Ethische Entscheidungsfindung in der Pflege. Eine Analyse anhand eines Fallbeispiels


Seminararbeit, 2017

11 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Ausgangslage
1.2 Ziel der Arbeit

2 Ethische Analyse des Fallbeispiels

3 Schlussfolgerungen

4 Literaturverzeichnis

5 Anhang

1 Einleitung

Schon in der Antike stand die Auseinandersetzung mit der Genesung Kranker im Blickpunkt, welche sich von anderen naturwissenschaftlichen Betrachtungen differenzierte (Fahr, 2000). „Obgleich die moralphilosophische Diskussion heute unendlich differenziert ist, lassen sich doch einige wichtige Positionen hervorheben, die auch in der Pflegeethik von großem Einfluss sind“ (Fahr, 2000, S. 6). Fahr (2000) nennt den Utilitarismus, die Pflichtenethik Immanuel Kants und die Tugendethik des Aristoteles als derartige Positionen. Hierbei fällt auch der Ausdruck Ethik ins Gewicht, welcher das Reflektieren auf ethisch fragliche Gegebenheiten, auf Dilemmata, ermöglicht (Fahr, 2000).

In den folgenden Abschnitten werden sowohl die Ausgangslage und das Ziel der Arbeit dargestellt als auch das Thema „Ethische Entscheidungsfindung in der Pflege“ erläutert. In der Ausgangslage werden die ethischen Grundprinzipien aus der Fachliteratur von Lay (2012, S. 25ff) sowie aus Neitzke und Simon (2008, S. 24ff) dargestellt, wobei sich Lay (2012, S. 25ff) auf die Grundprinzipien von Rabe (2000, zit. aus Lay, 2012, S. 133ff) und Neitzke und Simon (2008, S. 24ff) sich sowohl auf die Grundprinzipien von Rabe (2005, zit. aus Neitzke & Simon, 2008, S. 36ff) als auch von Beauchamp und Childress (2001, S. 39ff) beziehen. Die sechs ethischen Grundprinzipien sind laut Rabe (2000, zit. aus Lay, 2012, S. 133ff): Würde, Gerechtigkeit, Dialog, Verantwortung, Autonomie und Fürsorge. Beauchamp und Childress (2001, S. 39ff) führen vier Grundprinzipien an, wie Autonomie, Benefizienz, Nonmalefizienz sowie Gleichheit und Gerechtigkeit.

1.1 Ausgangslage

Neitzke und Simon (2008, S. 36) beschreiben die ethischen Grundprinzipien beginnend mit der Würde. Von Würde wird demnach gesprochen, wenn einer Person ein Achtung gebietender Wert innewohnt, der unerreichbar und unentbehrlich ist (Rabe, 2005, zit. aus Neitzke & Simon, 2008, S. 36).

Callahan und Jennings (2002) verdeutlichen, dass die Frage, ab welchem Niveau oder Grad des Risikos die Krankheit für Einzelpersonen und Gemeinschaften sozial akzeptabel ist, ethisch umstritten ist. In dieser Veranschaulichung wird ersichtlich, dass nicht alle Krankheiten von der Gesellschaft immer akzeptiert werden. Sollte ein Mensch erkranken, so darf die Person trotz dieses Umstandes nicht in ihrer Würde verletzt werden.

Die Gerechtigkeit als ethisches Grundprinzip setzt hingegen voraus, dass den Personen das, was ihnen zusteht, gewährt wird. Sie haben also eine angemessene Behandlung zu erwarten (Beauchamp & Childress, 2001, S. 226). Das dritte ethische Grundprinzip, der Dialog, besagt, dass kranke und pflegebedürftige Personen die Ansprache anderer Menschen benötigen, damit sie ihre Autonomie nicht verlieren (Illhardt, 1999, zit. aus Lay, 2012, S. 136).

„Pflegerische Verantwortung lässt sich in kollektive und individuelle Verantwortung differenzieren: Während die individuelle Verantwortung die berufliche und persönliche Verantwortung der Pflegenden einschließt, bezeichnet der Begriff ‚kollektive Verantwortung‘ Aspekte, für die das gesamte Pflegeteam zuständig ist“ (Tewes, 2002, zit. aus Lay, 2012, S. 220). Eine Schwierigkeit im Pflegebereich der Gegenwart besteht jedoch im zu erfüllenden Pflegepensum, da das Personal seine Tätigkeit in einem möglichst kurzen Zeitraum zu erledigen hat. Anstehende Tätigkeiten können von Pflegepersonen in der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit nicht immer bewältigt werden (Lay, 2012, S. 220).

