Verbreitungschancen und Implementierungshindernisse der "Logistik 4.0"

Welche Auswirkung hat der aktuelle Verbreitungsgrad der digitalen Lösung auf die Fertigung eines Produktes?


Bachelorarbeit, 2018

69 Seiten, Note: 2.3


Leseprobe


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

1.1 Problemstellung
1.2 Ziel und Vorgehensweise der Arbeit

2 Logistik im Zeitalter 4.0
2.1 Theoretische Grundlagen
2.1.1 Weiterentwicklung zur Industrie 4.0
2.1.2 Zentrale Merkmale Industrie 4.0
2.1.3 Grundlagen des modernen Logistikverständnisses
2.1.4 Anforderungen an die Logistik und Logistikdienstleister
2.2 Logistik 4.0

3 Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
3.1 Technologische Komponenten
3.1.1 Logistikdienstleister als Netzwerkintegration
3.1.2 Cyber-Physische Systeme
3.1.3 Internet of Things (IoT)
3.1.4 Cloud Computing
3.2 Organisationsgestaltung im Zeitalter von Industrie 4.0
3.2.1 Dimensionen des Wandels
3.2.2 Aufbau der Arbeitsorganisation
3.2.3 Anforderungen an die Mitarbeiter
3.2.4 IT Sicherheit technisch /sozial
3.3 Zwischenfazit

4 Analyse der aktuellen Anwendungsmöglichkeiten von
Logistik 4.0 in der Praxis
4.1 Verbreitungschancen
4.1.1 Intralogistik
4.1.2 Virtuelle Vernetzung
4.1.3 Autonome Transportfahrzeuge
4.1.4 Vernetzung in der Transportlogistik
4.1.5 Vernetzte Wertschöpfungsketten
4.1.6 Effizientes Störungsmanagement
4.2 Implementierungshindernisse der digitalen Lösung Logistik 4.0

5 Fazit und Ausblick

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Aktuell sind die Trend Reports im Handelsblatt überfüllt mit wissenschaftlichen Artikeln über neuartige Technologien und Themen im Bereich von „Industrie, Logistik 4.0“ und das Internet der Dinge. Wie wirken und beeinflussen die genannten Bereiche und Phasen die heutige Industrie und Arbeitswelt 4.0. Was unterscheidet sie vor dem Hintergrund der bisherigen industriellen Revolutionen voneinander.

Hieran wird die Bedeutsamkeit einer Analyse der 4. Industriellen Revolution und der damit verbunden „Logistik 4.0“ in der heutigen Arbeitswelt deutlich. Denn in der heutigen globalen Wirtschaft ist ein steigender Wandel des Konsumentenverhaltens zu beobachten. Heutzutage ist der Kunde nicht nur Käufer des Produktes, sondern zugleich auch Produktentwickler. Die Nachfrage orientiert sich an maßgeschneiderten Produkten und individualisierten IT Lösungen. Durch das wandelende Verhalten der Konsumenten entstehen neue Herausforderungen für die Produzenten in der Produktion sowie Logistik. Folglich sind Bereiche, welche zuvor durch generelle Regeln organisiert waren, zu einem ganzheitlichen Umdenken aufgefordert, denn diese müssen flexibel auf Nachfrageabweichungen und -schwankungen reagieren können. Besonders der Logistikbereich steht einer steigenden Komplexität aufgrund einer flexibleren Organisation der Produktion gegenüber.

Dieses beschriebene Problem, lässt sich am Beispiel der Fertigung eines Produktes veranschaulichen. Solange in einem Auftragsabwicklungsprozess die zuvor prognostizierte Planung und Steuerung übereinstimmt, können die Produkte durch einen zuvor definierten Logistikdienstleister zum geplanten Zeitpunkt abgeholt werden und dem Kunden zur angeforderten Zeit (Just-In-Time) bereitgestellt werden. Was geschieht aber bei einer unvorhergesehenen Abweichung in der Produktion, beispielweise durch einen Maschinendefekt, oder fehlendes Vormaterial? Die intelligente Fabrik ist heutzutage in der Lage flexibel auf die Problematik reagieren zu können, indem die vorgelagerten sowie nachgelagerten Produktionsschritte einer Wertschöpfungskette in Echtzeit informiert werden. Dadurch besteht die Möglichkeit, Prozesse an andere Standorte zu verlagern und den Materialfluss neu zu organisieren, um den Engpass zu umgehen.

