Aspekte der historischen Entwicklung und sozial-geschichtlichen Rolle der Gaststätten im Großherzogtum Luxemburg (1854 bis 1933)


Masterarbeit, 2018

161 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Inhaltsverzeichnis

II. EINLEITUNG
1) „UND ÜBERALL WAREN SIE, GLAUBT MAN DEN SCHILDERUNGEN VON PLATON UND DICKENS, ABGRÜNDE DER VERDERBNIS.“

III. FORSCHUNGSSTAND UND QUELLENLAGE

II) 1. NATIONALER FORSCHUNGSSTAND
II) 2. INTERREGIONALER UND INTERNATIONALER FORSCHUNGSSTAND
II) 3. QUELLENLAGE

IV. FRAGESTELLUNG

V. GESCHICHTE UND ENTWICKLUNG DER „LOI DE CABARET“
1) ERSTE JURISTISCHE MAßNAHMEN UND GROßHERZOGLICHE GESETZE.
2) HOHE ANZAHL AN WIRTSCHAFTEN UND ALKOHOLPROBLEM IN DER ÖFFENTLICHKEIT – STRENGERE GESETZE DURCH ÖFFENTLICHEN DRUCK?
3) ZWISCHENPERIODE DER ANPASSUNGEN UND ERGÄNZUNGEN – NEUE „LOI DE CABARET“, OHNE DAS ERHOFFTE ZIEL.
4) ENTWICKLUNG DER INDUSTRIE UND ERNEUTE ZUNAHME DER SCHANKWIRTSCHAFTEN – WEITERE VERSCHÄRFUNGEN DER „LOI DE CABARET“.
5) ZWISCHENKRIEGSZEIT – LETZTE VERSCHÄRFUNGEN UND EINSETZENDE ABNAHME DER LOKALE.
6) EXKURS: VERBAND DER WIRTE DES GROßHERZOGTUMS LUXEMBURG

VI. INDUSTRIALISIERUNG, ARBEITSGESETZ UND DIE ARBEITERKNEIPE – DIE ROLLE DES WIRTSHAUSES BEI ARBEITER UND ARBEITGEBER.
VI. 1) INDUSTRIALISIERUNG UND WIRTSHAUS – EINLEITUNG – „WOHNEN IM WIRTSHAUS“.
VI. 2) DAS WIRTSHAUS ALS ZUFLUCHTSORT?
VI. 3) DAS WIRTSHAUS UND DER ARBEITGEBER – VERDIENTE FREIZEIT ODER SCHWINDENDE ARBEITSMORAL? – DER „BLAUE MONTAG“.
VI. 4) ARBEITER UND ALKOHOL
VI. 5) EXKURS: DAS SCHNAPSKASINO

VII. FEIERABENDBIER MIT DEM GEWISSEN ETWAS – DAS PHÄNOMEN „ANIMIERKNEIPE“ IN LUXEMBURG.
VII. 1) VERSUCH DER DEFINITION UND SOZIALER HINTERGRUND
VII. 2) BORDELL ODER KNEIPE MIT ANREIZ?
VII. 3) ANIMIERKNEIPEN IN LUXEMBURG
VII. 4) ENDE DER ANIMIERKNEIPEN DURCH NEUE GESETZE.
VII. 5) EXKURS: DAS CAFÉ-CHANTANT

VIII. FEIERABENDBIER UND KLASSENKAMPF – DIE KNEIPE ALS URSPRUNG POLITISCHER UND GEWERKSCHAFTLICHER ORGANISATION.
VIII. 1) KNEIPE UND POLITIK – URSPRUNG UND ENTWICKLUNG.
VIII. 2) SITUATION IN LUXEMBURG – WIRTSHAUS FÜR DIE ERSEHNTE ENTSPANNUNG ODER ORT DER POLITISIERUNG?
VIII. 3) EINFLUSS DER WIRTE – DER WIRT ALS HOBBYPOLITIKER? 115

IX. GASTWIRTSCHAFT - „LIEU DE MÉMOIRE“?
IX. 1) WAS DEFINIERT EINEN LIEU DE MÉMOIRE / ERINNERUNGSORT?
IX. 2) ZUM „ERINNERUNGSORT“ DURCH POLITISCH-HISTORISCHE EREIGNISSE
IX. 3) ASPEKTE EINER EVENTUELLEN ENTWICKLUNG EINES SCHANKLOKALS ZU EINEM „ERINNERUNGSORT“
IX. 4) KNEIPE ALS ERINNERUNGSORT?

X. SCHLUSSFOLGERUNG

XI. BIBLIOGRAPHIE SEKUNDARLITERATUR
2) ONLINE-BIBLIOGRAPHIE
3) BIBLIOGRAPHIE: WISSENSCHAFTLICHE ARBEITEN – ARTIKEL – AUFSÄTZE

XII. BIBLIOGRAPHIE – ARCHIVES NATIONALES DE LUXEMBOURG

XIII. ANHANG

Danksagung

Allen voran will ich meiner Familie, besonders meinen Eltern, danken. Sie hatten es verstanden, mich auf einem schmalen Grat zwischen motivieren, wiederholtes Ermutigen am Ball zu bleiben und gelegentlichen Moralpredigten hin und her zu lenken und trotz allem letztlich an einen positiven Abschluss dieser Arbeit glaubten.

Ebenfalls möchte ich meinem Betreuer Herr Prof. Denis Scuto danken, dass er trotz des doch etwas speziellen Forschungsgebietes dieser Arbeit mich dazu ermutigte, meinen Weg zu Ende zu gehen und auch nach einer sehr längeren Dauer und mehreren Unterbrechungen mir beratend zur Seite stand.

Auch dem Personal des Luxemburger Nationalarchivs, was mittlerweile auch Arbeitskollegen geworden sind, sei an dieser Stelle ein großer Dank ausgesprochen für ihre Hilfe und Flexibilität. Die Professionalität und Sachkenntnis der Mitarbeiter des Nationalarchivs ist bemerkenswert. Auch dann noch, wenn man glaubt in einer Sackgasse zu verkehren und keine interessanten Dokumente mehr zu finden seien.

Bedanken möchte ich mich zudem bei Herrn Prof. Robert L. Philippart. Zum einen für seine nützlichen Tipps bezüglich Quellen und Literatur, zum anderen für seine sehr interessanten Artikel über die Geschichte des Gastwirtschaft-Gewerbes in Luxemburg, welche regelmäßig im Magazin der HORESCA-Vereinigung im Großherzogtum erscheinen.

Nicht zuletzt gilt ein spezieller Dank meinem Großvater. Einfach weil er da ist, ist wie er ist, und stets an seine Enkel glaubt.

II. Einleitung

Gastfreundschaft zu gewähren und zu beanspruchen gehört zu den ältesten Formen des menschlichen Sozialverhaltens. Völker und Volksgruppen auf allen Kontinenten schufen im Laufe von mehreren Jahrhunderten verbindliche Verhaltensnormen für den Umgang mit Fremden. Schriftliche Denkmäler in Form von literarischen Zeugnissen und Rechtsvorschriften zur Thematik des Gast- oder Fremdenrechts finden sich bereits in der Antike. „Der Übergang von der in sich geschlossenen Gesellschaft, die jeden Fremden als potentiellen Feind abwehrt, eventuell sogar tötet, in „Umgangsformen“, die einen Fremden zwar noch als Feind ansehen, aber bereits die Möglichkeit offenlassen, dass er keiner ist, wird markiert durch Rituale, die den Sachverhalt prüfen: In diesem Kontext wurden sozusagen die Gesetze der Gastfreundschaft geboren. Neben diesen sich vorsätzlich im privaten abspielenden, meist gegenseitigen „Begastungspflichten- und rechten“, entwickelt sich bereits im Alten Orient seit dem 3. Jahrtausend v. u. Z. die ersten Formen gastgewerblicher Aktivitäten.1 Bereits eine Vielzahl an verschiedenen kommerziell betriebenen Beherbergungsstätten entwickelten sich fortwährend.

Als älteste fundiert nachgewiesene Form des Gastgebens als Gewerbe oder des Wirtens gegen Geld erscheint im Mittelalter die Taverne. Manche Geschichtsschreiber, welche zur vorliegenden Thematik recherchiert haben, wollen die mittelalterliche Taverne unmittelbar von der römischen „ taberna “ (auch „ Tabernae “, „ Caupona “ oder „ Popina “) abstammen lassen, die sich in Rhein- und Moselgegend über die Völkerwanderung erhalten haben soll. Obwohl dies bis dato nicht fundiert bewiesen werden konnte, gehen wir heute davon aus, dass eben diese Rasthäuser und Herbergen an den römischen Reichsstraßen auch bereits als „ Tabernae “ bezeichnet wurden.2 Auch die lateinische Abstammung frühen Bezeichnungen Tabernae oder Caupona lassen auf eine ältere Entstehungszeitraum als das Mittelalter schließen.3 Zudem überliefert uns im Jahre 1748 der Marchese Don Marcello Venuti die erste Beschreibung einer gastronomischen Einrichtung in Herculaneum und Pompeji, welche er bei Ausgrabungen entdeckt haben soll.4

Die einsetzende städtische Entwicklung dürfte sowohl im Altertum als auch im europäischen Mittelalter der Anlass gewesen sein für die Herausbildung der kommerziellen Gastlichkeit. Mit dem Aufblühen der Städte im 12. Jahrhundert nahm der Reise-, Wander- und Gewerbeverkehr bis dahin unbekannte Ausmaße an. Mit der geschäftsmäßigen Beherbergung und Bewirtung Fremder brachen die Stadtbürger das bis dahin ausschließlich feudale Privileg, Schenken und Herbergen zu halten. Diese nun neu entstehenden Schenken wurden relativ schnell zu wichtigen Zentren des öffentlichen Lebens. Sie waren für die Fremden ein Vorhof, den er vor anderen Lebensräumen betrat. Hier erhielt er die ersten Informationen über Sitten, Bräuche, Ereignisse und Neuigkeiten bezüglich seines neuen Umfeldes. Ebenfalls konnte er selbst Informationen aus anderen Regionen an den Mann bringen und so unmittelbar zu einem Informations- und Kommunikationssystem beitragen, welches lange kaum eine nennenswerte Konkurrenz hatte.

Mittelalterliche Gaststuben waren die frühesten Formen dieses Gewerbes und die Vorläufer der späteren Gaststätten. Der Prozess der Kommerzialisierung der Gastwirtschaft vollzog sich aber über eine lange Phase, die durch die Dominanz ständisch-korporativer Zwischenformen gekennzeichnet war. Die weitere Entwicklung ging dahin, dass mit Beginn des 19. Jahrhunderts eine klare und definitive Trennung zwischen der Gaststube und den

Privaträumen des Wirtes erfolgte und sich nun ein realer Geschäftsraum herausentwickelte, in dem die Kundschaft bedient wurde. Die Theke oder der Tresen wurden zum Ladentisch der Kneipe, zur gegenständlichen Grenze zwischen Käufer und Verkäufer.5

Genau diese kommerziellen Gastschenken übten seit jeher eine besondere Anziehungskraft aus, nicht zuletzt auf Reisende aller Herkunft. Der gelehrte Erasmus von Rotterdam berichtete im Jahre 1520 bezüglich seiner Reisen über den europäischen Kontinent wie folgt: [...] Alles setzte sich. Reich und Arm, Herr und Knecht, alles durcheinander, kein Standesunterschied, gewöhnlich acht an einem Tisch, so harren sie der Mahlzeit“.6 Verschiedene

Forschungsarbeiten haben sich bereits mit den sozialen Stellungen übergreifenden Kundschaft beschäftigt und sind zum Schluss gekommen, dass es oftmals nur in den Wirtshäusern möglich war, die sozialen Ketten zumindest zeitweise abzulegen. Auch dies machte den Reiz einer Schenke aus, nicht etwa seit den Arbeiterkneipen der Epoche der Industrialisierung, sondern bereits im Mittelalter.

