Inwiefern ist das Bilderbuch "Die Insel" von Armin Greder kindgemäß?


Hausarbeit, 2016

13 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Das Bilderbuch „Die Insel“
2.1 Der Inhalt
2.2 Der Autor
2.3 Analyse des Bilderbuchs

3 Kindgemäßheit
3.1 Definition – Was ist Kindgemäßheit?
3.2 Die Relevanz der Thematik des Bilderbuches „Die Insel“ für Grundschulkinder
3.3 Beurteilung der Aufbereitung dieser Thematik in dem Bilderbuch

4 Resümee

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Auseinandersetzung mit dem Nutzen von Bilderbüchern ist für Grundschullehrkräfte essentiell. Bilderbücher sind ein wesentliches Thema auch für die Grundschule, denn sie „[...] unterstützen ganz entschieden die Sprachentwicklung des Kindes“ (Niermann 1979, S. 67). Deshalb sind sie auch als Unterrichtsmedium nicht zu vernachlässigen, auch wenn sie leider oftmals in höheren Klassen der Primarstufe nicht mehr genutzt werden. Grundschullehrkräfte sollten sich über den Nutzen und die Vorteile von Bilderbüchern bewusst sein. Auf der Suche nach einem geeigneten Bilderbuch, mit welchem ich mich im Rahmen dieser Arbeit auseinandersetzen könnte, stieß ich auf das Bilderbuch „Die Insel“ von Armin Greder.

Auf der Webseite der Fischerverlage ist über dieses Buch Folgendes zu lesen: „Das verstörende und aufwühlende Buch ist 2002 erstmals erschienen und war 10 Jahre lang vergriffen. Aufgrund der erschreckenden Parallelen zur aktuellen Situation von Flüchtlingen, haben wir uns entschlossen, das Buch wieder in das Sauerländer- Programm aufzunehmen. Denn dieses Buch ist eine Mahnung: Mit Flüchtlingen, die Schutz suchen, sollten wir anders umgehen, als die Menschen in der Geschichte“ (Pressenotiz der Fischerverlage). Aufgrund der Aktualität und gleichzeitig auch Zeitlosigkeit der Geschichte, das Buch erschien wie gesagt im Jahr 2002, lange vor der aktuellen Flüchtlingsdebatte, habe ich mich dazu entschieden, dieses Bilderbuch als Thema für die vorliegende Arbeit auszuwählen. Gleichzeitig wollte ich der Frage nachgehen, was Kindgemäßheit ausmacht. So ergab sich für mich die Frage danach, inwieweit dieses ausgewählte Bilderbuch kindgemäß ist und woran das festgemacht werden kann. Dazu ist es zunächst notwendig, sich dem Begriff der Kindgemäßheit anzunähern, um eine Grundlage zu schaffen, aufgrund derer das Bilderbuch betrachtet werden kann, dies erfolgt in der vorliegenden Arbeit im Kapitel 3.1. Zuvor wird im zweiten Kapitel das Bilderbuch „Die Insel“ vorgestellt, gegliedert in eine inhaltliche Zusammenfassung (2.1) und einen kurzer Abschnitt über der Autor und Illustrator Armin Greder (2.2). Es folgt eine knappe Analyse des Bilderbuches (Kapitel 2.3) in mehreren Unterabschnitten, zunächst wird die bildliche (2.3.1) und die sprachliche Ebene (2.3.2) thematisiert und anschließend der Bild-Text-Zusammenhang (2.3.3). Nach der Auseinandersetzung mit dem Begriff der Kindgemäßheit nach H.-H. Ewers im ersten Abschnitt des dritten Kapitels wird der Frage nachgegangen, inwiefern das ausgewählte Bilderbuch die Ansprüche der Kindgemäßheit erfüllt, unterteilt in zwei Unterkapitel, nämlich die Relevanz der Thematik des Bilderbuches für Grundschulkinder in Kapitel 3.2 und im Kapitel 3.3 die Beurteilung der Aufbereitung der Thematik in diesem Bilderbuch. Es folgt ein abschließendes Resümee.

