Extracto
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Merkmale einer totalitären Diktatur nach Carl J. Friedrich
2.1 Die totalitäre Ideologie
2.2 Die Massenpartei
2.3 Das Terrorsystem
2.4 Das Nachrichtenmonopol
2.5 Das Waffenmonopol
2.6 Die zentral gelenkte Wirtschaft
3 Spanien unter der Herrschaft von Francisco Franco
3.1 Ideologie und Massenpartei
3.1.1 Die Kirche im Franquismus
3.1.2 Falange Española de las JONS (Falange)
3.2 Das Terrorsystem
3.3 Die Massenmedien – die Presse
3.4 Das Waffenmonopol
3.5 Die Wirtschaftspolitik
4 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Carl Joachim Friedrich und Zbigniew K. Brzezinski entwickelten in den 1950er Jahren einen politikwissenschaftlichen Ansatz über die Einordnung einer totalitären Diktatur. Diese Konzeption zählt zu den ersten umfassenden Konzeptionen zur Charakterisierung von totalitären Regimen.
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage der Anwendbarkeit dieser Totalitarismuskonzeption in Bezug auf die erste Hälfte der Ära des Franco-Regimes in Spanien. Leitfrage ist, ob das Regime unter Franco als eine spezifische Form der totalitären Diktatur nach den Merkmalen von Friedrich/Brzezinski angesehen werden kann. Dazu wird zunächst das Konzept der totalitären Diktatur dargelegt. Es werden die einzelnen Punkte anfangend bei der totalitären Ideologie bis hin zur zentral gelenkten Wirtschaft beschrieben. Danach wird das Franco-Regime, welches von 1936/1939 bis 1975 in Spanien existierte, dargestellt, der Fokus liegt dabei jedoch auf den ersten zwanzig Jahren der Herrschaft. Es wird zunächst die Stellung der Kirche und der Einheitspartei beschrieben. Darauf folgt eine Darstellung des Terrorsystems in Spanien unter Franco und die Beeinflussung auf die Medien. Die Wirtschaftspolitik wird nur in den Grundzügen erläutert.
Der Zeitraum der ersten Hälfte des franquistischen Staates ist bewusst gewählt worden, weil er die Anfänge der Franco-Ära beinhaltet und diese ausschlaggebend sind, um eine Charakterisierung der Herrschaft vorzunehmen. Die spätere Entwicklung wird hierbei vernachlässigt und nimmt keinen Einfluss auf die Typisierung des Systems.
Letztendlich soll durch die Darlegung der Ideologie, der Massenpartei bis hin zu Grundzügen der Wirtschaftspolitik festgestellt werden, ob es sich bei der Herrschaft von Franco in Spanien um ein totalitäres Regime handelt oder nicht.
Es muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass aufgrund der Kürze der Arbeit nur auf wesentliche Punkte eingegangen werden kann und eventuell andere Punkte vernachlässigt werden.
2 Merkmale einer totalitären Diktatur nach Carl J. Friedrich
Die totalitäre Diktatur ist nach Friedrich eine mit bestimmten Zügen der damaligen Industriegesellschaft verknüpfte Entwicklungsform der politischen Ordnung. Sie ist unter der Kategorie Autokratie einzuordnen und begründet sich zu großen Teilen durch die Folge der Massendemokratie und der modernen Technik.1 Somit ist der Totalitarismus ein Phänomen jüngster Zeit und kann nicht mit der Tyrannei oder der Despotie verglichen werden, dadurch kommt Friedrich auch zu der Einschätzung, dass die totalitäre Diktatur „historisch einzigartig“ und ein System „sui generis“ sei.2 Es werden sechs Merkmale herausgearbeitet, die sowohl linken als auch rechten Regimen zugeordnet werden können. Diese bilden den Kern der Theorie und sollen im Folgenden kurz erläutert werden.
2.1 Die totalitäre Ideologie
Die Ideologie ist als erstes Merkmal zu nennen und erstreckt sich auf alle bedeutsamen Zweige des menschlichen Lebens. Es wird ein Endzustand der Menschheit proklamiert, welcher nach Friedrich das „Paradies auf Erden“ darstellt und eine radikale Ablehnung der bestehenden Gesellschaft mit sich bringt.3 Um die völlige Zerstörung der vorhandenen Gesellschaft zu erreichen, wird Gewalt als einziges mögliches Mittel akzeptiert und legitimiert. Weiter gilt die Ideologie nach Friedrich in einem totalitären Regime als die „offizielle Lehrmeinung“, sodass staatlicherseits nur eine Ansicht akzeptiert wird und alle anderen ausgeschaltet werden müssen.4 „Sie zielt auf die Beherrschung der Welt der anderen Ideen und Begriffe ab, die ihrerseits ihre ursprünglichen Wahrheitssinns entkleidet werden und denen dafür ein neuer Sinngehalt aus der Zuordnung zu der absolut gesetzten Idee unterlegt wird“.5 Dadurch wird diese Idee totalitär. Entstehen kann diese Ideologie aber überhaupt erst auf dem geschaffenen Boden von Christentum und Demokratie, verknüpft mit den geistigen Überlieferungen des Abendlandes egal welcher Art.6 In der Praxis wird zwar die Demokratie von den Totalitären abgeschafft, jedoch nennen sie sie weiterhin in der Theorie Demokratie, daraus wird ersichtlich, dass auch die Machthaber der totalitären Regime nicht auf den „guten Klang des Wortes ‚Demokratie‘ verzichten könnten“7 Durch den Führerkult und die Vorliebe für Mythen und Symbole wird der Religionscharakter ersichtlich.
2.2 Die Massenpartei
Die Massenpartei befindet sich im alleinigen Besitz der formellen Herrschaft und wird vom Diktator geführt. Es sind in etwa nur 10 % der Bevölkerung Mitglied der Partei, diese werden jedoch nicht frei aufgenommen und haben keinerlei Ansprüche auf Demokratie innerhalb der Partei.8 Der Aufbau einer solchen Partei ist hierarchisch und oligarchisch und typischerweise ist sie der staatlichen Bürokratie entweder übergeordnet oder mit ihr gänzlich verflochten.9 Die Partei stellt die „Elite“ der totalitären Gesellschaft dar und die aktiven Mitglieder unterwerfen sich leidenschaftlich und bedingungslos der Ideologie. „Die persönliche Identität geht in der Totalität der Partei unter“10, da das gesamte Leben der Mitglieder überwacht wird und somit keinerlei Privatsphäre erhalten bleibt. Der Führer vereint alle Macht in sich und ihm genügt es meistens nicht, nur die Gesellschaft eines Staates zu beherrschen, sondern ihm ist daran gelegen, seinen Anspruch auch auf andere Staaten und Nationen auszuweiten.11 Die Macht dazu beruht auf „seinem missionarischen Selbstverständnis“, die ihn dazu befähigt, das „einzig wahre“ System der Welt aufzuzwingen.12 Des Weiteren benötigt der Führer jedoch aus organisatorischen Gründen einen gewissen Stab an sogenannten „Unterführern“, welche die Befehle des Führers ausüben und somit die Mitglieder kontrollieren.13
2.3 Das Terrorsystem
Das Terrorsystem ist nach Friedrich das wesentliche Element totalitärer Herrschaft, denn erst wenn das System zu offener Gewalt überläuft, wird dieses totalitär. Nach Friedrich würde „ohne den Terror ein solches Regime wohl nicht nur seinen totalitären Charakter, sondern auch seine Macht einbüßen.“14 Die Geheimpolizei hat somit eine doppelte Aufgabe, zu einem bekämpft sie die nachweisebaren Feinde des Regimes und auch die ‚potentiellen Feinde‘. Der sogenannte Volksfeind ist unabdingbar in einer totalitären Diktatur, jedoch kann jedes Regime einen anderen „Schlüsselfeind“ haben.15 Zum anderen überwacht die Geheimpolizei im Interesse des Diktators auch den Parteiapparat, obwohl sie ihn gleichzeitig auch unterstützt. Weiter ist es möglich, dass die Volksfeinde umerzogen werden, dies ist jedoch nicht die Norm. Insgesamt kann man sagen, dass der Terror in einem totalitären Regime umso intensiver wird, umso stabiler das System wird.16
2.4 Das Nachrichtenmonopol
Durch die moderne Entwicklung von Presse, Film, Rundfunk etc. ist das Nachrichtenmonopol eine wesentliche Eigenschaft des totalitären Regimes. Dieses moderne Machtmittel befindet sich in den Händen des Diktators und seiner Staatspartei. Friedrich nennt dies eine „noch nie dagewesene Vergewaltigung des Menschen“17, da ihm dadurch jegliche Individualität genommen wird und alle zu einer Masse verschmelzen. Durch die Kontrolle der Nachrichtenmittel wird natürlich auch der Inhalt dieser kontrolliert. Unter Propaganda ist die Werbung für Aufgaben und Zwecke einer Organisation zu verstehen. Weiter wird die Erziehung mithilfe der Propaganda grundlegend beeinflusst und dem einzelnen wird jede Möglichkeit zur unabhängigen Meinungsbildung genommen.18
2.5 Das Waffenmonopol
Ebenso technologisch bedingt ist das nahezu vollkommene Monopol der wirkungsvollen Anwendung aller Kampfwaffen, sodass ein bewaffneter Widerstand gar nicht erst ermöglicht wird.19
2.6 Die zentral gelenkte Wirtschaft
Nicht zuletzt gilt auch die zentral gelenkte Wirtschaft als wesentlicher Bestandteil des totalitären Regimes. Diese wird ausgeführt durch eine bürokratische Gleichschaltung vorher unabhängiger Rechtskörperschaften, also durch zentrale Lenkungsmechanismen.20 Somit bestimmt der Führer die Wirtschaft, die nach seinem Willen produziert und konsumiert. Die totalitäre Planung gilt als notwendige Begleiterscheinung der „totalitären Revolution“, da ohne sie womöglich ein Degenerationsprozess einsetzen würde, dies unterscheidet sie auch maßgeblich von der Teilplanung in einem demokratischen Verfassungssystem.21
3 Spanien unter der Herrschaft von Francisco Franco
Schon während des Bürgerkrieges, der durch einen antidemokratischen Militärputsch seitens Francos ausgelöst wurde, begann dieser mithilfe des Militärs und der Falange Española22 den „Neuen Staat“ (Nuevo Estado) aufzubauen. Es sollte sich zeigen, dass sich der nach den blutigen Kriegsjahren zwischen 1936 bis 1939 entstandene „Neue Staat“ über drei Jahrzehnte, bis zum Tod Francos im Jahre 1975, halten konnte. Franco wurde zunächst zum Generalísimo der Falange ernannt und vereinte später in seiner Person die Ämter des Staatsoberhauptes, des Regierungschefs und des Oberbefehlshabers der Streitkräfte.23 Somit wurde Franco der alleinige Führer des neuen spanischen Staates. Der folgende Teil der Hausarbeit behandelt nun ausgewählte Aspekte der Franco-Ära, welche in Bezug auf die totalitäre Diktatur von Bedeutung sind.
3.1 Ideologie und Massenpartei
Franco legitimierte das System in erster Linie durch den Bürgerkrieg und die konservative-katholische Tradition. Die Kirche spielte besonders in der ersten Hälfte des Regimes eine wesentliche Rolle. Des Weiteren sind auch die militärischen Traditionen, besonders im Hinblick auf die Geltung im Bürgerkrieg, und die Ideologie der Falange von Bedeutung.24
Die Darlegung von der Kirche und der Falange in einem Abschnitt als Ideologie und Massenpartei soll deutlich machen, dass diese beiden Institutionen, oder in manchen Fällen sogar auch als Parteien bezeichnet, nicht getrennt voneinander betrachtet werden können und, dass die eine die andere nicht ausschloss. Weiter zeigt sich, dass Franco sich beider Ideen bediente und somit keiner einheitlichen Ideologie folgte.
[...]
1 Vgl. Friedrich, Carl Joachim: Totalitäre Diktatur. Stuttgart 1957, S. 23.
2 Vgl. Stoll, Angelika: Die Totalitarismuskonzeption von C. J. Friedrich in Kritik und Gegenkritik. Bayreuth 1980, S. 14.
3 Vgl. Schmiechen-Ackermann, Detlef: Diktaturen im Vergleich, in: Wolfrum, Edgar (Hrsg.) u.a.: Kontroversen um die Geschichte. Darmstadt 2002, S. 35.
4 Vgl. Friedrich, a. a. O., S. 22.
5 Zitiert nach Stoll, a. a. O., S. 22.
6 Vgl. Friedrich, a. a. O., S. 39.
7 Stoll, a. a. O., S. 23.
8 Vgl. Friedrich, a. a. O., S. 65.
9 Vgl. Friedrich, Carl Joachim/ Brzezinski, Zbigniew: Die allgemeinen Merkmale der totalitären Diktatur, S.225-237, in: Jesse, Eckhard (Hrsg.): Totalitarismus im 20. Jahrhundert. Eine Bilanz der internationalen Forschung. Bonn 1996, S. 231.
10 Friedrich, a. a. O., S. 70.
11 Vgl. Stoll, a. a. O., S. 31.
12 Vgl. ebd.
13 Vgl. ebd., S. 33.
14 Friedrich, a. a. O., S. 124.
15 Vgl. Stoll, a. a. O., S. 42.
16 Vgl. Friedrich, a. a. O., S. 130.
17 Ebd., S. 20.
18 Vgl. ebd., S. 104.
19 Vgl. ebd., S. 20.
20 Vgl. Stoll, a. a. O., S. 50.
21 Vgl. Friedrich, a. a. O., S. 180.
22 Falange Española Tradicionalista y de las Jons (FET y de las JONS) einzige zugelassene Partei im Franco-Regime
23 Vgl. Bernecker, Walther L.; Pietschmann, Horst: Geschichte Spaniens. Von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. 2. Aufl., Stuttgart 1997, S. 338.
24 Vgl. Bernecker, Walther L.: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. 3. Aufl., München 1997, S. 61. (im Folgenden zitiert nach „Spanien seit dem Bürgerkrieg“)
- Citar trabajo
- Anónimo, 2011, Spanien unter Franco. Ein totalitäres Regime?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458541
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