Demenz. Analyse und Prognose der Pflegebedürftigkeit in Deutschland


Hausarbeit, 2017

54 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Zusammenfassung

1 Einleitung

2 Pflegebedürftigkeit
2.1 Definition Pflegebedürftigkeit
2.2 Pflegestufen

3 Demenz
3.1 Definition Demenz
3.2 Formen der Demenz
3.3 Diagnose der Demenz
3.4 Therapie bei Demenz
3.5 Epidemiologie

4 Zusammenhang zwischen Pflegebedürftigkeit und Demenz
4.1 Inzidenz von Demenz und Pflege – was kommt zuerst?
4.2 Besonderheiten der Pflegebedürftigkeit von Demenz
4.3 Zusammenhang zwischen Demenz und Pflegekosten

5 Forschungsfrage

6 Methode
6.1 Datengrundlage
6.2 Methodisches Vorgehen
6.3 Hypothesen

7 Ergebnisse
7.1 Entwicklung der Pflegebedürftigkeit
7.1.1 Entwicklung der Zahl der Leistungsbezieher
7.1.2 Zahl der Leistungsbezieher nach Pflegestufe
7.2 Entwicklung der Pflegeeinrichtungen
7.2.1 Ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen
7.2.2 Pflegeeinrichtungen unterschieden nach Pflegearten
7.2.3 Pflegeeinrichtungen nach Bundesländern
7.3 Entwicklung der Beschäftigten in den Pflegeeinrichtungen
7.4 Entwicklung der Leistungsausgaben
7.5 Entwicklung der Demenz
7.5.1 Demenzerkrankte nach Alter und Geschlecht
7.5.2 Demenzerkrankte nach Bundesland und Alter

8 Diskussion

9 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1 Altersaufbau der Bevölkerung 2013 im Vergleich zu 1990 (Destatis 2015, S. 11)

Abbildung 2 Typischer Verlauf von Demenzerkrankungen (Alzheimer-Gesellschaft Berlin e. V. 2007, S. 6)

Abbildung 3: Demenzerkrankungen und/oder Pflegebedürftigkeit bei alten Menschen in Prozent

Abbildung 4 Regressionsanalyse der Leistungsbezieher der sozialen Pflegeversicherung (2002 bis 2020)

Abbildung 5 Zahl der Leistungsbezieher der sozialen Pflegeversicherung nach Pflegestufen (2014)

Abbildung 6 Zugelassene Pflegeeinrichtungen nach §109 SGB XI

Abbildung 7 Pflegeeinrichtungen unterschieden nach Pflegearten

Abbildung 8 Anzahl und Art der Pflegeeinrichtungen nach Bundesländern 2013

Abbildung 9 Entwicklung der Zahl der Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen 1999-2013

Abbildung 10 Entwicklung der Leistungsausgaben in der sozialen Pflegeversicherung in Mrd. Euro (2002-2020)

Abbildung 11 die Anzahl der Demenzkranken in Deutschland nach Alter ab 65 Jahren und Geschlecht im Jahr 2012 (in 1000)

Abbildung 12 Anzahl Demenzkranker in Deutschland nach Bundesländern 65 Jahre und älter (2012)

Tabelle 1 Gleichungen der Trendlinien für ambulante, stationäre und gesamte Leistungsbezieher in der sozialen Pflegeversicherung

Tabelle 2 Gütekriterien der Kategorien ambulante, stationäre und gesamte Leistungsbezieher in der sozialen Pflegeversicherung

Tabelle 3 Veränderung der Anzahl der Leistungsbezieher in der sozialen Pflegeversicherung (2014 bis 2020)

Tabelle 4 Prognose von stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen

Tabelle 5 Prognose vollstationärer und teilstationärer Pflegeeinrichtungen

Tabelle 6 Zahl der Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen

Tabelle 7 P-Werte von dem T-Test

Tabelle 8 Prognose der Zahl der Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen 2015-2019

Tabelle 9 Gleichungen der Trendlinien

Tabelle 10 Adjustierte Bestimmtheitsmaße und p-Werte der Kategorien ambulante, stationäre und gesamte Leistungsausgaben in der sozialen Pflegeversicherung

Tabelle 11 Veränderung der Kosten von 2014 - 2020 in Prozent

Tabelle 12 Bevölkerungszahl je Bundesland im Vergleich mit der Anzahl Demenzkranker über 65 Jahren

