Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Einführung in den Shareholder-Value-Ansatz
3. Einführung in den Stakeholder-Value-Ansatz
Verschiedene Arten der Stakeholder-Ansätze
Stakeholder-Management-Prozess
Kritik am Stakeholder-Ansatz
4. Fundamentale Unterschiede beider Ansätze
5. Implikationen für Corporate Governance
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens ist ein zielorientiertes Management unerlässlich. Über die Zielrichtung existieren allerdings verschiedene Ansichten. In fast allen Unternehmensbereichen existiert ein Spannungsfeld zwischen den Interessen der Eigenkapitalgeber und den Interessen anderer Anspruchsgruppen, beispielsweise bei Fragen des Umweltschutzes oder der Mitarbeiterbezahlung. Für den richtigen Umgang mit diesen Spannungsfeldern gibt es konkurrierende Managementprämissen. Einerseits gibt es die opportunistische Management-Philosophie, die mit dem Grundsatz einer einseitigen Anspruchsbefriedigung der Anteilseigner agiert und alle nicht gewinnorientierten Zielen aktiv ausklammert. Andererseits vertreten viele Unternehmen eine verpflichtende Management-Philosophie, die unter Einbeziehung pluralistischer Zielvorstellungen die Nutzensteigerung und Anspruchsbefriedigung aller relevanten Anspruchsgruppen eines Unternehmens und damit die Sicherung der langfristigen Überlebensfähigkeit des Unternehmens auf Basis einer akzeptierten gesellschaftlichen Verantwortung anstrebt.1
In diesem Assignment werden der Stakeholder-Value-Ansatz und der Shareholder-Value-Ansatz vorgestellt, verglichen und deren Einfluss auf das Corporate Governance analysiert.
2. Einführung in den Shareholder-Value-Ansatz
Der Shareholder-Value-Ansatz wurde zuerst 1986 von Rappaport in seinem Buch „Creating Shareholder Value“ veröffentlicht.2 Rappaport sah in seinem neuen Konzept einen Standard für die Leistung eines Unternehmens, welcher komplett auf die Interessen der Shareholder ausgerichtet ist. Als Shareholder werden alle Personen oder Gesellschaften bezeichnet, die im Besitz von Anteilen eines Unternehmens sind. Rappaport rückt die Maximierung des langfristigen Unternehmenserfolges in den Mittelpunkt seiner Theorie, indem er postuliert, dass der finanzielle Nutzen, das einzige Kriterium für die Investitionsbereitschaft der Shareholder darstellt. So integriert Rappaport die Finanztheorie in die strategische Unternehmensplanung.3
Der Shareholder-Value-Ansatz hat bis heute in Wissenschaft und Unternehmenspraxis eine zentrale Bedeutung und stellt in der Finanzierungstheorie beinahe ein Paradigma dar. Gestützt wird er von weiteren Erkenntnissen des strategischen Managements, wie zum Beispiel die „Produkt-Markt-Matrix“ von Harry Ansoff oder dem Konzept der Wertstoffkette von Michael Porter.4
In der Literatur werden häufig auch andere Namen für den Shareholder-Value-Ansatz verwendet. Gängig sind beispielsweise „Value-based Management“, „Value-based Strategic Management“, „Wertorientierte strategische Planung“, „Wertsteigerungs-Management“, „Wertmanagements“ oder „Value Management“.5 Anhand dieser Bandbreite von Begriffen lässt sich bereits erahnen, dass auch der Ansatz an sich nicht exakt definiert ist. So schwankt die Interpretation des Shareholder-Value-Ansatzes von der Anwendung als finanzwirtschaftliche Messgröße bis zur unternehmerischen Handlungsmaxime.6
Der Shareholder-Value kann mit dem Wert des Eigenkapitals einer Unternehmung gleichgesetzt werden und errechnet sich, vereinfacht gesagt, aus der Differenz von dem Unternehmenswert und dem Wert des Fremdkapitals.7
Da laut dem Shareholder-Value-Ansatzes jede Beteiligung an einem Unternehmen eine Investitionsentscheidung darstellt, die eine Rendite erwirtschaften soll, sind im Shareholder-Value-Ansatz auch Verfahren zur Investitionsrechnung verbreitet. Zur Bestimmung des Wertes einer Unternehmung wird beispielsweise die Kapitalwertmethode unter Verwendung von, mit den Kapitalkosten der Unternehmung, abgezinsten Cash-Flows als Maßstab zukünftigen Erfolges verwendet. Der Shareholder-Value lässt sich dementsprechend als Summe aus Gegenwartswert der Summe des Cash-Flows innerhalb des Prognosehorizonts und dem Gegenwartswert des Residualwertes subtrahiert mit dem Marktwert des Fremdkapitals berechnen.8
Bei dem Shareholder-Value-Ansatz existieren allerdings einige methodische Probleme. Die erforderliche Datenvollständigkeit ist aufgrund von unternehmensinternen Informationsasymetrien und auch extern aufgrund von unzureichender Unternehmungspublizität problematisch. Bei der Datenermittlung treten ebenfalls Probleme auf, da bei zukunftsbezogene Ansätzen wie dem Shareholder-Value-Ansatz systemimmanente Unsicherheiten und Abweichungen zwischen Annahmen und tatsächlichen Entwicklungen durch die Projektion von Vergangenheitswerten auf die Zukunft entstehen.9
3. Einführung in den Stakeholder-Value-Ansatz
Das erste Mal wurde der Begriff „Stakeholder“ beim Stanford Research Institute verwendet und meinte damit allgemein eine Gruppe, für die Manager verantwortlich sind.10 Die ersten wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema wurden 1984 von Edward Freeman in seinem Werk „Strategic Management. A Stakeholder Approach“ veröffentlicht. In diesem Werk wurde der Begriff Stakeholder auch zum ersten Mal in seiner heutigen Bedeutung verwendet. Freeman definiert Stakeholder als: „any group or individual who can affect or is affected by the achievement of the organization’s objectives.“11
Der Stakeholder-Value-Ansatz verfolgt das Ziel, die Handlungen des Unternehmens nicht nur an den Interessen der Shareholder auszurichten, sondern wenn möglich die Interessen aller Anspruchsgruppen, ohne die das Unternehmen nicht überlebensfähig wäre, zu berücksichtigen.12 Ein gutes Stakeholder-Management ist für die heutige Zeit beinahe unabdingbar, da die Stakeholder mitunter enormen Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens haben können. So sind beispielsweise kleine Gewerkschaften, wie die Pilotengewerkschaft Cockpit, in der Lage ganze Airlines lahmzulegen.13 Der erste Schritt zu einem erfolgreichen Stakeholder-Management ist deswegen die Identifikation der wichtigsten Stakeholder-Gruppen, um anschließend deren Interessen und Einflussmöglichleiten zu analysieren und mit geeigneten Strategien entsprechend zu reagieren. Dabei ist ein stetiger Dialog zwischen Unternehmen und Stakeholdern unabdingbar, um Missverständnissen vorzubeugen und das gegenseitige Verständnis zu stärken.14
Verschiedene Arten der Stakeholder-Ansätze
Die verschiedenen Stakeholder-Theorien lassen sich gut nach dem zu untersuchenden Objekt unterteilen. Donaldson und Preston unterscheiden die verschiedenen Ansätze in deskriptive, instrumentelle und normative Stakeholder-Theorien. Deskriptive Stakeholder-Theorien beschreiben, vereinfacht gesagt, welche Einflussgruppen überhaupt berücksichtigt werden sollten und stellen diese als Netzwerk dar. Dies kann bei vielen Fragestellungen helfen, beispielsweise lässt sich so die Wettbewerbssituation, der ein Unternehmen ausgesetzt ist, besser darstellen. Bei den instrumentellen Theorien steht die Wirksamkeit des Stakeholder-Managements im Vordergrund. Sie betreffen häufig den, durch empirische Untersuchgen nachgewiesenen, finanziellen Erfolg eines Unternehmens. Die normativen Theorien handeln von den moralischen und philosophischen Aspekten des Stakeholder-Managements. Hauptfragestellung ist, ob eine Handlung ethisch richtig oder falsch ist.15
