Historische Medizinlehre. Krankheitskonzepte im Wandel der Zeit


Hausarbeit, 2014

19 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Definitionen

3. Historische Entwicklung
3.1 Heilkunde und Krankheitskonzepte der Naturvölker
3.2 Heilkunde und Krankheitskonzepte der Hochkulturen ...
3.3 Die Heilkunde und Krankheitsvorstellung der griechischen Welt
3.3.1 Die hippokratische Medizin
3.3.2 Die Heilkunde in der Epoche des Hellenismus
3.4 Heilkunde und Theorie der Krankheit im römischen Reich
3.4.1 Gegenbewegungen zur Säftelehre
3.4.2 Galen
3.5 Heilkunde des Mittelalters - Iatrotheologie
3.6 Die Medizin der Renaissance - Umbruchstimmung
3.7 Die Medizin des 17.Jahrhunderts - Iatrochemie und Iatrophysik
3.8 Die Medizin des 18.Jahrhunderts
3.9 Die Medizin des 19.Jahrhunderts

4. Krankheitskonzepte im Überblick
4.1 Naturalistische Konzepte der Medizin
4.1.1 Humoralpathologie oder Säftelehre
4.1.2 Iatrophysik, Iatrochemie, Iatromorphologie
4.1.3 Iatrotechnisches Konzept der Medizin
4.2 Supranaturalistische Konzepte der Medizin
4.2.1 Iatrodaemonologie
4.2.2 Iatrotheologie
4.2.3 Iatroastrologie / Astromedizin
4.2.4 Iatromagie
4.3 „Konzeptloses Konzept“

5. Krankheitskonzept(e)? - Heute

6. Fazit

1.Einleitung

Kranksein – Gesundsein, diese Themen beschäftigen den Menschen seit jeher und heute immer noch. In der „Gesundheitsgesellschaft“ des 21. Jahrhunderts versucht jeder, die bestmöglichen präventiven Maßnahmen zu treffen, um Krankheiten vorzubeugen. Die Rede ist von hunderten von verschiedenen Diäten, Ratgebern zur gesunden Ernährung und der Allgegenwärtigkeit von Fitnessstudios und Werbung für allerlei Sportartikel und Medikamente, die man schon beim ersten Anzeichen einer Erkältung einnimmt, um gar nicht erst krank zu werden. Doch wie sah das vor 1000, 400 oder 50 Jahren aus? Es war immer eines der wichtigsten Anliegen der Forscher, zu erklären, wa r um der Mensch krank wird. Aber natürlich auch die verschiedensten Heilmethoden wurden eingehend erforscht und erprobt. Die Diät war zum Beispiel sehr lange Zeit eines der wichtigsten therapeutischen Mittel – und sie ist es heute noch und wird heute noch viel diskutiert und in unendlichen Facetten praktiziert. Doch welcher Wandel lässt sich bezüglich der Vorstellung von Krankheit in der geschichtlichen Entwicklung erkennen? Dies soll in der Arbeit dargestellt werden. Es wird aufgezeigt, welche Ansichten von Kranksein und Gesundsein es gab und gibt und wie die jeweiligen Zustände erklärt wurden und werden. Bei einem geschichtlichen Überblick über die Jahrhunderte wird der Fokus auf genau diese Aspekte gelegt, weswegen andere, ebenso wichtige - aber im Rahmen der Arbeit ausgeklammerte -, Themen der geschichtlichen Entwicklung weggelassen werden. Auf der Grundlage der geschichtlichen Entwicklung folgt eine Eingliederung der verschiedenen Krankheitstheorien in Gruppen beziehungsweise Konzeptkategorien. Abschließend folgt ein kurzer Versuch einer Darstellung des heute vorherrschenden Krankheitskonzepts.

