Das Alexandermosaik in Pompeji


Hausarbeit, 2014

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Alexandermosaik in Pompeji
2.1 Machart und Herstellung
2.2 Darstellung
2.3 Vergleichende stilistische und ikonographische Analyse
2.4 Die Frage der Schlacht: Issos, Gaugamela oder eine Mischform?
2.5 Warum die Alexanderschlacht in der Casa del Fauno?

3. Zusammenfassung

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit einem der größten bekannten Mosaiken der Antike. Seine Größe ist einerseits physischer Natur, da es 5,12 Meter lang und 2,71 Meter breit ist.[1] Andererseits besitzt es eine ideelle Größe, die Forscher seit seiner Entdeckung am 24.10.1831 in der pompeijanischen Casa del Fauno zu höchstem Lob und größter Bewunderung verleitet hat. Für Goethe, der zu Lebzeiten nie das Original, wohl aber eine Zeichnung desselben gesehen hatte, war es ein so bedeutendes Kunstwerk, daß er glaubte: „Mitwelt und Nachwelt werden nicht hinreichen, solches Wunder der Kunst würdig zu commentieren (sic)“[2] Auch namhafte Archäologen von Lippold, über Curtius bis zu Andreae sprachen und sprechen in Superlativen vom Alexandermosaik. Die Forschungsgeschichte[3] ist dementsprechend reich. Vor allem zur Komposition des Mosaiks ist bereits viel publiziert worden. Schon die Entdecker des Mosaiks nahmen allerdings auch eine inhaltliche Analyse vor. Sie sahen im Alexandermosaik[4] die Kopie eines Historiengemäldes, das einem hellenistischem Publikum die Verschmelzung griechischer und persischer Kulturen illustrieren sollte. Auch in der neueren Forschung wird das Werk oftmals als Versuch gedeutet, die beginnende makedonische Herrschaft Alexanders III. über das Reich des ehemaligen Großkönigs Dareios III. zu veranschaulichen und es in eine Reihe mit persischen Traditionen zu stellen um ihm somit eine gewisse Kontinuität zu geben.[5] Andere moderne Ansätze, die etwa in Alexanders Lanze ein phallisches Symbol zu sehen glauben sind allerdings eher zu vernachlässigen. In der vorliegenden Hausarbeit soll zuerst auf die Machart und Herstellung des Mosaiks, sowie seine Darstellung eingegangen werden. Daraufhin folgt eine ikonographische und stilistische Analyse des Mosaiks im Ganzen und mehrerer Bildausschnitte im Besonderen. Darin sollen die Thesen um das Original und die Datierung diskutiert werden. Dann wird der Frage nachgegangen, um welche Schlacht es sich handeln könnte. Daraufhin folgen einige Überlegungen, aus welchen Gründen der Dominus der Casa del Fauno das Mosaik wohl anfertigen lassen hat. Abschließend folgt eine kurze Zusammenfassung.

2. Das Alexandermosaik in Pompeji

2.1 Machart und Herstellung

Das Alexandermosaik diente als Pavimentum[6] in der Exedra, einem besonders repräsentativem Raum, der pompeijanischen Casa del Fauno. Es besteht aus einer Vielzahl von Steinchen[7], die aufwendig und kunstvoll in den Boden eingesetzt worden sind. Gelegt wurde das Mosaik in der sogenannten opus vermiculatum Technik. Hierbei werden winzige Tesserae in einem wurmartigen Muster aneinandergereiht um ein Mosaikgemälde zu erzeugen, das einem gemalten Bild annähernd entspricht.[8] Vor dem eigentlichen Einsetzen der Tesserae wurde eine Vorzeichnung des Bildes angefertigt, da sonst beim Verlegen der Steinchen keine Übersichtlichkeit mehr gegeben gewesen wäre. Nach der Zeichnung wurde frischer Mörtel aufgetragen, in den die Steinchen gedruckt wurden. Nachdem der Mörtel getrocknet war, wurde das Mosaik abschließend abgeschliffen, um es gleichmäßig zu ebnen.[9] Die ältere Forschung ging dagegen von einem, bei Kopien des 19. Jhs. üblichem, Negativverfahren aus, was aber höchstwahrscheinlich als Anachronismus einzuordnen ist.[10] Unklar dagegen ist noch immer, wer das Mosaik gefertigt hat. Fraglich ist dabei, ob es von einer lokalen Werkstatt vor Ort in Pompeji über einen längeren Zeitraum geschaffen worden ist oder eher ein Importprodukt aus dem hellenistischen Raum, vermutlich Alexandria, darstellt. Mit Sicherheit ist das Mosaik aber speziell für die Exedra der Casa del Fauno geschaffen worden und passt in das Gesamtkonzept der Raumgestaltung des Hauses.[11]