Zusammenfassung

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Pflegebedürftigkeit in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung von Demenz. Es wird der Frage nachgegangen wie sich die Pflegebedürftigkeit und Demenz prognostisch entwickeln. Hierbei wird insbesondere auf die Entwicklung der Kosten, der Pflegeeinrichtungen, der Beschäftigten in diesen sowie der Leistungsbezieher der sozialen Pflegeversicherung eingegangen. Zusätzlich erfolgt eine Beschreibung der derzeitigen Situation von Demenz in Deutschland in Hinblick auf die Bundesländer, das Alter und das Geschlecht. Ziel ist es, einen Überblick über die Entwicklung dieser vorweg benannten Bereiche zu geben, sodass Folgen für die Entwicklung in der Zukunft abgeleitet werden können.

Die Fragestellungen werden mit Hilfe einer umfassenden Datenrecherche, anschließenden deskriptiven Beschreibungen und Regressionsanalysen aufbereitet.

Im Ergebnis steigt die Anzahl der Leistungsbezieher der sozialen Pflegeversicherung im prognostizierten Zeitraum, ebenso wie die Kosten, die Anzahl der Pflegeeinrichtungen sowie die Anzahl der Beschäftigten in diesen Einrichtungen. Die Anzahl Demenzkranker wird einhergehend mit der Zunahme der Pflegebedürftigen ebenfalls steigen, beziehungsweise sich lt. Aussagen der Literatur alle 20 Jahre verdoppeln (Vgl. ADI 2015, S. 25).

Das Gesundheitswesen wird durch die steigende Anzahl Pflegebedürftiger stärker belastet. Dieser Entwicklung muss entgegengewirkt werden. Beispielsweise kann die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien, sowie die Förderung der Eigenständigkeit bis ins hohe Alter dazu ihren Beitrag leisten.

1 Einleitung

Betrachtet man die Zukunft des Sozialversicherungswesens in Deutschland, kommt man nicht umhin, die sich vollziehenden demografischen Veränderungen einzubeziehen (Vgl. BMFSFJ 2006, o. S.). Diese Veränderungen betreffen im Sozialversicherungswesen insbesondere den Bereich der ambulanten und stationären Pflege, was die Politik durch eine älter werdende Bevölkerung vor Herausforderungen stellt (ebd.).

Wesentliche Einflusskriterien, die auf die Demografie und damit auf die zukünftige Gestaltung der Pflegeangebote einwirken, sind die Lebenserwartung und die Geburtenrate (ebd.). Im Jahr 2014 lag die Lebenserwartung in Deutschland im Durchschnitt bei 80,6 Jahren und die Fertilitätsrate bei 1,47 Kindern pro Frau (Vgl. Statista A 2016, o. S.; Statista B 2016, o. S.).

In Abbildung 1 wird die Altersstruktur anschaulich dargestellt und die Entwicklung der Lebenserwartung und der Geburtenrate können daraus abgeleitet werden (Vgl. Destatis 2015, S. 11).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Altersaufbau der Bevölkerung 2013 im Vergleich zu 1990 (Destatis 2015, S. 11)

Im Vergleich mit dem Jahr 1990 hat die Lebenserwartung der Bevölkerung in 2013 deutlich zugenommen, d. h. es gibt deutlich mehr Personen, die über 70 Jahre alt sind als es noch 1990 der Fall war. Konkret ist die Anzahl der über 70-jährigen von 8,1 Millionen Personen auf 13,1 Millionen Personen angestiegen (ebd.). Bei der Betrachtung der Geburtenrate, kann aus Abbildung 1 abgeleitet werden, dass diese im Gegensatz zu 1990 im Jahr 2013 deutlich gesunken ist. Es gibt 2013 wesentlich weniger Kinder, die unter 10 Jahre alt sind (ebd.).

Dass die Bevölkerung älter wird, zeigt auch der Altersmedian an, „[…] der die Bevölkerung in eine jüngere und eine ältere Hälfte teilt […]“ (ebd.). 1990 lag der Altersmedian bei 37 Jahren und in 2013 ist er um 8 Jahre auf das Alter von 45 Jahren gestiegen.