Der Umstand, dass sich in einer primitiven Gaststube Menschen unterschiedlichen Geschlechts und Alters, verschiedener Konfessionen und aller sozialen Schichten zusammenfanden, um zu essen, zu trinken, zu schlafen, ihre Kleidung in Ordnung zu bringen oder sich zu entspannen, ist für eine ständisch geordnete Gesellschaft ein recht außergewöhnliches Geschehen.7

In den noch erhaltenen Wirtsordnungen, welche teilweise bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen, besagt der erste Paragraph bei fast allen dieser Dokumente, dass der Wirt den ankommenden Gast, wer er auch sein mochte, Ritter oder Bettler, aufzunehmen, zu bewirten und zu beherbergen hat. Diese Gegebenheit änderte sich erst ab dem 18. Jahrhundert, wo dem Wirten selbst mehr Rechte zugestanden wurden und, ohne mit Konsequenzen zu rechnen, seine Klientel selbst selektiver bestimmen konnte.8

Eine erste Rechtsgrundlage für die Führung und Unterhaltung einer Gastwirtschaft wurde ein erstes Mal vage im Jahre 1530 im Deutschen Reich festgelegt. Im Jahre 1670 erscheint dann ein „Reichsschluss“, welcher die Obligationen von Wirten definiert, sowie erstmals auch die Abgaben von Taxen und somit eine erste Form von Einschränkungen darstellt. Ebenfalls wird durch diese Bestimmungen eine wirksamere Kontrolle der Reisenden eingeführt. Unter anderem das Anzeigen von verdächtigen Personen bei der Obrigkeit wurde zu einer festgelegten Aufgabe eines Wirtes. Zudem wurde erstmals auch eine Feuerschutzverordnung eingeführt und kontrolliert. Die nun vermehrt eingehenden Polizeiverordnungen führen dazu, dass die Forschung ein immer genauer werdendes Bild des Gasthoflebens zeichnen konnte und kann.9

Friederich Wilhelm von Brandenburg erließ nach dem Dreißigjährigen Krieg im Jahre 1669 ein Patent, welches nicht nur die Reparation von Brücken, Wegen und Dämmen als prioritär zu behandeln veranlasste, sondern auch das verstärkte Anlegen von Wirtshäusern. Nach seinen Anordnungen sollten auf Hauptstraßen alle 2 bis 3 Meilen ein Wirtshaus angelegt werden. Hier „sollten Gäste gebührend aufgenommen werden und mit einem guten Bissen, sowie Trank und einem reinlichen Lager zu bedienen seien“.10 11

1) „Und überall waren sie, glaubt man den Schilderungen von Platon und Dickens,Abgründe der Verderbnis.“

Glaubt man dem Volksmund, so stellt die Schenke bis zum 19. Jahrhundert einen Ort dar, wo man sich vorwiegend dem „Saufen“, der „Völlerei“ und der „Betrügerei“ hingab. Auch wenn solche Aussagen heute nicht mehr zu belegen sind oder von der Geschichtsforschung als nicht tragbar bewiesen werden können, so wissen wir heute jedoch von den verschiedenen Formen der Gastwirtschaft. Schanklokal war und ist nicht gleich Schanklokal. Auch das „Café“, in dem ausgangs in der Tat nur das schwarze heiße Getränk serviert wurde, entstand im 17. Jahrhundert. Verschiedene Quellen geben Venedig als Ausgangspunkt der Entwicklung der Cafés an, und dies mit dem Jahre 1647. Dies wird in neueren Forschungen jedoch bereits wieder bezweifelt. Paris lernte diese Einrichtungen ab 1669 kennen. 1716 zählt die französische Hauptstadt etwa dreihundert „Kaffeehäuser“.12

Alle europäischen Großstädte erlebten während zwei Jahrhunderten das Café als eine Institution im literarischen und künstlerischen Leben. Wandel vollzog sich nur in der Ausstattung. Wo auch immer gelegen, das Café war der öffentliche Ort, der sich am besten für Zusammenkünfte eignete. Das Café entsprach nicht allein dem Bedürfnis nach geselligem Beisammensein, sondern mehr noch dem Bestreben, einer Gemeinschaft anzugehören.13 In London entwickelten sich die Cafés im Laufe des 18. Jahrhundert recht erfolgreich zu einem Ort für den Umlauf und den Vertrieb des Buches. Wichtige Buchhändler, sowie Herausgeber der damaligen Zeit gaben sich ein Stelldichein in bekannten Londoner Schanklokalen.14 Stets waren die Kaffeehäuser und Schankwirtschaften auch Informationsquelle für nationale und internationale Neuigkeiten durch die Zeitungen, welche hier bei Bedarf und nach Konsumation bereitlagen. So warb ein luxemburgisches Etablissement wie folgt: „Außer sämtlichen inländischen Zeitungen liegen über 30 der hervorragendsten Tageblätter und illustrierten Zeitschriften des Auslandes aus“.15

Um 1850 gesellte sich in Europa zu den traditionellen Cafés ein weiterer neuer Spieler: Das Bierlokal. Ende des Jahrhunderts hatte das Bier bereits in Frankreich, sowohl in der Provinz als auch in Paris, einen guten Teil der Schenken erobert. Die recht rasche Verbreitung dieser Art von Wirtshäusern erklärt sich vor allem dadurch, dass für die Bedienung vermehrt und gezielt Frauen eingestellt wurden. Oft verbunden mit anderen Dienstleistungen, welche den Freudenhäusern ernsthaft Konkurrenz boten. Ab dem 19. Jahrhundert entwickelte die Tradition dahingehend, dass man nun vermehrt in den Caféhäusern auch Wein und andere Alkoholische Getränke konsumieren konnte. Uneingeschränkten Erfolg hatte das Bierlokal zudem im Deutschen Reich.16

Das sogenannte Bistrot trat Ende des 19. Jahrhunderts auf. Ausgehend von Frankreich verbreitete sich dieser Ableger des Schanklokals über den gesamten europäischen Kontinent. Hier wurden das neue urbane Leben, der immer schneller werdende Lebensrhythmus und die Geselligkeit einer Kneipe miteinander verbunden: Man konsumierte im Stehen, es wurde eine Kleinigkeit gegessen, die Unterhaltungen auf das wesentliche reduziert. Das Bistrot ersetze nach und nach das bekannte Cabaret, welches sich nun in seiner Form mehr auf Spektakel konzentrierte und festlichere Allüren zu entwickeln versuchte.17

Auch die Café-Crémerie / Crémerie- Restaurant seien hier kurz erwähnt. Dieses Konzept entwickelte sich Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich und fand ebenfalls Ableger in Luxemburg. Wurden anfangs lediglich Milch, Butter, Eier und Käse in diesen Lokalen vertrieben und serviert, entwickelten sie sich Ende des Jahrhunderts dahingehend, dass auch Alkohol angeboten wurde, dies jedoch illegal. Durch die Eröffnung einer Crémerie versuchte man nicht selten die gesetzlichen und steuerlichen Vorgaben zur Errichtung einer Schankwirtschaft zu unterlaufen.18 Auch hierauf wird an anderer Stelle näher eingegangen. Für das Großherzogtums Luxemburg tritt erstmals 1854 die Thematik der Wirtshäuser und Gastschenken in den Fokus der Öffentlichkeit. In diesem Jahr griff der Generaldirektor der Justiz, M. Würth-Paquet, die Thematik auf und kündigte den Gastwirtschaften seinerseits den Kampf an. Er äußerte sich mehrmals diesbezüglich und behauptete, dass sämtliche öffentliche Stimmen danach verlangen würden, den Wirten politisch strenger gegenüber zu treten. Ebenfalls war er der festen Überzeugung, dass „die Wirtshäuser und der damit verbundene

Alkoholkonsum die Hauptursache für die Kriminalität, die Armut, sowie die sozialen Krankheiten im Großherzogtum Luxemburg“ seien. Direkte Konsequenz war das Wirtshausgesetz von 1854.19 Die Entstehung und Entwicklung dieser „ Loi de cabaret “ wird innerhalb eines Kapitels dieser Arbeit näher untersucht. Hier sei erklärend erwähnt, dass im hiesigen Sprachgebrauch die Bezeichnung „Cabaret“ bis ins 20. Jahrhundert hinein nichts

Anderes bezeichnete als eine Kneipe, wo man eventuell zum Alkoholverzehr zudem noch speisen konnte.20 Die damalige allgemein negative politische und öffentliche Stimmung und Sichtweise gegenüber den Gastwirtschaften in Luxemburg wird ebenfalls Thematik dieser Arbeit sein.

Trotz alledem, durch den Londoner Vertrag von 1867 und die daraus folgende Schleifung der Festungsmauern erfährt auch die Gastronomie des Großherzogtums Luxemburg eine positive Entwicklung.21 In der nun offenen Hauptstadt siedelten sich verstärkt Gastwirtschaften und Speiselokale an. Dies in solch hohen Maße, dass kurz nach 1867 die Gesetze bereits wieder verschärft werden mussten, nicht zuletzt um dem ansteigenden öffentlichen Alkoholkonsum entgegenzuwirken. Doch auch lange vor den ersten Gesetzestexten finden wir bereits Erwähnungen von Gasthäusern und Tavernen innerhalb der Festungsmauern von Luxemburg. So wird unter anderem in Rechenbüchern und anderen Dokumenten aus dem Jahre 1313 ein Gasthaus mit Herberge erwähnt. Es ist dies das Lokal Zu den drei Tauben, gegenüber dem heutigen Palast.22 Zu den drei Tauben ist somit bis dato das älteste nachweislich dokumentierte Lokal des heutigen Großherzogtums. Am Fischmarkt befand sich zudem ab 1489 die Hostellerie „Zum wilden Mann“, sowie die Herbergen „ Zum Engel “ (1491) und „ Zum Fuchs “ (1528). Im Jahre 1733 installierte sich dann das erste Hotel in Luxemburg- Stadt, dies in der Rue de la Porte-Neuve unter dem Namen „ Hôtel des Sept Souabes “. Laut Berichten residierte hier zudem Kaiser Joseph II im Jahre 1781 während mehreren Tagen. In der Grand-Rue situierten sich zudem noch die Herberge „Au Nègre“ seit 1601, sowie das Lokal „A l’Aigle Noir“ (1682).23 Dies sei an dieser Stelle nur eine Auswahl von Lokalen, welche fester Bestandteil der Festungsstadt Luxemburg bis zum Ende des Ancien Régime waren.

Mit der einsetzenden Industrialisierung entstand in der kapitalistischen Gesellschaft eine der ersten „Freizeiteinrichtungen“ für Arbeiter, mit einem zwar umfangreichen, aber trotzdem spezifischen Angebot: Die Arbeiterkneipe. In der frühen Phase der Industrialisierung überwogen im Leben der Proletarier eindeutig die instrumentale Funktion des Schanklokals. Elende Arbeits- und Lebensbedingungen, wenig Zeit und Geld, sowie die Abwehrreaktion gegen einen neuen, ungewohnten Arbeitsrhythmus bestimmten das Verhalten der Arbeiter in der Kneipe. 24 Die Funktion des Gasthauses hatte sich nun teilweise geändert. Zwar fungierten verschiedene Schanklokale noch immer als Schlafplatz, vor allem für neu immigrierte Tagelöhner, doch die Hauptfunktion entwickelte sich verstärkt dahingehend, dass die Schenke Ort der Information, Kommunikation, sowie Organisation wurde. Das klassische Bild der Herbergen als Ankunfts- und Nahrungspunkt eines Ortes hatte sich gewandelt, zumindest in den urbanen Gebieten.

Die Kneipe blieb lange Zeit der einzige Ort proletarischer Kulturarbeit und politischer Betätigung, nicht zuletzt auch infolge der Gesetzgebung, die das Versammlungsrecht auf geschlossene Räume beschränkte. Weil die Kneipen unentbehrlicher Bestandteil des sozialen Lebens der Arbeiter waren, wurde auch ihre Zugänglichkeit von den Arbeitern als wesentlicher Moment ihrer Lebens- und Wohnbedingungen gewertet.25 Das vielfältige Spektrum der Funktionen einer Kneipe geht dabei weit über das Angebot von

Getränken oder Speisen hinaus. Je nach Bedürfnis der Gäste können Kneipen sowohl Anregung und Abwechslung von der täglichen Routine als auch Erholung und Entspannung bieten. Hier sind soziale Kontakte von hoher Unverbindlichkeit ebenso möglich wie der regelmäßige Austausch mit Gleichgesinnten bis hin zu vielfältigen Formen wechselseitiger sozialer Unterstützung in kleineren oder größeren Krisensituationen. Die soziokulturelle Bedeutung der Kneipe spiegelt sich nicht nur in ihren langen Traditionen, ihrer flächendeckenden Verbreitung und ihrer Funktionenvielfalt wider, sondern auch in der entsprechend häufigen Frequentierung. Während einzelne Freizeiteinrichtungen auf eine Vereinzelung und Passivität der Teilnehmer/innen abzielen, verlangt die Kneipe ihren Gästen eine aktive Teilnahme am Geschehen ab. „In erster Linie sind sich die Gäste sich selber wichtig: Für sie verwandelt sich die Kneipe von einem physikalischen Raum in einen sozialen Raum“.26

Auch im Rahmen der Tages- und Wochenpresse und deren Annoncenteil war die Rolle der Gastwirtschaft und des Wirtes erkannt worden. Nicht umsonst waren diesbezüglich die Annoncen von Schanklokalen mit Abstand am besten vertreten, sprachen sie zum Beispiel die Leser der Arbeiterzeitung „Armer Teufel“ doch besonders an. So kamen zum Beispiel in Esch/Alzette im Jahre 1904 ganze 160 Gastwirtschaften auf lediglich 2 Apotheken. Wie bereits erwähnt, spielte sich ein erheblicher Teil des sozialen Lebens der Arbeiter in diesen

Wirtschaften ab und auch die Anzeigen im „armen Teufel“27 spiegelten dies wieder: Wechsel des Betreibers, Standortwechsel oder der Rhythmus der lokalen Festivitäten bestimmten die Zahl der Anzeigen in der Arbeiterzeitung. Die Zeitung kann ebenfalls davon zeugen, wie polyvalent die Gastwirtschaften zu Anfang des 20. Jahrhunderts waren, auch durch die Anzeigen: Café-coiffeur, cafetier-charcutier J.P. Michels, Café-Boucherie de cheval J. Wolter, Café-transport de viande Weisgerber, Café- Briquet-Verkauf Bock-Steinbach usw.28

Zudem war die Gastwirtschaft oftmals Auskunftsstelle, sowie Anlaufstelle für die nun aufkommenden Touristenbewegungen. Die Rolle des Schanklokals als eine Art „Jobbörse“ wird innerhalb dieser Arbeit ebenfalls kurz erwähnt. Eine der hier verfolgten Untersuchungen hat ebenfalls zur Aufgabe, eben diese vielseitigen Funktionen einer Gastwirtschaft zu analysieren und über die primäre Rolle des Getränkeausschankes hinaus zu deuten. Als Beispiel sei das Café-Restaurant Mille Colonnes im hauptstädtischen Bahnhofsviertel von Luxemburg erwähnt, wo die örtliche Feuerwehr stets den Hauptschlüssel ihrer Feuerwache aufbewahrte und bei Feuer der am schnellsten verfügbare Feuerwehrmann erstmal im Café vorstellig werden musste. Dies aus dem einfachen Grund, da die Gastwirtschaft die damalig längsten Öffnungszeiten vorzuweisen hatte und somit stets jemand zu erreichen war.29

Laut Polizeidokumentation war bis kurz vor dem Ersten Weltkrieg, trotz nun entstehender Alternativen, das Café noch immer der beliebteste Versammlungsort politischer und gewerkschaftlicher Organisation. Dies führte dazu, dass auch in Luxemburg die Kneipen polizeilich überwacht wurden. In Esch/Alzette waren dies unter anderem das Café Arnodo et Bernardo, sowie das Lokal Marabese und Pagani. In Differdingen die Kneipen Zallio und Schneider. In Dudelingen unter anderem die Lokale Penanzolo, Rossini und Rongoni.30 Weitere Lokale wurden lediglich sporadisch überwacht und kontrolliert. Polizeiliche Dokumente zu Lokalen aus der Hauptstadt oder dem Norden des Landes liegen uns nicht vor.