2.2 Darstellung

Das Alexandermosaik zeigt den Wendepunkt einer Schlacht. Von der linken Seite her reitet Alexander, zusammen mit seiner Gefolgschaft, der Hetairenreiterei, heran und führt damit das makedonische Heer in die direkte Konfrontation mit dem Großkönig Dareios und den ihn umgebenden persischen Kämpfern auf der rechten Seite. Der gewaltsame Vorstoß der Makedonen trifft das persische Heer dabei entscheidend. Alexander selbst durchbohrt mit seinem Speer einen Getreuen des Großkönigs. Dieser hält den ihn durchbohrenden Speer mit der rechten Hand fest, als wolle er die Wucht des Aufpralls abschwächen. Sein unter ihm gestürztes Pferd ist bereits tot und von Blut umgeben. Rechts davon bietet ein persischer Adliger seinem Großkönig ein Pferd zur Flucht an. Das Tier ist dabei in einer stark nach rechts drehenden Bewegung dargestellt. Dareios selbst, der eine gelbe Tiara trägt, die ihn als Großkönig auszeichnet, steht daneben in seinem, zur rechten Seite hin flüchtendem Streitwagen. Er blickt nach links, hin zu den griechischen Angreifern und führt dorthin auch seine rechte Hand in einem offenen Gestus. Er nutzt seine linke Hand, die einen Bogen hält, um sich auf dem Rand des Wagens abzustützen. Sein am Wagen hängender Köcher ist leer. Neben Dareios und ebenfalls im Streitwagen steht ein weiterer Perser, der die Pferdequadriga des Wagens in einer schnellen Bewegung und mit Peitschenhieben nach rechts, in die Flucht vor dem Heer Alexanders lenkt. Zwei Perser sind dadurch im Begriff von der Wucht des Wagens, respektive der Pferde, überrollt zu werden. Zum einen der Perser, dessen furchtsames Gesicht sich in einem großen Rundschild spiegelt, zum anderen ein liegender Perser weiter rechts davon, der stark fragmentiert ist. Die großen Räder des Wagens, die mit Nägeln beschlagen sind, drücken den Rundschild herunter und überrollen somit den darunter liegenden Perser. Im Bildhintergrund sind links einige stark fragmentierte Pferde und Personen zu erkennen. Gut erkennbar ist ein weiterer Kämpfer hinter Alexander, der diesem mit seinem Speer gegen einen Persischen Schwertkämpfer im Hintergrund weiter rechts verteidigt. Rechts neben diesem Geschehen sind einige schemenhafte Darstellungen zu erkennen, z.B. ein behelmter Kopf. Darüber ragen elf linksgerichtete Lanzen in den wolkenlosen, grauen Himmel. Weiter rechts davon sind drei weitere Lanzen und ein fragmentiertes Feldzeichen. Darunter sind weitere persische Kämpfer zu erkennen. Drei weitere rechtsgerichtete Lanzen sind im Bildhintergrund ganz rechts zu erkennen. Im Hintergrund rechts von Alexander, der einen griechischen Panzer mit Gorgoneion trägt, steht ein karger Baum.

2.3 Vergleichende stilistische und ikonographische Analyse

Der Entstehungszeitraum des Alexandermosaiks lässt sich sicher auf die Zeit vor 79 n.Chr. datieren. Der Untergang Pompejis in diesem Jahr des Vesuvausbruchs ist schließlich ein gesicherter Terminus ante Quem für alle pompeijanischen Funde. Ebenso erscheint es logisch, daß das Mosaik älter als 62 n.Chr. sein muss. Zumindest wenn davon ausgegangen wird, daß die Beschädigungen des Mosaiks in der Antike bei dem Erdbeben von 62 n.Chr. und bereits davor stattgefunden haben.[12] Als Terminus post Quem muss das Baujahr, bzw. das Jahr des Umbaus der Casa del Fauno gelten. Beides geschah vermutlich im 2. Jh. v.Chr. Eine Gesteinsanalyse des Mosaiks spricht ebenfalls für eine Datierung auf die Mitte oder 2. Hälfte des 2.Jhs. v. Chr.[13]