Stakeholder-Management-Prozess
Der erste Schritt zum effizienten Management von Stakeholder ist die Identifikation der betroffenen Anspruchsgruppen. Das dritte St. Galler Managementmodell unterscheidet sieben verschiedene Anspruchsgruppen. In Abbildung 1 sind die Anspruchsgruppen im Modell eingezeichnet. Die sieben relevantesten Stakeholdergruppen sind die Kapitalgeber, die Kunden, die Mitarbeiter, allgemein die Öffentlichkeit mit den Medien und NGOs, der Staat, die Lieferanten und die Konkurrenz.16
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 - 3. St. Galler Management Modell17
Freeman unterteilt die verschieden Stakeholder in interne und externe Stakeholdergruppen. Er geht dabei davon aus, dass Unternehmen inneren und äußeren Veränderungen ausgesetzt sind. Die internen Veränderungen gehen von den Aktionären und Investoren, Kunden, Personal und Lieferanten aus. Die externen Beeinflussungen werden durch Regierungen, Gemeinden oder politischen Akteure ausgelöst. Weiterhin können die Stakeholder als primär und sekundär klassifiziert werden. Je nachdem, ob sie die Wertschöpfung direkt (primär) oder nur indirekt (sekundär) beeinflussen können.18
Um zu ermitteln, welche Anspruchsgruppen für eine Unternehmung am relevantesten sind, bietet es sich an eine Relevanzmatrix auszuarbeiten. Bei der Relevanzmatrix werden die Einflussmöglichkeiten und das Risikopotential für jede Anspruchsgruppe auf einer Skala von eins bis zehn festgelegt. Durch Multiplikation der beiden Werte ergibt sich der Relevanzfaktor, der angibt, welche Stakeholdergruppen priorisiert behandelt werden sollte.19
Im nächsten Schritt wird ermittelt inwieweit das Unternehmen in die Lage ist, den Stakeholder zu beeinflussen. Zur Visualisierung wird eine zweidimensionale Relevanzmatrix erzeugt (vgl. Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Zweidimensionale Relevanzmatrix nach Müller-Stewens/ Lechner20
In Abbildung 2 sind vier exemplarische Stakeholder eingezeichnet. Gruppe A hat einen hohen Relevanzfaktor, ist aber von dem Unternehmen gut beeinflussbar. Gruppe B hat ebenfalls eine hohe Relevanz, die Beeinflussung gestaltet sich allerdings schwieriger als bei Gruppe A. Die Stakeholder-Gruppe C ist gut beeinflussbar, verfügt aber nicht über große Einflussmöglichkeiten auf das Unternehmen. Die Gruppe D ist weder leicht beeinflussbar, noch hat sie einen relevanten Einfluss auf die Unternehmung.
Im nächsten Schritt müssen die Forderungen der einzelnen Stakeholder analysiert und beurteilt werden. Dafür existieren verschiedene Ansätze. So können beispielsweise die bisherigen Erfahrungen, Pressemitteilungen oder Publikationen der Stakeholder, Marktforschungsberichte und ähnliches herangezogen werden. Alternativ ist es auch möglich die entsprechenden Stakeholder zu einem direkten Diskurs einzuladen.21
[...]
1 (Poeschl, 2013, S. 2f)
2 (Rappaport, 1986)
3 (Poeschl, 2013, S. 79f)
4 (Vollmar, 2014, S. 53)
5 (Vollmar, 2014, S. 52)
6 (Vollmar, 2014, S. 53)
7 (Poeschl, 2013, S. 85)
8 (Poeschl, 2013, S. 86)
9 (Poeschl, 2013, S. 121f)
10 (Freeman, 1984, S. 31f)
11 (Rhein, 2017, S. 3)
12 (Breuer, kein Datum)
13 (Welt.de, 2014)
14 (Rhein, 2017, S. 5ff)
15 (Donaldson & Preston, 1995, S. 66ff)
16 (Kreutle, S. 10ff)
17 (Kreutle, S. 5)
18 (Rhein, 2017, S. 3f)
19 (Kreutle)
20 (Kreutle, S. 12)
21 (Kreutle, S. 12f)