2 Das Bilderbuch „Die Insel“

Erstmals erschienen ist das Bilderbuch 2002 im Sauerländer-Verlag, eine zweite Auflage mit einem Nachwort von Heribert Prantl wurde im Jahr 2015 veröffentlicht. Ausgezeichnet wurde das Buch am 19. März 2003 mit dem Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis (vgl. Deutsche Bischofskonferenz).

2.1 Der Inhalt

Das Bilderbuch handelt von einem fremden Mann, der nackt und ohne Besitz an eine Insel angespült wird. Die Inselbewohner stehen dem Fremden skeptisch gegenüber. Während einer vorschlägt, ihn sofort wieder wegzuschicken, unter dem Vorwand es würde ihm bei ihnen sowieso nicht gefallen, besteht ein anderer, der Fischer, darauf, dass die Inselbewohner den fremden Mann aufnehmen müssen, denn ihn fortzuschicken würde seinen sicheren Tod bedeuten, den er „nicht auf dem Gewissen haben [wolle]“ (Greder 2015, S. 6). Also einigen sich die Inselbewohner darauf, ihn aufzunehmen, doch sie integrieren ihn nicht in ihre Gemeinschaft und helfen ihm, sondern sperren ihn an einem unbewohnten Inselende in einen leeren Ziegenstall. Sie vernageln sogar die Stalltür und leben ihren Alltag weiter, ohne an den Fremden zu denken. Einige Zeit später erscheint der Mann in der Ortschaft, weil er Hunger hat und es bricht Panik unter den Bewohnern aus, der Fremde wird von ihnen gepackt und angeschrien. Doch derselbe Mann, der sich schon zuvor dafür eingesetzt hatte, ihn nicht wieder fortzuschicken, ist auch jetzt wieder derjenige, der fordert, dem Mann zu helfen und ihn nicht einfach seinem Schicksal zu überlassen. Die anderen erschrockenen Inselbewohner befürchten jedoch, selbst bald zu Hungern, wenn sie ihr Essen mit diesem einen Mann teilen würden. Der Fischer macht den Vorschlag, der fremde Mann solle sich seinen Unterhalt beispielsweise in der Küche des Gastwirtes selbst verdienen, er wäre eine günstigere Arbeitskraft als die eigenen Männer. Jeder hat ein Argument dafür, warum der Fremde bei ihm nicht arbeiten könne: der Gastwirt ist der Meinung, niemand würde mehr bei ihm essen wollen, wenn er diesen Mann beschäftigen würde, im Boot des Fischers wäre nur Platz für einen, der Zimmermann nutzt das schlechte Floß des Mannes als Argument, dieser könne nicht mit einem Hammer umgehen, der Fuhrmann bräuchte jemand stärkeren, „jemanden, der tragen kann“ (Greder 2015, S. 18) und dem Pfarrer passt seine Stimme nicht in den Chor. Da ihn niemand beschäftigen möchte, schlägt der Fischer vor, gemeinsam für den Mann zu sorgen, da sie für ihn verantwortlich seien, weil sie ihn aufgenommen haben. Diese Feststellung beunruhigt die Inselbewohner, denn „sie hatten ihn nicht hergebeten, und trotzdem war er da […]. Sie hatten ihn auf ihrer Insel aufgenommen und jetzt fanden sie ihn in ihrem Leben“ (Greder 2015, S. 19). Der Gastwirt entscheidet sich dazu, dem Fremden „die Essensreste zu überlassen, die er sonst den Schweinen vorwarf“ (Greder 2015, S. 19). Der Mann wird zurück in den Ziegenstall gesperrt und die Türen werden verstärkt, damit er zukünftig nicht mehr in die Ortschaft kommen kann. Die Inselbevölkerung redet sich ein, der Fremde würde für sie eine Bedrohung bedeuten, auch die Kinder bekommen Angst vor ihm, die Zeitung berichtet und der Wachtmeister ist der Überzeugung, „dass er […] alle umbringen würde, wenn er Gelegenheit dazu hätte“ (Greder 2015, S. 22). Die Meinung verbreitet sich, der Mann gehöre nicht zu ihnen und er müsse weg. Die Gemeinschaft geht zum Ziegenstall, wo der Fremde eingesperrt ist, ergreift ihn und schickt ihn auf seinem alten Floß zurück auf das Meer. Sie zünden auch das Boot des Fischers an, der sich als Einziger für den fremden Mann eingesetzt hatte und der ihrer Meinung nach Schuld daran ist, dass sie sich zu der Aufnahme des Mannes überzeugen ließen. Auch wenn einige Inselbewohner der gleichen Überzeugung wie der Fischer sind, sind sie in der Minderheit und „die anderen waren lauter“ (Greder 2015, S. 30). Die Insulaner gehen sogar so weit, dass sie eine hohe Mauer um ihre Insel errichten mit Wachttürmen und sich dazu entschließen, nie wieder einen Fisch aus dem Meer zu essen, „das ihnen den Fremden gebracht hatte […] und sie schossen vorbeiziehende Möwen und Kormorane ab, damit niemand dort draußen von ihrer Insel erfahren sollte“ (Greder 2015, S. 30).