Auffällig bei den konsultierten Polizeidokumenten bezüglich der Gastwirtschaftskontrolle sind die Überwachungen von vorrangig italienisch geführten Kneipen und Herbergen. Auch wenn sich die Zahl der unter Überwachung durch die Polizei stehenden Lokale nach dem Ersten Weltkrieg noch einmal steigert und auch „Luxemburgische“ Lokale nun ebenfalls vermehrt kontrolliert wurden, so überwiegen noch immer die „italienischen“ Lokale. Aus den Polizeiberichten geht in diesem Kontext hervor, dass die aus Italien stammenden Arbeiter bei den großherzoglichen Ordnungskräften als besonders „streikwillig“ galten. Bei den italienischen Arbeitern „herrsche eine besonders angespannte Streikkultur, welche dazu führe, dass bei den kleinsten Zwischenfällen die Arbeit sofort niedergelegt werde“.31

An dieser Stelle sei ebenfalls darauf hingewiesen, was wir durch diese Arbeit versucht haben zu erforschen und in den diesbezüglichen Kontext zu setzen, und was hier als weniger wichtig erschien. Bei dieser Arbeit ging es nicht um die Auflistung aller gastwirtschaftlichen Lokale, welche im Großherzogtum Luxemburg und der Großregion in irgendeiner Form von historischer Bedeutung gewesen wären oder um all die Lokale die in einem Polizeibericht Erwähnung gefunden haben. Es werden zwar verschiedene, in unseren Augen als wichtig zu erwähnende, Schanklokale und Arbeiterkneipen erwähnt, jedoch geschieht dies mit der Absicht, den in dem jeweiligen Kapitel behandelten Themenkomplex zu verbildlichen und konkrete Beispiele für die Sachlage zu präsentieren. Alle noch heute existierenden oder mit dem Ruhm von vergangenen Tagen belegte Gastwirtschaften oder Tanzlokale sind zudem bereits innerhalb mehreren Publikationen zum Themenbereich Freizeitgeschichte, Entertainment und Gastronomie, welche sich in den letzten Jahren langsam aber zusehends vermehrt haben, erwähnt (unter anderem: SPAUTZ, Roger: Die Entertainer der Nationallotterie. Vortragskünstler und Kabarettisten, Luxemburg 1983).

Zudem ging es hier nicht um eine umfassende Erfassung sämtlicher ehemaliger oder noch heute präsenter Formen von Bars, Cafés oder Herbergen in Luxemburg. Ob es sich nun um einen englischen Pub oder um ein Bistrot mit französischen Ambiente handelt, welches sich entweder im Luxemburger Bahnhofsviertel oder in dem Escher Arbeiterquartier befand, dies wird in anderen spezifischen Publikationen beschrieben. Jedoch werden einzelne, als historisch wichtig einzuschätzende Formen von Gastwirtschaften, sowie einzelne spezifische Lokale erwähnt. Nicht zuletzt, weil diese öfters Grund waren für lebhafte Diskussionen innerhalb der Öffentlichkeit, sowie auf politischer Ebene (Luxemburgische Abgeordnetenkammer). Hier sei unter anderem die im dritten Kapitel genauer behandelte

Animierkneipe, sowie die bereits erwähnte, durch die verstärkt einsetzende Industrialisierung im Süden des Großherzogtums sich entwickelnde Arbeiterkneipe erwähnt. Zudem werden wir kurz hinterfragen, in wie fern die lokale Gastronomie einen Ort oder Quartier beeinflussen konnte. Hier sei in Luxemburg z. B. die hauptstädtische Place d’Armes erwähnt. Nachdem der Platz im Jahre 1867 seinen militärischen Charakter durch den Abzug der preussischen Garnison verloren hatte, siedelten sich hier in den folgenden Jahren vermehrt Cafés und Restaurants an. Unter anderem das Café Jentgen gegenüber dem Dicks/Lentz Monument, welches bevorzugt vom bekannten Luxemburger Schreiber Batty Weber besucht wurde und ebenfalls durch diesen mehrmals erwähnt wurde.32

Die sogenannte „Schwarzgastronomie“ wird auf den hier vorliegenden Seiten ebenfalls nicht näher thematisiert. Als „Schwarzgastronomie“ bezeichnen die gastronomischen Interessenverbände die halböffentlichen Ausschänke in Vereinen und Kulturhäusern. Dies ist gerade in Luxemburg ein wichtiges Thema, vor allem bei der hohen Anzahl an Sportvereinen und Musikgesellschaften in Bezug auf eine doch kleine Bevölkerungsdichte. Lediglich das „Schnapskasino“, als veranschaulichter Vertreter der Schwarzgastronomie, wird kurz behandelt. Auch dies im Kontext der Industrialisierung und dem verstärkten Aufkommen der Kneipe als Freizeitort. Das Schnapskasino ist dahingehend interessant, als dass es sozusagen die erste Institution der Auflehnung gegen die im Deutschen Reich herrschenden Sozialistengesetze und vor allem gegen das Versammlungsverbot und die strengen Sperrstunden darstellte. Hier werden dann auch verschiedene Parallelen zum deutschen Ruhrgebiet gezogen und Beispiele mit dem Großherzogtum verglichen. Alle Vertreter der Schwarzgastronomie, welche man in Luxemburg vorfinden konnte zu analysieren, hätte den Rahmen dieser Forschung gesprengt. Für Deutschland liegen jedoch bereits umfangreiche Untersuchungen zu diesem Thema vor.33

In erster Linie wird versucht zu erforschen, welche Stellung eine Schankwirtschaft in der Gesellschaft und welche historisch-soziale Rolle die Kneipe innerhalb des Alltaglebens einnehmen konnte. Ob es sich um einen politisch ernstzunehmenden Kommunikationsort handelte, oder doch nur um einen Ort, wo man dem Arbeiteralltag zu entfliehen versuchte. Es gab Gasthäuser für die Reichen und solche für die Armen, Dorfschänken und städtische Schnapshöhlen, enge, überfüllte Stehbierhallen und weitläufige Bierpaläste. „Der Charakter eines bestimmten Wirtshauses hing von den sozialen Merkmalen und der Zusammensetzung seiner Gäste ab“.34

Geografischer Gegenstand der hier durchgeführten Untersuchungen sind, wie bereits angedeutet, vorwiegend das Gebiet der Hauptstadt Luxemburg (Hollerich mit einbezogen), sowie das Minetterevier im Süden beziehungsweise Südwesten des Großherzogtums. Dies einerseits um die aufgeworfenen Fragen gezielter und pointierter diskutieren zu können und zugleich gegebenenfalls dem Verdacht beliebiger Auswahl punktuell verstreuter Beispiele zu entgehen. Andererseits weil der Norden des Großherzogtums eine viel kleinere, saisonabhängige und sporadische Entwicklung der Gaststätten über die Jahrzehnte erfuhr, dies teilweise sogar noch bis heute.

Während den Nachforschungen bezüglich der hier behandelten Thematik zeichnete sich ein reiches Spektrum an verschiedenen Formen von Schanklokalen heraus, welche für das doch im direkten Vergleich recht kleine Großherzogtum eine breite Vielfalt boten. Neben den, wie bereits erwähnt, auf den folgenden Seiten etwas genauer analysierten Animierkneipen und Schnapskasinos, entstanden Anfang des 20. Jahrhunderts in der Hauptstadt zudem sogenannte „Antialkoholische Schankstellen“. Also Wirtshäuser, in denen es keinen Alkohol zu erwerben gab. Diese Lokale entstanden teils natürlich auch mit der Absicht, die für die üblichen Wirtshäuser geltenden Gesetze zu unterlaufen. Laut Polizeibericht vom 21. Juni 1918 verlief dies jedoch nicht ohne Probleme. Eine Überwachung dieser Lokale sei äußerst schwer, eben gerade weil man keine gesetzliche Basis hätte. Fälle von gewerblicher Prostitution und Glücksspiel lagen vor. Vor allem aber die nicht gesetzlich geregelten Öffnungszeiten waren ein Problem, für Nachbarschaft und Viertel, sowie für die Personen selbst. Hinzu kommt das Bedienen von Minderjährigen und „homosexuelle Verlangen“.35 Hier kann man bereits erkennen, dass mehrere als negativ bewertete soziale Erscheinungen in direkten Zusammenhang mit den Wirtshäusern gebracht wurden. Zudem nicht nur bei „normalen“ Lokalen, wo also auch Alkohol ausgeschenkt wurde, sondern bei allen Formen von Schankwirtschaften, in denen sich Menschen verschiedener sozialer Klassen trafen und interagierten. Auf das „ Café-Chantant “, auch noch bezeichnet als „ Café-concert “, wird hier nicht näher eingegangen. Für diese Form von Lokal fehlten zum Zeitpunkt der Recherchen relevante Quellen, Zeugenberichte, sowie Polizeiprotokolle. Einzelne Erwähnungen eines „ Café-Chantant “ in Berichten der großherzoglichen Gendarmerie lassen darauf schließen, dass die luxemburgischen Behörden keinen Unterschied zwischen dieser Bezeichnung und der Bezeichnung als „Animierkneipe“ machten. Interessant in Bezug auf diese Gattung von Lokal ist die Tatsache, dass bereits Napoleon Bonaparte das „ Café-Chantant “ per Dekret verbieten ließ, da es in seinen Augen eine Keimzelle von Kritik an seiner Politik war.36

Doch nicht nur das Lokal an sich soll innerhalb dieser Forschungsarbeit thematisiert sein. Auch der Herr eines Gasthauses, der Gastwirt, war oftmals eine nicht zu unterschätzende Persönlichkeit.

Das Berufsbild des Gastwirtes kann auf eine knapp 5000 Jahre alte Geschichte zurückblicken, innerhalb derer sich die Form aufgrund der unterschiedlichen sozialökonomischen Umfelder mehrmals wandelte.37 Der Berufsstand des Wirtes erfreute sich in Luxemburg bereits früh einer internationalen Prägung. Die Register der politischen Polizei, sowie der Gendarmerie verzeichnen Mitte des 19. Jahrhunderts eine Vielzahl an verschiedenen ausländischen Personen, welche eine Schankwirtschaft im Großherzogtum betrieben. Vor allem Arbeitsuchende aus den drei direkten Nachbarländern führten diese Listen lange an. Sie wurden jedoch gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Italienern abgelöst. Die wegen der Arbeit in den Minen und Hüttenwerken immigrierten Italiener begannen das Stadt- und Dorfbild des Südens zu prägen, nicht zuletzt wegen den nun entstehenden italienischen Kneipen und Restaurants. Im Jahre 1894 eröffnete so zum Beispiel das Café Lazzeri Giacomo als eines der ersten in Esch/Alzette. Dieses Lokal befand sich im bekannten Viertel in der Hoehl auf Nr. 30. Das Lokal avancierte zu einem bekannten Zentrum des italienischen Lebens in Luxemburg und war bekannt für seine Feste und Bälle zu verschiedenen Anlässen, wie etwa Sylvester, Ostern oder noch während des Karnevals.38

Interessant erscheint das Themenfeld zudem, da die Berufsgruppe der Wirte stets separat erwähnt und behandelt wurde. Unter den Geschäftsleuten und Einzelhändlern des Großherzogtums erfuhren die Wirte oftmals eine spezielle Behandlung durch die Regierung und andere öffentliche Instanzen, nicht zuletzt durch die Polizei. Sie wurden schlicht anders angesehen, überwiegend negativ und moralisch schädigend für die Öffentlichkeit. Am 23. März 1906 wurde in der Stadt Luxemburg die „ Fédération des Commercants du G.-D. de Luxembourg “ gegründet. Unter den ersten 46 Mitbegründer der Interessengemeinschaft waren jedoch nur zwei Cafébesitzer und ein Hotelbesitzer. Erstaunlich ist dies nicht zuletzt, da die Zahl der Schanklokale zu diesem Zeitpunkt äußerst hoch war und die Wirte (über 3000 im Großherzogtum) vorwiegend in der Hauptstadt, aber auch im Süden des Landes, aktiv waren.39 In einem weiteren Kapitel stellen wir uns die Frage, wieso nicht mehr Wirte in dieser Fédération vertreten waren? War unter Umständen die moralische Rolle und öffentliche Meinung bezüglich des Wirtsstandes daran schuld? An dieser Stelle sei bereits erwähnt, dass diese Frage nicht gänzlich beantwortet werden konnte.

Das Gastronomiegewerbe wies in den beiden letzten Jahrhunderten sowohl Kontinuität als auch Wandel auf. Bei den kleinen Kneipen der „langen Jahrhundertwende“ änderte sich weder Angebot noch Funktion grundsätzlich: Wirte kamen und gingen, Biersorten wechselten, es gab mehr oder weniger Essensangebote, einige Lokalitäten offerierten Möglichkeiten zum Tanz oder Spiel, andere nicht. Aber die Kneipe als Ort des Konsums von überwiegend alkoholischen Getränken, als Treffpunkt sozial und politisch ähnlich Gesinnter einer Nachbarschaft oder als Vereinslokal – an diesen Funktionen änderte sich im Laufe des sich hier festgelegten Untersuchungszeitraums recht wenig. Auf den folgenden Seiten wird der Versuch unternommen, hinter die Kontinuität und den Wandel dieser Szene zu blicken und zudem die sozial-historische Rolle einer Kneipe, sowie die politische Sphäre zu deuten. Zudem, wenn möglich, wird versucht eine eventuelle politisch relevante Rolle zu ermittelt und einzuschätzen inwiefern in der Kneipe überhaupt Platz für Politik gegeben war.