Aufgrund der fehlenden Integration des Logistikdienstleisters, mangelt es an fehlenden Informationen über die Änderung der Prozesse. Folglich wird weiterhin auf der Basis der Tagesplanung disponiert. Die Logistikdienstleister müssen somit in das Wertschöpfungsnetzwerk eingebunden werden, um die Kriterien der Echtzeitfähigkeit, Automatisierung und Flexibilität erfüllen zu können.

1.2 Ziel und Vorgehensweise der Arbeit

Um der dynamischen Umwelt zu begegnen, werden heutzutage neue Technologien genutzt. Ein wichtiges Stichwort sowie Lösungsansatz bildet der Begriff der „Industrie 4.0“. Der Begriff „Industrie 4.0“ hat sich in den letzten Jahren zu einem Modewort entwickelt. Dennoch gibt es keine einheitliche Definition, denn der Begriff „Industrie 4.0“ wird unterschiedlich definiert. Es stellt sich die Frage wie „Industrie 4.0“ zu verstehen ist und in welcher Beziehung die Logistik als Anwendungsbereich betroffen ist.

Die Arbeit verfolgt das Ziel, die Voraussetzungen und Verbreitungschancen der digitalen Lösung „Logistik 4.0“ aufzuzeigen, damit sie den neuen und teilweise noch zukünftig unbekannten Herausforderungen gerecht werden kann. Im zweiten Abschnitt werden die bereits existierenden Anwendungen in der Praxis untersucht und inwieweit diese die aktuellen Voraussetzungen erfüllen. Auf Grundlage der deutschsprachigen Literatur soll zunächst ein einheitliches Verständnis für die Hintergründe und den Begriff der „Industrie 4.0“ geschaffen werden, um dabei die neuen Anforderungen der Industrie für die Logistikdienstleister ableiten zu können. Auf Grundlage der Anforderungen, soll abschließend eine Definition für den Begriff „Logistik 4.0“ hergeleitet werden.

Im nächsten Schritt werden die Implementierungshindernisse sowie Voraussetzungen für die erfolgreiche Etablierung der technischen Bereiche dargestellt. Anschließend wird die Implementierung der digitalen Lösung aus der Managementperspektive betrachtet. Im Anschluss wird die Notwendigkeit der Zusammenarbeit der Bereiche abgeleitet.

Im letzten Schritt wird auf Grundlage einer Datenbankrecherche der aktuelle Verbreitungsgrad von „Logistik 4.0“ in der deutschen Wirtschaft erfasst. Auf Grundlage dieser Auswertung wird abgeleitet, inwieweit das heutige technologische Potenzial den neuen Voraussetzungen der 4. Industriellen Revolution entspricht und ob dieses Potenzial in der Praxis tatsächlich ausgeschöpft wird.

2 Logistik im Zeitalter 4.0

In der Einleitung wurden die Voraussetzungen und Herausforderungen angesprochen, welche aktuell und zukünftig für die Industrie und Logistik relevant sind.

Die deutsche Bundesregierung beschäftigt sich im Rahmen der sich anbahnenden vierten industriellen Revolution mit einem Aktionsplan zur „Hightech-Strategie 2020“. Der Aktionsplan wird als Durchführungsverordnung eines “Zukunftsprojektes“ verstanden und verfolgt das Ziel die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit, Wachstumschancen und Wachstumsvorteile für Deutschland als attraktiver Produktionsstandort durch den Einsatz innovativer Informationstechnologien und Kommunikationstechnologien zu sichern und nachhaltig zu steigern.1 Prognosen gehen davon aus, dass die Unternehmen, ihre Produktivität um ca. 30% steigern können.2

Im folgenden Abschnitt werden die theoretischen Grundlagen von „Industrie 4.0“ dargestellt, diese werden in einen Zusammenhang mit der Logistik gebracht. Anschließend wird im Rahmen dieser Arbeit ein einheitliches Verständnis für die Entwicklung einer „Logistik 4.0“ abgeleitet.