2.2 Der Autor

Geschrieben und illustriert wurde das Bilderbuch von dem 1942 in der Schweiz geborenen Armin Greder, der heute in Peru lebt (vgl. Greder 2015, S. 1). Armin Greder absolvierte eine Ausbildung zum Bauzeichner arbeitete auch als Modellbauer. Er war außerdem bereits als Graphiker tätig und war Lehrer für Illustration und Grafik am Queensland College of Arts, Griffith University in Brisbane (vgl. Kulturmagazin Perlentaucher). „Für sein Werk als Illustrator und Autor von Bilderbüchern erhielt er internationale Auszeichnungen, unter anderem den Bologna Ragazzi Award. Außerdem wurde er für den Hans Christian Andersen Preis nominiert“ (Greder 2015, S. 1).

2.3 Analyse des Bilderbuchs

2.3.1 Bildliche Ebene

Die Seiten des Buches sind DIN A4 groß. Das ganze Buch ist farblich vom Einband hin bis zur letzten Seite eher in Schwarz, Weiß und Grautönen gehalten und die Farbgebung wirkt insgesamt düster. Es treten keine kräftigen Farben in dem Buch auf, es ist sehr dunkel gestaltet. Lediglich kleine Flächen wie die Haare einiger Inselbewohner oder eine abgebildete Suppe haben einen leichten Farbstich (vgl. Greder 2015, S. 11 f). Die dunklen Figuren stehen in einem starken Kontrast zu den großen schneeweißen freien Flächen. Die Bilder sind Zeichnungen von Armin Greder, die aussehen wie einfache Bleistiftzeichnungen und der Stil der Bilder erinnert an Karrikaturen. Greder spielt in den Zeichnungen mit den Proportionen zwischen den Personen, die auch die Machtverhältnisse deutlich machen. Der angeschwemmte Mann wird nackt, klein und dünn (vgl. Greder 2015, S. 26), die Inselbewohner hingegen groß und breit, als eine Einheit wie eine Wand dargestellt (vgl. Greder 2015, S. 9 f).

Die Seiten sind teilweise fast leer, nur kleine Bilder auf der großen Seite stehen für sich allein, doch auch diese Leere spricht für sich. Nur eine einzelne Zeichnung und ein alleinstehender Satz zieren beispielsweise die Doppelseite 14-15. Zum Teil befinden sich mehrere einzelne Bilder auf einer Doppelseite, die für sich sprechen und kein Ganzes ergeben. Die Bilder sind komplett in sich geschlossen, wie einzelne Fotos und haben jeweils einen kleinen Textabschnitt bei sich zu stehen (vgl. Greder 2015, S. 18 f).

Die Personen in dem Buch könnten angsteinflößend wirken, die Inselbewohner haben verängstigte und aggressive Gesichtsausdrücke mit aufgerissenen und stechenden Augen und kleine Köpfe (vgl. Greder 2015, S. 20 f). Die Bilder illustrieren das Geschehen nicht nur, sie kommentieren es auch stumm (vgl. Bopp 2015).

