mittleren Etage

Abbildung 48: (Schule Hünenberg, 2018) Verwaltung und Lehrpersonenbereich

Abbildung 49: (Schule Neuheim, 2018)- Sichtmöglichkeiten

Abbildung 50: Schule Neuheim, schematischer Aufriss, Sicht zwischen Eingangsbereich + Werkraum (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 51: Hünenberg Sitzgelegenheiten in und ausserhalb der Schule (Quelle: Eigene Fotos)

Abbildung 52: Zusammenhang Schul-Raum und pädagogisches Konzept (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 53: Zwei schematische Grundrisse eines

Abbildung 54: Schematischer Grundriss mit Convex Space (Bafna, 2016, S. 22)

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Schule Hünenberg. (2018). Oberstufengebäude. Zug, Schweiz: Jean-Claude Wenger, Liegenschaften für Bau und Planung Gemeinde Hünenberg (+41417844432).

Schule Neuheim. (2018). Grundriss Schulhaus Chillematt. Zug, Schweiz: Zur Verfügung gestellt durch Dominik Lehner, +41417575162.

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Anhang A: Beispiel der Space Syntax Theorie

Im Grundriss a (Abb.53) betritt man den Komplex, kann dann sofort in ein Büro der Sekretärin (x) abzweigen und von dort in das Büro des Managers (c) gelangen. (c) ist also nur durch (x) zu erreichen. Der Abstand von Punkt p zu egal welchem Sekretärinnen-Büro (x) bekommt jeweils den gleichen Wert, denn nur Abzweigungen werden gemessen, wie in Abb. 53 dargestellt. (Bafna, 2016, S. 20)

Der Abstandswert allein genügt deshalb nicht. Schliesslich hat es einen unterschiedlichen Effekt, ob bspw. der ranghöchste Manager zuhinterst im Flur sein Büro hat oder zuvorderst.

Der Control Value (Kontrollwert), der zuvorderst im Flur höher ist als im hintersten Raum, verdeutlicht dies. Sekretärin und Manager stehen in einem asymmetrischen Verhältnis zueinander. Die Sekretärin hat eine gewisse Kontrolle über den Eingangsbereich des Managers, dafür hat der Manager mehr Privatsphäre. Wäre umgekehrt das Büro der Sekretärin hinten, der Manager vorne, würde die Situation durch die Asymmetrie gekoppelt mit der Eingangs-/ Sichtkontrolle an ein Kleinkindzimmer erinnern, welches nur durch das Elternschlafzimmer zu erreichen wäre, wobei allerdings eine Sekretärin nicht desselben Schutzes bedarf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Angenommen die Sichtkontrolle durch die Sekretärin ist unerwünscht, kann wie in Abb.53 b dargestellt, ein Hinter-Flur weitere Möglichkeiten (Choices) eröffnen.

Der Manager kann nun unkontrolliert kommen und gehen. Die Privatsphäre beider wird dadurch ausgebaut, die Kontrolle beider eingeschränkt. Der Choice-Wert hat sich erhöht.

In Abb. 54 sieht man im oberen Bereich, dass sich durch die geometrische Änderung des Raumes die Situation für die Sekretärin verändert: sie überblickt die Öffnung nicht mehr gut, hat weniger „ control of surveillance “ (2016, S. 22). Im Grunde wird die Situation hierdurch für Manager und Sekretärin ähnlich (abgesehen davon, dass die Privatsphäre des Managers höherwertiger ist). Wie im unteren Teil von Abb. 54 gezeigt, müsste dann die Situation richtigerweise schematisch anders dargestellt werden. Diese Unterteilung eines Raumes ohne Begrenzungen nennt sich „ Convex Space Partitioning“ (2016, S. 22). Sie hilft u.a., schematisch zu zeigen, welchen Teil des Raumes der Mensch für sich nutzt bzw. sich zugeordnet hat (um mehr Privatsphäre zu haben).

Anhang B: Gütekriterien für Schulgebäude

Montag Stiftung: 10 Thesen zum Bau einer „zukunftsfähigen“ Schule (Hubeli, et al., 2017)

1. Lernen benötigt viele und unterschiedliche Perspektiven, Zugänge und Ergebnisse.
2. Gelernt wird allein, zu zweit, in der Kleingruppe, mit dem ganzen Jahrgang, jahrgangsübergreifend und auch im Klassenverband.
3. Ganztagsschule heißt Lernen, Toben, Verweilen, Reden, Essen und vieles mehr - in einem gesunden Rhythmus.
4. Schulbuch und Kreidetafel werden ergänzt durch Tab.t-PC, Smartboard und anderen neuen Medien.
5. Förderung in einer inklusiven Schule geschieht in heterogenen Gruppen.
6. Kulturelles und ästhetisches Lernen muss durch Architektur und Schule vermittelt werden
7. Lernen in Gesundheit und Bewegung findet in anregender und weiträumiger Umgebung statt.
8. Der demokratische Staat benötigt eine demokratische Schule.
9. Schule ist im Umgang mit Umwelt und Technik ein Vorbild.
10. Die Schule öffnet sich zur Stadt. Die Stadt öffnet sich zur Schule.

Christian Rittelmeyer: Was aus erziehungswissenschaftlicher Sicht im Schulbau angestrebt werden sollte

1. Architektur und Umgebung sollten zum Lernen, Spielen und zur Bewegung anregen.
2. Abwechslungsreiche, ästhetisch gestaltete Raumformen und Farben, zur Betrachtung anregen, Ein- und Ausblicke ermöglichen; kein Nebeneinanderstellen von Bausegmenten
3. Überschaubare Schulbauten, besonders für kleinere Kinder: Keine zu großen Gebäude (è anonymes Klima)
4. Orientierung: weder monoton noch verwirrend wirken, klare Orientierungen ermöglichen, eher Ruhe als Hektik ausstrahlen.
5. Rückzugszonen: Kinder sind oft ganztägig auf dem Schulareal, wichtig: Rückzugsräume und -zonen für ungestörtes Lernen, Arbeiten und für Ruhephasen.
6. Hell und einladend: Kalt wirkende Materialien und Raumgestaltungen sollten nicht vorherrschen. Enge Flure, düstere Ecken, aber auch ungemütliche Weite und Kahlheit sollten vermieden werden.
7. Gute Akustik: So planen, dass der übliche Lärmpegel in den Pausen, aber auch in Klassenzimmern oder Korridoren nicht noch verstärkt wird.
8. Multifunktionalität: Räume und Inventar möglichst multifunktional nutzbar, ohne bauliche Massnahmen auch neuen pädagog. Zielsetzungen, Unterrichtsmethoden und Lernformen dienen
9. Gut gestaltete und begrünte Aussenräume
10. Einbezug der künftigen NutzerInnen in Bauprojekte
11. Die künftigen NutzerInnen kennen

Anhang C: Grundrisse, Beispieletagen

Schulhaus Röhrliberg 1, 2.Obergeschoss (Schule Cham, 2018)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Oberstufengebäude, 1. Obergeschoss, (Schule Hünenberg, 2018)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Schulhaus Chillematt, 1. Obergeschoss, (Schule Neuheim, 2018)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Oberstufenschulhaus Waldegg, 1. Obergeschoss, (Schule Rotkreuz, 2018)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Oberstufengebäude Hünenberg: 1.Obergeschoss

Schule Chilematt Neuheim: 1.Obergeschoss

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Oberstufenschulhaus Waldegg Rotkreuz: 3.Obergeschoss

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Fin de l'extrait de 88 pages

Résumé des informations

Titre
Der Raum als 3.Pädagoge. Was bedeutet moderne Schulbaugestaltung für Lehrpersonen?
Université
University of Education Lucerne
Note
A
Auteur
Année
2018
Pages
88
N° de catalogue
V456596
ISBN (ebook)
9783668927025
ISBN (Livre)
9783668927032
Langue
allemand
Mots clés
Space Syntax, Pattern language, Wohlbefinden und Anregung der Sinne, Kooperation, Austausch und Interaktionsformen, Selbstständigkeit, Kontrolle und Macht, Fallbeispiele, Schweiz Kanton Zug, Sekundarschulen, Raumanordnungen, pädagogische Konzepte, 3. Pädagoge, Dritter Pädagoge
Citation du texte
Minu Faber (Auteur), 2018, Der Raum als 3.Pädagoge. Was bedeutet moderne Schulbaugestaltung für Lehrpersonen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/456596

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