Durch die abnehmende Geburtenrate und die zunehmende Lebenserwartung steigt ebenso die Zunahme der zu pflegenden Personen, was die Politik vor eine Herausforderung stellt. Außerdem wirken sich diese beiden Einflussfaktoren auch auf die Anzahl der Pflegekräfte aus, da die „[…) Möglichkeit(en) der Unterstützung Pflegebedürftiger durch Familie und Bekannte […]“ sinkt, aber auch weniger Personen bereitstehen, die für einen pflegenden Beruf zur Verfügung stehen (Vgl. BMFSFJ 2006, o. S.).

Betrachtet man die Entwicklung des demografischen Wandels zusätzlich unter dem Gesichtspunkt der Demenz, einer Erkrankung des Alters, die einer engmaschigen pflegerischer Betreuung bedarf, wird eine Strategie zum Umgang mit diesen Herausforderungen zwingend notwendig (Vgl. BMG Bund 2016, o. S.).

Die folgende Ausarbeitung im Modul ‚Qualitätsmanagement‘ der Hochschule Flensburg greift dieses Thema auf und betrachtet, wie sich diese Problematik in der Zukunft auswirken könnte. Zunächst wird ein Überblick über Pflege und Pflegebedürftigkeit gegeben. Im Anschluss wird auf die Erkrankung Demenz eingegangen und dargestellt, inwiefern diese im Zusammenhang mit Pflegebedürftigkeit steht. Die Entwicklung der Kosten im Gesundheitswesen wird ebenfalls berücksichtigt. Nach Abschluss dieses theoretischen Teils, wird die Forschungsfrage der Ausarbeitung spezifiziert und das methodische Vorgehen, um diese zu beantworten, erläutert. Anschließend werden die Ergebnisse dargestellt und diskutiert, ob die Forschungsfrage bestätigt wird. Den Abschluss der Ausarbeitung bildet das Kapitel ‚Fazit und Ausblick‘.

2 Pflegebedürftigkeit

Für diese Ausarbeitung ist die Definition des Begriffes Pflegebedürftigkeit unabdingbar. Was versteht man unter Pflegebedürftigkeit? Ab wann trifft es zu, dass eine Person pflegebedürftig ist? Was bedeuten die unterschiedlichen Pflegestufen und wie funktioniert die Einteilung in diese? Diese Fragen werden in diesem Kapitel geklärt.

2.1 Definition Pflegebedürftigkeit

In Deutschland ist der Begriff der Pflegebedürftigkeit in dem § 14 des Sozialgesetzbuchs (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) festgelegt. In diesem wird erläutert, dass Pflegebedürftigkeit einer Person bedeutet, dass diese in der Ausübung des alltäglichen Lebens und alltäglicher Arbeiten, Hilfe benötigt. Die Hilfebedürftigkeit kann verschiedene Bereiche inkludieren. Die tägliche Körperpflege ist einer dieser Bereiche und beinhaltet neben der Körperwäsche, auch in Form von Duschen und Baden, die Zahnreinigung, das Kämmen und Rasieren sowie Toilettengänge. Im Bereich Ernährung handelt es sich bei den täglichen Aufgaben um die verzehrfertige Nahrungszubereitung und den Essensvorgang an sich. Des Weiteren wird die Mobilität berücksichtigt. Angefangen vom Aufstehen und Zu-Bett-Gehen sowie An- und Ausziehen der Kleidung gehören Gehen, Stehen und Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung zu diesem Bereich. Die hauswirtschaftliche Versorgung ist der letzte aufgeführte Bereich und beinhaltet das Reinigen und Beheizen der Wohnung, Spülen des Geschirrs, Waschen der Wäsche, Einkaufen und Kochen. Der Bedarf an Hilfe in den zuvor beschriebenen Bereichen muss in einem Zeitraum von mehr als sechs Monaten bestehen und größere Ausmaße annehmen. In den Zustand der Pflegebedürftigkeit kommt eine Person aufgrund von physischen oder psychischen Erkrankungen oder Behinderungen. Auch diese werden in Bereiche eingegliedert, im §12 SGB XI genannt, um zu definieren, ob ein Pflegebedarf vorliegt. Der Stütz- und Bewegungsapparat, die inneren Organe oder Sinnesorgane, sowie das Zentralnervensystem dienen als somatische Unterteilung. Bezüglich des Stütz- und Bewegungsapparates werden Verluste, Lähmungen und Funktionsstörungen desselbigen als Beeinträchtigung aufgelistet. Die Funktionsstörungen werden auch im Bezug der inneren Organe oder der Sinnesorgane genannt. Für Störungen des Zentralnervensystems werden in dem Artikel Beispiele genannt, die den Zustand der Pflegebedürftigkeit begründen: Antriebs-, Gedächtnis- oder Orientierungsstörungen sowie endogene Psychosen, Neurosen oder geistige Behinderungen.“ Eine Person mit einer der genannten Erkrankungen oder Behinderungen, die dazu führen, dass alltägliche Aufgaben in den zuvor beschriebenen Bereichen nicht selbstständig, also ohne fremde Hilfe erledigt werden können, werden als pflegebedürftig eingestuft. Diesen Personen steht Hilfe zu. Diese Hilfe ist in Form der Unterstützung bei den alltäglichen Aufgaben und gegebenenfalls in der Übernahme dieser Aufgaben zu leisten. Die Selbstständigkeit der zu pflegenden Person soll nicht reduziert, sondern unterstützt und gefördert werden, beispielsweise auch durch Anleitung einer Arbeit (Vgl. §12 SGB XI).