2.3.2 Sprachliche Ebene

Die Satzstrukturen im Bilderbuch „Die Insel“ von Armin Greder sind überwiegend hypotaktisch, dies macht den Text für unerfahrene Leser schwer verständlich und sie können beim Lesen an vielen Stellen „stolpern“. Die Sätze sind verschachtelt und reichen teilweise über mehrere Zeilen oder sogar Seiten (in einem Fall, S. 23-27), was das Lesen zusätzlich erschweren kann. Auf einigen Seiten befindet sich hingegen gar kein Text, auf manchen Doppelseiten nur ein einzelner alleinstehender Hauptsatz, z.B. „Eines Tages erschien der Mann in der Ortschaft“ (Greder 2015, S. 13). Auf anderen hingegen ein langer Absatz bestehend aus neun Sätzen, darunter auch wörtliche Rede und hypotaktische Satzstrukturen. Insgesamt besteht der Text in diesem Bilderbuch aus 73 Sätzen, darunter 34 Satzgefüge. Die Satzlänge variiert stark von einfachen Drei-Wort-Sätzen bis hin zu langen verschachtelten Satzstrukturen mit bis zu 29 Wörtern. Es ergibt sich eine durchschnittliche Satzlänge von 11,3 Wörtern pro Satz. Auch das häufige Auftreten des Konjunktivs und der indirekten Rede erschwert das Lesen. Das Textverständnis leidet unter dem verschachtelten und komplizierten Satzbau. Der Sprachstil wirkt dabei eher schlicht, es werden relativ wenig Adjektive, nur 15 im ganzen Buch, verwendet.

Die Schrift ist für ein Bilderbuch und die Größe der Seiten verhältnismäßig klein gewählt, der Zeilenabstand ist jedoch groß genug für eine erleichterte Lesbarkeit. Der Text wechselt teilweise zwischen Links- und Rechtsbündigkeit. Auch das kann den Leser verwirren und den Lesefluss beeinträchtigen (vgl. Greder 2015, S. 5 f).

Es handelt sich um einen auktorialen Erzähler. Er verfügt über eine allwissende Erzählperspektive und ist nicht auf die Perspektive einer Einzelperson beschränkt, wie der personale Erzähler. Er kennt auch die Hintergründe des Geschehens, hier zum Beispiel sichtbar in dem Satz „Aber der Fischer wusste, wie es draußen auf dem Meer war“ (Greder 2015, S. 6).

Auffällig ist auch die negativ konnotierte Wortwahl in diesem Bilderbuch: „Aufruhr“ (Greder 2015, S. 16), „beunruhigte“ (ebd., S. 19), „Bedrohung“ (ebd., S. 19), „Furcht“ (ebd., S. 22), „bedrohlich“ (ebd., S.23), „Angst“ (ebd., S. 23), um nur einige Beispiele zu nennen.

Greder sagt in einem Interview mit Radio Bremen selbst, er habe ein Problem damit, eine besondere Sprache für Kinder zu benutzen, er sei vielmehr der Auffassung, die Kinder werden meistens unterschätzt (vgl. Klenner, S. 45). Diese Aussage erklärt seine sprachliche Gestaltung in dem Bilderbuch. Sie ist nicht besonders an die kindliche Sprache angepasst, sondern durch die Nutzung vom Konjunktiv und hypotaktischen Satzstrukturen teilweise sehr kompliziert und scheint eher an erwachsene Leser gerichtet zu sein.

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Inwiefern ist das Bilderbuch "Die Insel" von Armin Greder kindgemäß?
Hochschule
Universität Potsdam
Note
2,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
13
Katalognummer
V456963
ISBN (eBook)
9783668898165
ISBN (Buch)
9783668898172
Sprache
Deutsch
Schlagworte
inwiefern, bilderbuch, insel, armin, greder
Arbeit zitieren
Jennifer Siehms (Autor:in), 2016, Inwiefern ist das Bilderbuch "Die Insel" von Armin Greder kindgemäß?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/456963

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Inwiefern ist das Bilderbuch "Die Insel" von Armin Greder kindgemäß?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden