Endzeiterwartungen im Umfeld Ottos III.


Magisterarbeit, 2004

79 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Eschatologisches Denken um die Jahrtausendwende
2.1. Antichrist und Apokalypse
2.1.1. Friedenskaiser der Endzeit
2.1.2. De ortu et tempore Antichristi
2.1. Das Jahr 1000 – Intensivierung der Endzeiterwartung?

3. Das Umfeld Ottos III
3.1. Byzantinische Einflüsse
3.2. Erzieher und Ratgeber
3.2.1. Gerbert von Aurillac
3.2.2. Leo von Vercelli
3.3. Heilige und Einsiedler
3.3.1. Adalbert von Prag
3.3.2. Romuald von Camaldoli
3.3.3. Nilus von Rossano
3.4 Freunde und Verwandte
3.4.1. Gregor V
3.4.2. Brun von Querfurt

4. Endzeitbezogene Handlungen Ottos III
4.1. Sorge um das Seelenheil
4.1.1. Bußübungen und Pilgerfahrten
4.1.2. Das Versprechen des Amtsverzichtes
4.1.3. Adalbertkult und der „Akt von Gnesen“
4.1.4. Die Öffnung des Karlsgrabes
4.2. Renovatio imperii Romanorum
4.2.1. Herrschertitel Ottos III
4.2.2. Heidenmission
4.2.3. Die „Familie der Könige“
4.2.4. Endzeiterwartungen in Urkunden

5. Schlußbetrachtung

6. Quellen und Literatur
6.1 Quellen – und Regestenwerke
6.2 Literatur

1. Einleitung

Schriftsteller der Romantik haben die erste nachchristliche Jahrtausendwende als eine Zeit der Furcht und des Schreckens beschrieben; seitdem bietet das Thema der End­zeiterwartung in der ottonischen Epoche den Gelehrten „Anlaß für end­lose Kontro­versen“[1]. Für die positivistischen Historiker des späten 19. und frühen 20. Jahrhun­derts galt jene – durchaus auch in Fachpublikationen weit verbreitete – Auffassung einer von den Zeitgenossen mit Angst und Bestürzung erwarteten Zei­tenwende als „längst entlarvte[r] Mythos“[2]. Sie lehnten jedwedes apokalyptische Gedankengut in diesem Zusammenhang ab: Das Jahr 1000 sei eines „wie jedes an­dere“[3] gewesen, weder wären Beweise für eine lähmende Furcht[4] in den Quellen zu finden, noch hät­ten die Men­schen im frühen Mittelalter überhaupt einen Bezug zur theologischen Brisanz dieses Datums gehabt[5].

Obwohl auch die neuesten Forschungen zum Themenbereich Apokalyptik und Jahr­tausendwende[6] mehrheitlich die Schreckensthese bestreiten, werden ihre Studien den­noch größtenteils als „neoromantischer Ersatzmy­thos“[7] abgelehnt[8]. In der Logik die­ser Argumentationslinie werden desgleichen Vermutungen über Zusam­menhänge zwi­schen millenaristischer Endzeiterwartung und diversen religiösen Bewegungen der Epoche, etwa spontan aufflammenden Häresien[9], dem Aufschwung von Mönchtum, Reliquienverehrung[10] und Wallfahrtswesen[11], sowie der Gottesfrie­denbe­wegung[12] zu­rückgewiesen. Dabei verläuft diese Debatte bis heute ausge­sprochen heftig; so konnte Fried noch 2002 feststellen, daß „wahre Glaubenskämpfe auf dem Feld der Eschatolo­gie und Apokalyptik ausgefoch­ten werden“[13].

Ähnlich kontrovers verläuft die Beurteilung Ottos III. in der Historiographie[14]: Ein „Phantast auf dem Kaiserthron“[15] sei er gewesen, ein schwärmerischer „Jüngling im Sternenmantel“[16], der als realitätsfremder Träumer im „jugendlichen Spiel“[17] Reichs­interessen durch seine Kirchenpolitik in Polen und Ungarn verletzt habe[18]. Erst in jün­gerer Zeit setzt eine Neubewertung seiner Politik und seiner Person ein, und man er­kennt hinter den Plä­nen Ottos III. eine geschlossene Konzeption[19]. Zeit­nahe Autoren hatten ihn mirabilia mundi[20] genannt und ihn als „kaiserlichen Jüngling, der Großes, ja sogar Unmögliches ersann“[21] charakterisiert, als einen, „der vor den Augen der Men­schen Kaiser und Herrscher, in seinem Herzen und vor den Augen des Schöp­fers je­doch Mönch war“[22]. Gerade die in der älteren Forschung oftmals ausnehmend negativ be­wertete „leiden­schaftliche Frömmig­keit“[23] des Kaisers gilt häufig als bedeutsam­stes Element seiner Persön­lichkeit, doch wurde sie, abgese­hen von weni­gen Ausnah­men[24], bislang keiner eigenstän­digen Untersuchung unterzogen. Erstaun­licherweise klammern Monographien zu Otto III. eschatolo­gische Aspekte weitge­hend aus[25], eben­sowenig gehen Histori­ker in Studien zum Jahr 1000 kaum auf den Kaiser ein, selbst wenn sie ihn als „l’empereur de l’an Mil“[26] bezeichnen.

Die vorliegende Arbeit wird demgegenüber nach einem kurzen Abriß des eschato­lo­gi­schen Den­kens um die Jahrtausendwende belegen, daß Endzeitvorstellungen im eng­sten Umfeld des Kaisers verbreitet waren. Anschließend wird das Handeln Ottos aus der Zeit der selbständigen Regierung im Hinblick auf apokalyptische Per­spekti­ven untersucht und abschließend die Frage erörtert, ob Otto III. durch seine Renova­tio-Po­litik das Römische Reich als „Bollwerk“ gegen den Antichrist stär­ken wollte, um so­mit nach zeitgenössischem Verständnis das Ende der Zeiten her­auszuzögern, oder ob er sich selbst als der Friedenskaiser einer bereits eingetrete­nen Endzeit sah.

2. Eschatologisches Denken um die Jahrtausendwende

Ungeachtet eines aus der Heiligen Schrift hergeleiteten Verbotes hatte man bereits im 3. Jahrhundert begonnen, den genauen Zeitpunkt des Weltendes zu bestimmen, indem man biblische Prophezeiungen mit konkreten historischen Ereignissen ver­knüpfte[27]. Augustinus hatte in Anlehnung an die jüdische Überlieferung eine sechs­gliedrige Weltenwoche aus der Schöpfungsgeschichte dergestalt gedeutet, daß sechs aufeinan­derfolgende tausendjährige Ären abgelöst würden von einem 1000jährigen Welten­sab­bat[28]. Dieser wiederum werde der Offenbarung des Johannes[29] zufolge ein tausendjäh­riges Frie­densreich auf Erden bringen. Die augustinische Auffas­sung, daß die Chri­stenheit bereits seit Christi Geburt in einem „unsichtbaren Mil­lennium“[30] – und somit bereits in der Endzeit – lebe, führte dazu, daß gerade die Jahre 1000 und 1033, jeweils tausend Jahre nach Christi Geburt und Passion, Anlaß zu bangen Erwartungen gaben[31]. Diese millena­ristische Erwartung des Weltendes um das Jahr 1000 war nicht auf das lateinische Abendland beschränkt, sondern ist auch in Byzanz nachweisbar[32].

Das eschatologische Bewußtsein, am Ende der Zeiten zu stehen, war allerdings nicht in allen Jahrhunderten gleich stark ausgeprägt[33], sondern unterlag in seiner Intensität Schwankungen, die oftmals durch Krisensituationen ausgelöst wurden[34]. Mindestens zweimal, nach unserer Zeitrechnung um 500 und um 800, hatte man das Ende mit Vollendung der 6000 Jahre nach Erschaffung der Welt erwartet und durch Neube­rech­nungen und Umdatierungen in die Zukunft verschoben[35]: Mit der Einführung der christlichen Ära des Dionysius Exiguus durch die häufiger wer­dende Verwen­dung der Ostertafeln des Beda Venerabilis ab der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts konnte durch die Zählung nach Inkarnationsjahren die Furcht vor dem Ende im Abendland zunächst gebannt und auf das Jahr 1000 unse­rer Zeit­rechnung in die Zukunft hinaus­geschoben werden[36].

Im Laufe des 9.[37] und des 10. Jahrhunderts nahm das Bedürfnis, Genaueres über die Endzeit zu erfahren, zu[38]. Es entstanden „handliche Kompendien zum Endzeitwis­sen“[39], die immer wieder abgeschrieben wurden und weite Verbreitung fanden, auch wenn dies im Widerspruch zur vorherrschenden traditionellen augustini­schen Haltung stand, daß das Ende der Zeiten mit geduldiger Aufmerksamkeit erwartet werden solle und nicht nach Vorzeichen gesucht werden dürfe. Der sächsische Bischof Thietmar von Merse­burg formulierte dementsprechend keine apokalypti­sche Nah­erwartung, sondern die eschatologische Grundstimmung der ganzen Epo­che: Der Tag des Ge­richtes werde bestimmt kommen, man dürfe dies weder an­zweifeln noch sein Erschei­nen herbeiseh­nen[40].

2.1. Antichrist und Apokalypse

Die Heilige Schrift besagte, daß dem Weltende kosmische Katastrophen unmittel­bar vorausgehen werden[41]. Als weiteres warnendes Vorzeichen galt – nach dem großen Abfall der verschiedenen Völker vom Römischen Reich[42] – das Erscheinen des Anti­christs. Dieser Gestalt im Mittelpunkt gewaltiger endzeitlicher Ereignisse wandte sich das besondere Interesse der Theologen zu, die zu erkunden versuchten, ob der Wider­sacher Gottes als Individuum faßbar sein würde, oder die biblischen Aussa­gen sym­bolisch-eschatologisch zu verstehen seien[43]. Schon die Kirchenvä­ter hatten die An­kunft des Antichrists mit zeitgeschichtlichen Geschehnissen in Zusammen­hang ge­bracht. Seinen Auftritt würden Helfer vorbereiten[44], die nicht selten mit historischen Persönlichkeiten identifiziert wurden[45].

Setzte man in der jüdischen Auffassung den Antichrist noch mit dem Imperium Ro­manum gleich, galt dieses später, nun in ein christliches Reich gewandelt, als „Boll­werk“ gegen den Teufel, den man nunmehr aus dem Judentum erwartete[46]. Die Existenz des Römischen Reiches galt den Zeitgenossen als sichere Garantie, daß mit Erscheinen des göttlichen Widersachers noch nicht zu rechnen wäre. Als letztes Welt­reich werde das Imperium bis zum Anbruch der Endzeit bestehen, als geschichtlicher Schluß- und Höhepunkt konnte es vor dem Weltende nicht mehr abgelöst, sondern nur noch „über­tragen“ werden[47]. Die Weltreichlehre und die Translationsidee ver­banden sich im spä­ter zu behandelnden Traktat von Adso von Montier-en-Der mit der Anti­christsage und der Vorstellung eines Endkaisers[48].

2.1.1. Friedenskaiser der Endzeit

In vermeintlichen Endzeiten erhielten sibyllinische Stimmen[49] Auftrieb, die nach einer vorangegangenen Zeit großer Not und Drangsal einen End- oder Friedens­kaiser[50] verkündeten, der, parallel zu der biblischen Vorstellung der Friedensherr­schaft Christi auf Er­den[51], am Ende aller Zeiten Eintracht und Gerechtigkeit her­beiführen werde[52]. Diese Idee läßt sich auf die im späten 7. Jahrhundert verfaßten und stark rezipierten Re­vela­tiones des Pseudo-Methodius zurückführen[53] ; sie wurde durch die Vatizinien der Tiburtini­schen Si­bylle[54] und die Aufnahme der Endkaisersage in den Antichrist-Libellus Adsos von Montier-en-Der verbreitet: Wie Christus werde der Endkaiser die Macht Gott über­geben, indem er nach Aus­dehnung seiner Herr­schaft bis an die Gren­zen der Welt und der Bekehrung der Heiden Krone und Zep­ter in Jerusalem nie­derle­gen werde. Danach beginne die Schreckensherrschaft des Anti­christs, dem schließ­lich das Jüngste Gericht folgen werde[55]. Voraussetzung für den Triumph der Kirche war somit die Ausdehnung des Imperiums über die be­kannte Welt; die Reichsidee trat in den Vordergrund[56]. Die Vorstellung eines Frie­denskai­sers am Ende aller Zeiten führte zu sehnsüchti­gen Erwartungen: Immer wieder betrach­tete man Herrscher im Licht dieser Prophezei­ung[57], die Gestalt des Frie­denskaisers wurde, wie die des Antichrists, einer „Historisie­rung“[58] un­terzo­gen. Die Vatizinien wurden wiederholt den Zeitum­ständen angepaßt, indem man die Anfangsbuchstaben der Namen der genannten Herr­scher in neuen Fassungen der sibyllinischen Weissa­gungen an die Regentenreihen an­paßte. Dadurch ist uns heute eine genaue Datie­rung der überlieferten Vatizinien mög­lich[59].

2.1.2. De ortu et tempore Antichristi

Der von der westfränkischen Königin Gerberga[60] Mitte des 10. Jahrhunderts bei Adso von Montier-en-Der in Auftrag[61] gegebene Traktat über das Erscheinen des Anti­christs wurde zu einer „Grundlage des mittelalterlichen Wissens über das Welt­ende“[62]. Adso ver­knüpfte die Lehre von den Weltaltern und die Endkaiser­vorstel­lung mit jener von Herrschaft und Untergang des Antichrists und stellte diese The­men­kreise in einen größeren eschatolo­gischen Zusammenhang[63]. Die zahlreichen, oft inmitten von Pre­digtsammlungen erhalte­nen Überlieferungen des Libellus in Form einer „reversen Hagiographie“[64] verraten Wesentliches über die „Verbreitung end­zeitlichen Wis­sens“[65]. Das Werk war sicher Ger­bert von Auril­lac, Abbo von Fleury und Petrus Da­miani bekannt; Heribert von Köln besaß ein von Albuin exzerpiertes Exemplar[66].

Adso verneinte, daß die Zeit des Antichrists bereits gekommen wäre: Obwohl das Im­pe­rium Romanum zum größten Teil zerstört sei, werde es nicht untergehen, solange frän­kische Kö­nige ihre Herrschaft ausübten[67]. Um die Kontinuität des vierten Welt­reiches zu garantie­ren, berief sich Adso auf eine translatio imperii: Die Franken hät­ten das Reich durch Karl den Großen ererbt, und daher würden fränkische Könige das Fortbe­stehen garantieren und somit der Ankunft des Anti­christs Einhalt gebieten[68]. Adso ori­entierte sich nicht an den poli­tischen Realitä­ten des zusammenbrechenden Karolinger­reichs, für ihn war es zweifellos ein Franke, der als Kaiser der Endzeit die Gebiete des Imperium voll­ständig beherr­schen würde[69]. Wenn dieser letzte Franken­kö­nig[70] dereinst seine Regentschaft freiwillig durch die Niederlegung der Herr­schaftsin­si­gnien aufgebe, werde der Antichrist, das genaue Gegenbild von Christus in Eigenschaften und Taten[71], erscheinen[72]. Adso wechselte von der Bezeich­nung rex Roma­norum et Gre­corum[73] zu rex Francorum und brachte dadurch die Vorlage der Endkai­ser­sage mit seiner politischen Begriffswelt in Einklang[74]. Indem er allerdings die Vorstel­lung sowohl des Anti­christs als auch des Endkaisers als reale zukünftige Charak­tere zeichnete, das Gesche­hen der Endzeit mithin „personalisierte“, öffnete er den Weg zu neuen Spekulationen über die apokalyp­tische Zukunft[75]: Dem mittel­alter­li­chen Kaiser­tum wurde eine eschato­logische Bedeutung zuge­sprochen[76], das Ende der Zeiten nunmehr an den freien Willen des Endkaisers gebunden[77].

2.1. Das Jahr 1000 – Intensivierung der Endzeiterwartung?

Für den Glauben an den Weltuntergang im Jahr 1000 liegen uns nur zwei zeitnahe Quellenzeugnisse vor; es ist auffallend, daß – obwohl in der An­nalistik um die Jahr­tausendwende apokalyptische Zeichen vermehrt aufgeführt werden – Histo­riogra­phen jener Zeit eine apokalyptische Bedeutung des Jahres nicht erörtern[78]. Eine Aus­nahme bildet der Clunyazenser Mönch Rodulfus Glaber, der in seinen Historiae Vor­zeichen und Katastrophen in direkten Bezug zum Jahr 1000 setzte[79]. Daß für Glaber die beschriebenen Ereignisse mit dem Millennium verknüpft waren, verdeut­lichte er bei der Erwähnung einer häretischen Bewegung in Sardinien, denn dies „alles stimme mit der Prophe­zeiung des Johannes überein, der Teufel werde nach 1000 Jah­ren freigesetzt wer­den“[80].

Auch der Bericht des Abtes Abbo von Fleury bestätigte als zweites Zeugnis die Exi­stenz des Glaubens an den Weltuntergang und das Kommen des Antichrists für das Jahr 1000. Der Abt hatte in jungen Jahren in Paris einen Prediger die Endzeit verkün­den hören. Zwar wies Abbo diese Behauptung unter Berufung auf die Evan­ge­lien, das Buch Daniel und die Offenbarung zurück, jedoch spürte er offenbar ein Un­beha­gen, denn er empfahl den fränkischen Königen die Einberu­fung einer Synode, damit das Weltende erörtert werde[81]. Im gleichen Traktat ging Abbo auf einen anderen Irr­tum ein, der sich „in der ganzen Welt verbreitet“ habe: Das Ende der Welt käme ge­wiß, sobald Mariae Verkündigung auf einen Karfrei­tag fiele[82]. Daß diese zeitliche Kon­stella­tion bereits mehrere Male ohne Kata­strophe vor­übergegangen sei, be­weise die Unrich­tigkeit dieser Behauptung[83].

Als das Jahr 1000, „das alles übertroffen habe“, allerdings „glücklich“[84] vorüber war, klang in den Quellen Erleichterung und Zuversicht an: Für Thietmar von Mer­seburg „brach der Welt ein heller Morgen an“, für Rodulfus Glaber war es, als wolle „die Welt ihr Alter abschütteln“, und sich „mit einem weißen Mantel von Kirchen beklei­den[85]. Das Na­hen des zweiten Millenniums, für das man hinfort die Ankunft des Anti­christs er­war­tete[86], kündigte sich mit noch erschreckenderen Katastrophen an. Glaber beschrieb, daß nach einer Hungersnot infolge sintflutarti­ger Regenfälle im Jahr 1033 die Men­schen fürchteten, „die Ordnung der Elemente und der Ablauf der Jahreszeiten, die von Anbe­ginn in den vergangenen Jahrhun­derten herrschten, für immer ins Chaos zurückge­fallen war, und daß dies das Ende des Menschenge­schlechtes sei“[87].

Auch die „Massenpilgerfahrt“ nach Jerusalem im Jahre 1033, dem Millennium der Pas­sion Christi, war nach Rodulfus Glaber ein Zeichen der nahen Ankunft des Anti­christs am Ende der Zeiten. Dieser Pil­ger­strom war ihm indes nicht recht geheuer, ziehe er doch dem Antichrist entgegen und trage so zur Erfüllung der Offenbarung bei, die von einer „großen Schar aus allen Nationen und Völkern“ berichtet, die sich am Jüngsten Tag zur Anbetung des Lammes versammeln werde[88]. Die häu­figen Hinweise auf das Ende bei Gla­ber[89] und sicherlich auch die zahlrei­chen, seiten­langen Schilderungen der Werke der Dämonen und des Teufels[90] gehen weit über das nor­male Maß jener Zeit hinaus[91] und lassen auf eine gestei­gerte End­zeiter­wartung schlie­ßen. Glabers Worte[92], daß Furcht die Menschen abhielt, über das zu sprechen, was sie empfanden, könnten ein Hin­weis auf den von Landes postulierten „Kon­sens der Stille“[93] sein: Die Menschen haben die Erfüllung der apo­kalyptischen Prophezeiung von der Lösung Satans vor dem Weltende zwar erkannt, Furcht und Ent­setzen ließen sie jedoch Stillschweigen darüber bewahren[94].

Der Gedanke, daß sich die Apokalypse noch während der eigenen Lebensspanne ver­wirkli­chen könnte, wurde indes nie deutlich ausgesprochen. Die fieberhafte Aktivi­tät, die Otto III., der Kaiser der Jahrtausendwende, spätestens seit den Bera­tungen in Farfa im Jahre 998 hinsichtlich seiner Erneuerungspläne für das Römi­sche Reich zeigte, könnte aller­dings eschatologisch gedeutet werden im Sinne der Mah­nung: „Nutzt die noch zur Verfügung stehende Zeit zu from­mem Werk“[95].

3. Das Umfeld Ottos III.

Otto III. hatte seit Beginn seiner eigenständigen Regierung hervorragende Männer, oft gegensätzlicher Natur, mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut und sie sich in Freundschaft verbunden[96]. Zu seinen Mentoren und Vorbildern gehörten der große Ge­lehrte und spätere Papst Silvester II., Gerbert von Aurillac, und Leo von Vercelli. Auch Hei­lige und Märtyrer wie Bernward von Hildesheim, Nilus von Rossano, Romuald von Camal­doli, Adalbert von Prag und Brun von Querfurt übten sicher großen Einfluß auf den jungen Kaiser aus; hingegen war Otto trotz seiner Jugend kei­neswegs ein wil­liges „Werkzeug in der Hand geschickter Bera­ter“[97]. Auch in schwie­rigen Lagen ge­lang es ihm, sich mit Kraft[98] und Energie dem „vielleicht manchmal über­mächtig ge­wordenen Einfluß seiner geist­lichen Freunde zu entziehen, ihren pro­phetischen War­nungen zu trotzen“[99] und seinen Wil­len meist durchzusetzen[100].

Im Folgenden soll untersucht werden, in welchem Umfang apokalyptische Gedan­ken in Ottos III. näheren Umgebung zu finden waren und inwieweit sein Handeln durch das „Wissen um das sich nähernde Endgericht“ bestimmt gewesen sein könnte und nicht allein auf die ihn auszeich­nende tiefe Religiosität und lebhafte Bußgesin­nung zurückzuführen ist[101].

3.1. Byzantinische Einflüsse

Ein entscheidender Hinweis auf die frühe und nachhaltige griechische Prägung Ottos III.[102] findet sich, neben dem Bekenntnis zu seinen griechischen Wurzeln in einem Brief an Gerbert aus dem Winter 996/997[103], in einer Schenkungsurkunde für das Kloster Burt­scheid vom Februar 1000[104]: In der Arenga der Güterübertragung zu seinem und sei­ner Vorfahren Seelenheil gedachte Otto III. dem ein Jahr zuvor ver­storbenen Gregor, und er bekundete seine persönliche Nähe durch die Anspra­che als „verehrungswürdi­gen Bekenner“[105]. Der aus Unteritalien stammende Gründungsabt von Burtscheid war einer der spirituellen Füh­rer der griechischen Mönchsgemein­schaft der Basilianer[106]. Sein Leben lang fühlte sich der Kaiser diesen Mönchen besonders verbunden[107] ; bereits seine Mutter Theophanu und Ottos aus Kalabrien stammender Taufpate Johan­nes Philagathos hatten ihm deren asketischen Lebens­wandel nahegebracht[108].

Von Theophanu hatte Otto zugleich die Vorstel­lung eines am byzantinischen Hof ori­entierten Kaisertums übernommen. Um seine Forderung nach Gleichberech­tigung des westlichen Kaisertums zu unterstützen, bemühte er sich seit 997/998 um die Re­zep­tion byzantinischer Formen, wurde dafür jedoch im heimischen Sachsen kriti­siert[109]. Der Kaiser benutzte anstelle der bisher üblichen Wachsbesiegelung seit 998 nur noch Me­tallbullen[110] und fügte byzantinische Elemente in Hofzere­moniell und Ämterwe­sen ein. Auch die Auffassung des Herrscheramtes als Apo­stola­t[111], die Otto III. in der unten zu behandelnden Titulatur eines servus Christi wäh­rend seiner Pilger­fahrt nach Gnesen demonstrierte, war byzantinisch, ebenso wie die Festset­zung des Him­melfahrtstages als Ottos Krönungstermin in Anleh­nung an oströmisches Hofze­remo­niell[112]. Bildli­che Darstellungen ori­en­tierten sich eben­falls am oströmischen Vorbild und veranschaulichten den absoluten geistli­chen wie weltli­chen Führungs­an­spruch der universel­len Stellung seines Kaisertums, indem sie Otto III. als vica­rius Dei, der als Ebenbild Gottes Anteil hatte an der maiestas Dei, zeichneten[113].

3.2. Erzieher und Ratgeber

Die Erziehung Ottos III. wurde Sachsen anvertraut. Zunächst unterrichtete ihn Graf Hoico in Reiterei, Kriegswesen, Waffengebrauch und in höfischem Beneh­men[114] ; ab 988 übernahm Bischof Bernward von Hildesheim, „Lehrer und Urkundenver­wah­rer“[115], der ebenso wie sein Bruder Tammo Freundschaft und Vertrauen des Kaisers genoß[116], die Unterweisungen in Grammatik und Sprachkunst[117]. Hinweise auf apo­ka­lyptisches Gedankengut finden sich bei Bern­ward in einer „von hohem Sünden­be­wußtsein zeugenden Kreuzesverehrung“[118] und bei der Gestaltung seiner selbst ent­wor­fe­nen Grabplatte, denn mit der Inschrift stellte er sich unter den beson­deren Schutz des Hl. Michaels, des Engels der Auferstehung[119]. Auch für seine Kirche hatte Bern­ward von Hildes­heim das Michaels-Patrozinium gewählt[120].

Heribert von Köln, der Kanzler von Deutschland und Italien, der ebenfalls zu den eng­sten Vertrauten Ottos zählte, besaß eine von Albuin kompilierte Tugendlehre mit Ex­zerpten aus Adsos Antichrist-Libellus. Da die Menschen nicht teilnahmslos bestellten, was abgeschrieben oder illustriert werden sollte, deutete sich ein speziel­les Interesse Heriberts an escha­tologischer The­matik an[121], das hingegen nicht weiter untermauert wurde, etwa durch eine über den allgemein zeitüblichen Rah­men hin­ausgehende Sorge hinsichtlich des bevor­stehenden Weltendes in von ihm ver­faßten Urkunden oder eine nennenswerte Stif­tungstätigkeit[122].

Offenkundiger hingegen waren apokalyptische Inhalte bei Gerbert von Aurillac, dem künftigen Papst Silvester II., anläßlich der Auseinandersetzungen um das Bistum Reims aus dem Jahr 991. Wie später aus der Zeit des Investiturstreites bekannt, wur­den be­reits „in diesen Gerichts-nahen Tagen“ politische Gegner als Diener und Vor­läufer Satans, aber auch als Antichrist selbst diffamiert[123].

3.2.1. Gerbert von Aurillac

Schon 984 hatte Gerbert die desolaten Zustände in Rom und die mangelnde Moral der Päpste beklagt[124]. Die auf der Synode von St. Basle-de-Verzy von Gerbert ver­faßte Rede[125] des Bischofs Arnulf von Orléans übte deutliche Kritik an Rom und Papsttum und zeigte anschaulich, wie wenig man bereit war, sich der Autorität eines würdelo­sen Papst­tums unterzuordnen. Als Scheusale, gar Monster bezeich­nete Gerbert die letzten Päpste, die sich in völliger Sittenlosigkeit gegenseitig bekämpf­ten und auch vor Mord an einem Vorgänger nicht zurückschreckten. Angesichts der Reihe dieser zuletzt er­nannten Päpste solle man die Frage stellen, ob Rom nicht gemäß der bibli­schen Weis­sa­gung längst die Residenz des Anti­christs geworden sei[126]. Überdies habe im päpst­lichen Rom der von Paulus ver­kündete Abfall, sowohl der Völker als auch der Kir­chen, bereits stattgefun­den[127] ; das Auftreten des Anti­christs schien unmittelbar bevor­zustehen, denn durch das Feh­len menschlicher Hilfe sei die Macht der alten Römer erloschen, der Glaube in Rom aber durch die Abwendung Gottes erstorben[128]. In diesen von Gerbert konzi­pierten Worten Arnulfs wurde nicht mehr persönliches Fehlverhalten der Päpste getadelt, son­dern die Zeichen des nahenden Weltuntergangs heraufbe­schworen, die man um die Jahr­tau­sendwende in Rom, der „omnium gentium domina“ deut­lich zu erken­nen glaubte[129].

[...]


[1] Fried, Endzeit im Griff des Positivismus: 281. Der Mythos läßt sich auf die im Jahr 1598 von Kardinal Cesare Baronius verfaßten Annales Ecclesiastici zurückführen, vgl. Lot, Mythe: 408. Zusammenfassend Milo, L’an mil: 261 – 262 und 264 – 269.

[2] Fried, Endzeit im Griff des Positivismus: 282.

[3] Tatsächlich liegen keine Quellenzeugnisse für eine „allgemeine Weltuntergangsstimmung exakt um das Jahr 1000“ vor, vgl. Staats, Apokalyptischer Rückblick: 369.

[4] Nach Landes, Fear: 245, wurde bislang in den Quellen zu stark auf Zeichen der Furcht und der Erleichterung geachtet. Der „Schlüssel zum Verständnis der Endzeiterwartung“ sei jedoch die Hoffnung. Vgl. Rodulfus Glaber, Quinque Libri I. 5, 26: „[...] tam spem quam formidolositatem“; sowie Annales Elnonenses Maiores ad an. 1000, über ein Erdbeben: „His namque et aliis signis quae praenuntiata fuerunt opere completis, hinc iam fit nostra spes certior omni visu, de his quae restant ordine complendis“.

[5] Landes, Fear: 243, sowie Relics: 295, Anm. 23, widerlegt den „weit verbreiteten Irrtum“, daß die Datierung nach Inkarnationsjahren um 1000 unbekannt gewesen sei: Fast jede Kirche und die meisten Klöster verfügten über die Ostertabellen des Beda Venerabilis.

[6] Hier sind hauptsächlich Johannes Fried und Richard Landes zu nennen, die Quellen auf Aspekte der Hoffnung und der Entwicklung im Sinne eines „Aufbruch[s] des 10. Jahrhunderts“, untersuchen. Fried, Endzeiterwartung: 399, konstatiert ein „ganz erhebliches Interesse der Generationen um die Jahrtausendwende an der Apokalyptik“.

[7] So Gouguenheim, Les fausses terreurs: 10.

[8] Landes, Relics: 17, 287 – 288, kritisiert, daß viele Historiker – obwohl die Forschung in jüngster Zeit „radikale Veränderungen der sozialen und kulturellen Dynamik“ um die Jahrtausendwende feststellen konnte – sich nicht an den Realitäten des späten 10. und frühen 11. Jahrhunderts orientieren. Sie seien ausschließlich dem negativen Aspekt apokalyptischer Erwartung verhaftet, suchten weiterhin nach Anzeichen einer Angst und hielten somit an dem romantisch gezeichneten Bild des 19. Jahrhunderts fest. Ein Beispiel von vielen: Müller, Heribert, Kanzler Ottos III. (1996): 25 – 26: „Les terreurs de l ’an mil sind und bleiben eine von französischen Historikern im 19. Jahrhundert aufgebrachte Legende“, die ihr „effektvoll-spektakuläres Unwesen bis in jüngste Veröffentlichungen treiben“, ebda., Anm. 22. Müller verweist hier ausdrücklich auf Fried, Endzeiterwartung.

[9] Landes, Fear: 258. Rodulfus Glaber, Quinque Libri II. 11, 22, sah in den Häretikern Gesandte des Antichrists: „Extitit circa finem millesimi anni homo plebeius [...] Leutardus nomine, qui, ut finis rei probauit, Satane legatus credi potuit“, und brachte sie in eine direkte Verbindung mit der Offenbarung, ebda.: 12, 23: „ Quod presagium Iohannis prophetie congruit, quia dixit Sathanam soluendum, expletis mille annis, de quibus in tercio iam libello prolixius tractabimu s . Eine andere Häresie breitete sich, ebenfalls um das Jahr 1000, von Sardinien bis nach Spanien aus: „Ex Sardinia quoque insula, que his plurimum habundare solet, ipso tempore aliqui egressi, partem populi in Hispania corrumpentes [...]“.

[10] Fried, Endzeiterwartung: 449.

[11] Die mit der Jahrtausendwende häufiger unternommenen Wallfahrten endeten allerdings nicht mit dem Jahr 1033. Auch 1065 zogen viele Pilger nach Jerusalem, denn in diesem Jahr fiel, wie im Jahr der Passion Christi, der Karfreitag auf den 25. März (Mariae Verkündigung), vgl. Möhring, Friedenskaiser: 27. Für das Jahr 1065 s. Vita Altmanni episcopi Pataviensis c. 3: „Eo tempore multi nobiles ibant Ierosolimam, invisere sepulchrum Domini, quadam vulgari opinione decepti, quasi instaret dies iudicii, eo quod pascha illo anno evenisset sexto Kalend. Aprilis, quo scribitur resurrectio Christi. Quo terrore permoti non solum vulgares, sed et polulorum primores, genere et dignitate insignes, et ipsi diversarum civitatum episcopi, magna gloria et summo honore fulti, patriam, cognatos et divitias reliquerunt, et per artam viam crucem baiolantes Christum secuti sunt“.

[12] Nach Landes, Fear: 258, sind Höhepunkte jeweils 10 Jahre vor den zwei „millennischen“ Daten 990 und 1023 zu verzeichnen. Landes sieht in der Gottesfriedensbewegung eine der „mächtigsten und konsequentesten chiliastischen Bewegung der westlichen Geschichte“.

[13] Fried, Endzeit im Griff des Positivismus: 281.

[14] Zusammenfassend s. Althoff, Otto III.: 1 – 18.

[15] 1882 lautete so der Titel einer Untersuchung von Julius von Pflugk-Harttung.

[16] Buchtitel von Gertrud Bäumer aus dem Jahr 1947.

[17] Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum c.7: „iocus puerilis“.

[18] Keller, Hegemoniales Kaisertum: 293.

[19] Erstmals wies Schramm, Kaiser, Rom und Renovatio, auf eine durchaus planvolle und konstruktive Renovatio-Politik hin. Vgl. dagegen Althoff, Otto III.: 22.

[20] Catalogus regum et imperatorem.

[21] Gesta episcoporum Cameracensium lib. I. c. 114: „[...] sicuti iuvenis, tam viribus audax quam genere potens, magnum quiddam, immo et inpossibile cogitans, virtutem Romani imperii ad potentiam veterum regum attollere conabatur“.

[22] Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum c. 7: „[...] oculis hominum imperatorem esse, intus uero in corde ante oculos Creatoris presentem monachum portauit [...]“.

[23] Keller, Hegemoniales Kaisertum: 278. Stegemann, Religiöse Persönlichkeiten: 141, Anm. 1, gibt zu bedenken, daß bei Brun von Querfurt und anderen Persönlichkeiten, die ebenfalls von italienischen Eremiten beeinflußt waren, eine ähnliche Mentalität durchweg nicht negativ bewertet wird.

[24] Allerdings auch nur ansatzweise in den Arbeiten von Sansterre, der das Verhältnis Ottos III. zu den asketischen Heiligen seiner Zeit in den Vordergrund stellte, und Stegemann, der eher das Umfeld des Kaisers bedachte.

[25] Landes, Fear: 244. Die Dissertation von ter Braak ausgenommen wird erst in jüngster Zeit die apokalyptische Dimension untersucht, Landes, Fear 261, Anm. 6. Vgl. hierzu Fried, Endzeiter-wartung: 428 – 431, mit Belegen für eschatologische Ideen im Umkreis Ottos, sowie Arnold, Eschatological Imagination.

[26] Buchtitel von Ollivier: Otton III., empereur de l’an mille.

[27] Zu den eschatologischen Vorbehalten in der Bibel gegen eine Berechnung des genauen Datums des Weltendes vgl. Mt 24, 42; Mk 13, 33; Lk 12, 40. Die älteste überlieferte Berechnung stammt von Hippolytos von Rom aus dem frühen 3. Jahrhundert.

[28] Hierzu Schmidt, Aetates mundi: 995. Belege für ein messianisches tausendjähriges Reich bei Wikenhauser, Idee des tausendjährigen Reichs: 1 – 24, sowie ders., Weltwoche: 399 – 417. Ein Vergleich der sechs Schöpfungstage mit den sechs Weltzeitaltern findet sich bereits um 130 im Barnabasbrief, der aus 2. Petr 3, 8 – ein Tag vor dem Herrn ist wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag – deutete, daß der Weltenlauf nach 6000 Jahren vollendet sein werde, s. Dempf, Sacrum Imperium: 119. Zu rabbinischen Berechnungen, nach denen die Welt 6000 Jahre (2000 Jahre vor der Thora, 2000 nach der Thora und 2000 Jahre unter dem Messias) dauern sollte, vgl. ebda.: 119.

[29] Offb 20, 2 – 4.

[30] Fried, Liebe: 18.

[31] Augustinus, De Civitate Dei 20, 7: „[...] donec finiantur [...] mille anni, id est, aut quod remanet de sexto die, qui constat ex mille annis; aut omnes anni, quibus deinceps hoc saeculum peragendum est“. Vgl. Selge, Frühchristlicher Chiliasmus: 12.

[32] Podskalsky, Reichseschatologie: 93 – 94 und 97 – 98. Vgl. hierzu Vasiliev, Medieval ideas: 465, mit Belegen für eine Endzeiterwartung in Byzanz.

[33] Die Häufung apokalyptischer Texte zu bestimmten Zeitpunkten kann als eine „Art Barometer zur Messung des eschatologischen Drucks zu einer gegebenen Zeit in der Geschichte“ gewertet werden, Alexander, Medieval Apocalypses: 998 – 999.

[34] Ein Höhepunkt eschatologischer Spannung ist z.B. im späteren 8. Jahrhundert festzustellen: Nach der Auffassung des Eusebius in der Bearbeitung des Hieronymus endete um das Jahr 800 das 6. Jahrtausend nach der Erschaffung der Welt. Einige Theologen setzten dies mit dem Ende der Welt gleich, ein siebtes Jahrtausend des Weltensabbats würde folgen, vgl. Fried, Endzeiterwartung 398, Anm. 51. Die Sorge um den Weltuntergang beschäftigte auch breite Schichten des Volkes: Beda Venerabilis klagte über Bauern, die ihn mit der Frage, wie lange Zeit noch bis zum Millennium bleibe, bestürmten: Beda Venerabilis, Epistula ad Plegwinum: 674: „Unde et ipse satis doleo et, quantum licet, vel amplius irasci soleo, quoties a rusticis interrogor, quot de ultimo milliario saeculi restent anni“. Trotz unterschiedlicher Ausprägung apokalyptischen Denkens, so argumentiert Fried in „Aufstieg aus dem Untergang“, war die Überzeugung, daß der Weltuntergang bevorstehe, nicht Ausnahme, sondern die Regel. Die Versuche, Näheres über das Ende der Zeiten zu erfahren, hätten somit die Grundlagen für die modernen Naturwissenschaften gelegt. .

[35] Landes, Relics 290: „reset the Doomsday clock“. Ausführlich zu den erfolgten Modifizierungen der Datierungssysteme im ersten christlichen Jahrtausend s. Landes, Lest the millennium: 137 – 203, mit der Kernaussage, daß Anno Mundi = AM I in Westeuropa vor dem „Fristablauf“ im Jahr 6000 ersetzt wurde durch AM II. Diese Zählung wiederum substituierte man 50 Jahre, bevor sich das Jahr 6000 AM II näherte, durch Inkarnationsjahre. Damit sollte der „apokalyptische Glauben gedämpft werden“, s. Landes, Relics: 291. Dazu auch Heil, Timeless end: 73 – 103.

[36] von den Brincken, Abendländischer Chiliasmus: 184 – 185. Dies galt nicht für entferntere Regionen: In Spanien hatte Beatus von Liébana um 786 geäußert, von der Schöpfung bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien 5986 Weltjahre vergangen, bis zur Vollendung des sechsten Jahrtausends verblieben also noch 14 Jahre, schwächte aber gleichzeitig ab, die genaue Zeit und Stunde des Letzten Tages wisse nur Gott: Beatus von Liébana, Apocalipsin IV. 5, 31: „[...] hos quattuordecim anno tamquam unam horam putare et die noctuque in cinere et cilicio tam se quam mundi ruinam plangere et de suppulatione annorum supra non querere et diem extremi seculi vel tempus supra non queat investigare, quem nemo scit nisi Deus solus“.

[37] Eine Art „komputistisches Fieber“ gegen Ende des 10. Jh. ließ einen Annalisten in Angoulême, beginnend mit dem Jahr 989, die letzten 11 Jahre als eine Art „Countdown“ führen. Biblioteca Apostolica Vaticana MS Reg. lat. 1127 f. 10 v: „[...] et ut istum miliarium impleatur, restant x anni“. Andere Beispiele bei Landes, Lest the millennium: 168 – 172.

[38] Fried, Endzeiterwartung: 405.

[39] Fried, Liebe: 21.

[40] Thietmar von Merseburg, Chronicon VIII. 6: „Nullius fidelis cor ob hanc infelicitatem in aliquam desperacionem veniat vel diem iudicii appropinquare dicat, quia secundum veredici ammonicionem Pauli ante dissensionem et Antichristi execrabilem adventum non debet [...]. Nemo ultimae diei adventum aut venire diffidat aut celeriter contingere exoptet, quia timendus est iustis ac multo magis corrigibilibus cunctis“.

[41] Vgl. Mk 13, 24 – 27; Mt 24 – 25; Hebr 12, 26; Offb 6, 12 – 14.

[42] Adso von Montier-en-Der, ed. Sackur: 110: „Inde ergo dicit Paulus apostolus, Antichristum non antea in mundum esse venturum, nisi venerit discessio primum, id est, nisi prius discesserint omnia regna a Romano imperio, que pridem subdita erant“. Diese bei Paulus (2. Thess 2, 3) beschriebene discessio wurde als „Abfall der Völker vom Römischen Reich“ gedeutet, was zur Folge hatte, daß kriegerische Handlungen oftmals eschatologisch gedeutet wurden. So wand sich Thietmar von Merseburg, Chronicon VIII. 6, ausdrücklich dagegen, den Aufstand der Obodriten und Wagrier im Sinne der paulinischen discessio zu deuten.

[43] Konrad, Antichristvorstellungen: 13.

[44] Adso von Montier-en-Der, ed. Sackur: 105: „Hic itaque Antichristus multos habet suae malignitatis ministros, ex quibus iam multi in mundo precesserunt“. Ebda.: 108: „[...] deinde per universum orbem nuntios mittet et praedicatores suos“.

[45] Zum Beispiel prangerte Gerbert von Aurillac die Tyrannei des Crescentius an: Acta concilii Causiensis : 691: „[...] et iam cum Romam ventum fuerit, non apostolicae sedi liberum licebit proferre iuditium, sed quod auri talentum obtinere poterit apud Crescentium, diaboli membrum“.

[46] Konrad, Antichristvorstellungen: 13. Es ist nach Fried, Endzeiterwartung: 469, nicht auszu-schließen, daß die Judenverfolgungen kurz nach der Jahrtausendwende endzeitlich motiviert waren. Auch Rodulfus Glaber, Quinque Libri III. 7, 24 – 25, setzte die Zerstörung der Grabeskirche in Jerusalem durch den „princeps Babilonis“, dem Kalifen Al-Hakim, mit Massakern an den Juden im Jahr 1009 in unmittelbaren Zusammenhang.

[47] Diese Reichstheologie bildet den Kern der Lehre von der translatio imperii, die Otto v. Freising maßgeblich ausbildete.

[48] Konrad, Antichristvorstellungen: 14.

[49] Orakelsammlungen mit vorwiegend politischer Tendenz, abgeleitet von griechischen Vorbildern. Die älteste bisher bekannte Handschrift ist aus dem Jahr 1047 überliefert, vgl. Möhring, Friedenskaiser: 28.

[50] Zum Friedenskaiser als symbolische Repräsentation Christi, vgl. McGinn, Antichrist: 88. Die Figur geht auf die jüdisch-hellenistische Erwartung eines gottgesandten Retters sowie auf die altrömische Weissagung von der Wiederkehr einer aurea aetas zurück, Struve, Friedenskaiser: Lexikon des Mittelalters 4, Sp. 921.

[51] 1. Kor 15, 24.

[52] Mirabilis liber, ed. Kampers: 233: „[...] et erit post haec pax et in regnum Christianorum usque ad tempus Antichristi“.

[53] Pseudo-Methodius c. 14 : „Et cum apparuerit filius perditionis, ascendit rex Romanorum sursum in Golgatha, in quo confixum est lignum sanctae crucis. In quo loco pro nobis Dominus mortem sustenuit, et tollit rex coronam de capite suo et ponet eam super crucem, et expandit manus suas in caelum et tradit regnum christianorum Deo et patri et adsumetur crux in caelum simul cum coronam regis“.

[54] Eine der überlieferten Varianten der Orakelsammlungen, neben den Vatizinien der Sibyllen von Cumae, Erithrea und Samia. Potestà, Sibyllinische Bücher: Lexikon des Mittelalters 7, Sp. 1832.

[55] Tiburtinische Sibylle, ed. Sackur: 185 – 186: „Et ipse rex scripturam habebit ante oculos dicentem: „Rex Romanorum omne sibi vindicet regnum christianorum“. Omnes ergo insulas et civitates paganorum devastabit et universa idolorum templa destruet, et omnes paganos ad babtismum convocabit et per omnia templa crux Iesu Christi erigetur [...]. Cum autem audierit rex Romanorum, convocato exercitu debellabit eos atque prosternet usque ad internicionem et postea veniet Ierusalem, et ibi deposito capitis diademate et omni habitu regali relinquet regnum christianorum Deo patri et Iesu Christo filio eius. Et cum cessaverit imperium Romanum, tunc revelabitur manifeste Antichristus“.

[56] Horst, Weltamt und Weltende: 36.

[57] Rodulfus Glaber hatte seinen Wunsch nach der Friedenszeit nacheinander auf die Regierungen Heinrichs II., Roberts II. und dessen Sohn Hugo sowie schließlich auf Heinrich III. übertragen, vgl. Grund, Rodulfus Glaber: 40.

[58] Bernheim, Mittelalterliche Zeitanschauungen: 79.

[59] Struve, Endzeiterwartungen: 211, sowie Fried, Endzeiterwartung: 388. Zu Zeiten Karls des Großen scheint man diesen als Endkaiser angesehen zu haben, Kampers, Kaiserprohetien: 33 und 40. Bereits Sackur stellte fest, daß die Anfangsbuchstaben der Herrscher in den überlieferten Prophezeiungen das sicherste Mittel zur Bestimmung der Entstehungszeit sibyllinischer Handschriften sind, Grund, Rodulfus Glaber: 40. Zu den Übereinstimmungen von Rodulfus Glaber mit der Tiburtinischen Sibylle, ebda.: 48 – 50, sowie Sackur, Sibyllinische Texte: 183 – 184.

[60] Ehefrau König Lothars und Schwester Ottos I.

[61] Nach Verhelst, Adso: 6, „aus einer millenaristischen Unruhe heraus“.

[62] Bezzola, Ottonisches Kaisertum: 55.

[63] Konrad, Antichristvorstellungen: 28. Adsos Traktat ist eine Kompilation der Schriften Haimos von Auxerre, des Pseudo-Methodius und der Tiburtinischen Sybille, vgl. Konrad, Antichrist-vorstellungen: 29 – 32.

[64] McGinn, Antichrist: 101.

[65] Fried, Endzeiterwartung: 400. Überliefert sind 171 Handschriften; davon stammen nur etwa neun aus der hier fraglichen Zeit bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts, vgl. McGinn, Antichrist: 101.

[66] Zwei Briefe, in denen Gerbert Adso um Bücher bat, sind erhalten: Gerbert von Aurillac,

Ep. 81: „Carissima vobis ac nobis librorum volumina vestram iter sint comitantia“, und Ep. 8: „Istoriam Julii Caesaris a domno Azone abbate Dervensi ad rescribendum nobis adquirite, ut quos penes vos habemus habeatis“. Für Abbo von Fleury s. Bezzola, Ottonisches Kaisertum: 55; für Petrus Damiani s. Fried, Endzeiterwartung: 400; für Heribert von Köln s. Sackur, Sibyllinische Texte: 99.

[67] Adso von Montier-en-Der, ed. Sackur: 110: „Hoc autem tempus nondum venit, quia, licet videamus Romanorum regnum ex maxima parte destructum, tamen, quamdiu reges Francorum duraverint, qui Romanum imperium tenere debent, Romani regni dignitas ex toto non peribit, quia in regibus suis stabit“. Zur Frage, ob Adso unter reges Francorum nur die westfränkischen Könige verstand oder bereits den Anspruch einer nicht-karolingischen Dynastie auf die Nachfolge im Frankenreich vertrat, s. Bezzola, Ottonisches Kaisertum: 57. Dagegen meint Kampers, Kaiseridee: 43, Adso habe ausschließlich an eine Nachfolge des karolingischen Hauses gedacht.

[68] Verhelst, Adso: 4.

[69] Adso von Montier-en-Der, ed. Sackur: 110: „Quidam vero doctores nostri dicunt, quod unus ex regibus Francorum Romanum imperium ex integro tenebit, qui in novissimo tempore erit“.

[70] Die Erneuerung des abendländischen Kaisertums durch Otto den Großen war zur Zeit der Abfassung des Traktates nicht absehbar, Konrad, Antichristvorstellungen: 104 .

[71] Adso von Montier-en-Der, ed. Sackur: 105: „[...] quia Christo in cunctis contrarius erit, id est Christo contraria faciet“.

[72] Adso von Montier-en-Der, ed. Sackur: 110, wandelte die Abdankungsszene in der Tiburtinischen Sibylle ab. Nicht Golgatha, sondern der Ölberg sei der Ort der Machtniederlegung, und dort werde auch der Antichrist sein Ende finden: „Et ipse erit maximus et omnium regum ultimus. Qui postquam regnum feliciter gubernaverit, ad ultimum Ierosolimam veniet et in monte Oliveti sceptrum et coronam suam deponet. Hic erit finis et consummatio Romanorum christianorumque imperii“.

[73] Tiburtinische Sybille, ed. Sackur: 185: „Et tunc surget rex Grecorum [...] et ipse erit rex Romanorum et Grecorum“.

[74] Konrad, Antichristvorstellungen: 49.

[75] Verhelst, Adso: 7.

[76] Erdmann, Forschungen: 49 – 50.

[77] Verhelst, Adso: 4

[78] Landes, Relics: 294. Beispiele für derartige Zeichen in: ders., Fear: 267, Anm. 82.

[79] Rodulfus Glaber, Quinque Libri I. 1: „Non secius ergo quę dicuntur, quin solito multiplicius circa millesimum humanati Christi Saluatoris contigerunt annum“.

[80] Ebda. II. 12, 23: “Quod presagium Iohannis prophetie congruit, quia dixit Sathanam soluendum, expletis mille annis, de quibus in tercia iam libello prolixius tractabimus“. Glaber kommt in seinem Werk allerdings nicht mehr darauf zurück.

[81] Abbo von Fleury, Apologeticus col. 471: „De fine quoque mundi coram populo sermonem in Ecclesia Parisiorum adolescentulus audivi, quod statim finito mille annorum numero Antichristus adveniret, et non longo post tempore universale judicium succederet: cui praedicationi ex Evangeliis ac Apocalypsi et libro Danielis, [...] restiti“. Die Abfassungszeit wird auf 994 datiert, s. Fried, Endzeiterwartung: 423, Anm. 173.

[82] Abbo von Fleury, Apologeticus col. 472: „[...] nam fama pene totum mundum impleverat, quod, quando Annuntiatio Dominica in Parasceve contigisset absque ullo scrupulo finis saeculis esset“.

[83] Dies war in den Jahren 908, 970, 981, 992 (und dann erst wieder 1065) der Fall, vgl. Lot, Mythe: 399.

[84] Annales Hildesheimenses ad an. 1000: „Tertio Ottone imperante millesimus annus supercrescens statuit computationis numerum secundum illud quod legitur scriptum: „Millesimus exsuperat et transcendit omnia annus“. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensi II. c. 40: „Interea millesimus ab incarnatione Domini annus feliciter impletus est [...]“.

[85] Thietmar von Merseburg, Chronicon VI. 1: „Post salutiferum intemeratae virginis partum consummata millenarii [...] clarum mane illuxit seculo [...]“, und Rodulfus Glaber, Quinque Libri III. 4, 13 : „ Igitur infra supradictum millesimum tercio iam fere imminente anno, contigit in uniuerso pene terrarum orbe, precipue tamen in Italia et in Galliis, innouari ęcclesiarum basilicas, licet pleręque decenter locatę minime indiguissent, emulabatur tamen quęque gens christicolarum aduersus alteram decentiore frui. Erat enim instar ac si mundus ipse excutiendo semet, reiecta uestustate, passim candidam ęcclesiarum uestem indueret“, und Ebda. 6, 19: „Candidato igitur, ut diximus, innouatis ęcclesiarum basilicis uniuerso mundo, subsequenti tempore, id est anno octauo infra predictum millesimum humanati Saluatoris annum, releuata sunt diuersorum argumentorum indiciis quorsum diu latuerant plurimorum sanctorum pignora. Nam ueluti quoddam resurrectionis decoram Dei nutu fidelium obtutibus patuere, quorum etiam mentibus plurimum intulere solamen“.

[86] Ebda. IV 1: „ Post multiplicia prodigiorum signa quę tam ante quam post, circa tamen annum Christi Domini millesimum in orbe terrarum contigere, plures fuisse constat sagaci mente uiros industrios, qui non his minora propinquante eiusdem dominicae passionis anno millesimo fore predixere; quod utique euidentissime contigit”.

[87] Rodulfus Glaber, Quinque Libri IV. 4, 13: „Estimabatur enim ordo temporum et elementorum, preterita ab initio moderans secula, in chaos decidisse perpetuum atque humani generis interitum“. Für Riché, Mythos: 15, ist diese Stelle der Schlüssel zur Überlieferung der „Schrecken des Jahres 1000“.

[88] Rodulfus Glaber, Quinque Libri IV. 6, 21: „Preterea, dum quidam de sollititioribus, qui eo tempore habebantur, consulti a pluribus fuissent quid tantus populorum concursus ad Iherosolimam designaret, olim seculi inauditus preteriti, responsum est a quibusdam satis caute non aliud portendere quam aduentum illius perditi Antichristi, qui circa finem seculi istius, diuina testante auctoritate, prestolatur affuturus. Tuncque gentibus uniuersis uia orientis plage, unde uenturus est, patefacta, obuiam illi cuncte nationes incunctanter sint processure, reuera ut illud dominicum adimpleatur presagium, quoniam tunc in temptationem incident, si fieri potest, etiam electi“; sowie Offb 7, 9. Vgl. auch Sach 12, 3 und 14, zur Wallfahrt der Völker am Ende der Zeiten.

[89] Bspw. Rodulfus Glaber, Quinque Libri II. 6,10: „Sacro igitur premonente eloquio, luce clarius conpertum habetur quoniam in processu nouissimorum dierum, frigescente in hominibus caritate ac superabundante iniquitate, instabunt periculosa animarum tempora. Nam et multiplicibus antiquorum patrum intimatur assertionibus quod, crassante auaritia, preteritarum iura uel ordines religionum ex eo unde consurgere debuere ad incrementi profectum, exinde sumpsere corruptionis defectum [...]“, oder ebda. I. 1: „[...] cur diebus nostri temporis non quispiam existeret, qui futuris post nos multiplicia haec quę uidentur fieri tam in ecclesiis Dei quam in plebibus minime abdenda [...] pernotatione mandaret, presertim cum, Saluatore teste, usque in ultimam extremi diei horam, Sancto Spiritu cooperante, ipse facturus sit in mundo noua cum patre [...]“.

[90] Siehe zum Beispiel Rodulfus Glaber, Quinque Libri IV. 2, 5, und V. 1, 1 – 5.

[91] Grund, Glaber: 26.

[92] Rodulfus Glaber, Quinque Libri IV. 9, 25 : „[...] horrori erat cuique referre de se quod sentiebat“.

[93] Landes, Fear: 245.

[94] Grund, Glaber: 15. Im westfränkischen Reich hatten die Menschen bereits die Einfälle der Ungarn bis zur Mitte ihres Jahrhunderts als Ansturm der apokalyptischen Völker Gog und Magog gesehen: Anonymus, ed. Huygens: 231: „Ac primum dicendum opinionem quae innumeros tam in uestra quam in nostra regione persuasit friuolam esse et nihil ueri in se habere, qua putatur Deo odibilis gens Hungrorum esse Gog et Magog ceteraeque gentes quae cum eis describuntur [...]. [D]icunt enim nunc esse nouissimum saeculi tempus finemque imminere mundi, et idcirco Gog et Magog esse Hungros, qui nunquam antea auditi sint, sed modo, in nouissimo temporum, apparuerint“.

[95] Fried, Endzeiterwartung: 438.

[96] Müller, Heribert, Kanzler Ottos III. (1977): 89 – 90.

[97] Schramm, Kaiser, Rom und Renovatio: 135. Siehe auch Hlawitschka, Kaiser Otto III.: 43: „Männer, die für die Weiterentwicklung seiner geistigen Gaben nur das ausbauten, was durch Erziehung seitens Mutter und Erzieher grundgelegt war“.

[98] Schramm, Kaiser, Rom und Renovatio: 135, Anm. 3, gibt die Marschroute nach Gnesen mit dem bemerkenswerten Tagesleistungsminimum von 40 km zu bedenken.

[99] Ebda.: 134.

[100] Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum c. 7: „[...] qui suam uoluntatem difficile relinquit, [...]“.

[101] Fried, Liebe: 24.

[102] Seibert, Herrscher: 217, kritisiert, daß die an der griechisch-byzantinischen Kultur ausgerichtete Erziehung in den Untersuchungen von Görich und Althoff zu wenig berücksichtigt wird.

[103] Gerbert von Aurillac, Ep. 186: „[...] volumus vos Saxonicam rusticitatem abhorrere, sed Greciscam nostram subtilitatem ad id studii magis vos provocare, quoniam si est qui suscitet illam, apud nos invenietur Grecorum industriae aliqua scintilla“.

[104] Das Kloster hatten er und seine Mutter Theophanu vor 991 gegründet. DO III. 348: „[...] qualiter nos ob dei omnipotentes amorem animeque nostre parentumque nostrorum remedium monasterio sanctorum martirum Apolinaris et Nicolai venerandique confessoris Gregorii in eodem monasterio corporali quiescentis materia, a quo idem venerabilis locus funditus fuit edificatus“.

[105] Seibert, Herrscher: 217. Mathilde Uhlirz übersetzt confessor als Beichtvater; diese Bedeutung kam jedoch erst im 11. Jahrhundert auf, ebda., Anm 66.

[106] Eickhoff, Basilianer: 29 – 34. Die Basilianer lebten in strenger Askese in schlichten klösterlichen Gemeinschaften. Sie strebten nicht Weltflucht an, sondern lebten vor, was sie verkündeten, und waren daher den Zeitgenossen „Vorbild der irdischen Nachfolge Christi“.

[107] Vgl. Seibert, Herrscher: 243; Sansterre, Saints ascètes: 379.

[108] In Rom hatte Theophanu dem Hl. Sabas nach dessen Tod ihren Respekt bezeugt. Ciggaar, Theophano: 57 – 58.

[109] Kritik an der Renovatio-Politik bei Thietmar von Merseburg, Chronicon IV. 47: „Imperator antiquam Romanorum consuetudinem iam ex parte magna deletam suis temporibus cupiens renovare, multa faciebat, que diversi diverse sentiebant. Solus ad mensam quasi semicirculus factam loco caeteris eminenciori sedebat“. Ein rein „byzantinischer Hofstaat“ ist als Mißverständnis der Quellen erkannt, denn Otto griff bei Ämtertitulaturen und der Neubelebung des Patriziats gleichermaßen auf römisches Vorbild zurück. Auch der Bau seiner Pfalz auf dem Palatin orientierte sich an der Antike, vgl. Görich, Otto III.: 12 und 187.

[110] Nach dem Beispiel sowohl der römischen Päpste als auch der byzantinischen Kaiser, vgl. Zimmermann, Das Dunkle Jahrhundert: 298; Schramm, Kaiser, Rom und Renovatio: 117.

[111] Schramm, Kaiser, Rom und Renovatio: 145.

[112] Laudage, Kaiserkrönung: 13.

[113] Bspw. das in Komposition und Thematik im Aachener Liuthar-Evangelium umgesetzte byzantinische Konzept der Christomimesis, das die kaiserliche Missionspolitik und Renovatio-Programmatik visualisierte. Vgl. Lafontaine-Dosogne, Byzantium Art: 218; Eickhoff,

Pereum: 28; Laudage, Kaiserkrönung: 13 – 15.

[114] Thietmar von Merseburg, Chronicon IV. 8: „[...] Hoiconis magisterio comitis commissus est“. Vgl. Stegemann, Religiöse Persönlichkeiten: 152, und Ladner, Ottone III.: 14.

[115] Thangmar, Vita Bernwardi c. 51: „[...] cum essem anticus scriba doctus et beatae memoriae Ottonis imperatoris didascalus simul et primiscrinius [...]“. Johannes Philagathos war zwar Pate Ottos III., nicht jedoch sein Lehrer, s. Schramm, Kaiser, Basileus und Papst: 443, Anm. 5, sowie Althoff, Vormundschaft: 284.

[116] Thangmar, Vita Bernwardi c. 2: „[...] atque in brevi summae familiaritatis locum apud illam obtinuit, adeo ut domnum regem fidei illius literis imbuendum moribusque instituendum consensu cunctorum procerum commendaret“, und c. 35: „[...] frater Bernwardi Tammo comes imperatori gratus“.

[117] DO III. 390 vom 23. Januar 1001: „[...] nostrę puericiae ac iuventutis tam affabilis multimode literationis informator [...]“.

[118] Fried, Endzeiterwartung: 459. Zur Kreuzesverehrung s. ebda.: 449 – 461, speziell für Bernward

s. 458 – 459. Thangmar, Vita Bernwardi c. 8: „[...] sacellum etiam splendidum valde, foris murum in honore vivificae Crucis exstruxit. Cuius etiam aliquantam partem, largiente domno tercio Ottone augusto imperatore, ibidem clarissimis gemmis auroque purissimo inclusam condidit, ubi etiam divina pietas plurima suae pietatis iudicia apertis signorum miraculis per virtutem sanctae crucis ostendit“, vgl. auch c. 9 und c. 10.

[119] Zum Steinsarkophag mit dem Lamm Gottes und Engelsbüsten zwischen jeweils sieben Flammen (Offb. 1, 12): von der Steinen, Bernward von Hildesheim: 334; Kahsnitz, Bernwards Grab: 383 – 389, und Thangmar c. 54: „[...] ut credimus divinis admixtus spiritibus, duce Michahele archangelo, beatae immortalitati est praesentatus“. Auffallend ist, daß das Lamm seinen Kopf nicht – wie üblich – nach hinten wendet, sondern nach vorn schaut.

[120] Der Erzengel Michael ist mit verschiedenen endzeitlichen Vorstellungen eng verbunden: Er gilt als Besieger des Antichrists; seit dem 9. Jahrhundert sieht man ihn als den die Seelen wägenden Engel des Jüngsten Gerichtes. Der Visionär von Saint-Vaast wurde in einer zweiten Vision vom Hl. Michael über das bald bevorstehende Weltende unterrichtet. Nicht zuletzt bringt der Michaelstag eine der seltenen Apokalypse-Lesungen des Kirchenjahres, vgl. Fried, Endzeiterwartung: 466. Zum Aufschwung des Michaelkultes besonders in den Jahren 950 bis 1050, s. Callahan, St. Michael:

[121] Fried, Endzeiterwartung: 396.

[122] Freund, Das Jahr 1000: 39.

[123] Fried, Liebe: 25. Die außergewöhnliche Gelehrsamkeit Gerberts wurde bald nach dessen Tod in zahlreichen Legenden als Bund mit dem Bösen erklärt, Bezzola, Ottonisches Kaisertum: 65.

[124] Gerbert von Aurillac, Ep. 23: „[...] si preacepta violantur, privilegia contempnuntur, divinae et humanae leges sustolluntur?“, sowie Ep. 40: „Tota Italia Roma michi visa est. Romanorum mores mundus perhorrescit. In quo nunc statu Roma est? Qui pontifices vel domini rerum sunt?“.

[125] Gerbert hatte später zur Rechtfertigung der kirchenrechtlich bedenklichen Absetzung Arnulfs und seines eigenen Aufstiegs zur erzbischöflichen Würde eine ausführliche Denkschrift über das Konzil geschrieben und dort die nachträglich stilisierte Rede Arnulfs von Orléans eingefügt. Vgl. Zimmermann, Das Dunkle Jahrhundert: 244.

[126] Gerbert von Aurillac, Acta concilii Remensi: 672 – 673: „Succedit Romae in pontificatu horrendum monstrum Bonefacius, cunctos mortales nequitia superans, etiam prioris pontificis sanguine cruentus [...]. Num talibus monstris hominum ignominia plenis, scientia divinarum et humanarum rerum vacuis, innumeros sacerdotes Dei per orbem terrarum, scientia et vitae merito conspicuos, subici decretum est? Quid est hoc, reverentissimi patres? vel quonam vitio fieri credendum, est, ut caput ecclesiarum Dei, quod in sublime erectum, gloria et honore coronatum est, ita in infima deiectum, ignominia et dedecore deturpatum sit? Nostrum, nostrum est hoc peccatum, nostra impietas, qui quaerimus quae nostra sunt, non quae Iesu Christi [...] si caritate destituitur solaque scientia inflatur et extollitur, Antichristus est in templo Dei sedens, et se ostendens tamquam sit Deus. Si autem nec kariatate fundatur, nec scientia erigitur, in templo Dei tamquam statua, tamquam idolum est, a quo responsa petere, marmora consulere est!“. Auch wenn Gerbert sich bei dieser schärfsten Romkritik des 10. Jahrhunderts (Zimmermann, Das Dunkle Jahrhundert: 243) der apokalyptischen Rhetorik lediglich als Topos bedient und nicht tatsächlich Zeichen des bevorstehenden Endes gesehen haben sollte, demonstrierte er hiermit klar die zur Zeit der Jahrtausendwende vorherrschende, apokalyptisch ausgerichtete Gedankenwelt, in der etwa die Prophezeiung, der Antichrist werde einstmals im Tempel Gottes sitzen, ausnehmend präsent war.

[127] Gerbert von Aurillac, Acta concilii Remensi: 676 :„Fit ergo discessio secundum apostolum, non solummodo gentium, sed etiam ecclesiarum [...]. Ipsa insuper Roma iam pene sola a se ipsa discedit, dum neque sibi, neque aliis consulit“.

[128] Gerbert von Aurillac, Acta concilii Remensi: 676: „Ad quam deinceps urbium confugeimus, cum omnium gentium dominam humanis ac divinis destitutam subsidiis videamus ?[...] Antichristus instare videtur [...] Quod iam in aperto fit, ut Romana potentia conquassata, religione profligata, nomen Dei frequentibus periuriis impune humilietur [...]“.

[129] Benzinger, Invectiva: 48

Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Endzeiterwartungen im Umfeld Ottos III.
Hochschule
Universität zu Köln  (Historisches Seminar)
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
79
Katalognummer
V45880
ISBN (eBook)
9783638432078
ISBN (Buch)
9783638707626
Dateigröße
863 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Da es eine Seitenzahlbeschränkung auf 60 bis 80 Seiten gab, ist der allgemeine Teil sehr knapp gehalten.
Schlagworte
Endzeiterwartungen, Umfeld, Ottos
Arbeit zitieren
Elke Timme (Autor:in), 2004, Endzeiterwartungen im Umfeld Ottos III., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45880

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