Qualitative Forschung. Analyse von Leitfadeninterviews


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Methode und Fragestellung
2.1 Die Thematik im Rahmen der qualitativen Forschung
2.2 Forschungsfrage
2.3 Leitfadeninterview

3 Interviewanalyse
3.1 Einzelauswertung Interviewpartner A
3.2 Einzelauswertung Interviewpartner B

4 Fazit

5 Reflexion des Forschungsprozesses

Literaturverzeichnis

Anhang

1 Einleitung

Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter besitzt in ihrem / seinem Berufsleben individuelle Beziehungen zu anderen Personen oder Personengruppen. Dabei kann es sich sowohl um berufliche Kontakte handeln als auch um private, die für berufliche Zwecke genutzt werden. Die individuellen Netzwerke werden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genutzt, um sich für die Aufgabenerledigung Rat einzuholen.

Diese netzwerkartigen Strukturen gewinnen zunehmend an Bedeutung, auch wenn der Grad der Ausprägung in der freien Wirtschaft vermutlich deutlich höher ist, als in der öffentlichen Verwaltung. Trotz der Erkenntnis, dass eine gut ausgeprägte Netzwerkstruktur einen Erfolgsfaktor darstellt, setzten sich die Unternehmen selten mit der gezielten Steuerung dieser Struktur auseinander.

Auch in der Forschung gibt es bislang wenige Arbeiten, die sich im Schwerpunkt mit dem Thema auseinandersetzen. Die Uni Freiburg jedoch hat sich zum Ziel gesetzt, mit ihren Forschungsbemühungen die Wichtigkeit der organisierten Netzwerkkultur in den Unternehmen zu belegen.1 Diese Forschungsarbeiten sind eine gute Grundlage für die Thematik, allerdings ist dabei die Sichtweise der qualitativen Forschung nur selten genutzt worden.

Vor allem der öffentliche Sektor wurde nicht explizit auf diesem Gebiet erforscht. Aufgrund seiner doch besonderen Struktur im Management und der Art der Aufgabenerledigung, sollte dieser Sektor getrennt von der Privatwirtschaft betrachtet werden.

Die qualitative Forschungsarbeit „Vernetzung in Organisationen“ hat zum Ziel – mit Hilfe der Befragung von zwei Mitarbeiterinnen der öffentlichen Verwaltung – die Bedeutung von Netzwerken zu beobachten. Der zentrale Aspekt, der dabei beleuchtet werden soll, ist die Übertragung von Netzwerken an Dritte.

Im Folgenden soll zunächst auf die Eignung der qualitativen Forschungsmethoden eingegangen und die angewandte Methode sowie die Forschungsfrage dargestellt werden. Der Hauptteil befasst sich mit der Analyse der beiden Interviews, die getrennt voneinander betrachtet werden, um anschließend im Fazit einen Vergleich herzustellen. Anschließend folgt eine kurze Bilanz der Forschungsarbeit mit einem Ausblick auf eine mögliche, weitergehende Forschungsdimension.

2 Methode und Fragestellung

2.1 Die Thematik im Rahmen der qualitativen Forschung

Die Qualitative Forschung bezieht sich auf die Lebenswirklichkeit der zu erforschenden Menschen, sodass die subjektive Wahrnehmung der einzelnen Personen im Vordergrund steht. Dadurch gewährleistet die qualitative Forschung mit Hilfe ihrer Methoden eine große Offenheit gegenüber dem Untersuchungsgegenstand. Es geht hierbei nicht um repräsentative Stichproben, sondern gezielt um die Analyse von Einzelfällen oder Samples.2

Die Quantitative Forschung besitzt bereits im Vorfeld ein relativ beschränktes Erkenntnisinteresse, das durch die Fragen und die Antwortmöglichkeiten bereits vorgegeben ist. So stehen bei der geschlossenen Frage, ob die Kontakte eher privat oder beruflich entstanden sind, nur wenige Antwortoptionen zur Verfügung. Bei der qualitativen Studie kann die offene Frage, wie sie sich kennen gelernt haben, mehrere Antwortmöglichkeiten liefern, die weitere interessante Aspekte zum Vorschein bringen könnten.