2.Definitionen

Zunächst ist jedoch eine Klärung einiger im Folgenden wichtiger Begriffe sinnvoll. Die Pathologie ist die (Medizin-)Lehre von Krankheiten, besonders von ihrer Entstehung und den durch sie hervorgerufenen organisch-anatomischen Veränderungen. 1 Die Ätiologie ist (bildungssprachlich) die Lehre von den Ursachen (besonders von Krankheiten) oder auch ein zugrunde liegender ursächlicher Zusammenhang (besonders bei Krankheiten).2 Die Iatrologie ist die ärztliche Lehre oder auch die Lehre von der ärztlichen Heilkunst.3

3.Historische Entwicklung

3.1 Heilkunde und Krankheitskonzepte der Naturvölker

Schon in den medizinischen Praktiken der Naturvölker finden sich Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit. Ein gutes Beispiel ist die Vorstellung von Krankheit bei den Apachen: Die Krankheit entsteht ihrem Glauben nach durch übernatürliche Einwirkung von tierischen Geistern, Dämonen oder Zauberern. Behandelt werden die Krankheiten dann ebenfalls durch eine „magische Person“, nämlich durch den Medizinmann beziehungsweise einen Schamanen, der verschiedene Zeremonien – wie zum Beispiel Gebete oder Trommelriten – durchführt. Die krankheits-verursachenden Geister oder Dämonen sind laut der Vorstellung der Naturvölker durch Tabuverletzungen beleidigt worden und beauftragen deswegen einen Zauberer – also einen Menschen mit magischen Kräften – die Krankheit zu senden. Die Naturvölker bedienen sich also einer naheliegenden Erklärung, die in der Familie und der Gesellschaft begründet ist. Dazu bemerkt Ackerknecht, dass eine fiktive, übernatürliche Familie von Totemtieren, Geistern und Göttern willkürlich Krankheiten verhängt oder sie als Strafe für die Überschreitung gesellschaftlicher Regeln gesehen werden. Die Krankheit erhält hiermit einen Sinn, den sie in den modernen Gesellschaften verloren hat.4

3.2 Heilkunde und Krankheitskonzepte der Hochkulturen

Auch die ägyptische Hochkultur sieht den Verursacher der Krankheiten in Geistern und Dämonen. Allerdings lag die Behandlung der Kranken in anderen Händen: Es existierten sogenannte Priester-Ärzte, die in ihr Handwerk in Tempelschulen ausübten und die Patienten mit magischen Formeln und Amuletten behandelten. Doch die Dämonen wurden später durch Götter ersetzt. Der Tempelschaf – auch Inkubation (lat. incubatio = das Brüten) - war allgegenwärtiges Heilmittel. Auch galten bestimmte Götter als Schutz-Götter vor der Krankheit. So waren Re, Toth und Isis heilende Götter, Imotep der Gott des Tempelschlafes, wobei Sekhmet die Göttin der Pest war, also Epidemien aussandte aber auch wieder beseitigte. Zur Behandlung bevorzugte man die Drecksapotheke und Polypharmazie, außerdem „scheinen die Ägypter den Begriff der vier grundlegenden Elemente entwickelt zu haben – Feuer, Wasser, Luft und Erde -, ein Begriff, der in der Medizin bis in die Neuzeit eine sehr wichtige Rolle spielte.“5

Die Krankheitstheorie in Mesopotamien – also dem babylonischen Reich – war ebenfalls religiös.6 „Krankheit galt als eine Bestrafung für Sünde, die einen Zustand der Unreinheit hervorrief.“7

In Mittel- und Südamerika herrschten ebenfalls religiöse Krankheitstheorien vor. Der Priester war ebenso König, also auch politisches Oberhaupt. Auch hier gilt die Sünde als die Hauptursache für Krankheiten, die Beichte wird als häufige Methode zur Heilung angewandt. In der altmexikanischen Medizin wurde die Astrologie als Diagnostik herangezogen. Doch auch das Interesse an der Natur fehlte nicht: die Azteken kannten 1200 medizinische Pflanzen. Zur Heilung wurde aber auch auf Ausräucherung, Baden, Aderlass und Diät zurückgegriffen.

In der alten peruanischen Kultur bestand der magische Ritus der Übertragung der Krankheit auf Tiere, diese wurde meist bei Meerschweinchen durchgeführt.

Bei den Inkas herrscht wie auch bei anderen Naturvölkern eine magisch-religiöse Vorstellung von Krankheit vor, man glaubt an die Beseeltheit der Natur.8

Im alten Indien existiert neben der Humoralpathologie auch der Glaube an die Besessenheit durch Dämonen, ebenso wie die Karma-Theorie, also ein Wandel der Seelen oder die „Auffassung, dass die Krankheit die Strafe für eine in früheren Leben begangene Sünde sei.“9 Es gibt fünf Grundprinzipien: Erde, Wasser, Luft, Feuer und Himmel, zwei Qualitäten: Heiß und kalt, drei Grundsäfte: Luft, Galle und Schleim und sechs Körperelemente: Chylus, Blut, Fleisch, Knochen, Mark, Samen. Die Krankheit und deren Symptome werden durch Verlust oder Überfluss an Elementen oder Säften hervorgerufen. Im Zentrum der Therapie steht die Diätetik.

Die altchinesische Heilkunde beruht auf der Ying-Yang-Philosophie und benutzt Akupunktur und Schamanismus als Heilmittel. Es existieren fünf wichtige Grundelemente: Planeten, Jahreszeiten, Töne und Organe. Die Krankheit wird als Disharmonie dieser Elemente verstanden. 10

3.3 Die Heilkunde und Krankheitsvorstellung der griechischen Welt

„Die […] Epochen der griechischen Medizin haben […] alle eins mit der modernen Medizin gemeinsam: Die Krankheit wurde nicht mehr als übernatürliche Erscheinung angesehen; sie wurde von einem rationalen, naturalistischen und wissenschaftlichen Gesichtspunkt aus betrachtet.“11

Diese Aussage von Ackerknecht über die griechische Heilkunst ist richtig, jedoch ist die Medizin im alten Griechenland nach wie vor von religiösen Vorstellungen geprägt und deswegen zumindest in der frühen Zeit nicht vollständig auf Wissenschaft gestützt. Die religiöse Medizin hat auch einen Heilgott, nämlich Apollo. Dieser wird später von Asklepios abgelöst. Ihm gehören die Symbole des Wanderstaben und der heiligen Schlange an. Auch in der griechischen Heilkunde wurde Tempelschlaf – oft in Verbindung mit Baden – zur Behandlung verschrieben. Der große Denker seiner Zeit war Hippokrates – er „erfand“ ein völlig neues Bild vom Krank- und Gesundsein das sich noch viele Jahrhunderte lange halten sollte. Und zwar die Humoralpathologie. 12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Asklepios Sta tue

Tor so da tier t etwa er ste Hä lfte 2. J a hr hunder t n. Chr ., Kopf zweite Hä lfte 2. Ja hr hunder t. Rechter Ar m und Sta b er gä nzt. (Rekonstr uktion a us dem 18.J a hrhunder t)

3.3.1 Die hippokratische Medizin

Im „Corpus Hippocratum“ schrieb er seine Krankheitskonzepte und Ideen zusammen. Nach seinen Ausführungen gibt es vier Körpersäfte: Das Blut (dem Herzen zugeordnet), den Schleim (der dem Gehirn zugeordnet ist), die gelbe Galle (Leber) und die schwarze Galle (entsteht in der Milz). (siehe Abb. 2) Die Gesundheit ist nach Hippokrates ein Zustand der harmonischen Mischung der Säfte (Eukrasie) und die Krankheit ist ein Zustand der falschen Mischung der Säfte (Dyskrasie). Um bei einer Krankheit wieder die Eukrasie zu erreichen, müssen dem Körper Säfte genommen oder beigeführt werden. Das ist die hippokratische Begründung für die Evakuationstechniken, also Aderlassen, Schröpfen, Abführen, Erbrechen, Schwitzen, Urinieren.

Aber nicht nur diese verschiedenen Methoden zur Säfte Wiederherstellung sind Gegenstand der Heilung, auch die Diät nimmt einen zentralen Punkt in der Behandlung ein.13

3.3.2 Die Heilkunde in der Epoche des Hellenismus

In der Epoche des Hellenismus basiert das Krankheitsverständnis meist auf dem Humoralismus, es existieren viele wechselnde Medizinschulen oder –zentren, auf die im Einzelnen nicht genauer eingegangen werden soll. Es gab jedoch vereinzelt Foschungen in eine andere Richtung: So gab Erasistratos aus Keos die Humoralpathologie zugunsten einer Solidarpathologie auf. 14

„Er betrachtete als wesentliche Körperelemente die Atome, die durch äußere Luft („pneuma“), welche in den Arterien zirkulierte, belebt wurden. Die Verdauung war für ihn ein reich mechanischer Vorgang; die Krankheit wurde nach ihm in der Hauptsache durch einen lokalen Blutdrang verursacht, der die Zirkulation des „pneuma“ störte. Die Solidarpathologie ist somit eine alexandrinische Erfindung.“15

Durch den gegen Ende des 3. Jahrhundert v. Chr. entwickelten Empirismus wurden umfangreiche Fortschritte in der Medizin gemacht, besonders in den Gebieten der Symptomatologie, Pharmakologie und Chirurgie.16

3.4 Heilkunde und Theorie der Krankheit im römischen Reich

3.4.1 Gegenbewegungen zur Säftelehre

Im Römischen Reich gab es neben den Verfechtern des Humoralismus auch einige Gegner. Die Krankheitsauffassung des Asklepiaedes von Bithynien im 1. Jahrhundert vor Christus war eine andere: Er glaubte an eine anatomische Pathologie, bei der eine mechanische Störung der Bewegung der Atome durch die Körperporen Krankheiten verursacht. Er war gegen Aderlass und Purgieren und riet den Kranken meist eine Diät zur Heilung, die hauptsächlich auf Weingenuss ausgelegt war.17

Eine neue medizinische Sekte, die Methodisten, reduzieren ihre Methoden zur Heilung auf einige wenige. Entweder litt der Kranke an einem Zustand des „status strictus“, also einer Verengung der inneren Poren, oder in einem „status laxus“, also einer übermäßigen Erschlaffung der Poren. Auch wenn in der Anike einige Römer großes Interesse an Krankheitstheorien und deren Erforschung hatten, schreibt Ackerknecht über die Heilkunde in der Antike:18

[...]


1 o.A., Pathologie, 2014.

2 o.A. Ätiologie, 2014.

3 o.A. Iatrologie,2014.

4 Ackerknecht 1992, S. 13-17

5 Ebd. S.22

6 Ackerknecht 1992, S. 22ff.

7 Ebd. S.23

8 Ebd. S.24ff.

9 Ebd. S.28f.

10 Ebd. S29f.

11 Ebd. S. 35ff.

12 Ackerknecht 1992, S.35ff.

13 Ackerknecht 1992, S.38-44

14 Ebd., S.47

15 Ebd., S.47

16 Ebd., S. 47f.

17 Ebd., S.49.

18 Ebd. S.50ff.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Historische Medizinlehre. Krankheitskonzepte im Wandel der Zeit
Hochschule
Universität Augsburg  (Lehrstuhl für Europäische Ethnologie / Volkskunde)
Veranstaltung
Einführung in die Kulturgeschichte Volksmedizin
Note
2,0
Jahr
2014
Seiten
19
Katalognummer
V461857
ISBN (eBook)
9783668915268
ISBN (Buch)
9783668915275
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Krankheit, Medizin, Kulturgeschichte, Krankheitskonzept, Gesundheit, Ethnologie, Europäische Ethnologie
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Historische Medizinlehre. Krankheitskonzepte im Wandel der Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/461857

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