2.1 Theoretische Grundlagen

2.1.1 Weiterentwicklung zur Industrie 4.0

Die Phase „4.0“ entstand ursprünglich in einer wissenschaftlichen Debatte in Deutschland und ist somit primär im deutschsprachigen Raum verbreitet. Im englisch sprachigen Raum finden die Begriffe „Smart-Factory“ oder „Smart-Manufacturing“ Anwendung. Diese beiden Begriffe entsprechen aber grundsätzlich den Ideen der Industrie 4.0.3

Bitkom, der Digitalverband Deutschlands, welcher 1999 als Zusammenschluss einzelner Branchenverbände entstand, setzt sich für eine innovative Wirtschaftspolitik ein.4 Der Zusammenschluss beschreibt in einem Leitfaden zur Umsetzungsstrategie den Begriff Industrie 4.0 als eine Weiterentwicklung, die durch eine Organisationsneugestaltung eine neue Form der Anwendung findet. Die hieraus resultierende Organisationsform erstreckt sich über die gesamte Wertschöpfungskette eines Produktlebenszyklus. Als Grundlage hierfür sei die Verfügbarkeit von Echtzeitinformationen durch die Vernetzung aller am Wertschöpfungsprozess beteiligten Schnittstellen notwendig, um auf Basis der verfügbaren Daten zum beliebigen Zeitpunkt den optimalen Wertschöpfungsfluss abzuleiten.5 Die vierte industrielle Revolution kennzeichnet sich durch drei wesentliche Merkmale:

- Digitale Vernetzung
- Dezentralität
- Selbststeuerung6

Hierdurch wird deutlich, dass eine echtzeitfähige Vernetzung der am Wertschöpfungsprozess beteiligten Akteure, als eine der Hauptanforderungen an die heutige Industrie angesehen wird. Das Internet der Dinge und Dienste (Internet of Things) bietet die Grundlage, da hier Menschen und Maschinen in Echtzeit miteinander vernetzt sind und kommunizieren können.7

Der Begriff Industrie 4.0 steht für eine anbahnende vierte industrielle Revolution. Für ein tiefgreifendes Verständnis, weshalb es sicher hierbei um eine “Revolution“ handelt, ist es essentiell, die vorherigen Phasen der industriellen Revolution zu betrachten. Dies wird im folgenden Schaubild dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die vier Stufen der industriellen Revolution

Quelle: www.logsol.de/de/news_de/logistik-in-der-vierten-industriellen-revolution.html,abgerufen am 23.09.2018

Die Entwicklungsphasen vor Industrie 4.0: Die industrielle Revolution, startete ca. im Jahr 1800, gekennzeichnet durch die Mechanisierung in Produktionsanlagen unter der der Nutzung von Wasserund Dampfkraft. Durch die industrielle Revolution wurden Arbeitsplätze in den Fertigungshallen erschaffen. Durch die Einführung der Elektrizität in der Produktion, startete die zweite Stufe der industriellen Revolution, welche durch Automatisierung und arbeitsteilige Massenproduktion am Fließband geprägt wurde. Die Digitalisierung als dritte Stufe der industriellen Revolution, war gekennzeichnet durch den Einsatz von digitalen Systemen wie zum Beispiel Computern, die durch Softwareanwendungskomponenten wie Excel unterstütz wurden. Die Anwendung der Elektronik oder der IT Softwareanwendungen fördert administrative Prozesse, die weitgehend automatisiert und standardisiert in der Produktionsfertigung ablaufen.8 Die vierte Stufe der Industriellen Revolution kennzeichnet die Vernetzung von Objekten und der am Wertschöpfungsprozess beteiligten Akteure wie Menschen, Maschinen, Werkstücke und Produkte basierend auf sogenannten Cyber-Physischen-Systemen (CPS).9 Die vernetzten und kommunizierenden Produktionstechniken, sollen dazu beitragen, dass die Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette auf eine neue Entwicklungsphase bzw. Stufe gebracht werden mit dem Ziel, den steigenden Anforderungen der Individualisierung und Flexibilisierung der Konsumenten und Produkte gerecht werden zu können.10 In Verbindung mit der Industrie 4.0 wird auch von einem Wechsel der zuvor bestehenden wissenschaftlichen Grundauffassungen vergangener Phasen zu einer anderen bezeichnet. Gemeint ist hiermit der Wandel, in welchem starre Produktionsstrukturen und Produktionsprozesse durch autonome und sich selbst organisierende intelligente Systeme schrittweise ersetzt werden.11 Dieser Wechsel wird einer tiefgehenden ökonomischen Wandlung gleichgesetzt, welche sich in einer dauerhaften Veränderung der bisherigen Produktionsstrukturen und auch bestehender Geschäftsmodelle ausdrückt.12