III. Forschungsstand und Quellenlage

II) 1. Nationaler Forschungsstand

Beschäftigt man sich mit der Geschichte und sozialen Rolle von Kneipen, Gastwirtschaften, Cafés und Animierkneipen im Großherzogtum Luxemburg, so bemerkt man relativ schnell, dass der nationale Forschungsstand äußerst dürftig erscheint. Trotz einer international historischen sowie sozialen Aufwertung der Thematik rund um die Rolle der Gaststätte in verschiedenen Aspekten des öffentlichen Lebens in den letzten Jahrzehnten, wurde der Rolle dieser Institutionen hier zu Lande bis dato keine größere Beachtung geschenkt. Die Wichtigkeit einer „Eckkneipe“ als Kommunikationszentrum der kleinbürgerlichen Welt am Ende des 19. Jahrhundert und davor, sowie das sich rezenter entwickelnde Nachtleben als indirekter Nachkommen der Gastwirtschaft blieb in der luxemburgischen Geschichtsschreibung weitestgehend unangetastet.

In Luxemburg lassen sich diesbezüglich mehrere Forschungsdefizite erkennen. Diese betreffen zum einen die flächendeckende Erfassung der großherzoglichen Kneipenszene, zum anderen aber auch die Untersuchung spezieller Lokale, bestimmter Besuchergruppen oder ausgewiesener Aktivitäten in den Kneipen (mit Ausnahme verschiedener Artikel zum Kegelsport und dessen soziale Rolle im Dorfleben).

Nun könnte man argumentieren, dass im Gegensatz zu anderen Ländern (hier sei z.B. die „Pub-Kultur“ in England und Irland erwähnt), welche eine viel reichere „Gastwirtschaftskultur“ besitzen, das Großherzogtum mit seinen „Dorfetablissements“ und „Arbeitercafés“ keinen genügend großen Forschungsspielraum zulässt. Diesbezüglich kann man eine kurze Statistik anführen, um die Zahl der „Schanklokale für alkoholische Getränke“40 zu kontextualisieren: Im Jahre 1906 waren in Luxemburg 3488 Schanklizenzen vergeben.41 Dies bei einer Bevölkerung von 236.125 Einwohnern, was eine Wirtshausdichte von ungefähr einem Wirtsbetrieb auf 68 Einwohner ausmacht.42 Zum Vergleich: In Berlin kamen um 1900 genau 7,4 konzessionierte Gaststätten jeglicher Form auf 1000 Einwohner (also ein Wirtshaus auf 135 Berliner Einwohner), das heißt eine viel geringere Dichte als im Großherzogtum, obwohl sich Berlin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Metropole entwickelte.43

Man kann also behaupten, dass Lokale mit Ausgabe von Speisen und Trank im alltäglichen Straßenbild des Luxemburger präsent waren, sowohl in ländlichen als auch in städtischen Regionen.44

Rezente Forschungen haben bewiesen, dass das Gasthaus, die Kneipe oder auch noch das „Schnapskasino“ bereits viel früher eine wichtige sozial-kommunikative Rolle innehatten, dies teilweise bereits Anfang des 19. Jahrhunderts. Dies war in Luxemburg, was in den vorliegenden Seiten noch zu beweisen sein wird, nicht anders. Nur dass die luxemburgische Geschichts- und Sozialforschung diesem Phänomen noch nicht im gleichen Maße Aufmerksamkeit geschenkt haben.

Würde man nun behaupten, dass sich im Großherzogtum noch nie jemand mit dieser Thematik auseinandergesetzt hat, so würde man hier doch interessante Forschungsarbeiten und Recherchen nicht gerecht werden, welche bereits einen kleineren Beitrag zur Erforschung der Geschichte der luxemburgischen „Kneipenkultur“ geleistet haben. Beginnend an dieser Stelle mit dem Schaffen von Herrn Raymond Weiller, luxemburgischer Historiker und Numismatiker, sowie langjähriger Mitarbeiter des luxemburgischen Nationalmuseums für Geschichte und Kunst.45,46 Seine beiden Werke, „Jetons Luxembourgeois modernes“ und „De Lëtzebuerger Béierstong. Contribution à l’étude des méreaux Luxembourgeois“ sind zwar vor allem Werke zur luxemburgischen Numismatik, doch liefert Weiller in beiden Werken wichtige Randinformationen, sowie eine erste unternommene Einsicht in Dokumente des luxemburgischen Nationalarchivs. Vor allem in seinem zweiten Werk aus dem Jahre 1994 über die luxemburgischen „Jetons“ äußert sich der Historiker zur sozialen Rolle der Wirtshäuser im Großherzogtum. Zudem liefert er statistische Aufzählungen zur Anzahl von gastwirtschaftlichen Betrieben im Großherzogtum, aufgestellt anhand von gesammelten „Biermarken“ und „Jetons“. Obwohl das Hauptaugenmerk auf der numismatischen Geschichte der „Marken“ und dessen Vertrieb liegt, kann man hier erste Ansätze der Erforschung der wichtigen sozio-historischen Rolle von Wirtschaften herauslesen.

Auch die Forschungsarbeit von D. Heike Mauer im Bereich der Frauen- und Geschlechtsforschung muss im hier behandelten Zusammenhang erwähnt werden. Frau Mauer promovierte zur Thematik: „Intersektionalität und Gouvernementalität. Die Problematisierung der Prostitution in Luxemburg um 1900 bis zum Ende der Zwischenkriegszeit“. Diesbezüglich wurden auch die Räume der Prostitution analysiert und hier konnte man dann folglich ebenfalls aufzeigen, dass Prostitution in Luxemburg auch in Kneipen und Schanklokalen stattfand. Weitere spezifische Artikel folgten. So zum Beispiel der 2014 publizierte Artikel über die Problematisierung der Prostitution, in welchem unter anderem auf das Phänomen der „Animierkneipen“ eingegangen wird.47 Frau D. Mauer beschäftigte sich für diesen Artikel ebenfalls mit den im Nationalarchiv hinterlegten Dokumenten der luxemburgischen politischen Polizei von 1889 bis 1908, sowie mit den betreffenden Kammerberichten der luxemburgischen Abgeordnetenkammer. Diese Forschungsarbeit wird auch in dem 2016 erschienen Artikel über die „Problematisierung der Prostitution in Luxemburg um 1900 aus einer intersektionalen Perspektive“ weitergeführt.48 Hier bezieht Frau Mauer zudem verschiedene luxemburgische Gesetzestexte und Zeitungsartikel aus lokalen Zeitungen in ihre Recherchen mit ein. Wenn sich hier auch hauptsächlich mit der Rolle und dem historischen Schicksal der Frau als Prostituierte in Luxemburg beschäftigt wird, so schneidet Frau D. Heike Mauer mehrmals in ihren Publikationen die Rolle von Schanklokalen in diesem Zusammenhang an. Vor allem die geleistete Quellenforschung erweist sich als äußerst hilfreich für weitere Arbeiten mit der Thematik von Prostitution, aber auch der sozialen Rolle von Gastwirtschaften.

Auf nationaler Ebene bleibt ebenfalls der Artikel von Jean Putz aus dem Jahre 196549, sowie das Sammelwerk von und über die luxemburgische Steueradministration aus dem Jahre 1995 50 zu erwähnen. Beide Publikationen beschäftigen sich mit der wirtschafts- geschichtlichen Seite der „Loi de Cabaret“ und liefern detaillierte Einblicke z. B. was die Höhe der staatlichen Einnahmen durch die Wirtshaussteuer betrug oder wie der Gesetzgeber die Gesetze kontinuierlich veränderte um der hohen Zahl an Schanklokalen entgegenzuwirken.

Andere Werke gehen kurz auf die Rolle von Schankwirtschaften und Cafés als wichtige historische Versammlungsorte ein. So z.B. mit den im 19. Jahrhundert entstehenden sozialen Bewegungen, wie etwa die ersten Arbeitervereinigungen, aber auch die Rolle der Gastwirtschaft als wichtiger Ort der Freizeit des sich entwickelnden Proletariats. So etwa auch beim Artikel „L’ouvrier mineur au travail 1870 – 1914“ von Professor Denis Scuto im 1992 erschienenen Sammelwerk zum 75 Jubiläum der freien Gewerkschaften in Luxemburg. Herr Scuto erwähnt hier unter anderem die sich vermehrt in den südlichen Industriezonen des Großherzogtums beginnend anzusiedelnden Gastwirtschaften, welche oftmals am Lohntag der Arbeiter gut besucht waren und in Folge dessen 22% der Minenarbeiter am nächsten Tag nicht zur Arbeit auftauchten.51 Ebenfalls wird hier ein Blick auf die internen Reglungen der verschiedenen Hütten in Bezug auf Alkohol und Kneipenbesuch geworfen, sowie die von Hüttenherren in unmittelbarer Nähe zur Fabrik und Mine selbst geführten Schankwirtschaften. In diesem Werk findet man unter anderem noch einen Artikel von Janine Wehenkel-Frisch sowie von Raymond Steil, welche sich ebenfalls, wenn auch nur kurz in vereinzelten Abschnitten, mit der für den Minen- und Hüttenarbeiter wichtigen sozialen Rolle der Gastwirtschaft als Versammlungs- und Gründungsort beschäftigen.

In diesem Zusammenhand bleibe noch die rezentere Publikation von Fabian Trinkaus zu erwähnen.52 Er zieht in seinem 2014 erschienenen Werk einen Vergleich zwischen der Stahl- und Hüttenarbeiterwelt in Düdelingen / Luxemburg und Neunkirchen / Saar. Auch Trinkaus geht innerhalb eines Kapitels auf die kurz bemessene Freizeit des Arbeiters im 19. Jahrhundert ein und hier ebenfalls auf die wichtige soziale Rolle der Kneipe und der „Schnapskasinos“.

II) 2. Interregionaler und internationaler Forschungsstand

Blickt man nun über die Grenzen des Großherzogtums Luxemburg hinaus, so findet man hier bereits eine reichere Dokumentation, sowie Quellenlage bezüglich der Geschichte, Entwicklung und Rolle der Gastwirtschaft und deren Umfeld. Hier kann man vor allem in den letzten Jahrzehnten eine interessante, stetig steigernde, Entwicklung beobachten, sowohl hinsichtlich Qualität als auch Quantität.

Wissenschaftliche Arbeiten, die methodischen Ansprüchen gerecht werden, sind erst in den letzten drei Jahrzehnten vorgestellt worden. Dabei handelte es sich zunächst vor allem um sozialpsychologische und soziologische Studien, die die Kneipe als spezifischen sozialen Raum, als eine „Gesellungsform“, wahrnehmen. In diesem Kontext wurden vor allem Ansätze englischer Untersuchungen aufgegriffen und unmittelbar weiterführend für die deutsche Forschungstradition erweitert. Die deutsche Forschung, welche für diese Arbeit als am wichtigsten zu werten sein wird, war lange lediglich von kulturgeschichtlich ausgerichteten Darstellungen der Gaststätte als Institution geprägt. Neuere volkskundliche Arbeiten zum Thema finden sich in sehr unterschiedlichen Forschungszusammenhängen: „Ein verstärktes Interesse an der sozialen und politischen Bedeutung der Kneipe findet sich im Rahmen der historischen Arbeiterkulturforschung ebenso wie im Zusammenhang mit der Hinwendung zur (Groß-) Stadt als volkskundlichem Forschungsfeld. Das Vorhandensein wie auch das Fehlen von Trinklokalen als Freizeitbereichen und Orten nachbarschaftlicher Geselligkeit bestimmen die Lebensqualität in den städtischen Quartieren“.53

International kann man zwei sich heraus entwickelnde Themenschwerpunkte beobachten, welche die Rolle der Gastwirtschaft historisch anerkannt haben. Zum einen erschienen in den letzten Jahren mehrere Publikationen, welche die Rolle der Kneipe als Kommunikationszentrum verschiedener Kulturen und Schichten analysierten und diesbezüglich die sozial-historische Rolle der Wirtschaft belichteten. Hier wird die Kneipe als Ort der Begegnung wahrgenommen, wo z.B. Bürgertum auf Proletariat traf und sich über Alltagsprobleme gestritten wurde, Arbeitsstellen vermittelt wurden oder noch dem täglichen Elend zu entfliehen versucht wurde. In diese Sparte fallen unter anderem die Werke von Thomas Mania 54 und Franz Dröge 55. Bei der zweiten oft behandelten Sparte spielt die Gastwirtschaft ebenfalls eine wichtige Rolle als Ort der Kommunikation und des Zusammentreffens, also eine teilweise Überschneidung mit dem eben erwähnten Themenbereich, doch hier spezifischer als Quelle von sozialistisch-politischen Bewegungen, Arbeiterorganisationen, bis hin zum Hauptversammlungsort für Gewerkschaften oder liberale Untergrundbewegungen. Hier also die Kneipe als eine Art abgeschotteter Raum, der diesen nun einsetzenden Bewegungen, in gewisser Weise und bis zu einem gewissen Grad, Schutz und Anonymität bietet. In diesen Themenkomplex reihen sich unter anderem die Arbeiten ein, welche sich mit der Geschichte von Gewerkschaften und Arbeiterbewegungen beschäftigen, und in diesem Zusammenhang auch die Rolle der Kneipen als Versammlungsort beleuchten. Hier seien stellvertretend z.B. die Publikationen von James S. Roberts56 und Wilhelm Schröder57 erwähnt.

