Eine Filmanalyse von Fritz Langs "M – Eine Stadt sucht einen Mörder"


Hausarbeit, 2014

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Allgemeines

2. Inhalt

3. Charaktere

4. Mise-en-Scéne

5. Narrationsebenen

6. Motive

7. Interpretationsversuch

8. Fazit

1. Allgemeines

Der Film „M“ entstand im Jahr 1931 unter der Regie von Fritz Lang und zählt zu den bedeutendsten Werken des deutschen Films. Es ist eine der ersten deutschen Tonfilmproduktionen und nutzt dieses neue Medium besonders gekonnt aus. Es wird den Genres Gerichtsdrama, sozialrealistisches und -kritisches Proletarierdrama und Krimi zugeordnet. Durch eindrucksvolle Licht- und Schattenspiele wirkt der Film düster, mysteriös und gefährlich und wird daher auch dem Film Noir zugeordnet.

Der Film wird häufig zusammen mit dem früheren Arbeitstitel „Mörder unter uns“ oder dem späteren Verleihtitel „Eine Stadt sucht einen Mörder“ genannt. Er ist einer der späteren Filme des Erfolgsregisseurs Lang. Zusammen mit Drehbuchautorin Thea von Harbou und Kameramann Fritz Arno Wagner entstand Anfang der 40er Jahre der in der Originallänge 117-minütige Film. Die überarbeitete Fassung dauert letztlich nur 107 Minuten. Er ist mit einem FSK von 12 Jahren eingeordnet.

Die herausragende filmhistorische Bedeutung, die „M“ genießt, wird zumeist auch anhand der ästhetischen Gestaltung dieses Films begründet. Fritz Lang wagte sich mit dem Medium Tonfilm an etwas für ihn völlig Neues. Die dabei durchgeführten Experimente gelten auch heute noch als „Beispiel für eine vorbildliche Bewältigung des Mediums Ton“ 1.

Die grundsätzliche Idee des Themas kam Lang durch aktuelle Zeitungsartikel über Serienmörder, wie Peter Kürter, der als „Vampir von Düsseldorf“ bekannt wurde.2 Als diesem schließlich der Prozess gemacht wurde und er zum Tode verurteilt wurde, waren die Dreharbeiten bereits im Gange. Drei Wochen nach seiner Hinrichtung feierte „M“ seine Premiere. „Der Film wurde zu einer unmittelbaren fassungslosen Reaktion einer Generation auf die Düsseldorfer Mordserie.“3 Diese Berichte zu den Mordfällen veranlassten Fritz Lang nach eigenem Bekunden dazu, „der Sachlichkeit der Zeitepoche, durch die wir eben durchgehen, zu entsprechen und einen Film rein auf Tatsachenberichten aufzubauen.“ 4 Er informierte sich umfangreich bei Kriminalpolizisten über Fahndungsmethoden und bei Psychologen sowie Psychiatern über die Geisteshaltung von Triebtätern, um ein möglichst realitätsnahes Werk entstehen zu lassen. Die Aufgabe des Films lag ihm zufolge darin, „ an wirklichen Geschehnissen eine Warnung, eine Aufklärung zu gebe, und dadurch schließlich vorbeugend zu wirken.“ 5 Das Ergebnis war ein sensibles Zeitbild, dessen stark realistische Verfahrensweise ein gegensätzliches Bild der damaligen Gesellschaft zeichnet. Fritz Lang selbst lag dieses Projekt sehr am Herzen und beschrieb in einem Interview den Film rückblickend als sein gelungenstes Werk:

Ich glaube, mein bester Film war ‚M‘ und das ist auch der Film, den ich am liebsten mag. Ein Film, der sich um einen Kindermörder dreht und der zum ersten Mal versucht, in die Psyche hinein zu leuchten. 6

Der Filmjournalist Paul Werner resümiert in Film Noir - Die Schattenspiele der schwarzen Serie (1986) zur internationalen Bedeutung des Films:

„ Bezüglich seiner visuellen Gestaltung stellt der Film einen klaren Rückgriff aus dem Schattenstil des Expressionismus’ dar, und in der Thematisierung eines obsessiven Mörders und einer „normalen“ Verbrecherwelt nimmt er den Film Noir vorweg.“ 7

Tatsächlich darf Fritz Langs vielschichtiges Portrait des Kindermörders Hans Beckert zu den wichtigsten Vorläufern des Film Noir gerechnet werden.

2. Inhalt

Ein Unbekannter missbraucht und tötet seit einigen Monaten kleine Mädchen und versetzt damit ganz Berlin 1931 in Angst und Schrecken. Nach dem Tod seines letzten Opfers, Elsie Beckmann, sendet der Mörder der Polizei einen anonymen Brief. Die Bevölkerung ist beunruhigt und die Polizei ratlos, denn die Taten des Mörders Hans Beckert sind nicht hervorsehbar Sie geschehen scheinbar planlos und zufällig. Aufgrund der intensiven Fahndungsarbeit der Polizei erscheint dem Täter ein weiterer ‚Gegner‘: das organisierte Verbrechen. Denn die Kriminellen dieser Stadt fühlen sich durch ihn bei der Durchführung ihrer Taten belästigt und machen somit ihrerseits ebenfalls Jagd nach „M“. Ein blinder Straßenhändler erkennt durch das charakteristische Pfeifen einer Melodie den Mörder wieder und alanniert die Ganoven, die ibn, angefiihrt vom ,Schranker", in eine groBe stillgelegte Schnapsfabrik ,vor Gericht' stellen. Sie machen ,M" einen makabren Schauprozess vor einer aufgebrachten Bevolkerungsmenge. Beckert versucht sich durch seinen schizophrenen Zustand und Selbstentfremdung zu rechtfertigen, trifft allerdings auf kein Verstiindnis oder Mitleid. Die Masse fordert die Hinrichtung des Madchenmorders. In letzter Sekunde kann die Polizei die Fabrik ausfindig machen und eine illegale Vollstreckung verhindem. Beckert wird anschlieBend vor ein rechtmiilliges Gericht gestellt. In der Originalfassung wird er von dem Richter fiir schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung selbst wird nicht gezeigt. In der gekiirzten Fassung ist das Urteil des Gerichts allerdings nicht zu sehen.

3. Charaktere

Der Film besitzt fiinfverschiedene handlungsentscheidende Figuren bzw. Figurengruppen. In der folgenden Grafik wird die Figurenkonstellation von ,M" abgebildet, die zeigt, in welcher Beziehung die jeweiligen Figuren zueinander stehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1:Figurenkonstellation

Hans Beckert steht im Mittelpunkt der Handlung. In der Vergangenheit hat er bereits mehrere Kinder getötet und wird aus diesem Grund von der Bevölkerung gefürchtet und von der Polizei und den Kriminellen gesucht. Nach dem Tod des Mädchens Elise Beckmann nehmen die Polizei unter der Führung von Kommissar Lohmann und die Kriminellen, geleitet von dem „Schränker“, die Verfolgung nach dem Serientäter auf. Die Ganoven leiden, seitdem nach dem Mörder gefahndet wird, unter mehrfachen Razzien der Polizei. So hat die kriminelle Unterwelt Berlins ein besonderes Interesse daran, den Mörder zu finden, denn obwohl sie ebenfalls Verbrechen begangen haben, möchten sie nicht mit Kindermorden in Verbindung gebracht und auf eine Stufe mit Hans Beckert gestellt werden. Dieser möchte wiederum nicht mit den Verbrechern der Stadt gleichgestellt werden, da sie ihre Taten aus seiner Sicht bewusst begehen und auch einen anderen Weg hätten einschlagen können. Beckert hingegen ist der Meinung, dass er selbst nichts für seine Taten kann, denn er sagt selbst von sich: „ Will nicht! Muss! Will nicht! Muss!

Die Bettler wurden von den Kriminellen wiederum damit beauftragt, die Augen offenzuhalten und den Mörder zu enttarnen, denn sie seinen die Einzigen in der Stadt, die sich frei, ohne aufzufallen, in den Straßen bewegen können. Dem blinden Bettler (Georg John) gelingt es schließlich, den Mörder aufgrund seines charakteristischen Pfeifens zu identifizieren.

Hans Beckert (Peter Lorre) ist ein geistig gestörter Kindermörder, der von sich selbst sagt, er habe keine andere Wahl, als die Mädchen zu sich zu locken und sie zu töten. Aufgrund seiner psychischen Krankheiten, Schizophrenie und Verfolgungswahn, hat er bereits einige Zeit in einer Psychiatrie verbracht. Sein übermäßiger Sexualtrieb Kindern gegenüber verleitet ihn dazu, deren Nähe zu suchen und schließlich seinen Höhepunkt darin zu finden, seine Opfer zu töten. Der Mord an Kindern beruhigt ihn und führt dazu, seine „inneren Stimmen“ verstummen zu lassen. Er wirkt dadurch mit Bedrohung auf die Bürger Berlins ein. Äußerlich ist Hans Beckert ein eher unauffälliges Erscheinungsbild. Er wirkt freundlich und harmlos, strahlt aber dennoch stets eine gewisse Unsicherheit und Nervosität aus. Auch diese Charaktereigenschaften weisen auf seine innere Zerrissenheit und schizophrenen Züge hin.

Kommissar Lohmann (Otto Wernicke) ist der leitende Ermittler der Mordfälle und nimmt seine Aufgaben sehr ernst. In Verbindung mit seinem stets strengen und gefassten Tonfall und der stets angespannten Mimik hat er eine sehr disziplinarische Wirkung auf seine Mitmenschen und Kollegen. Trotz seiner autoritären Position und seines strengen Auftretens haben die Bürger und Kriminellen eher wenig Respekt vor ihm und betiteln ihn als den „fetten Lohmann“. Seiner Position als Kommissar geht er rechtschaffen nach und arbeitet stets gründlich und erfahren. Aus bisherigen Kriminalfällen kennt er die Tricks der Kriminellen. Sein mangelhaftes Engagement hinsichtlich der Suche nach dem Kinderschänder ist jedoch nicht mit seinen vorangegangenen Fällen vergleichbar, sodass die Polizei zunächst über die Identität des Mörders lange Zeit vor einem Rätsel steht. Kommissar Lohmann steht unter dem Druck des Polizeipräsidenten, der wiederum vom zuständigen Innenminister bedrängt wird, endlich Ermittlungserfolge zu präsentieren. Trotz oder aufgrund des mangelnden Ermittlungsfortschrittes zeigt sich Lohmann immer mehr von einer trägen und faulen Seite. Der Hauptkommissar wälzt die polizeilichen Nachforschungen zunehmend an seine Kollegen ab.

Die Kriminellen werden von „ dem Schränker “ (Gustaf Gründgens) angeführt, der bei einem früheren Raubüberfall bereits einen Polizisten erschossen hat. Dennoch tritt er als ein sehr pünktlicher, erfahrener, gebildeter und gut gekleideter Mann mit guten Manieren auf. „Der Schränker“ ist stets präsent, dominant und genießt großen Respekt seitens der anderen Ganoven. Einer der Gründe dafür ist, dass er sich für seine „Kollegen“ regelmäßig einsetzt und sofort handelt, anstatt erst lange abzuwarten. Dies zeigt sich auch in seiner aktiven Suche nach dem Kindermörder. „ Dieser Mensch muss ausgerottet werden! Dieser Mensch muss weg! “ (Schränker) Sowohl die Polizei, als auch die Kriminellen setzen alles daran, den Mörder zu fassen.

Letztlich setzt Fritz Lang in „M“ auf einen grundlegenden Verzicht eines Helden. Der Zuschauer kann sich zwar durch die szenische Umsetzung in die verschiedenen Charaktere hineinversetzen, doch einen typischen sympathietragenden Helden sucht man in diesem Film vergeblich.

[...]


1 Dahlke, Günther / Karl, Günter: Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933: ein Filmführer. 1988 Henschelverlag. S. 256.

2 Vgl. Parmentier, Hanno: Der Würger von Düsseldorf. Leben und Taten des Serienmörders Peter Kürten,S. 7f.

3 Ebd.

4 http://www.deutschlandfunk.de/psychogramm-eines- moerders.871.de.html?dram:article_id=125507; Loewel, Vanessa: Psychogramm eines Mörders (zuletzt gesehen: 25.03.2014)

5 Ebd.

6 Ebd.

7 http://der-film-noir.de/v1/node/517; Merkelbach, Matthias: M – Eine Stadt sucht einen Mörder (zuletzt gesehen: 25.03.2014)

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Eine Filmanalyse von Fritz Langs "M – Eine Stadt sucht einen Mörder"
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Germanistik)
Veranstaltung
Fototheorie und Filmanalyse
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
19
Katalognummer
V461940
ISBN (eBook)
9783668917910
ISBN (Buch)
9783668917927
Sprache
Deutsch
Schlagworte
M, Fritz Lang, EIne Stadt sucht einen Mörder, Mise-en-Scéne, Motive, Filmanalyse, Peter Kürter, Vampir von Düsseldorf, Berlin, Figurenkonstellation, 4. Mise-en-Scéne, Film Noir
Arbeit zitieren
Sophie Hohmann (Autor:in), 2014, Eine Filmanalyse von Fritz Langs "M – Eine Stadt sucht einen Mörder", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/461940

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