Das Interesse dieser Studie liegt gerade darin, die subjektive Wahrnehmung der Befragten im Hinblick auf „ihre Netzwerke“ zu deuten und zu verstehen. An diesem Punkt sind die gleichen Meinungen, Stellungnahmen und das Knowhow der Befragten interessant. Besonders jedoch auch die Unterschiede, die mit Hilfe der Interviews gefunden und hinterleuchtet werden können.

2.2 Forschungsfrage

Der Hintergrund dieser Forschungsarbeit ist die Frage nach der Bedeutung von Netzwerken in Organisationen. Um den Forschungsgegenstand einzugrenzen, wurde der Fokus auf die öffentliche Verwaltung gesetzt, da vor allem hier bislang wenige Erkenntnisse aus der Forschung gesammelt werden konnten.

Zunächst sollte die Vernetzung innerhalb der eigenen Organisation erforscht werden. Dies wurde den Befragten im Vorfeld erklärt. Jedoch zeigte sich nach den Interviews, dass eine Trennung von Vernetzung innerhalb und außerhalb der Organisation nicht stattgefunden hat. Somit wurde das Thema „Vernetzung in Organisationen“ so definiert, dass das Netzwerken von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Organisation sowohl innerhalb als auch außerhalb dieser erforscht werden soll.

2.3 Leitfadeninterview

Um die Forschungsfrage zu beantworten, stand die Gruppendiskussion oder das Leitfadeninterview zur Wahl. Das Leitfadeninterview wurde als geeignete Methode ausgewählt, da es die Möglichkeit bietet, die Personen getrennt voneinander zu befragen. Die Frage, wie bewusst den Personen ihre Netzwerkarbeit ist und wie sie über das Thema (bewusst oder unbewusst) denken, kann mit Hilfe der leitfadengeführten Interviews hinterfragt werden.

Die Befragten wurden nach folgenden Kriterien ausgewählt:

- Mitarbeiter/in der öffentlichen Verwaltung
- Führungsposition
- mindestens ein Wechsel des Aufgabengebiets im Lebenslauf und damit verbundener Wechsel des Kollegiums

Person A ist eine Mitarbeiterin (48 Jahre), die seit Oktober 2017 als Leiterin des Sachgebiets Personalwirtschaft 2 in der Personalabteilung einer Kommune tätig ist. Davor war A sechs Jahre als Personalsachbearbeiterin in derselben Personalabteilung eingesetzt. Insgesamt hat A einmal den Arbeitgeber gewechselt und zweimal den Aufgabenbereich.

Person B ist eine Mitarbeiterin (45 Jahre), die seit 2008 in der Personalabteilung derselben Kommune wie Person A eingesetzt ist. Seit 2012 hat sie die Leitung des Sachgebiets Ausbildung, Fortbildung, Personalentwicklung und Gesundheitsmanagement übernommen. Insgesamt hat B dreimal den Aufgabenbereich gewechselt.

Da die Interviewerin die beiden Befragten beruflich kennt, konnte problemlos Kontakt zu den beiden Personen aufgenommen werden. Die Bereitschaft für das Interview war sofort vorhanden, sodass auch die Gespräche sehr angenehm in einem persönlichen Format geführt werden konnten.

3 Interviewanalyse

Die Auswertung des Datenmaterials der Interviews ist in Anlehnung an die dokumentarische Methode nach Ralf Bohnsack erfolgt. Demnach wird zwischen der formulierenden und der reflektierenden Interpretation unterschieden.3

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Fluktuation in der öffentlichen Verwaltung ist das Thema der Übertragung von Netzwerken an andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Organisationen nicht zu unterschätzen. Aufgrund des demografischen Wandels ist auch im Vergleich zur Bevölkerung die Altersstruktur ähnlich vorhanden, sodass in den nächsten Jahren vermehrt Arbeitskräfte aufgrund des Alters aus dem Berufsleben ausscheiden werden.4 Vor allem bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bereits lange Jahre bei ihrem Arbeitgeber tätig sind, würde ein immenser Wissensverlust inklusive ihrer Netzwerke verloren gehen, insofern nichts dagegen unternommen wird. Daraus ergibt sich die Frage, inwiefern persönliche Netzwerke auf die Nachfolgerin oder den Nachfolger übertragen werden können und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dies auch unterstützen. Doch welche Bedeutung haben die Netzwerke einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen? Diese Frage könnte für die Relevanz einer Übertragung des Netzwerkes elementar sein.

3.1 Einzelauswertung Interviewpartner A

Person A wurde gefragt, ob sie ihre Kontaktpersonen und Beziehungen zu einzelnen Organisationseinheiten dokumentieren könnte, damit diese an eine mögliche Nachfolgerin / einen möglichen Nachfolger weitergegeben werden können. Person A antwortete folgendes:

„Nee, da hätte ich keine Probleme. Also das sind alles Leute wo ich auch sagen würde ähm, das würde ich weitergeben beziehungsweise ich würde dann mit denen auch Kontakt aufnehmen um da klar zu machen, dass ich da Daten und E-Mail Adressen oder sowas weitergebe. Also aber von allen Leuten habe ich nicht das Problem das nicht jemand anders das Problem dann hätte und ich finde das auch eigentlich sehr wichtig […]“

A sieht kein Problem darin, ihre Netzwerke an andere Personen weiterzugeben. Für sie ist die Übertragung jedoch wichtig. Allerdings würde A ihre Kontakte darüber informieren, dass die Kontaktdaten nun weitergegeben werden.

Hier zeigt sich, dass A intuitiv kein Problem mit der Übertragung an andere Personen hat. Sie sieht das über die Jahre aufgebaute Netzwerk nicht als ihr Eigentum an, sondern dies ist für jede und jeden hilfreich, die / der ihre Stelle entweder kurz- oder langfristig übernehmen wird. Außerdem wird deutlich, dass A dennoch vertrauensvoll und vorsichtig mit den Kontaktdaten ihrer Beziehungen umgeht. Für sie gehört es dazu, die Betroffene / den Betroffenen über die Weitergabe der E-Mail Adresse oder Telefonnummer zu informieren und sich gegebenenfalls das Einverständnis dafür einzuholen.

„Das haben wir ja jetzt auch bei der Stadt, dieser Wissenstransfer und ähm da sagt man halt auch ganz viel klar du kannst viel erzählen und viel machen … aber welche Leute kennst du. Das ist so wichtig, das ist so elementar und äh das gehört für mich auch zum Wissenstransfer, dass man das Netzwerk dann auch übergibt. Und ähm da werden sicherlich auch Personen dabei sein wo man sagt das möchte ich jetzt nicht so gerne weitergeben, das war so mein Kontakt. Aber ich persönlich habe damit kein Problem meine Kontakte weiterzugeben. […] Also jetzt gerade jetzt wie bei so Leute wie bei Frau …5 oder wie es bei der…6 seien würde. Da sitzt du wahrscheinlich erstmal und überlegst äh wo fängst du jetzt an. Und wenn du dann natürlich das Netzwerk von denjenigen übernimmst ist dann natürlich optimal. […] Wenn du immer in der Personalabteilung warst, dann kennst du für deinen Bereich viel mehr Leute. Da komme ich mir wie gesagt wie ein Randnetzwerker vor.“

Person A sieht eine Verbindung zum Wissenstransfer. Für A gehört es dazu, die Netzwerke an die Nachfolgerin oder den Nachfolger weiterzugeben. Sie betont wie hilfreich es ist, bestimmte Leute für die Erledigung ihrer Aufgaben zu kennen. Auch wenn es für sie kein Problem ist, ihr Netzwerk im vollen Umfang zu übertragen, so kann sie sich vorstellen, dass es für den ein oder anderen vereinzelt Kontakte gibt, die nicht weitergegeben werden möchten. Bei zwei Personen aus ihrem Arbeitsumfeld, die in der Vergangenheit ausgeschieden sind oder demnächst ausscheiden werden, ist es für A schwierig die Arbeit direkt zu übernehmen. Dafür hilft ihr die Übergabe des Netzwerks. Vor allem, wenn die Personen in ihrem Arbeitsleben stets in derselben Abteilung gearbeitet haben. Dabei kommt sich A nur wie ein „Randnetzwerker“ vor.