Daher wird das Mosaik in der Forschung zumeist in das mittlere 2. Jh. v. Chr. datiert.[14]

Da es sich bei dem Alexandermosaik höchstwahrscheinlich um die Kopie eines spätklassischen oder frühhellenistischen Historiengemäldes aus dem 4.Jh. v.Chr.[15] handelt müssen Stil und Ikonographie aus diesem zeitlichen Kontext heraus betrachtet werden.[16] Ein wichtiger Punkt ist dabei die griechische Vierfarbenmalerei, die auch die Farbgebung des Mosaiks erklären kann.[17] Ebenso erklärt sich aus dem malerischen Stil, bei dem sich auch Farben und Formen ineinander vermischt haben müssen, die Unkenntlichkeit einiger Mosaikpartien.[18] Ein weiteres stilistisches Merkmal ist das Motiv des unmittelbaren Zweikampfes. Obwohl es sich bei der Schlacht zwar um eine Massenszene handelt, erfolgt die Konfrontation Alexanders mit Dareios im Stil der klassischen griechischen Darstellungsweise von Schlachten, in der Kampfgeschehen immer in Zweikämpfe aufgebrochen ist.[19] Auch den Persern war dieses Motiv nicht fremd. Zudem hat auch das Motiv des flüchtenden persischen Streitwagens Vorläufer. Dieses Verfolgungsschema findet sich nämlich auch auf drei Vasenbildern, die dem Dareiosmaler zugeschrieben werden.[20] Die auffälligste stilistische Besonderheit aber besteht in der zahlreichen und detaillierten Wiedergabe der Realien, d.h. der historischen Gegenstände im Bild.[21] Die Perser tragen Hosen, medische Gewänder, und Ohrringe[22]. Sogar ihre Pferde sind authentisch frisiert. Die Griechen sind ebenfalls realistisch mit den typischen Helmen, Speeren, Schwertern und Schilden bewaffnet. Die Komposition des Bildes zeichnet sich durch „Bewegung und Gegenbewegung“ aus.[23] Insgesamt bewegt sich der makedonische Durchbruch in der linken, kleineren, Bildhälfte gegen das Aufgebot der Perser auf der rechten, mehr Raum einnehmenden, Bildseite und bricht letztlich den persischen Widerstand. Auch in den einzelnen Figurengruppen lassen sich Bewegung und Gegenbewegung erkennen. Der Speer Alexanders bewegt sich tödlich gegen den Perser, der versuchte sich dem Ansturm entgegenzustellen. Die Quadriga des Streitwagens bewegt sich plötzlich zum Rückzug und reißt so den Wagen mit und der persische Kämpfer unter dem Rundschild versucht sich gegen die Räder des Wagens abzustützen. Auf Alexanders Brustpanzer ist ein Medusenhaupt[24] dargestellt. Dieses diente bereits in archaischer Zeit als Apotropaion, d.h. als ein magisches Symbol, das Unheil abwehren sollte. In dieser Funktion geht es auf die mythische Aigis der Athene zurück und wurde im griechischen Kulturraum vielfach zur Verzierung von Waffen und Rüstungen eingesetzt. Das Gesicht Alexanders gilt als eine der realistischsten Darstellungen des Herrschers.[25] Es passt zu den schriftlichen Quellen über Alexanders Aussehen. Markante Züge, wie die Form der Nase und die Größe der Augen sind hierbei ausschlaggebende Faktoren.[26] Die stark fragmentierte Figur neben dem Perser unter dem Schild ist einzigartig auf der rechten Bildseite. Aufgrund der Kleidung des Kämpfers, kann davon ausgegangen werden, daß es sich um einen griechischen Söldner handeln könnte. Dies würde dem panhellenischem Gedanken Alexanders entsprechen und ihn illustrieren.[27]

[...]


1 Rechnet man den rahmenden Zahnschnitt hinzu ergeben sich Gesamtmaße von 5,82 Metern Länge und 3,13 Metern Breite. Vgl. B. Andreae, Antike Bildmosaiken (Darmstadt/Mainz 2012), S.63.