2.1.2 Zentrale Merkmale Industrie 4.0

Der Begriff „Industrie 4.0“ wird in der Praxis auf den Einsatz einzelner neuartiger Technologien beschränkt. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass diese Technologien für die Umsetzung von Industrie 4.0 einen großen Stellwert haben. Der eigentliche Nutzen wird sich nur dann entfalten können, wenn die Technologien zu einer einheitlichen aufeinander abgestimmten digitalen Lösung zusammengeführt werden.13

Der Ansatz wird im Folgenden anhand von vier zentralen Merkmalen dargestellt, deren Zusammenspiel eine Voraussetzung für die erfolgreiche Implementierung der Industrie 4.0 darstellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Neuartige Paradigmen der industriellen Fertigung

Quelle: Siepmann, Einführung und Umsetzung von Industrie 4.0, S.37, 2015

Vertikale Integration im Sinne der Industrie 4.0 bedeutet, dass die einzelnen internen Hierarchieebenen, angefangen bei den Mitarbeitern bis zum Management, im Unternehmen zum intensivierten Datenaustausch unter Zunahme von IT Schnittstellen und Technik ausgebaut werden. Durch die vertikale Integration

entsteht ein einheitlich durchgängiges System. Hierbei orientiert sich die Erhebung und Verfügbarkeit von Daten an der Hierarchieordnung. Die horizontale Integration hingegen betrachtet die unternehmensexterne Seite. Hierbei wird die Einbindung der Systeme von Kunden, Lieferanten, externen Dienstleistern und Produzenten zwischen denen ein Material-, Energie-, und Informationsfluss verläuft in die eigene unternehmerische Systemlandschaft verstanden. Eine hohe vertikale und horizontale Integration im Unternehmen und die damit verbundene durchgängige Vernetzung zwischen den einzelnen Ebenen ist Grundvoraussetzung um Vorteile in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens zu erlangen.14 Dieses drückt sich in geringeren Ausführungszeiten und -kosten aus. Auch können derart vernetzte Unternehmen flexibler auf die individuellen Kundenwünsche reagieren.15

Als nächstes Merkmal wird dezentrale Intelligenz und Steuerung genannt. Damit ist die Fähigkeit von Produktionsmitteln und -anlagen gemeint, erforderliche und nachgefragte Informationen automatisiert an ein dezentrales Steuerungssystem weitergeben zu können. Um dezentrale Intelligenz realisieren zu können, werden neuartige Kommunikationslandschaften und Wege, beispielsweise über das Internet der Dinge und neuartige Instanzen mit eingebetteten Computersystemen, wie zum Beispiel Cyber-Physische-Systeme (CPS) benötigt. Damit die Systeme kommunizieren können, sind mit RFID-Chips ausgestattete Produktionsmittel notwendig. Die RFID-Chips enthalten gespeicherte Daten wie Menge, Größe, Form und Qualität. Angebracht werden diese RFID-Chips, sog. “Smart Label“, direkt auf dem Material. Die Produktionsanlagen können durch den Einsatz der Sensortechnik in Form von “Smart Label“ mit der dezentralen Intelligenz der eingebetteten Systeme direkt interagieren.16

Ein durchgängiges digitales Engineering erstellt ein virtuelles Abbild des kompletten Wertschöpfungsprozesses der physischen Produktionsund Logistikpro-zesse. Alle einzelnen Komponenten einschließlich der Maschinen und Anlagen, Produkte und Ressourcen werden in dem Abbild als ein einheitlicher Gesamtprozess dargestellt. Das Abbild kann für die Planung der verschiedenen Aufgaben der Prozessplanung, Materialflussplanung und Logistikplanung verwendet werden. Zudem besteht für die Unternehmensplanung die Möglichkeit, Auftragsszenarien digital zu simulieren um Rückschlüsse auf das Verhalten der oben aufgeführten Komponenten nehmen zu können.17 Das letzte Merkmal beschäftigt sich mit den Cyber-Physischen Produktionsund Logistiksystemen. Cyber-Physische Systeme haben eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung von „Industrie 4.0“. Sie verfolgen das Ziel, die Flexibilität in Bezug auf die Kundenerwartungen und die damit verbunden Kundenwünsche zu erhöhen (vgl. Kap.: 3.1.2). Aus der Betrachtungsperspektive der Logistik ergibt sich die synergetische Vernetzung der Auftragsabwicklungsprozesse in der Produktion und Fertigung von Waren. Zusätzlich findet die Vernetzung der Logistikdienstleister mit den Transportprozessen statt.18

Die vier beschriebenen Denkansätze decken sich weitgehend mit den Erkenntnissen der Studie „Erschließen der Potenziale der Anwendung von „Industrie 4.0“ im Mittelstand“, welche im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) ausgearbeitet wurden. Die Studie untersucht die einzelnen unternehmensinternen sowie funktionsübergreifenden Anwendungsbereiche von „Industrie 4.0“. Die Funktionsbereiche werden durch Assistenzsysteme, die zur Unterstützung der Mitarbeiter, Vernetzung und Integration, Dezentralisierung sowie Selbstorganisation und Autonomie der einzelnen Bereiche beitragen, dargestellt. Hierbei werden die zuvor beschriebenen vier Merkmale durch ein weiteres ergänzt. Das zusätzliche Merkmal beschreibt die unternehmensinterne Datenerfassung und Datenverarbeitung. Auf dieser Basis soll die Funktionalität der Produktionsmittel optimiert werden. Das beschriebene Merkmal wirkt ebenfalls auf die unternehmensexternen Anwendungsbereiche der Datenerhebung von Kundenund Nutzungsdaten ein. Die gewonnenen Informationen können für die Optimierung und Qualitätsverbesserung von Produktionsprozessen eingesetzt werden.19

2.1.3 Grundlagen des modernen Logistikverständnisses

Es gibt kein einheitliches Verständnis für den modernen Logistikbegriff. Nach Stevens richten sich die primären Hauptaufgaben der Logistik der physischen Raumund Zeitüberbrückung und beginnen bei der Entstehung einer Ressource und enden beim Endverbraucher.20 Neben den für die Produktion der Sachgüter benötigten Ressourcen, werden für den optimalen logistischen Ablauf innerhalb eines Betriebes Informationen benötigt, die für die Steuerung der logistischen Prozesse eingesetzt werden. Ein wesentliches Instrument der Logistikkette stellt ein Kommunikationssystem dar. Die Kommunikationsinstrumente sind unternehmensintern sowie netzwerkgerichtet integriert, um Informationen über Lieferanten, Kunden und Konkurrenten einzuholen.21 Auf dieser Grundlage folgt das logistische Denken. Dabei wird der Wertschöpfungsprozess über die komplette Logistikkette betrachtet und als Gesamtfluss in einem Netzwerk abgebildet. Der Gesamtfluss ist dabei abgestimmt auf die Ziele des Gesamtsystems. Die Hauptaufgabe der Logistik besteht in der Gestaltung logistischer Systeme, sowie der Steuerung der darin ablaufenden Gesamtprozesse. Die Bewerkstelligung von logistischen Aufgaben findet durch einen Logistikdienstleister statt. Hierbei handelt es sich um ein Unternehmen, welches Dienstleistungen für sog. „Verlader“ ausführt.22 Sechs der zehn größten Logistikdienstleister, die sich innerhalb Deutschlands zu einer Kooperation zusammengeschlossen haben und Stückgutleistungen erbringen sind unter anderem IDS Logistik, Cargoline, System Allicance GmbH, 24plus Systemverkehr, System Alliance Europa und Online Systemlogistik.23 Diese Art der Logistikdienstleistung wird Kontraktlogistikdienstleister genannt. Ein solcher Logistikdienstleister zeichnet sich durch individuelle Rahmenverträge zwischen Dienstleister und Verlader aus, die weit über die klassischen Funktionen des Transportes, Umschlag und Lagerung hinausgehen.24 Diese Zusammenarbeit ist über einen längeren Zeitraum vertraglich von beiden Seiten durch einen Kontrakt abgesichert und bewegt sich in einem Mindestumsatz zwischen 0.5 Mio EUR und 1,0 Mio EUR pro Jahr.25

Im Rahmen der steigenden Transaktionskosten, die einerseits durch die globale Leistungserstellung und anderseits durch die höheren Kundenansprüche hinsichtlich Versandpreisen und Qualität entstehen, hat sich in den 80er Jahren erstmalig der Begriff des Supply Chain Management in den USA durchgesetzt. In Deutschland gewann das Supply Chain Management erst Mitte der 90er Jahre an Bedeutung. Das Supply Chain Management erstreckt sich entlang der gesamten Aktivitäten einer Wertschöpfungskette.26 Die steigenden Anforderungen wie Echtzeitfähigkeit, Automatisierung und Flexibilität verdeutlichen die Notwendigkeit Logistikdienstleister in das übergeordnete Netzwerk (verstanden als “Lieferanten-Hersteller-Kunden-Verbund“) zu integrieren. Es ist demnach nicht mehr ausreichend die unternehmensinternen Prozesse isoliert zu betrachten. Vielmehr müssen die Beteiligten eine unternehmensintegrierte Supply Chain fördern, welche sich durch geeignete Schnittstellen zwischen den beteiligten Akteuren im Wertschöpfungssystem auszeichnet.27

2.1.4 Anforderungen an die Logistik und Logistikdienstleister

Die Anforderungen an die Logistik haben sich im Wandel der Weiterentwicklung zu einer Industrie 4.0 verändert. Ein Grund findet sich in dem veränderten Verhalten der Konsumenten. Dieses Verhalten beeinflusst sowohl die Produktion wie auch die Logistik. Das Entscheidungsverhalten sowie Planungsverhalten der Logistikdienstleister orientiert sich heute am bestehendem Anforderungsprofil der Logistik 4.0. Früher war es den Logistikdienstleistern möglich langfristig zu planen. Aktuell fordert das veränderte Konsumentenverhalten größtmögliche Flexibilität des Logistikdienstleisters in Bezug auf die Planung seines Prozessablaufes. Das veränderte Konsumverhalten fordert auf der Seite der Hersteller und Logistikdienstleister eine kürzere Reaktionszeit. Eine der zentralen Herausforderungen im Rahmen der Studie „Erschließen der Potenziale der Anwendung von Industrie 4.0 im Mittelstand“ ist Zeitdruck sowie Termindruck für die Logistik im Rahmen von Industrie 4.0.28

Die Produktionssysteme von „Morgen“ müssen demnach dynamisch, vernetzt und wandlungsfähig sein, um den steigenden Anforderungen der Konsumenten standhalten zu können.29

