Die Bedeutung der Begriffe „Kunde“ und „Kommunikation“ haben sich besonders stark in der Ökonomisierung des gesamten Sozialwesens gerade da gewandelt, umso mehr man sich im Bestreben für Qualitätssicherung und - entwicklung bezüglich Kostendämpfung eher im Kreise drehte und dabei zur Sicherung von monetären Quellen nach neuen Kunden Ausschau hielt: da man sich erhöhte Einnahmequellen monetärer Art verspricht, sind neue Kundenkreise - wie z.B. auch Menschen im Wachkoma - für Behindertenhilfe-Einrichtungen kein Tabu-Thema mehr. In dieser vorliegenden Diplom-Arbeit soll ein Kundenverständnis deshalb zunächst ganz besonders bezogen auf Menschen im Wachkoma beleuchtet werden. Was bedeutet das „Kunde-Sein“ angesichts enormer Abhängigkeit von Hilfe, einhergehend mit äußerst eingeschränkter Kommunikationskompetenz ?
Was bedeutet es für diese „Kunden“ und den Anbietern, wenn dieser Zustand des Kunden über Jahre anhält ?
Die erkenntnisleitende Frage ist über allem die:
Was macht das menschliche Miteinander aus in dem Spannungsfeld der Begriffe: Kunde-Koma-Kommunikation ?
Nach einer ersten Untersuchung der drei Leitbegriffe "Kunde" - "Koma" - "Kommunikation" nach deren aktuelle Bedeutung und deren aktuelle Aufeinander-Bezogenheit einschließlich unterschiedlichster Ansätze von Kommunikationstheorien und Kommunikationsformen, möchte ich praktische-musikalische und persönliche Erlebnisse innerhalb dieser Thematik aus der Begegnung mit einem Mädchen im Wachkoma anschließen. Die Reflexion dieser Praxis verlangt eine tiefergehende Interpretation unter den „Außenimpulsen“ der leibphänomenologischen Philosophie Husserls und Levinas. Eine weitere Verdichtung durch wortsemantische Rückbesinnung in Verbindung mit religionsphilosophischen Überlegungen soll die Neubestimmung und Neuausrichtung der Bedeutung des Begriffs Kunde bezogen auf die Kommunikation mit Menschen im Wachkoma erkennbar machen. Welche Konsequenzen, ja welche „reformatorische“ Dynamik diese Neuausrichtung des Kundenverständnisses für die heilpädagogische Praxis und die Heilpädagogik allgemein hat, soll abschließend erörtert werden.
Snoezelen für Menschen im Wachkoma
Durch die niederländische Methode „Snoezelen“ lassen sich Zeichen des Wohlfühlens und Sich-Öffnen für die Mitwelt von Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen hervorrufen, deren Wirkung neuerdings auch bei Menschen im Wachkoma erforscht wird.
„Snoezelen“(sprich: snuuselen) eine Wortschöpfung von dem Musiktherapeuten Jan HULSEGGE und dem ehemaligen Waldarbeiter Ad VERHEUL, die in einer großen Einrichtung für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen in den Niederlanden arbeiteten, steht für eine synergetische Verbindung von „snuffelen“ (ndl. schnüffeln, riechen) und „doeselen“ (ndl. dösen, schlummern). Diese beiden Wortbedeutungen bekamen durch die „Erfindung“ von HULSEGGE/VERHEUL die Ausweitung: Wahrnehmung und Entspannung.
Die „Erfindung“ war für die Zeit zwischen 1970 und 1980 auch in den Niederlanden noch ein einmaliges Freizeitangebot für Menschen mit schwersten mehrfachen Behinderungen. Damals gab es in den Niederlanden (wie auch in Deutschland) noch keine Schulen für geistig schwer behinderte Menschen und auch noch keine Tagesförderstätten mit heilpädagogischer Förderung. Das heißt, es gab noch keinerlei staatlich geförderte Struktur für ein Förderangebot außerhalb der Wohnumgebung für diesen Personenkreis. Aus dieser Not heraus, entwickelten HULSEGGE/VERHEUL ein ganz spezifisches Freizeitangebot für Menschen mit schwersten Behinderungen das die Wahrnehmung mit allen Sinnen und die Entspannung für diesen Personenkreis ermöglichen und fördern sollte.
Ausgehend von der These, dass Menschen mit schwersten Behinderungen die Vielzahl von Sinnesreizen, die im Alltag über sämtliche Sinneskanäle auf sie einströmen, wegen cerebraler Dysfunktionen nicht adäquat verarbeiten können, schufen HULSEGGE/VERHEUL Pavillons, in denen für jedes Sinnesorgan spezifische Reize vermittelt wurden. D.h.konkret: es gab zunächst je ein Pavillon für den Bereich Sehen (bewegte Schwarz-Weiß-Muster), Hören (Naturgeräusche und –Klänge), Riechen (Duft aus einem Riechschlauch) und Schmecken in denen möglichst nur ein Reiz nach dem Anderen angeboten wurde und dabei konnte man beobachten, was als angenehm und welcher Reiz als unangenehm empfunden wurden, ja vielmehr noch, bei welchen Reizen Neugier vorhanden oder was zur Entspannung verhalf (vgl. HULSEGGE/VERHEUL 1999? ).
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- Arbeit zitieren
- Johannes Keller (Autor:in), 2005, Kunde - Koma - Kommunikation: Welche Bedeutung hat der Kundenbegriff in der Kommunikation mit Menschen im Wachkoma?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46173
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