2 Zitiert nach: B. Andreae, Das Alexandermosaik aus Pompeji (Recklinghausen 1977), S. 34.

3 Vgl. M. Pfrommer, Chronologie und Komposition des Alexandermosaiks (Mainz a. Rh. 1998) S. 3-6.

4 Heutiger Aufbewahrungsort ist das Museo Archeologico Nazionale in Neapel.

5 Vgl. K. Stähler, Das Alexandermosaik. Über Machterringung und Machtverlust (Frankfurt a.M. 1999) S.74.

6 D.h. Fußbodenbelag.

7 Lat. Tesserae. Die Anzahl der Tesserae im Alexandermosaik wird auf 1 bis 3 Millionen geschätzt.

8 Vgl. A. Cohen, The Alexander Mosaic. Stories of Victory and defeat. (Cambridge 1997), S.7.

9 Vgl. Andreae 1977, S.12.

10 Vgl. Andreae 1977, S.11.

11 Vgl. F. Zevi, Die Casa del Fauno in Pompeji und das Alexandermosaik, RM 105,1998, S. 45. Zevi beispielsweise geht von einer Fertigung durch eine lokale Werkstatt aus. Vgl. Zevi 1998, S. 42-43.

12 Vgl. Andreae 2012, S. 66.

13 Vgl. T. Hölscher, Griechische Historienbilder des 5. Und 4. Jahrhunderts v. Chr. (Würzburg 1973), S.158 und S. 286.

14 Vgl. Stähler 1999, S.12 und Andreae 2012, S.63.

15 Möglich, aber nicht zu beweisen, ist die Annahme, dass es sich bei der dargestellten Alexanderschlacht um ein bei Plinius (Nat. his. 35,110) erwähntes Werk des Malers Philoxenos von Eretria handelt. Vgl. dazu Andreae 1977, S. 24-25.

16 Vgl. Stähler 1999, S. 13 und B. Andreae, Seleukos Nikator als Pezhétairos im Alexandermosaik, RM 111, 2004, S. 69.

17 Die Beschränkung auf Weiß, Ocker, Rötel und Schwarz kennzeichnet die attisch-thebanische Malerschule, deren Farbpallette der Mosaizist hier, wie z.B. Andreae glaubt, nachgeahmt hat. Vgl. Andreae 1977, S. 24 und Hölscher 1973, S.159.

18 Vgl. T. Hölscher, Griechische Historienbilder des 5. Und 4. Jahrhunderts (Würzburg 1973), S.124.

19 Vgl. Stähler 1999, S.45-46 und Hölscher 1973, S. 79 ;S. 153.

20 Vgl. Stähler 1999, S.42-43.

21 Oft wird aus dem Realienreichtum der bildlichen Darstellungswelt des Mosaiks gefolgert, dass der Künstler des Originalgemäldes bestens mit den historischen Gegebenheiten vertraut gewesen sein musste und das Gemälde deshalb aus der frühhellenistischen Zeit stammt und vielleicht noch zu Alexanders Lebzeiten in Auftrag gegeben worden sein könnte. Vgl. Andreae 1977, S. 11.

22 Einen Beweis für diese modische Gepflogenheit findet sich in Xenophons Anabasis, da dieser über Apollonides aus seinem Söldnerheer Folgendes schrieb: „Dieser hat ja weder zu Böotien, noch überhaupt zu Griechenland irgendeine Beziehung, da ich selbst gesehen habe, wie seine beiden Ohren, gleich einem Lydier, durchbohrt sind.“ Xen. an. 3,1.

23 Andreae 1977, S.19.

24 Ein sog. Gorgoneion.

25 Vgl. Hölscher 1973, S. 131 und S.146.

26 Vgl. Pfrommer 1998, S. 87.

27 Alexander stilisierte seinen Kampf gegen Dareios III zu einem Kampf aller Griechen (panhellenisch bedeutet. alle Griechen umfassend) gegen die Perser. Er knüpfte damit an die vorausgegangenen Perserkriege an. In diesem Sinne erhält ein Grieche, der in diesem Konflikt auf persischer Seite steht, mit dem Tod seinen verdienten Lohn. Vgl. Gehrke 2009, S. 55.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Das Alexandermosaik in Pompeji
Hochschule
Universität Münster
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
13
Katalognummer
V458985
ISBN (eBook)
9783668878433
ISBN (Buch)
9783668878440
Sprache
Deutsch
Schlagworte
alexandermosaik, pompeji
Arbeit zitieren
Kevin Grossart (Autor:in), 2014, Das Alexandermosaik in Pompeji, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458985

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