Die steigende Wandlungsfähigkeit der Produktionssysteme erhöht die Komplexität der Weiterentwicklung, denn die Industrie 4.0 fordert die Bereiche Produktion und Logistik gleichermaßen. Die erhöhte Verfügbarkeit von Informationen kann zur Optimierung der Produktion genutzt werden. Diese Verbesserung hat wiederum eine Auswirkung auf die Logistik, denn die Lagerfunktion besitzt im Vergleich zu der Massenproduktion nicht mehr ihren üblichen Stellenwert. Es findet eine Annährung der Produktion an die Transportlogistik statt, wodurch die Zuverlässigkeit und Transporteffizienz noch mehr an Bedeutung gewinnt.30

Die Logistikdienstleister stehen damit vor neuen Herausforderungen. Sie orientieren sich am Anforderungsprofil der Produktion, welches sich durch Echtzeitfähigkeit, Automatisierung und Flexibilität charakterisiert. Die geforderte Flexibilität kann nur dann gewährleistet werden, wenn die vollständige Integration der Logistikdienstleister in das Netzwerk erfolgt. Nur dann wird es den Logistikdienstleistern möglich sein, auf die dauerhaften Veränderungen der Kundenbedürfnisse reagieren zu können.

Für die Umsetzung bedarf es geeigneter Schnittstellen zwischen den beteiligten Akteuren, sowie integrierten IT-Systemen. Die Logistik 4.0 muss die Anforderungen umsetzen um den Bedürfnissen des Logistiknetzwerkes gerecht werden zu können.31 Sie verändert auch das Anforderungsprofil an die Logistikdienstleister, denn Aufgaben welche vorher von den Herstellern oder dem Handel ausgeführt wurden, sollen zukünftig durch den Logistikdienstleister ausgeführt werden.32

Durch diese Wandlung ist es der Logistik möglich, sich größere Anteile an der Wertschöpfungskette zu sichern um damit einen Mehrwert genieren zu können.33

Auf weitere Voraussetzungen soll ab diesem Punkt verzichtet werden, da dies Gegenstand der folgenden Kapitel ist.

2.2 Logistik 4.0

In der deutschsprachigen Literatur finden sich im Gegenteil zu Industrie 4.0 nur wenig eindeutige Definitionen zu dem Begriff „Logistik 4.0“. Die Anforderungen der vierten Industriellen Revolution, können als Grundlage für die Definition des Begriffs Industrie 4.0 angesehen werden. So definiert Bousonville unter dem Ausgangspunkt der Virtualisierung und Vernetzung, die Logistik 4.0 als eine gleichmäßige Transparenz der Informationen, innerhalb einer Wertschöpfungskette der Logistikbranche, mit ihren Akteuren und Objekten. In dem Zusammenhang bedeutet Transparenz, dass über die zuvor definierten Objekte und Akteure Informationen digital in Echtzeit zur Verfügung stehen. Es besteht die Möglichkeit, dass die Objekte und Akteure Eigenschaften annehmen zum Beispiel eine Identifikationsnummer, Zustandsgrößen über den aktuellen Lagerort oder Lagerposition. Sobald die Systeme die technischen Möglichkeiten besitzen, diese Eigenschaften und Zustände mit dem Logistiksystem zu kommunizieren oder auszulesen, kann von einer Vernetzung der Objekte mit ihrer Umgebung (physisch sowie virtuell) gesprochen werden. Die Vision der allumfassenden Vernetzung bezeichnet man in diesem Zusammenhang als das Internet der Dinge. Hierbei geht es primär nicht um die Vernetzung von Computern, die Menschen in konzeptionellen Aufgaben unterstützen, sondern um die Vernetzung der in einem Produktionsprozess eingesetzten Produktionsmaschinen. In Bezug auf die Logistik 4.0, handelt es sich um Objekte, welche auf die physikalisch-mechanischen Aufgaben ausgerichtet sind, zum Beispiel die virtuelle Verfolgung eines LKW auf einer digitalen Landkarte um den Standort bestimmen zu können. Damit die Zustände und Eigenschaften des Objekts kommuniziert werden können, müssen die Sensoren in kurzen Echtzeitintervallen die Daten an ein IT-System übertragen. Ausgehend von dem zentralen IT-System, können die Daten externen sowie internen Dienstleistern für die weitere Datenverarbeitung zur Verfügung gestellt werden.34 Hierbei handelt es sich um eine dezentrale Steuerung mittels Cyber-Physischen-Systemen welche ermöglichen, dass einzelne Teilbereiche sowie Teilsysteme miteinander kommunizieren können. Cyber-Physische-Systeme sind ein wichtiges Instrument der Logistik und arbeiten in Form von Objekten, Geräten, Verkehrsmittelen oder Produktionsanlagen miteinander. Die Systeme kommunizieren dabei über das Internet miteinander und nutzen für den Datenaustausch die virtuellen Softwareanwendungen der Cloud Plattformen. Die Entscheidungen sollen auf Grundlage der geforderten, nachgefragten sowie erforderlichen Informationen eigenständig und in Echtzeit getroffen werden. Der Mensch erhält über die Schnittstellen der Sprachsteuerung oder Touch Displays zukünftig die Möglichkeit, mit den Cyber-Physischen-Systemen zu interagieren und diese zu steuern.35