Auch regional-spezifische Werke, welche sich mit Form und/oder Rolle von Kneipen und Gasthäusern in festgelegten geografisch begrenzten Gebieten beschäftigen, sind in den letzten Jahrzehnten vermehrt entstanden. Hier ist unter anderem das Werk des Sozialhistorikers Richard J. Evans zu erwähnen, der 20.000 Berichte der Politischen Polizei Hamburgs aus der Kaiserzeit analysierte, welche durch Beamte in Zivil zwischen 1892 und 1914 verdeckt in Arbeiterkneipen ermittelten um „verdächtige Gespräche“ mithörten und anschließend protokollierten.58 Eine äußerst wertvolle Quelle, welche ein interessantes Stimmungsbild der Arbeiter und sonstigen Gästen zu Politik, Revolution und Kaiser zulässt. Ebenfalls regional- bedeutende Werke sind „ Kneipen-Kultur “ von Gudrun Schwibbe, ein Sammelwerk welches nach Abschluss eines zweisemestrigen Seminars für Volkskunde an der Universität Göttingen entstand und sich mit der Rolle von Kneipen in dem ehemaligen Industrie-Ballungsgebiet und heutigen Universitätsstadt beschäftigt59, sowie der detailliert recherchierte Artikel von Armin Owzar über die Kneipenkultur im ehemaligen deutschen Kaiserreich.60 Von regional- spezifischer Bedeutung ist ebenfalls das Werk der deutschen Historikerin Dagmar Kift, die sich in ihrem Sammelwerk Kirmes-Kneipe-Kino mit der Arbeiterkultur im Ruhrgebiet des späten 19. Jahrhunderts beschäftigt und hier insbesondere mit der Freizeit der Arbeiter, von der sich auch ein großer Teil in den Kneipen abspielte.61

Nicht zuletzt sei das umfassende Werk von POTTHOFF Ossip und KOSSENHASCHEN Georg erwähnt.62 Die beiden Historiker, welche aus Hotelier-Familien abstammen, haben mit ihrem Werk vor allem versucht, die kulturelle Rolle der Gastwirtschaften seit dem Mittelalter bis in die 1950er Jahre nachzuzeichnen. Verschiedenen Themenschwerpunkten wie etwa Gastwirtschaft und Politik, Trinksitten und denkwürdige Gaststätten lassen neben einem detaillierten historischen Rückblick das kulturelle Wirken von Schanklokalen im deutschsprachigem Raum Revue passieren.

Abschließend sei hier eine weitere Kategorie von Dokumenten erwähnt, welche sich in gewisser Weise zwischen Primär- und Sekundärquelle (-literatur) bewegt. Bereits Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich die Literatur mit den verschiedenen Formen des Alkoholproblems („Branntweinpest“) der Bevölkerung beschäftigt. Hier dann auch zwangsläufig mit der sich kontinuierlich steigernden Zahl an Kneipen und Gastwirtschaften. Regional organisierten sich als direkte Folge sogenannte „Mäßigkeitsbewegungen“ und „Abstinenzvereine“, welche einerseits Broschüren und Artikel publizierten, um über die gesundheitlichen (und sozialen) Gefahren die vom Alkohol ausgehen zu informierten. Andererseits oftmals die Schankwirtschaften selbst als Quelle des Leids bezeichneten und sogar über die verschiedenen Formen einer Wirtschaft und deren (schlechten) Ruf informierten. In ihren Augen war es ein Ort, welcher unbedingt zum Wohle der Öffentlichkeit gemieden werden musste, dementsprechend sind diese Quellen dann auch vorbelastet. Abstinenzvereine gab es bereits im späten 19. Jahrhundert in ganz Europa, sowie in den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada. Hier seien die Recherchen von Cordula Hölzer erwähnt, die sich international mit den verschiedenen Formen von Abstinenz- Gruppierungen beschäftigte.63 Auch im Großherzogtum organisierten sich die Alkoholgegner um 1898, dies im Umfeld der katholischen Eliten. Hier entstand der „Verein gegen den Missbrauch der geistigen Getränke“, welcher ebenfalls ab dem Gründungsjahr die Zeitschrift „Das Volkswohl“ publizierte.64 Die Luxemburger Anti-Alkohol-Bewegung und ihre Randgruppierungen werden wir an anderer Stelle nochmals näher beleuchten, es sei jedoch bereits angemerkt, dass verschiedene Ausgaben vom „das Volkswohl“ bis heute archiviert und zugänglich sind.

II) 3. Quellenlage

Als Hauptquelle für die hier geführten Nachforschungen zur Geschichte des Wirtshauswesens im Großherzogtum kann das Luxemburger Nationalarchiv angegeben werden. Hier sind vor allem die Bestände des Justizministeriums aus der Archivreihe J-064 zu erwähnen, welche detailliert über die verschiedenen Entwicklungen der Loi de Cabaret informieren, aber auch zur Geschichte, Einsatz und Rolle der „ police des cabarets “ als nützliche Quelle dienten. Es muss jedoch auch erwähnt bleiben, dass der Fonds der Justiz zu Loi de Cabart bis zur Publikation dieser Arbeit nicht katalogisiert war. Hier mussten also zunächst mehrere Bestände durchgelesen und für diese Arbeit auch ausgemustert werden, da die Bezeichnung „ Loi de Cabaret “ im 19. Jahrhundert vom Justizministerium sehr breit benutzt wurde. Neben dem Fonds des Justizministeriums wurden zudem mehrere Dokumente des Finanzamtes durchgeschaut, wo ebenfalls verschiedene Dossiers mit dem Vermerk „ Loi de Cabaret “ hinterlegt sind. Diese Dokumente geben vor allem Aufschluss über die Anzahl der in Luxemburg betriebenen Wirtschaften, welche eine Erlaubnis zum Ausschank alkoholischer Getränke besaßen und somit auch bezügliche Steuern zu zahlen hatten. Durch diese Dokumente, gekennzeichnet durch die Bezeichnung „ FIN-...-Cabaretage et distillerie “, lässt sich seit den 1860er Jahren ein ziemlich genaues Bild von der Anzahl der betriebenen Kneipen und Schankwirtschaften zeichnen.

Der dritte eingesehene Fonds im Luxemburger Nationalarchiv sind die archivierten Berichte der großherzoglichen Abgeordnetenkammer. Das Hinzuziehen dieses Fonds erlaubte in leichten Ansätzen eine gewisse Zeichnung der öffentlichen Meinung bezüglich der Gastwirtschaft-Gewerbes. Vor allem das Phänomen „Animierkneipe“ wurde hier des Öfteren thematisiert, sowie das Problem der versteckten Prostitution innerhalb von Schanklokalen und die, laut der Regierung und der Mehrzahl der Abgeordneten, zu hohe Zahl an Schankkonzessionen. Die Berichte der verschiedenen Sitzungen der Abgeordnetenkammer zu den Gesetzesprojekten im Rahmen der „ Loi de Cabaret “, wo es vereinzelt zu regen Streitgesprächen kam, kann somit als wertvolle Quelle angesehen werden.

Zudem wurde zum Versuch der Analyse der öffentlichen Meinung in einem weiteren Schritt die Luxemburger Presse hinzugezogen, die doch im behandelten Zeitraum eine relativ große Anzahl an Artikel publizierten welche „Animierkneipen“, Alkoholproblem bei den Arbeitern, hohe Anzahl der Wirtschaften und illegale Prostitution in den Cafés des Bahnhofviertels zum Thema hatten. Bleibt in diesem Zusammenhang jedoch auch zu erwähnen, dass die Sicht der Presse Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts allgemein einseitig ausfiel. Die Gastwirtschaft wurde innerhalb der geschriebene Presse überwiegend negativ interpretiert und dargestellt, eine allgemein neutrale Sicht durch die nationale Presse mit einem daraus resultierenden Bild der öffentlichen Meinung war dementsprechend für diese Forschungen nur begrenzt möglich. Allen voran muss man hier das Luxemburger Wort erwähnen.

Allgemein kann man die Luxemburgische Quellenlage jedoch als eher dürftig bezeichnen. Weiter Nachforschungen bei anderen Instanzen, etwa bei der großherzoglichen Zollbehörde oder dem Dachverband der Gastwirtschaftsbetreiber in Luxemburg blieben ohne nennenswerte Resultate. (Der Luxemburger Zoll hat einen Großteil der Dokumente ihrer „ Section cabaretage “ nach der Reformierung der Behörde zerstört oder dem Finanzministerium und/oder Steueramt übergeben. Hier konnte man jedoch keine Erlaubnis zur Einsicht der Dokumente erhalten). Schlussendlich lieferte vor allem das Luxemburger Nationalarchiv die nötigen Primärquellen, was zu interessanten Resultaten führte, die innerhalb der folgenden Seiten dargelegt werden.

IV. Fragestellung

Mit der hier vorliegenden Arbeit sollte der Versuch unternommen sein, sich dem sozial- kulturellen Charakter der Begegnungsorte „Gastwirtschaft“, „Arbeiterkneipe“ und jenen anderen Formen von Lokalen welche man in Luxemburg vorfinden konnte, historisch anzunähern. Hierzu werden verschiedene Aspekte selektiert und genauer analysiert. Neben der Geschichte und Entwicklung der „Loi de Cabaret“65 wird unter anderem versucht die politische Rolle der Gastwirtschaft im Zusammenhang mit dem Aufkommen der ersten Gewerkschaftsbewegungen in Luxemburg und des Klassenkampfes des Proletariats Ende des 19. Jahrhunderts zu untersuchen, sowie eine im möglichen Rahmen getätigte Einschätzung der sozialen Rolle einer Gastwirtschaft in der Bevölkerung des Großherzogtums Luxemburg aufzustellen.

Der Titel einer Forschungsarbeit ist ein Versprechen und ein Vorbehalt zugleich. Sicherlich verspricht er ein bestimmtes Thema zu behandeln, aber auch eben nur dieses Thema. Der Titel „Aspekte der historischen Entwicklung und sozial-geschichtlichen Rolle der Gaststätten im Großherzogtum Luxemburg (1854-1933)“ wurde hier durchaus mit Bedacht gewählt. Der Leser wird darauf verwiesen, dass es sich vorwiegend um soziale und historische Forschungsgebiete zum Thema Gaststätten handeln wird, welche überwiegend auf das Großherzogtum bezogen bleiben werden. In der Beschränkung, dass man lediglich versucht „Aspekte“ des Gaststättenwesens näher zu beleuchten, liegt der oben erwähnte Vorbehalt. Hier muss erwähnt bleiben, dass die gesamte Wirtschafts-, Sozial-, und Kulturgeschichte des Gaststättenwesens in Luxemburg den hier angestrebten Rahmen beträchtlich gesprengt hätte. Darum wurde sich zudem ein zeitlicher Rahmen gesetzt, in diesem versucht wurde eine Aufeinanderfolge einzelner Entwicklungsstadien dieses Gewerbezweigs zu berücksichtigen.

In Folge der verschiedenen Aspekte, welche hier versucht wurden zu beleuchten, führte dies in Konsequenz auch zu einer mehrteiligen Fragestellung, welche wie folgt formuliert ist:

Welcher Zusammenhang lässt sich zwischen der sich ständig adaptierenden luxemburgischen „ Loi de cabaret “ und den wirtschaftlichen Entwicklungen des Gastwirtschaftswesens in Luxemburg erkennen? Welche Stellung nimmt die luxemburgische Gaststätte im Gesamtbild des öffentlichen Lebens im gesetzten Zeitraum ein und wie wirkt sich der geistige und kulturelle Habitus einer bestimmten Epoche auf das entsprechende Niveau ihrer öffentlich und gewerbsmäßig ausgeübten Gastlichkeit aus?

Zudem wird versucht die soziale Rolle der verschiedenen, in Luxemburg präsenten Formen von Gaststätten zu analysieren und wie diese das politische Leben beeinflussen konnten oder dies überhaupt taten. Inwiefern überstieg die Rolle einer Gaststätte die Funktion der Beherbergung und leiblichen Erquickung?

V. Geschichte und Entwicklung der „Loi de cabaret“

1) Erste juristische Maßnahmen und großherzogliche Gesetze.

In Bezug auf eine erste Datierung der Entstehung und Entwicklung eines juristischen Rahmens für die Schankwirtschaften und alle kommerziellen Ausschankbetriebe, welche alkoholische Getränke gegen Bezahlung im Großherzogtum Luxemburg angeboten haben, steht das Jahr 1854. Bis zu diesem Zeitpunkt waren in Luxemburg die Wirtschaften und Herbergen keiner spezifischen Taxe unterworfen, sie unterlagen lediglich der „droit de patente“, eingeführt durch das (französische) Gesetz vom 17. März 1791.66 Dieses Gesetz führte wiederum die „contribution des patentes“ ein, was man heute als eine Art Gewerbesteuer bezeichnen könnte und zugleich eine erste Form von Gewerbefreiheit für alle im Einzelhandel kommerziell tätigen Personen darstellte. Jede Person, welche auf einem bestimmten Territorium eine wirtschaftliche Aktivität ausüben wollte, durfte dies nun gesetzlich gefestigt, hatte jedoch die Verpflichtung einen Beitrag für die Staatskasse zu leisten. Man unterscheidet zwischen „Patente générale“, welche einer einzelnen Person mehrere Gewerbstätigkeiten erlaubte, sowie der „Patente particulière“, welche einer Person lediglich eine einzelne wirtschaftliche Aktivität erlaubte.67

Der unkomplizierte und geringe bürokratische Aufwand um eine „patente“ für den Beruf des „Wirtes mit Erlaubnis zum Ausschank von Alkohol“ zu erhalten entwickelte bald eine negative politisch-relevante Konsequenz. Die Zahl der Schankwirtschaften nahm in einer nicht mehr zu kontrollierenden Höhe zu, zudem vermehrte sich die nationale Bier- und Schnapsproduktion in Luxemburg beachtlich. Für die Staatsanwaltschaft fügte sich noch eine andere bedenkliche Tatsache hinzu: Die strafgesetzlichen Vergehen, welche im direkten Zusammenhang mit den Wirtshäusern und dem hohen Alkoholkonsum in der Bevölkerung standen, nahmen ebenfalls signifikant zu.68 Die Beratungen in der Abgeordnetenkammer, sowie in den zuständigen Kommissionen, begannen und die Schaffung spezifisch auf das Wirtswesen zugeschnittene Gesetze waren wegen der hohen Zahl an Lokalen nunmehr erforderlich.