„Autonomie ist die Möglichkeit und die Fähigkeit zu wählen, d. h. selbst zu bestimmen, wie man leben möchte“ (van der Arend, 1998, zit. aus Lay, 2012, S. 25). Es liegt im Bestreben der Pflegepersonen, Patienten in ihrer Eigenständigkeit zu unterstützen, was sich am Beispiel der Körperpflege zeigen lässt (Lay, 2012, S. 184). „Die Würde des Menschen zu schützen und zu achten ist auch in vielen pflegerischen Leitbildern die oberste Maxime“ (Hofmann, 2006, zit. aus Lay, 2012, S. 183).

„Fürsorge bezieht sich auf die Frage, was jemand von sich aus tun kann, um zum Wohl des Patienten beizutragen“ (Schnell, 2009, zit. aus Lay, 2012, S. 133). In ihrem Drang, Fürsorge zu übernehmen, übersehen Pflegende oftmals, dass Patienten andere Wünsche und Werte haben als sie selbst. Dadurch werden die Patienten auf die Weise gepflegt, wie es die Pflegepersonen für sich selbst möchten (Bobbert, 2002, zit. aus Lay, 2012, S. 187f). „Aus dieser Perspektive der Fürsorge […], erfordert dies doch zeitweise, von persönlich und pflegerisch für gut befundenen Denk- und Handlungsgewohnheiten zurückzutreten, verständnisvoll zu tolerieren und den anderen manchmal einfach gewähren lassen“ (Bobbert, 2002, zit. aus Lay, 2012, S. 188).

Benefizienz und Nonmalefizienz, Grundbegriffe der Pflegeethik, sind ein ständiger Begleiter hinsichtlich der Pflege und derer Prophylaxen (Lay, 2012, S. 213). Auf den Punkt gebracht heißt Benefizienz, für das Wohl der Patienten zu handeln, wohingegen Nonmalefizienz bedeutet, schädliche Handlungen am Patienten zu vermeiden (Beauchamp & Childress, 2001, S. 113ff). Neitzke und Simon (2008, S. 36) geben an, dass es ergänzend zu den Prinzipien von Beauchamp und Childress (2001, S. 39ff) noch weitere moralische Werte, die bei der Pflege zu berücksichtigen sind, existieren. Diese wären: Schweigepflicht und Verschwiegenheit, Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit, Solidarität, Freundlichkeit und Höflichkeit, Vertrauenswürdigkeit und Empathie.

„Wie Moralität den höchsten Wert (Freiheit) zur Verwirklichung bringen will, so sollen ethische Grundprinzipien zur Realisierung von Grundwerten beitragen. Mit anderen Worten: Als zentrale moralische Güter sollen sie zentrale prämoralische Güter hervorbringen (siehe Kap. 2.1.4.2). In ähnlicher Weise sollen die von übergeordneten ethischen Grundprinzipien abgeleiteten moralischen Regeln als praktische Handlungsanweisungen die Verwirklichung pragmatischer Werte unterstützen“ (Lay, 2012, S. 33). Da diese Werte des Öfteren gegenteiligen moralischen Grundsätzen folgen, kann die Entscheidung, nach welchem der Werte zu handeln richtig ist, nicht immer eindeutig getroffen werden (Lay, 2012, S. 33).

Callahan und Jennings (2002) legen dar, dass das Interesse an Ethik und Gesundheit eindeutig gegeben ist und sich nun die Frage stellt, wie das Interesse genutzt werden kann, damit hilfreiche Beiträge hinsichtlich der Pflege geleistet werden können. Um das bereits erwähnte Interesse für Ethik und Gesundheit ausnutzen zu können, sollen sowohl Patienten als auch Pflegepersonen Hand in Hand zusammenarbeiten und somit Ethik mit Gesundheit verknüpft werden.

1.2 Ziel der Arbeit

Das Ziel der Seminararbeit ist es, das Fallbeispiel (siehe Anhang 1) anhand eines ethischen Entscheidungsfindungsmodells zu analysieren.

2 Ethische Analyse des Fallbeispiels

„Die Entscheidungsfindung mittels eines etablierten Modells zur ethischen Beurteilung problematischer Fragen erfordert freilich mehr Zeit als spontane Entscheidungen und eignet sich daher nicht für Situationen, in denen schnelle Beurteilungen und rasches Handeln gefordert sind (z. B. Notfälle)“ (Lay, 2012, S. 258). Die ethische Analyse des Fallbeispiels soll nun am Acht-Schritte-Modell (Neuhaus, 2009, zit. aus Hofer & Hofmann, 2010) gezeigt werden. „Das Modell gründet auf philosophischen Theorien der Werteethik (Siep, 2004), der Situationsethik (Dreyfus, Dreyfus & Benner, 1996), der Individuationsethik (Steiner, 1894) und klinischer Pflegeerfahrung“ (Schweizerischer Verein für Pflegewissenschaft, 2009).