[...]


1 Vgl. Acatech, Forschungsunion Wirtschaft – Wissenschaft, 2013, S.81

2 Vgl. Roth, 2016, S.5

3 Vgl. Bousonville, 2017, S.4

4 Vgl. Mallach, Bitcom, www.bitkom.org

5 Vgl. Plattform Industrie 4.0, 2014, S.9

6 Vgl. Logsol, www.logsol.de

7 Vgl. Kagermann, 2017, S.236

8 Vgl. Industrie Wegweiser, www.industrie-wegweiser.de

9 Vgl. Obermaier, 2016, S.3

10 Vgl. Roth, 2015, S.5

11 Vgl. Sober, 2014, S.97

12 Vgl. Acatech, 2016, S.5

13 Vgl. Siepmann, 2016, S.37

14 Vgl. Reischauer, 2016, S. 275

15 Vgl. Siepmann, 2016, S.39

16 Vgl. Siepmann, 20016, S.41

17 Vgl. Siepmann, 2016, S.41

18 Vgl. Veigt, 2013, S.16

19 Vgl. Bischoff, u.a., 2015, S. 280-281

20 Vgl. Werner, 2013, S.18

21 Vgl. Werner, 2013, S.263-264

22 Vgl. Pfohl, 2010, S.264

23 Vgl. Plaum, u.a., 2017, S.10-13

24 Vgl. Forschungsinformationssysteme, www.forschungsinformationssysteme.de

25 Vgl. Borchert, u.a., 2011, S.5-6

26 Vgl. Werner, 2013, S.4-5

27 Vgl. Werner, 2013, S.7

28 Vgl. Klug, Roscher, 2017, S.71

29 Vgl. Günthner, u.a., 2014, S.297 298

30 Vgl. Geissbauer, u.a., 2014, S.24-25

31 Vgl. Stich, u.a., 2015, S.70

32 Vgl. Rosemann, 2015, S.55

33 Vgl. Bischoff, u.a., 2015, S.44

34 Vgl. Bousonville, 2017, S.5

35 Vgl. Bauernhansl, 2014, S.11-12

Ende der Leseprobe aus 69 Seiten

Details

Titel
Verbreitungschancen und Implementierungshindernisse der "Logistik 4.0"
Untertitel
Welche Auswirkung hat der aktuelle Verbreitungsgrad der digitalen Lösung auf die Fertigung eines Produktes?
Hochschule
Rheinische Fachhochschule Köln
Note
2.3
Autor
Jahr
2018
Seiten
69
Katalognummer
V456678
ISBN (eBook)
9783668890039
ISBN (Buch)
9783668890046
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Logistik 4.0, Industrie 4.0, IoT, CPS, Cloud Computing, Change Management
Arbeit zitieren
Marc Saidowsky (Autor:in), 2018, Verbreitungschancen und Implementierungshindernisse der "Logistik 4.0", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/456678

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