2.2 Pflegestufen

Nach der Klärung der Begrifflichkeit werden folglich die verschiedenen Pflegestufen und die Einteilung in diese fokussiert. Eine pflegebedürftige Person wird aufgrund ihres Bedarfs an Pflege in drei verschiedene Kategorien, den Pflegestufen I, II und III, eingeteilt. Je nach der Pflegestufe können unterschiedliche Leistungen in Anspruch genommen werden. Zudem hat sich im Sprachgebrauch die Verwendung des Begriffes ‚Pflegestufe 0‘ integriert. Bei besonders schweren Fällen tritt eine Härtefallregelung in Kraft. Die Einteilung in die verschiedenen Bereiche wird im Folgenden geklärt (Vgl. BMG 2016 C, o. S.).

‚Pflegestufe 0‘

Dieser Begriff wird in folgenden Fällen verwendet: Eine Person hat einen dauerhaften Bedarf an Pflege und ist somit nicht allein im Stande, jeden Bereich des alltäglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu meistern. Diese Einschränkung liegt hier allerdings nicht in genügender Ausprägung oder in ausreichenden Bereichen vor, sodass eine Einteilung in Pflegestufe I (mindestens) nicht erfolgen kann. Die betroffene Person hat aufgrund ihrer Einschränkungen trotzdem einen Anspruch auf Kostenerstattung, Pflegegeld und –leistungen (Vgl. BMG 2016 C, o. S.).

Pflegestufe I

Zur Einstufung in den ersten Pflegegrad, die erhebliche Pflegebedürftigkeit, sind feste Vorgaben an den Bedarf eines/einer Pflegebedürftigen gestellt. So muss dieser mindestens ein Mal am Tag und in mindestens zwei verschiedenen Bereichen vorliegen. Diese Bereiche müssen entweder die Körperpflege, die Ernährung oder die Mobilität sein. Sie werden zusammen als Grundpflege bezeichnet, die in Pflegestufe I täglich mindestens 45 Minuten Unterstützung beansprucht. Des Weiteren ist der mehrfach wöchentliche Hilfebedarf im hauswirtschaftlichen Bereich ebenfalls von Nöten. Durchschnittlich muss pro Tag ein Mindestpflegebedarf von 90 Minuten vorliegen (Vgl. BMG 2016 C, o. S.).

Pflegestufe II

Dieser Pflegegrad beschreibt die Schwerpflegebedürftigkeit einer Person. Hierzu muss diese mindestens dreimal am Tag Hilfe bei ihrer Grundpflege benötigen. Auch im hauswirtschaftlichen Bereich muss mehrmals in der Woche Unterstützung benötigt werden. So haben die durchschnittlichen Pflegezeiten pro Tag mindestens 3 Stunden, davon 2 Stunden für die Grundpflege, zu betragen (Vgl. BMG 2016 C, o. S.).

Pflegestufe III

Ist der Bedarf an Hilfe in pflegerischer Form bei der Grundpflege so groß, dass ununterbrochen Pflegepersonal vor Ort sein muss, spricht man von Schwerstpflegebedürftigkeit. Diese beginnt ab durchschnittlich fünf Stunden Pflegeaufwand pro Tag, davon mindestens vier Stunden für die Grundpflege. Auch hier muss mehrfach wöchentlich der hauswirtschaftliche Bereich integriert sein (Vgl. BMG 2016 C, o. S.).

Härtefallregelung

Bei besonders schweren Pflegefällen des dritten Pflegegrades kann der Anspruch auf eine Härtefallregelung bestehen. Hierfür muss der Bedarf an Grundpflege bestehen, welcher über sechs Stunden täglich ist. Zudem muss diese mindestens dreimal in der Nacht nötig sein. Hier ist bei Betroffenen in vollstationären Pflegeeinrichtungen auch die Berücksichtigung von medizinischen Behandlungen und Pflege ein ebenfalls entscheidender Faktor. Außerdem kann eine solche Regelung einsetzen, wenn die Pflege nachts nicht von einer Pflegefachkraft allein bewältigt werden kann (Vgl. BMG 2016 C, o. S.).

Neudefinition der Pflegebedürftigkeit

Ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff wird planungsgemäß zum 1. Januar 2017 eingeführt. Anstatt der zuvor vorgestellten drei Pflegestufen werden fünf Neue beschrieben. Diese sollen gleichermaßen körperliche, geistige und psychische Einschränkungen beinhalten und betreffen. Diese werden nun bei der Kategorisierung in die Pflegestufen mehr Berücksichtigung finden. Des Weiteren erfolgt in diesem neuen System die Beurteilung des Hilfebedarfes in sechs Lebensbereichen, welche durch eine Gewichtung nach ihrer Bedeutung unterschieden werden (Vgl. BMG 2016 C, o. S.).

3 Demenz

Im folgenden Kapitel wird die Erkrankung Demenz genauer beschrieben. Zu Beginn erfolgt eine Begriffsklärung mit anschließender Betrachtung der einzelnen Demenzformen, deren Symptomen und Ursachen. Daraufhin werden die Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten erläutert und abschließende epidemiologische Fakten dargestellt.

3.1 Definition Demenz

Der Begriff Demenz setzt sich aus den lateinischen Worten „de“ für fehlend und „mens“ für Geist zusammen, woraus sich die Übersetzung „Weg vom Geist“ oder „fehlender Geist“ ergibt (Vgl. BMG 2016 A, o. S.). Die Demenz wird als ein „ ...Syndrom als Folge einer meist chronischen oder fortschreitenden Krankheit des Gehirns mit Störung vieler höherer kortikaler Funktionen, einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache, Sprechen und Urteilsvermögen im Sinne der Fähigkeit zur Entscheidung “ nach ICD-10 definiert (Vgl. DIMDI 2013, o. S.). Bestehen diese Funktionsstörungen länger als sechs Monate, kann die Diagnosestellung Demenz erfolgen.

Die Demenz zählt zu der Gruppe der psychischen Erkrankungen. Hierbei tritt eine Persönlichkeitsveränderung auf, die sich kennzeichnet durch den Verlust von geistigen, kognitiven und intellektuellen Fähigkeiten (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 237). Das Bewusstsein wird dadurch nicht getrübt, jedoch kann es zu Veränderungen der emotionalen Kontrolle, der Motivation oder des Sozialverhaltens führen (Vgl. DIMDI 2013, o. S.). Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung erkennen Betroffene ihre Angehörigen nicht mehr, haben einen gestörten Tag-Nacht-Rhythmus und verlieren ihre Alltagskompetenzen, wodurch ein hoher und anspruchsvoller Versorgungsaufwand entsteht (Menche 2003, S. 161). Das Gefühlsleben sowie die Erlebnisfähigkeit der Betroffenen bleibt bis zum Tod, der nach 7-9 Jahren eintritt, erhalten. (Vgl. BMG 2016 B, o. S.; Menche 2003, S. 161). Da Demenzkranke im Spätstadium bettlägerig werden, erhöht sich das Risiko einer Infektion, was häufig den Tod an einer Lungenentzündung zur Folge hat (Vgl. BMG 2016 B, o. S.).

3.2 Formen der Demenz

Grundsätzlich wird zwischen primärer Demenz, bei der durch degenerative Prozesse der Umbau und Abbau von Hirngewebe stattfindet und sekundärer Demenz, als Folge einer anderen Grunderkrankung, unterschieden (Vgl. Alzheimer-Gesellschaft Berlin e. V. 2006, S. 3). Es lassen sich verschiedene Formen der Demenz unterscheiden, auf die im weiteren Verlauf näher eingegangen wird: M. Alzheimer, Lewy-Body Demenz, frontotemporale Demenz und vaskuläre Demenz. Zudem kann im Verlauf neurologischer Erkrankungen oder als Komplikation einer Alkoholabhängigkeit eine Demenz auftreten.

In der folgenden Abbildung sind die unterschiedlichen Verläufe von drei Demenzformen dargestellt. Insbesondere die charakteristisch unterschiedlichen Veränderungen der kognitiven Funktionen im Laufe der jeweiligen Demenzerkrankung sollen hier betrachtet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Typischer Verlauf von Demenzerkrankungen (Alzheimer-Gesellschaft Berlin e. V. 2007, S. 6)

M. Alzheimer

Die häufigste Form ist der Morbus Alzheimer, welcher durch einen frühen Beginn gekennzeichnet ist (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 237). Bei dieser zugrundeliegenden Erkrankung verlaufen primär degenerative zerebrale Prozesse mit unbekannter Ursache (Vgl. DIMDI 2013, o. S.). Es wird vermutet, dass die Veranlagung für diese Erkrankung vererbt wird. Die Kommunikation der Zellen wird durch die Ablagerung von Amyloid-Plaques gestört, wodurch diese ihre Funktionsfähigkeit verlieren und absterben. In der Folge führen diese Vorgänge zu einer Atrophie, also Schrumpfung des Gehirns (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 239). Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch einen schleichenden Beginn mit einer kontinuierlichen Entwicklung über mehrere Jahre (Vgl. DIMDI 2013, o. S.). Der Krankheitsbeginn bleibt oftmals längere Zeit unbemerkt, da Betroffene ihre Defizite beispielsweise durch floskelhaftes Sprechen überspielen oder diese in der gewohnten Umgebung weniger auffallen (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 239). Der M. Alzheimer hat einen stetig fortschreitenden Verlauf, der sich in mehrere Stadien unterteilen lässt. Diese reichen von anfänglichen Gedächtnislücken bis hin zur vollständigen Bettlägerigkeit (BMG 2016B, o. S.).

Lewy-Körperchen Demenz

Die Lewy-Body Demenz ist die zweithäufigste Demenzform, bei der zusätzlich zu den Veränderungen die beim M. Alzheimer auftreten, die intrazellularen Einschlusskörperchen, die sogenannten Lewy-Körper in bestimmten Hirnregionen zunehmen (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 239). Diese Form der Demenz ist schwer von M. Alzheimer abzugrenzen, da sich diese sehr ähneln und teilweise Mischformen auftreten. Die typischen Symptome, die bei einer Lewy-Körperchen Demenz auftreten können, sind detailreiche optische Halluzinationen, fluktuierende Verwirrtheit sowie motorische Bewegungsstörungen wie bei M. Parkinson, was sich durch häufige Stürze und unwillkürliches Zittern der Hände äußert (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 239; Alzheimer-Gesellschaft Berlin e. V. 2007, S. 5).

Frontotemporale Demenz

Die frontotemporale Demenz beginnt schleichend zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr, dauert im Durchschnitt sieben Jahre und endet mit dem Tod. Bei der Erkrankung schrumpfen Anteile der Stirn- und Schläfenlappen. Die Ursache dafür ist unbekannt, jedoch scheinen genetische Faktoren einen leichten Einfluss zu nehmen (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 240). Zu Beginn treten oftmals Störungen des Sozialverhaltens auf, Regeln und soziale Normen werden unwichtig und das Verantwortungsgefühl geht verloren. Anders als bei M. Alzheimer sind die Gedächtnisstörungen anfangs weniger stark ausgeprägt. Eher noch kommt es zu emotionalem Abstumpfen und Gleichgültigkeit sowie Verarmung der Sprache. Eine im Krankheitsverlauf steigende Antriebsarmut kann dazu führen, dass den Aktivitäten des täglichen Lebens wie beispielsweise auseichende Körperpflege und kontrollierte Miktion nicht mehr im erforderlichen Maße nachgegangen wird (Vgl. Alzheimer-Gesellschaft Berlin e. V. 2006, S. 7).

Vaskuläre Demenz

Die vaskuläre Demenz entsteht durch eine Infarzierung des Gehirns, also eine Durchblutungsstörung aufgrund einer vaskulären Vorerkrankung insbesondere durch die Schädigung der Gefäße durch einen jahrelang bestehenden Bluthochdruck. Der Verlauf dieser Demenzform ist schubweise und tritt plötzlich auf, eine zwischenzeitliche Besserung ist möglich. In der Patientenanamnese finden sich oftmals zuvor stattgefundene Schlaganfallsleiden (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 240). Zu den M. Alzheimer ähnlichen Symptomen kommen Beschwerden wie Taubheitsgefühle, Lähmungserscheinungen sowie gestörte Reflexe hinzu (Vgl. BMG B 2016, o. S.).

3.3 Diagnose der Demenz

Zur Diagnosestellung werden Kurzfragebögen wie beispielsweise der Uhren-Test, DemTect oder Mini-Mental-Status-Test durchgeführt, um Gedächtnisstörungen zu erkennen. Mit Hilfe von Blutuntersuchungen können organische Erkrankungen als Ursache der Demenz festgestellt oder ausgeschlossen werden. Veränderungen der Gehirnsubstanz können mittels CT und MRT ermittelt werden, welche Anzeichen für eine frontotemporale oder vaskuläre Demenz oder neurologische Erkrankungen sein können. Bei M. Alzheimer würden die Gehirnventrikel und Furchen sowie die Schrumpfung des Gehirns sichtbar werden. Durchblutungsstörungen, welche ursächlich für eine vaskuläre Demenz sein können, würden mit einer Doppler-Sonografie der hirnversorgenden Gefäße dargestellt werden (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 238f).

3.4 Therapie bei Demenz

Je nach Grunderkrankung und Demenzform erfolgt die Behandlung. Derzeit gibt es keine Therapie die zur Heilung führt, wodurch im Mittelpunkt der Behandlung steht, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern (Vgl. BMG 2016 A, o. S.). Wichtig ist ein möglichst langer Erhalt und Ausbau von vorhandenen Fähigkeiten. Dies wird durch einen strukturierten Tagesablauf erreicht und mit Hilfe von Gedächtnistraining und Ergotherapie unterstützt (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 238). Mal- und Kunsttherapie sowie Bewegungsübungen dienen ebenfalls dazu, vorhandene Fähigkeiten aufrecht zu erhalten und das Selbstwertgefühl der Betroffenen zu stärken, ohne diese dabei zu überfordern. Zu Beginn der Erkrankung kann eine psychotherapeutische Unterstützung zur Bewältigung nützlich sein (Vgl. BMG 2016 A, o. S.).

Im Spätstadium der Erkrankung ist der Umzug in eine betreute Pflegeeinrichtung häufig notwendig, um die Betroffenen in den Aktivitäten des täglichen Lebens zu unterstützen.

Als medikamentöse Therapie können Antidementiva eingesetzt werden, um das Voranschreiten der Erkrankung zu bremsen und zu einer vorübergehenden Besserung der Hirnleistung zu führen, ohne diese jedoch vollständig aufzuhalten (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 238). Zur Kompensation der Symptome wie Unruhe, Aggressivität und Sinnestäuschungen werden Neuroleptika eingesetzt. Gegen Depressive Verstimmungen und Antriebsarmut werden Antidepressiva verwendet (Vgl. Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V. 2012 A, S. 2). Liegt eine Durchblutungsstörung als Ursache der Demenz vor, können Medikamente wie Acetylsalicylsäure die Blutgerinnung hemmen und die Fließeigenschaften des Blutes verbessern (Vgl. Schoppmeyer 2011, S. 240). Zusätzlich müssen die Risikofaktoren für gefäßbedingten Schädigungen wie Bluthochdruck, Übergewicht oder Fettstoffwechselstörungen minimiert werden.

3.5 Epidemiologie

Überarbeiteten Schätzungen der Organisation Alzheimer’s Disease International zufolge litten 2015 in Deutschland rund 1,6 Millionen Betroffene an Demenz. Weltweit wurde die Zahl 2015 auf 46,8 Mio. Demenzkranke geschätzt und soll sich Vorausberechnungen nach alle 20 Jahre verdoppeln (Vgl. ADI 2015, S. 25). Rund zwei Drittel der an Demenz leidenden Menschen leben in schwächeren oder mittleren Einkommensländern. Die Gesamtkosten für Demenz weltweit 2015 wurden auf 818 Billionen US-Dollar geschätzt, sodass die Kosten im Vergleich zum Jahr 2010 (604 Bil. USD) um 35% gestiegen sind. 88% dieser Kosten wurden in stärkeren Einkommensländern verursacht (Vgl. ADI 2015, S.68).

4 Zusammenhang zwischen Pflegebedürftigkeit und Demenz

Mit einer Demenz ist auch eine hohe Wahrscheinlichkeit verbunden, dass eine Person pflegebedürftig wird. Im Vergleich zu Pflegebedürftigen, die nicht demenziell erkrankt sind, stellt sich heraus, dass der Pflegebedarf in allen zur Ermittlung der Pflegestufe gemessenen Dimensionen höher ist. So ist der Anteil der Pflegebedürftigen in den höheren Pflegestufen bei demenziell erkrankten Personen höher. Außerdem ist die verbrachte Lebenszeit in Pflegebedürftigkeit bei demenziell Erkrankten höher als bei den Pflegebedürftigen ohne Demenz. Demenz zu vermeiden, kann also auch bedeuten, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zumindest zu verzögern (Vgl. BARMER GEK Pflegereport 2010, S.237).

4.1 Inzidenz von Demenz und Pflege – was kommt zuerst?

Pflegebedürftig zu sein, heißt nicht auch zwangsläufig dement zu sein, jedoch ist die Demenz ein Hauptgrund für die Pflegebedürftigkeit. Dennoch beginnen die Pflegeverläufe bei weniger als der Hälfte mit Demenz. Bei den 60 - 64-Jährigen beträgt der Anteil nur 10 % und auch bei den 85-89-Jährigen liegt er unter 40 %. Die nach Pflegeeintritt festgestellten Demenzen führen auch nicht dazu, Pflegebedürftigkeit mit Demenz gleichsetzen zu können. Hochgerechnet auf die Sterbefälle in Deutschland ergibt sich aus den Routinedatenauswertungen, dass 40 % der pflegebedürftigen Frauen und 54 % der pflegebedürftigen Männer bis zum Tod nicht an einer Demenz erkrankt sind. Doch andersherum betrachtet, führt Demenz fast zwangsläufig zur Pflegebedürftigkeit, denn verbunden mit einer Demenz ist eine hohe Wahrscheinlichkeit der Pflegebedürftigkeit. Zwar ist eine Demenzerkrankung nicht sofort mit einer Pflegebedürftigkeit verbunden, aber nach Feststellung der Demenz ergibt sich in den meisten Fällen in der Folge auch eine Pflegebedürftigkeit. So sind 64 % der männlichen und 56 % der weiblichen Versicherten im Alter von 60 Jahren und mehr, denen in den Jahren 2005 oder 2006 erstmalig eine Demenz diagnostiziert wurde, zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht pflegebedürftig. Das Vorliegen der Demenz führt bei den noch nicht Pflegebedürftigen dann aber zu einer Vervierfachung des Risikos, im jeweiligen Quartal pflegebedürftig zu werden. Letztlich sind nur ca. 10 % der im Jahr 2009 verstorbenen Dementen nicht pflegebedürftig gewesen: 86 % der im Jahr 2009 verstorbenen Männer und 94 % der in diesem Jahr verstorbenen Frauen mit Demenzdiagnose waren vor dem Tod auch pflegebedürftig. Und schließlich ist die verbrachte Lebenszeit in Pflegebedürftigkeit bei demenziell Erkrankten deutlich höher als bei Pflegebedürftigen ohne Demenz (Vgl. BARMER GEK Pflegereport 2010, S.13).

[...]

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Demenz. Analyse und Prognose der Pflegebedürftigkeit in Deutschland
Hochschule
Fachhochschule Flensburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
54
Katalognummer
V463839
ISBN (eBook)
9783668923287
ISBN (Buch)
9783668923294
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pflegebedürftigkeit, Deutschland, Demenz, Pflegestufen, soziale Pflegeversicherung
Arbeit zitieren
Susann Schultz (Autor:in), 2017, Demenz. Analyse und Prognose der Pflegebedürftigkeit in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463839

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