Die Vereinten Nationen (VN) sind ein in der Bundesrepublik respektiertes System kollektiver Sicherheit. Sie befinden sich 60 Jahre nach ihrer Gründung im Umbruch. Die Staatengemeinschaft ist weniger von zwischenstaatlichen Angriffskriegen als vielmehr von komplexen Sicherheitsbedrohungen betroffen. Durch die Gründung der VN im Jahr 1945 sollten der Weltfrieden und die internationale Sicherheit gewahrt werden. Diese Ziele entstanden vor dem Hintergrund der zwei Weltkriege und dem festen Willen zur friedlichen Beilegung zukünftig auftretender Friedensbrüche. „Die Charta ersetzte nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals konsequent das Recht auf Krieg durch die Pflicht zum Frieden.“ Seit der Gründung der VN und Formulierung der Ziele hat sich die Welt grundlegend verändert. Das Risiko zwischenstaatlicher Auseinandersetzungen ist nach Beendigung des „Kalten Krieges“ und der damit verbundenen Bipolarität gesunken. Globalisierungsprozesse und die Zunahme asymmetrischer Konflikte führen zu einem neuen Verständnis des Sicherheitsbegriffesv und der Notwendigkeit, den neuen Bedrohungen entgegenzutreten. Offenkundig wurde der Reformbedarf auch durch die öffentliche Kritik an den VN hinsichtlich der Auseinandersetzungen um die Legitimierung der Militäraktionen im Kosovo 1999 sowie im Irak 2003. Im Rahmen der Neuorientierung zur Bewältigung dieser Bedrohungen wurde unter Anderem das Dokument „Eine sicherere Welt: Unsere gemeinsame Verantwortung.“ (VN-Bericht) erarbeitet, welches die in der Themenstellung angesprochenen „Legitimitätskriterien“ beinhaltet.
Die nachstehende Untersuchung hinsichtlich der Legitimierung der Anwendung militärischer Gewalt ist daher von Bedeutung, da die VN ein legitimierendes internationales Organ für den Einsatz der Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland ist. Für die Bundesrepublik Deutschland ist von Interesse, auf welcher rechtlichen und ethisch-moralischen Grundlage die Erteilung von Mandaten für den Streitkräfteeinsatz zu erfolgen hat. Die Frage nach der Neuartigkeit der Legitimitätskriterien kann in zweierlei Hinsicht betrachtet werden. Einerseits in Bezug auf die historische Ableitung, andererseits in Bezug auf die Charta. Die Legitimitätskriterien finden sich ihrem Wesen nach bereits in dem Versuch durch Thomas von Aquin, die „Rechtfertigung militärischer Gewalt an bestimmte allgemeingültige Kriterien [zu] binden.“
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Themenabgrenzung
- Die Legitimitätskriterien
- Die Charta der Vereinten Nationen - Analyse vor dem Hintergrund der Legitimitätskriterien
- Ausgewählte Grundzüge der Charta der Vereinten Nationen
- Der Ernst der Bedrohung
- Die Redlichkeit der Motive
- Die Anwendung als letztes Mittel
- Die Verhältnismäßigkeit der Mittel
- Die Angemessenheit der Folgen
- Legitimitätskriterien - Bewertung vor dem Hintergrund der Charta
- Die Legitimitätskriterien im Lichte des Gewaltverbotes
- Die Legitimitätskriterien im Lichte des Interventionsverbotes
- Die Legitimitätskriterien im Lichte des Kapitels VII
- Schlussbetrachtung
- Anmerkungen
- Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Legitimität der Anwendung militärischer Gewalt durch die Vereinten Nationen (VN), insbesondere im Hinblick auf die neuen Legitimitätskriterien, die im VN-Bericht „Eine sicherere Welt: Unsere gemeinsame Verantwortung.“ (VN-Bericht) formuliert wurden. Die Arbeit analysiert, ob diese Kriterien eine Neuerung darstellen und ob sie mit den Vorgaben der Charta der Vereinten Nationen übereinstimmen. Die Untersuchung betrachtet die Legitimitätskriterien vor dem Hintergrund des Gewaltverbots und des Interventionsverbots in der Charta und untersucht ihre Vereinbarkeit mit Kapitel VII der Charta.
- Analyse der neuen Legitimitätskriterien im VN-Bericht
- Vergleich der Legitimitätskriterien mit den Vorgaben der Charta der Vereinten Nationen
- Bewertung der Legitimitätskriterien im Lichte des Gewaltverbots und des Interventionsverbots in der Charta
- Untersuchung der Vereinbarkeit der Legitimitätskriterien mit Kapitel VII der Charta
- Bedeutung der Legitimitätskriterien für die Mandatierung des Einsatzes von Streitkräften der Bundesrepublik Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Kontext der Arbeit dar und erläutert die Relevanz der Legitimität der Anwendung militärischer Gewalt durch die VN. Der zweite Abschnitt behandelt die neuen Legitimitätskriterien, die im VN-Bericht formuliert wurden. In Kapitel 3 wird die Charta der Vereinten Nationen analysiert und ihr Bezug zu den Legitimitätskriterien untersucht. Kapitel 4 befasst sich mit der Bewertung der Legitimitätskriterien vor dem Hintergrund der Charta, insbesondere im Hinblick auf das Gewaltverbot und das Interventionsverbot.
Schlüsselwörter
Vereinte Nationen, Legitimitätskriterien, militärische Gewalt, Charta der Vereinten Nationen, Gewaltverbot, Interventionsverbot, Kapitel VII, Sicherheitsrat, VN-Bericht, Thomas von Aquin, gerechter Krieg.
- Quote paper
- Kai Berghaus (Author), 2005, Die Legitimitätskriterien des UN-Berichts zur Anwendung militärischer Gewalt - eine neue Erfindung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46095