Zwei große Denkschulen durchströmen seit jeher die Epistemologie (=
Erkenntnistheorie), auf deren Grundlage wissenschaftliche Forschungen
angestellt werden.1 Auf der einen Seite finden wir den Realismus, der mit dem Materialismus und dem Objektivismus stark einhergeht. Für ihn typisch ist der (Aber-?)Glaube an die Macht der Zahlen und Messungen, an das entweder - oder, an das messbare, klassifizierbare und analysierbare Gute wie Schlechte, an Standardisierbarkeiten, und vor allem, dass die Welt samt ihrer Werte und Bedeutungen außerhalb von uns und unabhängig von uns existiert, so wie sie uns eben erscheint. Seit Anbruch der postmodernen Ära hat der Konstruktivismus mit dieser Sichtweise signifikant gebrochen: Er vereint subjektivistische und idealistische Strömungen, die epistemologische Objektivität hat hier abgedankt. Denn der Konstruktivismus erkennt in Objekten nur noch rein subjektiv konstruierte Erfindungen, und zwar die verschiedensten in einer schier unendlichen Anzahl, und behauptet: Die eine, objektive Wirklichkeit gibt es nicht!
Aber warum Erfindungen? Wir können die Welt nur über Reize empfangen,
für welche wir auch Sinne entwickelt haben. Wir verfügen über taktile, olfaktorische, optische und akustische Sinnesrezeptoren, die auf äußere Reize reagieren, und welche sie an das Gehirn weitervermitteln – allerdings in rein quantitativer Form, die etwas über die Intensität der Reize aussagt, und nicht aber über ihre Qualität. Erst in den hinteren Regionen des Gehirns setzt die Übersetzung qualitativ neutraler Reize in die Erfindung von bedeutungsvollen und begrifflich erklärbaren Konstruktionen ein.2
[...]
1 Vgl. Albertine Devilder: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Bochum 2001, http://www.boag.de
2 Vgl. Heinz von Foerster: Das Konstruieren einer Wirklichkeit. In: Paul Watzlawick (Hg.): Die erfundene Wirklichkeit. München 1981, S. 43ff.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Die konstruktivistische Epistemologie
- Sozialkonstruktivismus
- Konstruktivismus, Sprache und Wissenschaft
- Qualitative Feldforschung aus konstruktivistischer Sicht
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der epistemologischen Grundlage des Konstruktivismus, insbesondere mit dem Sozialkonstruktivismus. Sie analysiert, wie die Welt und die sozialen Realitäten durch individuelle und kollektive Konstruktionen geformt werden.
- Die konstruktivistische Epistemologie und ihr Gegensatz zum Realismus
- Die Rolle des Sozialkonstruktivismus in der Bildung sozialer Wirklichkeiten
- Die Bedeutung von Sprache und Kommunikation für den Konstruktivismus
- Die Anwendung konstruktivistischer Ansätze in der qualitativen Feldforschung
- Die Auswirkungen des Konstruktivismus auf das Verständnis von Wahrheit und Objektivität
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die konstruktivistische Epistemologie
Dieses Kapitel führt in die epistemologische Diskussion zwischen Realismus und Konstruktivismus ein. Es beschreibt den Konstruktivismus als eine Denkweise, die die subjektive Konstruktion von Wirklichkeit betont und die Annahme einer objektiven Realität in Frage stellt.
2. Sozialkonstruktivismus
Das Kapitel beschäftigt sich mit dem Sozialkonstruktivismus und untersucht, wie soziale Phänomene durch gemeinschaftliche Prozesse der Konstruktion und Internalisierung entstehen. Es behandelt die Rolle von Werten, Normen und Traditionen in der Bildung sozialer Realitäten.
3. Konstruktivismus, Sprache und Wissenschaft
Dieses Kapitel erörtert den Einfluss von Sprache und Kommunikation auf die Konstruktion von Wissen. Es untersucht, wie Sprache als Mittel der Konstruktion und Vermittlung von Wirklichkeit dient.
4. Qualitative Feldforschung aus konstruktivistischer Sicht
Das Kapitel beschreibt die Anwendung konstruktivistischer Ansätze in der qualitativen Feldforschung. Es zeigt, wie die subjektiven Perspektiven und Konstruktionen der Interviewpartner in der Forschungsarbeit berücksichtigt werden können.
Schlüsselwörter
Konstruktivismus, Sozialkonstruktivismus, Epistemologie, Realismus, Objektivität, Subjektivität, Sprache, Kommunikation, Qualitative Feldforschung, Wahrnehmung, Soziale Wirklichkeit, Werte, Normen, Traditionen.
- Citation du texte
- Anonym (Auteur), 2005, Postmoderne Ansätze: Konstruktivismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46289