Im Jahre 1852 und 1853 setzte sich die Regierung des Großherzogtums konkreter mit der Schaffung einer Wirtshauspolizei, sowie der Einführung eines juristischen Rahmens für Schankwirtschaften, auseinander. Eine erste Form dieses Gesetzes wurde am 23. Oktober 1852 in der Abgeordnetenkammer präsentiert und debattiert. Eine zweite, nachgebesserte Form des Gesetztextes, bereits grundlegend von der Regierung abgeändert und am 19. Dezember 1853 wiederum vor der Abgeordnetenkammer präsentiert, ging in zweiter Instanz an die Gesetzgebungskommission. Am 30. Dezember 1853 legte der Präsident der Gesetzgebungskommission Engling, sowie der zuständige Sekretär Neuman den Bericht der Kommission in der Abgeordnetenkammer vor. Dieser Bericht umfasste sechs Seiten an Vorschlägen für Abänderungen des Gesetzestextes. Die Hauptproblematik welche die Gesetzgebungskommission beanstandete, befand sich im ersten Artikel des Gesetztextes: Die Regierung wollte zu einem System der Konzessionen für Wirtshäuser übergehen. In anderen Worten, das Nutzungsrecht eines Wirtsbetriebes durch Lizenzerteilungen besser zu kontrollieren und zu lenken. Dies wollte die Gesetzgebungskommission in dieser Form jedoch unter keinen Umständen annehmen, sei dies doch einerseits ein zu hoher Aufwand und andererseits eine weitere Monopolstellung die der Regierung zufallen würde. Die Regierung ließ schlussendlich den Konzessionsartikel fallen.69 Es sollte bei einer auf Nachfrage hin verliehenen Schanklizenz bleiben.

Wie bereits erwähnt, kam es dann im Jahre 1854 zu einem größeren juristischen Einschnitt, dies in Form des definitiven „Gesetz vom 1. Dezember 1854, über die Wirtshauspolizei“.70

Durch dieses Gesetz wurde festgelegt, dass die angehenden Wirte unter anderem vor Eröffnung eines Lokals beim zuständigen Steueramt vorstellig werden mussten und ein Lizenzrecht erwerben mussten, welches zwischen 20 und 30 Franken lag (je nach Bevölkerungsdichte der Gemeinde, in welcher sich der Wirt ansiedeln wollte. Je höher die Einwohnerzahl der Gemeinde war, je teurer war die Lizenz).71

Ebenfalls wurden nun auch die Personen, welche eine Schanklizenz erwerben wollten, genauer „analysiert“. Wenn auch nicht festgelegt wurde, was genau „analysiert“ werden sollte. So heißt es im Gesetz, dass die Erlaubnis zur Eröffnung eines Wirtshauses nur an Personen vergeben werden darf, welche über eine „angemessene Moral“ verfügen und von den lokalen Autoritäten angehört und begnadigt wurden.72 (In den Berichten werden keine näheren Angaben bezüglich einer „angemessenen Moral“ gemacht). Auch wurden durch dieses Gesetz erste Regulierungen eingeführt, was die Kundschaft betraf. So durfte der Wirt keine „Personen, welche unter Gerichtsbeistand gesetzt sind oder junge Leute unter 16 Jahren, welche nicht von der Person, unter deren Autorität sie stehen, begleitet sind“ bedienen.73

Zudem wurden im Gesetzestext von 1854 auch dies bezügliche Strafen festgelegt, welche bei Verstößen gegen das Wirtshausgesetz angewendet werden sollten. Diese reichten von kleineren zu zahlenden Geldbeträge für den Wirt, wenn dieser z. b. gegen die Sperrstunde verstieß oder die Steuertaxe verweigerte, bis hin zu mehrwöchigen Gefängnisstrafen für den Gast, wenn dieser unter Trunkenheit randalierte oder „irgendeine lärmende Veranstaltung abhielt oder öffentliche Spiele trieb während des Gottesdienstes und in der Nähe von Gebäuden, welche dem Kultus gewidmet sind“.74

Durch ein später gestimmtes Gesetz bezüglich einer verbesserten Wirtshauspolizei können wir jedoch in Erfahrung bringen, dass es bereits einen früheren gesetzlichen Rahmen für Wirtshäuser in Luxemburg gab. Dies bereits im Jahre 1827 und in Form des „Gesetzes vom 31. August 1827 bezüglich der Schließungszeiten der Wirtshäuser und Animierkneipen“.75 Weitere Recherchen haben jedoch ergeben, dass aus diesem Jahr die Ausgaben des „Memorial“, des Amtsblattes des Großherzogtum Luxemburgs, dem Nationalarchiv nicht mehr erhalten geblieben sind, sodass man die Details dieses Gesetzes nicht vollständig in Erfahrung bringen konnte.

Ebenfalls wurde in früheren Forschungsarbeiten mehrmals das Gesetz von 1847 übersehen. Im Januar des Jahres 1847 wurde bereits ein „Akt der Verwaltung“ gestimmt bezüglich „der Vollziehung des Reglements über die Schließung der Wirtshäuser zu bestimmten Stunden“.76 Die Sperrstunde wurde hier für das ganze Großherzogtum allgemeingültig auf 22.00 Uhr festgelegt. Zudem schrieb der Akt vor, dass in denen Dörfern, wo sich mehrere Schanklokale befinden und welche „über eine Kirche mit Glockenturm verfügen, um 22.00 Uhr die Glocke geläutet werden soll und somit die Sperrstunde eingeläutet sei“.

Es dauerte nun sieben Jahre bis es zu einer ersten „Anpassung“ des Gesetzestextes von 1854 kam, dies in Form des Gesetzes vom 21. Dezember 1861 „wodurch das Gesetz über die Wirtshauspolizei abgeändert wird“.77 Durch diese Abänderung wurde unter anderem die Reglementierung der Öffnungszeiten von Schankwirtschaften teilweise auf das Niveau Gemeindezuständigkeit gesetzt. Durch Entscheid des Gemeinderates konnte die Sperrstunde jeder Gemeinde des Großherzogtums nun verlängert werden, jedoch nur aus „besonderen Gründen und auf bestimmte Zeit“.78 Zudem stellt der zweite Artikel eine interessante Neuerung bezüglich der polizeilichen Staatsgewalt dar, welche im Gesetz von 1854 nicht definiert wurde. Polizeibeamte durften die erwähnten Lokale ausschließlich nur während den Öffnungszeiten betreten und inspizieren. Lediglich den Offizieren der gerichtlichen Polizei oder den „eigens vom Schöffenkollegium dazu delegierten Gemeinderatsmitglieder“ wurden die gesetzlichen Mittel erteilt, um die Wirtschaften ihrer Gemeinde zu jeder Stunde bei Verdacht auf gesetzeswidrige Handlungen zu kontrollieren.79

Soweit für die Anfänge der historisch-juristischen Basis der „ Loi de cabaret “ in Luxemburg. Ein erster Rahmen wurde geschaffen, eine organisierte und uniforme Kontrolle, sowie verschiedene Mechanismen um der hohen Anzahl an Wirtschaften entgegenzuwirken, wurden gesetzlich festgelegt. Diese definitiven und ausgearbeiteten Gesetze beweisen im sozial- historischen Kontext zudem, dass das Wesen der Schankwirtschaften und der Beruf des Wirtes in der Öffentlichkeit eine nicht zu unterschätzende Position eingenommen hat. Die wichtige soziale Rolle der Gaststätte, mit all den eventuellen gesundheitlichen und politischen Gefahren die sie mitbringen konnte, wurde durch die Etablierung eines gesetzlichen Kaders unterstrichen, die Position inmitten einer wachsenden Gesellschaft anerkannt.

2) Hohe Anzahl an Wirtschaften und Alkoholproblem in der Öffentlichkeit – strengere Gesetze durch öffentlichen Druck?

Eine durch die Steuerverwaltung durchgeführte Erfassung der Anzahl von Gastwirtschaften im Luxemburg aus dem Jahre 1852 ergab eine Zahl von 2250 Lokalen auf dem Territorium des Großherzogtums. Durch das Gesetz von 1854, so der Direkter der Steuerverwaltung, war die Zahl rückläufig, sodass man im Jahre 1855 nur noch 1476 Lokale zählte.80 Im Jahre 1876 stiegt die Zahl jedoch wieder auf über 2300 Schankwirtschaften, dies bei einer Bevölkerung von 205.158 Personen, was ein Lokal auf 88 Einwohner ausmachte. Diese Zahl wurde durch die Regierung, die Staatsanwaltschaft und durch die politischen Instanzen als nicht akzeptabel angesehen, auch vor dem Hintergrund eines steigenden Alkoholproblems in der Bevölkerung.81 Im Jahre 1879 wurde seitens der Abgeordnetenkammer der Wunsch geäußert, im „Interesse der öffentlichen Hygiene und Moral“ das Gesetz vom 1. Dezember 1854 diesbezüglich zu verschärfen.82 Doch der Weg zu einem neuen Gesetz war äußerst beschwerlich.

Am 2. März 1880 präsentiert die „ Section Centrale “ einen ersten Bericht für ein „neues Gesetzt betreffend die Schankwirtschaften“ in der Abgeordnetenkammer, verfasst durch M. De Muyser. Dieses Gremium verlangt nochmals eine viel größere Erhöhung der jährlich abzugebenden Steuer. „Nur so könne man den moralischen Verfall einzelner Sichten der Gesellschaft bremsen und die Zahl der Kneipen verringern“.83 Am 5. März 1880 publiziert der großherzogliche Staatsrat seinen Bericht zum neuen Gesetzesprojekt. Hier wird allgemein die Erhöhung der jährlichen Steuer begrüßt, jedoch nicht in der Höhe wie sie von der „ Section Central “ vorgeschlagen wurde. Die teilweise dann dreimal höheren Taxen würden zu sehr das Gewerbe belasten und hätten zu hohe kommerziell negative Auswirkungen für den Berufszweig. Darüber hinaus würde sich alsdann die Problematik laut dem Staatsrat nur verlagern: Um diese Steuern zu umgehen würden sich früher oder später illegale Lokale in privaten Gebäuden etablieren. Diese „domizilen Wirtshäuser“ würden sich „dann jeglicher Kontrolle entziehen und somit mehr Unheil hervorbeschwören als die normalen öffentlichen Lokale. Ebenfalls soll die einmalige Steuer, welche bei einer Neueröffnung anfällt beibehalten werden und auch angehoben werden. Jedoch auch hier nicht um das Fünffache, wie von der „ Section Centrale “ gefordert. Dies würde die freie Konkurrenz beeinflussen und die bereits etablierten Schanklokale in eine gewisse Monopolstellung versetzen.84

Vor allem dir Gesetzesartikel zur Besteuerung der Schankwirtschaften gaben Anlass zu mehreren Diskussionen, sodass im Jahre 1881die diesbezügliche Artikel des neuen Gesetzes wiederum durch den Staatsrat überprüft wurden, dies bereits zum zweiten Mal. Hier erwähnte der Staatsrat nochmals die „anormale Multiplikation der Schanklizenzen und die mit einhergehenden Vergehen“. In diesem Bericht vom 22. Februar geht der Staatsrat nun auch gezielt auf die steuerlichen Erhebungen ein. Nur diese alleine würden das Problem nicht lösen, denn diese erheblichen Steuererhöhungen würden unter gegebenen Umständen die ernsthaft schaffenden Wirte in den Ruin treiben und die moralisch Verfälschten weiterhin Raum für ihre dubiösen unsittlichen Geschäfte mit dem Alkohol lassen. „Wenn so also vielleicht auch die Anzahl der Wirtslokale verringert werden könnte, so wird vielleicht nicht unbedingt die Anzahl der Wirte verringert, welche die Kunden unehrlich dem Alkoholismus frönen“ (Berichterstatter Kirpach).85 In diesem Kontext wirft der Staatsrat wieder die Frage nach der Möglichkeit eines Konzession-Systems auf. Weitere Eröffnungen sollen nur noch unter speziellen, durch die Regierung entschiedene Regeln und Konditionen, möglich gemacht werden. Wie das Großherzogtum dies bereits bei den Apotheken vornimmt. Auch wenn dieses System noch gesetzliche Anpassungen verlangt, so wird es vom Staatsrat als einzig effektive Alternative angesehen. Dies wurde schlussendlich jedoch nie in die Realität umgesetzt.86

Das Gesetz über die Wirtshauspolizei, sowie über die Besteuerung der Schankwirtschaften war in den folgenden Jahren mehrmals Bestandteil von intensiven Diskussionen, sowohl in der Abgeordnetenkammer, als auch im Staatsrat und der Staatsanwaltschaft. In der Kammersitzung vom 15. März 1881, nachdem sich Kammer und Staatsrat nicht zu allen Punkten des Entwurfs von 22. Februar einigen konnten, legte der Abgeordnete Brasseur wiederum einen neu überarbeiteten Entwurf dem Gremium vor. Am 19. Juli legten die „Commissaires de district“ ihren schriftlichen Bericht vor, am 20. Oktober die juristischen Instanzen, am 12. August das zuständige Gericht, am 14. März 1882 der Herr Generalstaatsanwalt Vannerus und am 12. Mai 1882 der Staatsrat unter der Präsidentschaft von Herrn Servais. Alle Instanzen waren sich in dem Punkt eins, dass der Entwurf von Herr Brasseur in seiner initialen Form unter keinen juristischen Umständen zu realisieren war.87 Der Staatsrat überarbeitete jedoch den Gesetzesentwurf des Abgeordneten Brasseur in den folgenden Wochen und legte auf Basis dieses abgelehnten Entwurfs am 23. Juni 1882 einen neuen Gesetzestext vor.88

Am 9. Januar 1883 veröffentlichte die „Section Centrale“ ihren Bericht zu dem eben genannten Entwurf des Staatsrates. In diesem Schreiben berichtete der zuständige Präsident, Herr Lessel, sowie der zuständige Berichterstatter, Herr Hemmer, dass ihr Gremium diesen Entwurf im Allgemeinen zustimmt. Lediglich wenige einzelne Punkte wurden zur Überarbeitung beanstandet. Eine Woche später, am 13. Januar 1883 veröffentlichte der Staatsrat nochmals eine überarbeitete Version des Gesetzesentwurfs mit beiliegenden Erklärungen. Schlussendlich kam es am 16. Januar 1883 zur Abstimmung in erster Instanz in der Abgeordnetenkammer, wo das Gesetz mit lediglich einer negativen Stimme angenommen wurde. Jedoch war die zweite, von der luxemburgischen Konstitution vorgesehene Abstimmung ein weiteres Hindernis auf dem Weg zur definitiven Publikation des Gesetzes. Nochmals wurden während zwei Jahren alle Instanzen befragt, das Gesetz wiederum minimal abgeändert, die von den Wirten abzugebenden Steuern nochmals angepasst, bis dann schlussendlich am 2. März das Gesetz unterzeichnet und am 5. März 1885 publiziert wurde.89 Resümierend wurden also über vier Jahre an dem finalen Gesetzestext gearbeitet. Neben einer beachtlichen Erhöhung der jährlichen Schanklizenztaxe (in den meisten Fällen betrug die jährliche Taxe nun das Doppelte als noch unter dem Gesetz von 1854), noch immer gebunden an die Einwohnerzahl der einzelnen Gemeinden, wurde eine „Eröffnungstaxe“ eingeführt.90 Diese wurde wie folgt justifiziert: „l’extension qu’avait prise l’industrie des cabarets dans presque tous les villages et surtout dans les centres industriels, où leur action sur la moralité des populations devint de plus en plus pernicieuse“.91 Interessant ist ebenfalls das in diesem Gesetzestext geographisch definierte Gebiet der Stadt Luxemburg in Bezug auf die zu zahlenden Taxen pro Einwohner.92 Denn für die jährliche Taxe, sowie für die neue Eröffnungstaxe wird der Grund, die Basse-Pétrusse, Pfaffenthal, Bons-Malades, Clausen und das Plateau Limpertsberg zu einer einzigen Wahlsektion mit Luxemburg-Stadt zusammengezogen.93 Dies bedeutete in direkter Konsequenz für alle Wirte auf dem neu geschaffenen Stadtgebiet eine beachtlich erhöhte Steuer durch die signifikant gestiegene Einwohnerzahl. Denn die Zahl der zu zahlenden Taxen stand in Zusammenhang mit der Bevölkerungszahl der betreffenden Gemeinde auf der sich die Gastwirtschaft befand. Zudem wurde nun auch der Wirtbetrieb „unter freiem Himmel, in Zelten oder Buden [...]“ reglementiert, welcher sich durch den saisonbedingten Betrieb von wenigen Monaten im Jahr der Wirtshaustaxe bis dato entziehen konnten.94 Schlussendlich wurde auch durch dieses Gesetz erstmals auf Gemeindeebene die Erlaubnis erteilt, bei „maximal 3 aufeinander folgenden Nächten die Sperrstunde aufzuheben“. Dies konnte das „Schöffenkollegium, bei allgemein geltenden Anlässen, wie z. B. zur Fastnacht- oder Kirmeszeit, bei einem Patronats- oder Nationalfeste“ anwenden.95 Eine maximale Anzahl an „freien Nächten“ pro Jahr wurde durch dieses Gesetz jedoch nicht definiert. Ferner wurde das Tragen von Waffen im Wirtshaus verboten, sowie die noch heute gültige polizeiliche Handhabe, betrunkene Personen, „welche eine Gefahr für sich selbst oder andere darstellen“, in Gewahrsam zu nehmen, bis sie wieder nüchtern sind.96 Das Gesetz von 1885 war allgemein viel detaillierter, auf neue, sich seit 1854 entwickelte Probleme, zugestimmt. Doch erwies sich dieses Gesetz in den folgenden Jahren ebenfalls als zu kurzsichtig in Bezug auf die Zunahme der Schankwirtschaften im Großherzogtum.

3) Zwischenperiode der Anpassungen und Ergänzungen – Neue „loi de cabaret“, ohnedas erhoffte Ziel.

Die luxemburgische Regierung lies bereits Ende des Jahres 1885 durch ihren Abgeordneten in den Niederlanden, Herrn Mulder, die dortigen Gesetze zu den Schanklokalen und Wirtshäusern prüfen und einen Bericht verfassen, welcher durch die zuständigen Behörden überprüft wurde. Ziel war es, die sich wieder vermehrenden Eröffnungen von Wirtshäusern zu bremsen, um dem Alkoholproblem in der Bevölkerung, welches in direkten Zusammenhang mit der hohen Anzahl an Wirtshäusern gesetzt wurde, entgegenzuwirken. Die niederländische Gesetzgebung galt als strenger und repressiver als die luxemburgische, wo man sich nun zu inspirieren versuchte.97 In wie weit sich die Regierung an den niederländischen Gesetzen nun aber tatsächlich inspirierte, konnte bei weiteren Nachforschungen zu diesem Moment nicht in Erfahrung gebracht werden. Jedoch begannen bereits wieder ein Jahr nach dem Gesetz von 1885 Verhandlungen und Diskussionen bezüglich einer erneuten Verschärfung der „loi de cabaret“. Der Staatsrat setzte sich in den folgenden Monaten unter anderem mit Nachdruck für eine Abänderung der Rechte der Polizeibeamten, bezüglich des Eintretens in ein Schanklokal nach dessen Schließung, ein. Polizei und Gendarmerie war bis dato eine Kontrolle des Wirtshauses bei geschlossener Tür und nach Schließungsstunde rechtlich noch immer nicht gestattet. Ausnahme bildeten lediglich die Beamten der Justizpolizei. Dies müsse sich nun ändern, so der Staatsrat, „es müsse allen Beamten gestattet sein, welche im Dienst sind und sich ausweisen könnten, das Wirtshaus zu jeder Stunde zu betreten. Dies schon alleine, weil hier die öffentliche Sicherheit und Moral gefährdet werden könnte“.98 Jedoch wurde in den folgenden Jahren nicht auf diese Forderung eingegangen, es bliebt zunächst beim Gesetz von 1854.

Man versuchte schlussendlich, durch das Gesetz vom 18. März 1896, den Hebel gewisser Maßen an anderer Stelle anzusetzen, dies bei den Kleinhändlern (Lebensmittelhändler, Zuckerbäckern, Süßwarenhändler, Getränkehändler, usw.) des Großherzogtums.99 Der Direktor der Steuerverwaltung, Herr Mullendorf, berichtet diesbezüglich dem Generaldirektor des Steueramtes am 22. November 1894 folgendes: „Les taxes renforcées détruisent lentement les petits cabarets existants et moralisent en général les nouveaux débits. Ce bon effet est menacé d’être neutralisé par la disposition de l’article 4 de la loi du 2 mars 1885. Le débitant qui succombe dans la lutte contre les taxes élevées, va ériger, à peu de frais un débit d’eau-de-vie à demi-taxe, où il attire son ancienne clientèle, qui s’y trouve d’autant plus à son aise qu’elle est à l’abri de la police. Les débits à demi-taxe dégénèrent souvent en cabarets clandestins qui sont les plus redoutables. Les agents n’ont pas le droit de pénétrer dans ces bouges et les habitués dénoncent rarement le débitant en fraude“.100 Mit dem nun adaptierten Gesetz wurde der Lebensmittelhändler ebenfalls als eine Art Wirt behandelt, er musste die gleichen Taxen und Steuern abgeben, wollte er mit dem Alkoholverkauf fortfahren. Diese kaschierten Ausschänke hatten für den Direktor keine Daseinsberechtigung, vor allem nicht, „da mittlerweile in jeder Gemeinde Minimum ein Wirtshaus anwesend sei. Eine gesteigerte Besteuerung für Produzenten und Händler von stark alkoholhaltigen Getränken (Eaux-de-vie) sowie gesetzliche Gleichstellung mit den anderen Wirtshäusern sein eine unumgängliche Konsequenz zu Erhaltung der öffentlichen Moral und zum Schutz des Familienlebens“.101 Diese sogenannten „halb-taxierten Lokale“ waren im neuen Gesetzestext nicht mehr vorgesehen, das Gesetz von 1885 betraf sie nun zur Gänze. Durch diesen Schritt verringerten sich bereits nach kürzester Zeit diese Händlerschenken von 303 auf 138 an der Zahl.102 Am 12. August 1896 wendet sich zudem der Generaldirektor des Finanzwesens, Herr Mongenast, an den Staatsrat um diesen auf ein neu auftretendes Problem aufmerksam zu machen, welches einen gewissen Verlust für die Staatskasse darstellt. Seit dem Gesetz vom 2. März 1885 muss der Besitzer der Schanklizenz eines Lokals keine erneute Eröffnungssteuer zahlen, wenn lediglich der Betreiber (Gérant) des Wirtshauses wechselt. Diese, eventuell als Gesetzeslücke angesehene Tatsache, haben sich nun jedoch in den letzten Jahren vermehrt die Brauhäuser und andere Geschäftsmänner zu Gebrauch gemacht. Diese stellen einen Betreiber des Lokals ein, welcher bei Bedarf ausgewechselt werden kann, ohne jedoch erneut die besagte Eröffnungstaxe bezahlen zu müssen. Dies sei laut Mongenast in dieser Form jedoch nicht länger zu tragen, die so umgangenen Steuern „zu belastend für den Staatshaushalt“. Der Herr Generaldirektor schlägt folgende Gesetzestextänderung vor: „Si le débit n’est pas géré par celui même au nom de qui il a été déclaré, toute mutation dans la personne du gérant sera considérée comme établissement nouveau et donnera lieu à l’acquittement des taxes établis par l’art. 1 de la loi du 2 mars 1885“.103 Am 23. Oktober 1896 publiziert der Staatsrat seinen Bericht zu dem vom Generaldirektor Mongenast angesprochenen Problem. Dieser stimmt dem Vorschlag des Direktors, bis auf kleinere redaktionelle Abänderungen, im Großen und Ganzen zu. So wird unter anderem ein Abschnitt hinzugefügt, welcher vorsieht, dass die Eröffnungstaxe bei Todesfall oder Erbfolge des Betreibers (Gérant) nicht anfällt. Der Präsident des Staatsrates, Herr Vannerus, sieht ebenfalls die Notwendigkeit der diesbezüglichen Anpassung des Gesetzes. Am gleichen Tag, dem 23. Oktober 1896, übermittelt Herr Mongenast seinen Vorschlag an den Großherzog und am 4. November 1896 wird die Gesetzesabänderung gestimmt und angenommen.104

[...]


1 HEISE, Ulla: Der Gastwirt. Geschäftsmann und Seelentröster, Leipzig 1993, S. 7.

2 RAUERS, Friederich: Kulturgeschichte der Gaststätte. Schriftreihe der Hermann Esser Forschungsgemeinschaft für Fremdenverkehr, Band 2, Berlin 1941, S. 158.

3 WEEBER, Karl-Wilhelm: Alltag im alten Rom. Düsseldorf 1997, S. 56.

4 KIEBURG, Anna Katharina: Römische Gastronomiebetriebe in Pompeji, Herculaneum und Ostia. Dissertation zur Erlangung der Würde des Doktors der Philosophie des Fachbereichs Kulturgeschichte und Kulturkunde der Universität Hamburg, Hamburg 2014, S. 4.

5 HÜBNER, Manfred: Zwischen Alkohol und Abstinenz (Anm. 5), S. 106 – 107.

6 HÜBNER, Manfred: Zwischen Alkohol und Abstinenz (Anm. 5), S. 105.

7 HÜBNER, Manfred: Zwischen Alkohol und Abstinenz. Trinksitten und Alkoholfrage im deutschen Proletariat bis 1914, Berlin 1988, S. 103 – 104.

8 HEISE, Ulla: Der Gastwirt (Anm. 1), S. 68.

9 RAUERS, Friederich: Kulturgeschichte (Anm. 2), S. 393 – 394.

10 RAUERS, Friederich: Kulturgeschichte (Anm. 2), S. 401.

11 RICHARD, Lionel: Cabaret / Kabarett. Von Paris nach Europa, Leipzig 1993, S. 17.

12 RICHARD, Lionel: Cabaret / Kabarett (Anm. 11), S. 17 – 18.

13 RICHARD, Lionel: Cabaret / Kabarett (Anm. 11), S. 22.

14 RICHARD, Lionel: Cabaret / Kabarett (Anm. 11), S. 22.

15 PHILIPPART, Robert: Phénix renaît de ses cendres: le Grand Café à la Place d’Armes. In: http://www.wellkomm.lu/index.php?view=category&catid=16&option=com_joomgallery&Itemid=834, abgerufen am 12.01.2018.

16 RICHARD, Lionel: Cabaret / Kabarett (Anm. 11), S. 20.

17 FAVETON, Pierre: Bistros, bars et brasseries de Paris. Issy-Les-Moulineaux 2011, S. 5.

18 FAVETON, Pierre: Bistros (Anm. 17), S. 71.

19 WAMPACH, Nicolas: La société luxembourgeoise d’hygiène sociale et scolaire. In : Revue d’hygiène sociale de Strasbourg et des Pays de la Rive gauche du Rhin. Ve année, Nr. 5, Aout 1923, p. 78.

20 RICHARD, Lionel: Cabaret / Kabarett (Anm. 11), S. 25.

21 PHILIPPART, Robert: Hôtel Rix à Luxembourg. In: Horesca Informations Luxembourg, Nr. 10, Luxemburg 2017, S. 24.

22 PINNEL, Roland / GOEDERT, Jean (Dr.): Luxemburg. Rundgang durch das historische Herz der Hauptstadt, Luxemburg 1980, S. 23.

23 PINNEL, Roland: Histoire sommaire du tourisme luxembourgeois. Luxemburg 1989, S. 17.

24 HÜBNER, Manfred: Zwischen Alkohol und Abstinenz. Trinksitten und Alkoholfrage im deutschen Proletariat bis 1914, Berlin 1988, S. 109 – 110.

25 HÜBNER, Manfred: Zwischen Alkohol (Anm. 24), S. 113.

26 SCHWIBBE, Gudrun (Hg.): Kneipen-Kultur. Untersuchungen rund um die Theke, Münster 1998, S. 1.

27 D e r arme Teufel war eine sozialdemokratische Zeitung in Luxemburg, welche zwischen dem 29. November 1903 und dem August 1923 erschien. Unter der Namensgebung der Zeitung konnte man folgendes Motto lesen: Der Wahrheit zur Ehr, Den Armen zum Schutz, den Mächtigen zum Trutz. Herausgeber waren die späteren Mitglieder der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Jean Schaack-Wirth, Jacques Thilmany und Georges Droessaert. Die Zeitung vertrat zudem stets einen antiklerikalen Standpunkt. In: HILGERT, Romain: Zeitungen in Luxemburg. 1704 – 2004, Luxemburg 2004, S. 167 – 168.

28 WEHENKEL-FRISCH, Janine: Der arme Teufel. Monographie d’un journal socialiste luxembourgeois (1903- 1929), Luxemburg 1978, S. 159 – 161.

29 PHILIPPART, Robert: „Aux Mille Colonnes“ à Luxembourg-Gare. In: Horesca Informations Luxembourg, Nr. 4, Luxemburg 2016, S. 19.

30 WEHENKEL, Henri: Le commissaire et les Italiens. In: Luxembourg – Italie. Hommage au père Benito Gallo, Luxemburg 1999, S: 159.

31 Polizeibericht, zitiert nach: WEHENKEL, Henri: Le commissaire (Anm. 30), S: 159.

32 PHILIPPART, Robert: Cafés. Bistrots, restos à succès d’hier. In: Horesca Informations Luxembourg, Nr. 3, Luxemburg 2016, S. 18 – 19.

33 DRÖGE, Franz / KRÄMER-BADONI, Thomas: Die Kneipe. Zur Soziologie einer Kulturform, Frankfurt am Main 1987, S. 9.

34 ROBERTS, James S.: Wirtshaus und Politik in der deutschen Arbeiterbewegung. In: HUCK, Gerhard (Hrg.): Sozialgeschichte der Freizeit. Wuppertal 1980, S. 124.

35 AN-Lux. : J-064-24, Arrêt grand-ducal concernant le débit de boissons alcooliques, division des affaires étrangères et de la justice, Luxembourg 1918.

36 RICHARD, Lionel: Cabaret (Anm. 11), S. 33.

37 HEISE, Ulla: Der Gastwirt (Anm. 1), S. 8.

38 GALLO, Benito: Les Italiens au Grand-Duché de Luxembourg. Luxemburg 1987, S. 80.

39 KRAU, Jacques: Entstehung und Entwicklung der Fédération des Commercants du G.-D. de Luxembourg. Ziele und Erfolge, Luxemburg 1950.

40 Bezeichnung für die Gastwirtschaften in den archivierten Dokumenten des Luxemburger Justizministeriums.

41 WEILLER, Raymond: Jetons Luxembourgeois modernes. Documents socio – culturels des XIX – XX siècles, Luxembourg / Louvain-la-Neuve 1994, S. 73.

42 Volkzählung von 1900: http://www.statistiques.public.lu/stat/TableViewer/tableView.aspx?ReportId=12861&IF_Language=fra&MainT heme=2&FldrName=1 - konsultiert am 08.08.2017.

43 SCHWIBBE, Gudrun (Hgg.): Kneipen-Kultur. Untersuchungen rund um die Theke, Münster 1998, S. 23.

44 Genauere Zahlen über Verteilung und Präsenz von Schanklokalen in ländlicheren Regionen, bzw. in den industriellen Ballungszentren oder in der Hauptstadt von Luxemburg gibt es in den nachfolgenden Kapiteln.

45 WEILER, Raymond : De Lëtzebuerger Béierstong. Contribution à l’étude des méreaux Luxembourgeois, Luxembourg 1985.

46 WEILLER, Raymond : Jetons Luxembourgeois modernes. Documents socio – culturels des XIX – XX siècles, Luxembourg / Louvain-la-Neuve 1994.

47 MAUER, Heike: Zur Konstruktion von Räumen der Un -/ Sittlichkeit. Eine machtanalytische Perspektive auf die Problematisierung von Prostitution um 1900. In: WILLE, Christian / KMEC, Sonja (u.a.): Räume und Identitäten in Grenzregionen. Politiken – Medien – Subjekte, Bielefeld 2014

48 Mauer, Heike: Das „Regieren der Bevölkerung“: Die Problematisierung der Prostitution in Luxemburg um 1900 aus einer intersektionalen Perspektive. In: Franz, Norbert / Fuchshuber, Thorsten (u.a.): Identitätsbildung und Partizipation im 19. Und 20. Jahrhundert. Luxemburg im europäischen Kontext, Frankfurt am Main 2016, S. 383 – 410.

49 PUTZ, Jean: Le régime des cabarets. In : Études fiscales. Revue consacrée à la fiscalité luxembourgeoise, Nr. 11 et 12, Septembre – octobre 1965, p. 1 – 18

50 KIRCHEN, John / BRUCHER, Jean (u.a.) : Histoire de l’impôt direct au Grand-Duché de Luxembourg (1842- 1992), Luxemburg 1992, S. 203-210.

51 SCUTO, Denis: L’ouvrier mineur au travail 1870 – 1914. In: LENTZ, Marco / MAAS Jacques (u.a.): 75 Joër fräi Gewerkschaften. Beiträge zur Geschichte der luxemburgischen Gewerkschaftsbewegung, Esch-sur-Alzette 1992, S. 35.

52 TRINKAUS, Fabian: Arbeiterexistenzen und Arbeiterbewegung in den Hüttenstädten Neunkirchen/Saar und Düdelingen/Luxemburg (1880-1935/40). Ein historischer Vergleich, Saarbrücken 2014.

53 SCHWIBBE, Gudrun (Hg.): Kneipen-Kultur (Anm. 43), S. 2 – 3.

54 MANIA, Thomas: „Weißte was – `nen Schnaps?“, Die Gaststätte als Kommunikationszentrum, Münster 1997.

55 DRÖGE, Franz (u.a.): Die Kneipe. Zur Soziologie einer Kulturform, Frankfurt a. M. 1987.

56 ROBERTS, James S.: Wirtshaus und Politik in der deutschen Arbeiterbewegung. In: HUCK, Gerhard (Hrg.): Sozialgeschichte der Freizeit. Wuppertal 1980, S. 123 – 140.

57 SCHRÖDER, Wilhelm Heinz: Arbeitergeschichte und Arbeiterbewegung. Industriearbeit und Organisationsverhalten im 19. Und frühen 20. Jahrhundert, Frankfurt/Main 1978.

58 EVANS, Richard J.: Kneipengespräche im Kaiserreich. Stimmungsberichte der Hamburger Politischen Polizei 1892-1914, Hamburg 1989.

59 SCHWIBBE, Gudrun (Hg.): Kneipen-Kultur (Anm. 43).

60 OWZAR, Armin: Konfliktscheu und beredtes Schweigen: Die Kneipe als Kommunikationsraum im deutschen Kaiserreich. In: Mitteilungsblatt des Instituts für soziale Bewegungen, Heft 31, Deutschland 2004, S. 43 – 58.

61 KIFT, Dagmar (Hrsg.): Kirmes-Kneipe-Kino. Arbeiterkultur im Ruhrgebiet zwischen Kommerz und Kontrolle (1850-1904), Paderborn 1992.

62 POTTHOF, Ossip D. / KOSSENHASCHEN, Georg: Kulturgeschichte der deutschen Gaststätten. Umfassend Deutschland, Österreich, Schweiz und Deutschböhmen, Hildesheim 1996.

63 HÖLZER, Cordula: Die Antialkoholbewegung in den deutschsprachigen Ländern (1860 – 1930). Frankfurt am Main 1988.

64 Mauer, Heike: Das „Regieren der Bevölkerung“ (Anm. 48), S. 383.

65 Mit dem Sammelbegriff „Loi de Cabaret“ wurden (und werden teilweise immer noch) im Großherzogtum Luxemburg sämtliche Gesetzte bezeichnet, welche sich auf die Reglementierung des Handlungsspielraums der Gaststädte und des Nachtlebens beziehen. Kurz: Die Gesetze, Dekrete und Steuerbeschlüsse für die Gastronomie im weitesten Sinne.

66 PUTZ, Jean: Le régime des cabarets (Anm. 49), S. 13.

67 KIRCHEN, John / BRUCHER, Jean (u.a.), (Anm. 50), S. 203.

68 PUTZ, Jean: Le régime des cabarets (Anm. 49), S. 10.

69 AN-Lux.: CdD-0405 – Die Wirtshauspolizei (session ordinaire de 1853).

70 Memorial des Großherzogtums Luxemburg, erster Teil. Akt der Gesetzgebung und der allgemeinen Verwaltung, Nr. 18, publiziert am 9. Dezember 1854, S.117.

71 Memorial (Anm. 70), S. 117-118.

72 AN-Lux.: CdD-0405 – Die Wirtshauspolizei (Anm. 69).

73 Memorial (Anm. 70), S.120.

74 Memorial (Anm. 70), S.121.

75 AN-Lux.: CdD-0405 – Die Wirtshauspolizei (Anm. 69).

76 Memorial des Großherzogtums Luxemburg, Nr. 19, Luxemburg 27.01.1847, S. 66 – 67.

77 Memorial des Großherzogtums Luxemburg, Nr. 27 vom 30. Dezember 1861, S. 261 – 262.

78 (Anm. 76), S.161.

79 (Anm. 76), S. 161-162.

80 MULLENDORFF, M.: Administration des contributions directes - accises et cadastre. De 1839 à 1889, Luxembourg 1889, S. 22.

81 PUTZ, Jean: Le régime des cabarets (Anm.49), S.13-14.

82 CdD – Exposé des motifs du projetde loi 2 mars 1885.

83 AN-Lux.: CdD-1241 – Die Schankwirtschaften. Projet de loi concernant la police de cabaret et l’impôt des Cabarets.

84 AN-Lux.: CdD-1241 (Anm. 83).

85 AN-Lux.: CdD-1241 (Anm. 83), Bericht des Abgeordneten Kirpach vom 22. Februar 1881.

86 AN-Lux.: CdD-1241 (Anm. 83).

87 AN-Lux.: CdD-1241 (Anm. 83).

88 AN-Lux.: CdD-1241 (Anm. 83).

89 Memorial Nr. 14, 05.03.1885, S. 221 – 230.

90 KIRCHEN, John / BRUCHER, Jean (u.a.) : Histoire de l’impôt direct (Anm. 50), S. 204.

91 Exposé des motifs du projet de la loi du 2 mars 1885 (Anm. 89).

92 Zu leistende Steuerliche Abgaben pro Jahr für die Schanklizenz (Gesetz von 1885): 90 Franken in den Wahlsektionen von weniger als 300 Einwohner / 120 Fr. in den Sektionen von 300 bis 500 Einwohner / 150 Fr. in den Sektionen von 500 bis 1000 Einwohner / 240 Fr. in den Sektionen von 2000 bis weniger als 4000 Einwohner / 375 Fr. in den Sektionen mit über 8000 Einwohner. In.: Memorial Nr. 14, Gesetz vom 2 März 1885, betreffend die Schankwirtschaften, Luxemburg 5. März 1885.

93 Memorial Nr. 14 (Anm. 89), S. 222.

94 Memorial Nr. 14 (Anm. 89), S. 223.

95 Memorial Nr. 14 (Anm. 89), S. 224.

96 Memorial Nr. 14, (Anm. 89), S.228.

97 AN-Lux. : J-064-08 - Rapport Mulder sur l'efficacité de la loi néerlandaise sur les cabarets, Luxembourg 1885.

98 AN-Lux.: CdD-0553 – Die Wirtshauspolizei.

99 Abänderung des Art. 4 des Gesetzes vom 2. März 1885 über die Schankwirtschaften. In: Memorial des Großherzogtums Luxemburg Nr. 16, 21. März 1896.

100 AN-Lux.: CdD-1496 – Abänderung des Gesetzes vom 2. März über die Wirtshaustaxen.

101 AN-Lux.: CdD-1496 (Anm. 100), Rapport Mullendorf.

102 KIRCHEN, John / BRUCHER, Jean (u.a.) : Histoire (Anm. 50), S. 205.

103 AN-Lux.: CdD-1543 – Zusatzbestimmung zu Artikel 2 des Gesetzes vom 2. März 1885 über die Schankwirtschaften.

104 Projet de loi modifiant l’art. 2 de la loi du 2 mars 1885, sur les cabarets (Anm. 97).

Ende der Leseprobe aus 161 Seiten

Details

Titel
Aspekte der historischen Entwicklung und sozial-geschichtlichen Rolle der Gaststätten im Großherzogtum Luxemburg (1854 bis 1933)
Hochschule
Université du Luxembourg  (Geschichte)
Note
1,2
Autor
Jahr
2018
Seiten
161
Katalognummer
V459958
ISBN (eBook)
9783668908307
ISBN (Buch)
9783668908314
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Souialgeschichte, Arbeiterkneipe, Kneipe, Gastwirtschaft, Gewerkschaften
Arbeit zitieren
Joé Haas (Autor:in), 2018, Aspekte der historischen Entwicklung und sozial-geschichtlichen Rolle der Gaststätten im Großherzogtum Luxemburg (1854 bis 1933), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/459958

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