Die acht Schritte dieses Modells (Neuhaus, 2009, zit. aus Hofer & Hofmann, 2010) sind:

1. Situation beschreiben
2. Einflussfaktoren aufzeigen
3. Ethische Aspekte bezeichnen
4. Entscheidungspersonen bestimmen
5. Handlungsmöglichkeiten beschreiben
6. Entscheidung durchführen
7. Handlung reflektieren
8. Konsequenzen ableiten

Hofer und Hofmann (2010) stellen den ersten Schritt „Situation beschreiben“ dar, indem sie die dazugehörige Frage, wie das Geschehen aus dem Blickwinkel der Pflegenden und des Patienten stattfand, schildern. Fölsch (2017, S. 79) stellt das Fallbeispiel dar: Frau T. befindet sich in schlechtem Allgemeinzustand und beim Liegen kann sie trotz aller Vorkehrungen keine gemütliche Lage finden. Um einem Dekubitus vorzubeugen, muss die Patientin des Öfteren in eine andere Lageposition gedreht werden, was sie jedoch mit der Zeit ablehnt. Zudem will Frau T. auch nicht mehr gewaschen werden. Hierbei stellen sich die Fragen, inwieweit Frau T. ihr autonomes Handeln ausleben kann, ab welchem Zeitpunkt bereits die Würde der Patientin angegriffen wird und wie mit den dabei entstehenden Dilemmata umgegangen werden kann.

Der zweite Schritt, den Hofer und Hofmann (2010) darlegen, ist, „Einflussfaktoren aufzeigen“, wobei die Einflussfaktoren, welche für die Situation ausschlaggebend sind, analysiert werden sollen. Auf das Fallbeispiel bezogen gibt es mehrere Einflussfaktoren, die auf die Situation einwirken. Fölsch (2012, S. 79) gibt an, dass Frau T. aufgrund ihrer malignen Erkrankung bereits seit sechs Wochen stationär betreut wird und dass sie trotz Schlafmedikation schlecht schläft. Ein weiterer Einflussfaktor könnte die Eventualität sein, dass sie sich an ihre Umgebung nicht anpassen kann.

Im dritten Schritt geben Hofer und Hofmann (2010) an, dass ethische Aspekte in Bezug auf den Fall genannt werden sollen. Das Handeln richtet sich nach dem Grundsatz, jeglichen Schaden möglichst zu vermeiden (Hofer & Hofmann, 2010). Wenn Patientin T. jedoch gegen ihren Willen gedreht oder auf den von ihr geleisteten Widerstand nicht geachtet wird, verstößt dies gegen das Prinzip der Autonomie. Dies ist auch der Fall, wenn sich die Patientin der Folgen, wenn sie nicht gelagert wird, nicht bewusst ist. Somit entsteht erneut ein ethisches Dilemma.

Als vierten Punkt geben Hofer und Hofmann (2010) „Entscheidungspersonen bestimmen“ an, wobei hier die Person, die von der Situation betroffen ist und entscheiden muss, im Mittelpunkt steht. Entscheidungsperson in diesem Fall ist die Patientin. Sie könnte auch ihre Angehörigen zur Entscheidungsfindung heranziehen und gegebenenfalls könnten diese wiederum vom Ärztepersonal und den betreuenden Fachpersonen unterstützt werden.

Hofer und Hofmann (2010) führen den fünften Schritt „Handlungsmöglichkeiten beschreiben“, bei dem die möglichen Handlungen zur Lösung der Situation aufgezählt werden sollen, an. Eine Variante ist, die Pflege so fortzusetzen, wie sie begonnen wurde (Hofer & Hofmann, 2010). Hier würde das Prinzip der Autonomie wiederum weiterhin verletzt werden. Die zweite Möglichkeit ist, mit Frau T., falls gewünscht mit ihren Angehörigen, Ärzten und Pflegenden eine andere, zufriedenstellende Lösungsmöglichkeit zu erörtern.

[...]

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
Ethische Entscheidungsfindung in der Pflege. Eine Analyse anhand eines Fallbeispiels
Hochschule
UMIT Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik
Note
1,0
Jahr
2017
Seiten
11
Katalognummer
V459822
ISBN (eBook)
9783668905016
ISBN (Buch)
9783668905023
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ethische, entscheidungsfindung, pflege, eine, analyse, fallbeispiels
Arbeit zitieren
Anonym, 2017, Ethische Entscheidungsfindung in der Pflege. Eine Analyse anhand eines Fallbeispiels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/459822

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Im eBook lesen
Titel: Ethische Entscheidungsfindung in der Pflege. Eine Analyse anhand eines Fallbeispiels



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden