Die vorliegende Arbeit untersucht die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im GmbH-Recht. Es soll zunächst erklärt werden, wie sie durch Vertragsabrede begründet werden kann und welche Vorteile ein privates Verfahren besonders für Gesellschafter bietet. Sodann wird gezeigt, wie GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten rechtlich zu behandeln sind. Hier tritt der Hintergrund der Problematik um ihre Schiedsfähigkeit ans Licht: Eine komplexe Verstrickung materiell- und prozessrechtlicher Vorschriften, die nicht ohne weiteres auf das Schiedsverfahren übertragbar sind. Es gilt, die Freiheit der Gesellschafter zur autonomen Verfahrensgestaltung einerseits und eine garantierte Rechtsstaatlichkeit andererseits in Einklang zu bringen.
Wegweisend sind in der Sache vor allem zwei BGH-Urteile, um deren Entscheidungsgehalt die Arbeit nicht umhin kommt: So folgen nach einem Abriss über vorangegangene Diskussionen die Leitgedanken der vielseits mit Spannung erwarteten "Schiedsfähigkeit I". Das Urteil signalisiert Schiedsfreundlichkeit und sorgt damit für Freude in Wirtschaft und Geschäftigkeit in gesellschafts- und prozessrechtlicher Literatur. Es ist Grundlage für das später ergehende Urteil "Schiedsfähigkeit II". Die beiden Entscheidungen sind nur im Zusammenhang zu verstehen, weswegen sie auch zusammenhängend erörtert werden. Nach einem kleinen Hin und Her mit dem Gesetzgeber schafft der BGH 2009 Klarheit: Ja, GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten sind schiedsfähig! Dies allerdings nur grundsätzlich, und auch nur unter Einhaltung strenger rechtsstaatlicher Mindeststandards.
Auf der kritischen Auseinandersetzung mit diesen soll der Schwerpunkt der Arbeit liegen. Sie werden jeweils erörtert und auf ihre juristische Notwendigkeit hin überprüft. Denn möglicherweise ist nicht jede der ausgewiesenen Wirksamkeitsanforderungen im juristischen Sinne unverzichtbar. Trotzdem kann es in der Praxis auf manche der aufgestellten Kriterien (besonders) ankommen. Eine Gesamtwertung wird zeigen, ob die Lösung des BGH im Ergebnis zufriedenstellend ist. Als "schiedsfreundliches" Urteil ist sie vielleicht nicht gänzlich gelungen. Gibt es daneben andere, noch schiedsfreundlichere Wege zu einem rechtsstaatlichen Verfahren? Hier wird die Arbeit zwei Lösungsmöglichkeiten vorschlagen. Schließlich wird sie weitergehende Fragen, wie eine mögliche Übertragung der Grundsätze auch auf das Aktienrecht, andenken.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Wie funktioniert Schiedsgerichtsbarkeit?
- I. Die Schiedsvereinbarung gemäß § 1029 I ZPO
- II. Vor- und Nachteile der Schiedsgerichtsbarkeit
- C. Die Problematik der Schiedsfähigkeit von GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten
- I. Das Regelungskonzept der §§ 241 ff. AktG
- II. Das Problem: Die Verstrickung materiell- und prozessrechtlicher Vorschriften
- D. Bisherige Entwicklung zur Schiedsfähigkeit von GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten
- I. BGH Urteil vom 23. 03. 1996 – Schiedsfähigkeit I
- 1. Objektive und subjektive Vergleichsbefugnis
- 2. Ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts?
- 3. Rechtskrafterstreckung gemäß §§ 248 I S. 1, 249 I S. 1 AktG
- II. BGH Urteil vom 06. 04. 2009 – Schiedsfähigkeit II
- E. Besprechung der vom BGH aufgestellten Mindestanforderungen an eine wirksame Schiedsvereinbarung, mit Kritik und Praxis-Empfehlungen
- I. Die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter zur Schiedsvereinbarung
- II. Die Information und Beitrittsmöglichkeit sämtlicher Gesellschafter
- 1. Informationspflicht
- 2. Fristsetzung zum Beitritt und Verhindern möglicher Verfahrensverschleppungen
- 3. Die Möglichkeit jedes Gesellschafters zum Verfahrensbeitritt
- III. Die Mitwirkungsmöglichkeit sämtlicher Gesellschafter an der Ernennung der Schiedsrichter
- 1. Sind bei der Auswahl der Schiedsrichter Mehrheitsentscheidungen zulässig?
- 1. Die Lösung des Cour de Cassation
- 2. Festlegung der Zuständigkeit eines bestimmten Schiedsgerichtes bereits in der Schiedsklausel
- IV. Die Zuständigkeitskonzentration auf ein Schiedsgericht
- 1. Ist die geforderte Zuständigkeitskonzentration erforderlich?
- 2. Sind staatliche Verfahren durch die Schiedsvereinbarung gesperrt?
- F. Gesamtwertung der BGH-Mindestanforderungen und Vorschläge für schiedsfreundlichere Lösungswege
- I. Ergänzende Vertragsauslegung lückenhafter Schiedsvereinbarungen
- II. Ex post-Kontrolle des Verfahrens statt vorheriger Prüfung der Schiedsvereinbarung an § 138 BGB
- G. Neue Fragen nach „Schiedsfähigkeit II“
- I. Mitwirkung an der Anpassung alter Schiedsklauseln wegen Treuepflicht
- II. Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten bei AGs
- H. Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Studienabschlussarbeit untersucht die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im GmbH-Recht. Das Ziel der Arbeit ist es, die Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema zu analysieren und zu bewerten, insbesondere die vom BGH aufgestellten Mindestanforderungen an eine wirksame Schiedsvereinbarung.
- Die Problematik der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im GmbH-Recht
- Die Entwicklung der Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema
- Die Mindestanforderungen an eine wirksame Schiedsvereinbarung
- Kritik und Praxis-Empfehlungen zur Gestaltung von Schiedsvereinbarungen
- Neue Fragen zur Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im GmbH-Recht ein und erläutert den Aufbau der Arbeit. Kapitel B gibt einen Überblick über die Funktionsweise der Schiedsgerichtsbarkeit und die Schiedsvereinbarung gemäß § 1029 I ZPO. Kapitel C beleuchtet die Problematik der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im Kontext der Regelungen des GmbH-Gesetzes. Kapitel D stellt die bisherige Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema dar, insbesondere die Entscheidungen in den Fällen "Schiedsfähigkeit I" und "Schiedsfähigkeit II".
Kapitel E analysiert die vom BGH aufgestellten Mindestanforderungen an eine wirksame Schiedsvereinbarung. Es werden die Anforderungen an die Zustimmung, Information und Beitrittsmöglichkeit sowie die Mitwirkungsmöglichkeit der Gesellschafter, die Ernennung der Schiedsrichter und die Zuständigkeitskonzentration auf ein Schiedsgericht behandelt. Kapitel F bewertet die BGH-Mindestanforderungen und schlägt schiedsfreundlichere Lösungswege vor. Kapitel G beschäftigt sich mit neuen Fragen zur Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten, die sich im Anschluss an die Entscheidung "Schiedsfähigkeit II" ergeben haben.
Schlüsselwörter
Schiedsfähigkeit, GmbH-Recht, Beschlussmängelstreitigkeiten, Schiedsvereinbarung, BGH-Rechtsprechung, Mindestanforderungen, Praxis-Empfehlungen, Schiedsgerichtsbarkeit, Gesellschafter, Zuständigkeitskonzentration.
- Arbeit zitieren
- Juliane Koch (Autor:in), 2012, Die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im GmbH-Recht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/459008