A sieht das Thema „Übertragung von Netzwerken“ als eine zentrale Aufgabe im Wissenstransfer. Hierbei wird deutlich, dass sie nun auch in der Rolle als Führungskraft agiert. Sollte nun ihre Mitarbeiterin Y in den nächsten Jahren ausscheiden, so ginge für A ein großes Wissen verloren. Vor allem da Y stets in der Personalabteilung eingesetzt war, ist es für A logisch, dass in Bezug auf diesen Aufgabenbereich ein größeres Netzwerk vorzufinden wäre als bei ihr. Sie möchte damit deutlich machen, dass der Wechsel eines Aufgabenbereiches zwar auch jedes Mal neue Kontakte entstehen lässt, jedoch diese nicht immer für die neue Tätigkeit intensiv gebraucht werden können, wie wenn man über Jahre hinweg nur in seinem einen Tätigkeitsbereich hat Netzwerke aufbauen lassen.

Außerdem ist A der Meinung, dass es durchaus auch bei Kolleginnen und Kollegen Kontaktpersonen geben kann, die nicht gerne aus persönlichen Gründen weiter gegeben werden sollen. Dies zeigt die persönliche Ebene, die es bei der Entstehung und Pflege von Netzwerken gibt. Die Kolleginnen und Kollegen knüpfen selbständig Kontakt zu evtl. beruflich hilfreichen Personen. Trotzdem spielt die Persönlichkeit der Menschen eine Rolle. Es kann vermutet werden, dass gerade bei einer starken persönlichen Ebene in der Beziehung die Übergabe schwer fallen kann. Doch A weist darauf hin, dass bei ihr keine Beziehungen existieren, deren Kontaktdaten sie nicht an Dritte weitergeben würde.

Vor dem Hintergrund der Bedeutung von Netzwerken wurde A gefragt, ob sie aktiv Netzwerkarbeit für sich betreibt. Sie antwortete folgendes:

„Ähm also joa ich würde schon sagen, also vielleicht jetzt nicht so mit dem Bewusstsein, dass man jetzt sagt ich rufe jetzt an und bilde jetzt mal mein Netzwerk, aber man macht das schon, klar. Also in dem du wie gesagt dich durchfragst und dann aber auch den Namen dir notierst und dann vielleicht eins zwei Fragen mehr mal hast und ähm es ist halt wirklich du musst halt die Pflege haben. […] Aber jetzt so dass ich jetzt ganz bewusst sage, ich bin jetzt so ein Netzwerker eigentlich nicht so sehr. Das kommt dann einfach und dann weißt du es zu schätzen wenn du dann mal wieder .. Aber das ich jetzt so ganz offensiv damit umgehe eigentlich nicht so.“

[...]


1 Uni Freiburg 2018.

2 Brüsemeister 2008, S. 19 f.

3 vgl. Bohnsack 2003.

4 vgl. KGST 2010, S. 11.

5 Im Weiteren wird die erwähnte Person mit X angesprochen.

6 Im Weiteren wird die erwähnte Person mit Y angesprochen. Y ist eine Mitarbeiterin im Team von A.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Qualitative Forschung. Analyse von Leitfadeninterviews
Hochschule
Universität Kassel
Note
1,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
15
Katalognummer
V461853
ISBN (eBook)
9783668917101
ISBN (Buch)
9783668917118
Sprache
Deutsch
Schlagworte
qualitative, forschung, analyse, leitfadeninterviews
Arbeit zitieren
Christin Kuhaupt (Autor:in), 2018, Qualitative Forschung. Analyse von Leitfadeninterviews, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/461853

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