Die Kernfrage des Oberseminars “Medienentstehungstheorien”, das im Sommersemester 2002 am Institut für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft in Köln abgehalten wurde, lautete wie folgt: Wie kann man eine Theorie aufstellen, die die Entwicklung der Medien erklären kann? Dabei sollte nicht (wie in der Medientheorie bzw. -philosophie oft üblich) eine Aussage über das Wesen der Medien oder deren Verankerung in der Natur des Menschen getroffen werden. Stattdessen wurde nach den empirisch zu belegenden historischen und kulturellen Umständen gefragt, die die Erfindung und Verbreitung der einzelnen Medien -Theater, Print, Film, Rundfunk, Fernsehen, Video/DVD und Internet - in ihren dominanten und kulturell wirksamen Formen ermöglicht hat.
Dies geschah mit der Aussicht, aus den vielen Beobachtungen über die Einzelmedien allgemeine Aussagen zur Erklärung der Entstehung von Kommunikations- bzw. Unterhaltungsmedien in der Menschheitsgeschichte (oder zumindest dem europäisch-amerikanischen Anteil daran) gewinnen zu können.
Entsprechend dem in der Wissenschaftstheorie formulierten Hempel-Oppenheim-Schema besteht eine Erklärung aus drei Teilen: Einem Ereignis, das erklärt werden soll, und bestimmten Anfangsbedingungen, die auf Grund von mindestens einem allgemeinen Gesetz dieses Ereignis hervorbringen, z.B.:
Anfangsbedingung: Faden F von der Struktur S wird mit 2 kg belastet.
Allg. Gesetz: Faden F von der Struktur S hat eine Reißfestigkeit von 1 kg.
Ereignis: Faden F reißt.
Diese Art, (unbekannte) Gesetze aus der Kenntnis eines Ereignisses und den dazugehörenden Anfangsbedingungen heraus zu ermitteln, hat sich in den Naturwissenschaften als äußerst erfolgreich erwiesen. Zudem eröffnet diese Form der Erklärung die Möglichkeit der Vorhersage: Denn wenn alle Anfangsbedingungen und Gesetze bekannt sind, müßte man korrekt auf ein zukünftiges Ereignis schließen können. Nicht nur die Meteorologie, sondern auch Architektur, Maschinenbau und viele andere Lebensbereiche gründen auf dieser Kompetenz.
Ohne Frage wäre es für die Kultur- und Medienwissenschaften reizvoll, diese Fähigkeit zu erwerben, zumal auch große Teile von Industrie und Politik darauf aus sind, Vorhersagen über neue (Medien-) Technologien zu erhalten.3 Eine solche Kenntnis vergrößert schließlich die Möglichkeit von Planung und Steuerung und sichert damit einen größeren Handlungsspielraum: Geschäftliche, aber auch gesellschaftliche Risiken könnten so minimiert werden.
Inhaltsverzeichnis
- OPEN/LOAD
- FAST FORWARD
- Die Technologie
- Let it snow! Let it snow! Let it snow!
- Mark IV
- It's not a trick...
- DIE DIFFUSION DES VIDEORECORDERS
- Der Format-Krieg
- EJECT
- Übernahme
- Programmangebot I: Fernsehen
- Programmangebot II: Bespielte Videokassetten
- Freizeit
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Entwicklung und Verbreitung des Videorecorders im Kontext der Medienentstehungstheorien. Sie untersucht die historischen, wirtschaftlichen, kulturellen und technischen Faktoren, die zur Erfindung und Popularität des Videorecorders führten, mit besonderem Fokus auf den Standard-Krieg zwischen VHS und Betamax.
- Die technologische Entwicklung des Videorecorders
- Der Einfluss gesellschaftlicher und ökonomischer Faktoren auf die Entwicklung der Videotechnologie
- Die Diffusion des Videorecorders und der Kampf um den Marktstandard
- Die Nutzung des Videorecorders durch die Konsumenten und seine Auswirkungen auf das Fernsehen und den Kinofilm
- Die ökonomischen und soziologischen Bedingungen der Verbreitung des Videorecorders
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Vorgeschichte des Videorecorders und stellt die wichtigsten wissenschaftlichen Entdeckungen und technischen Leistungen vor, die seine Entwicklung ermöglichten. Es wird gezeigt, dass die Entstehung des Videorecorders nicht allein auf wissenschaftlichen Fortschritt zurückzuführen ist, sondern auch in einem komplexen gesellschaftlichen und ökonomischen Kontext steht.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Diffusion des Videorecorders, insbesondere mit dem Format-Krieg zwischen VHS und Betamax. Es werden die unterschiedlichen Strategien der beteiligten Unternehmen, die technischen Eigenschaften der Formate und die Auswirkungen des Wettbewerbs auf die Entwicklung der Videotechnik erläutert. Das Kapitel zeichnet zudem die Übernahme des Videorecorders durch die Konsumenten nach und beleuchtet die verschiedenen Nutzungsformen, wie z.B. das Aufnehmen von Fernsehprogrammen und die Nutzung von bespielten Videokassetten.
Schlüsselwörter
Videorecorder, Medienentstehungstheorien, Diffusion, Standard-Krieg, VHS, Betamax, Technologiegeschichte, Konsumverhalten, Fernsehnutzung, Kinofilm, wirtschaftliche und gesellschaftliche Einflüsse.
- Arbeit zitieren
- Christian Junklewitz (Autor:in), 2002, Die Entwicklung und Verbreitung des Videorecorders, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45660