Das erste uns erhaltene Zeugnis des christlichen Nordafrikas ist der Bericht eines Martyriums. Im Jahr 180 wurden fünf Frauen und sieben Männer aus einem nicht mehr genau identifizierbaren, in der Nähe Karthagos gelegenen Ort namens Scilli vom ansässigen Prokonsul auf Grund ihres Bekenntnisses „Christianus sum!“ zum Tode verurteilt und exekutiert. So sah sich auch Tertullian, der Begründer der christlichen Literatur in lateinischer Sprache, mit den permanenten Anfeindungen und Anschuldigungen seiner heidnischen Umwelt konfrontiert und folglich dazu veranlasst, im Jahr 197 eine apologetisch-polemische Streit- und Verteidigungsschrift, das „Apologeticum“, zu verfassen. Obwohl Tertullian dem Erbe der griechischen Apologien verhaftet bleibt, sind einige Aspekte des „Apologeticums“ in ihrer Originalität markant. Denn Tertullian beschränkt sich nicht auf eine rein defensive Haltung, sondern greift in ungewohnt scharf polemischem Ton zunächst die römische Rechtspraxis in der Christenfrage und daraufhin die heidnischen Götter mit der Behauptung „Iam deos quaerite; [...] daemonas esse cognoscitis.“ (Apol. 23,11) an. Inwiefern diese beiden Angriffe zusammenhängen, d. h. im Rahmen der Apologie elaboriert werden, und welche Funktion und Wirkung ein solches Vorgehen erzielt haben mag, soll im Laufe dieser Arbeit erörtert werden. Zu diesem Zweck wird zunächst die Notwendigkeit der Schrift auf dem Hintergrund der historischen Verhältnisse bestimmt werden, um das Dämonenargument in Relation zu dem ganzen Werk zu explizieren. Ein Blick auf die Motivgeschichte erlaubt, die spezifische Verarbeitung der Dämonenlehre bei Tertullian zu konstatieren und somit ihre Bedeutung herauszustellen. In dieser Hinsicht soll die zentrale Beweisführung in Apol. 23,1– 11 analysiert und diskutiert, sowie ihre Innen- und Außenwirkung dargelegt werden. Dabei muss vor allem die Adressatenfrage einer solchen Verteidigungsstrategie geklärt werden, um demzufolge Tertullians Intention und mögliche Reaktionen darauf verstehen zu können. Schließlich wird die Frage zu eruieren sein, ob Tertullian an dieser Stelle eine eigene Dämonologie entwirft, bzw. wie seine Argumentation im Hinblick auf die Verteidigung des Christentums zu bewerten ist.
Inhaltsverzeichnis
- Zeitgeschichtlicher Hintergrund
- Einleitung
- Formal-inhaltlicher Abriss des „Apologeticums“
- Motivgeschichte und Tertullians Rekurrenz auf die Dämonologie
- Konklusion - Wirkung und Bewertung des Dämonenarguments
- Bibliographie
- Analyse und Interpretation von Apol. 23,1–11
- Makrokontext und Einordnung des Textabschnitts
- Paraphrasierung des Argumentationsgangs in Apol. 23,1–11
- Rhetorisch-polemische Vorgehensweise
- Adressatenfrage
- Interdiskursivität und textpragmatische Aspekte
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Argumentationsstrategie von Tertullian in seinem „Apologeticum“, insbesondere im Hinblick auf das Dämonenargument in Apol. 23,1-11. Ziel ist es, die Funktion und Wirkung des Arguments im Kontext der Verteidigung des Christentums gegen seine heidnischen Kritiker zu verstehen.
- Die historische und soziokulturelle Situation des frühen Christentums im Kontext der römischen Gesellschaft
- Die Rolle von Tertullian als Verteidiger des Christentums und sein apologetisches Vorgehen
- Die Bedeutung des Dämonenarguments als rhetorisches und theologisches Mittel
- Die Adressaten des „Apologeticums“ und ihre möglichen Reaktionen auf Tertullians Argumentation
- Die Bedeutung des „Apologeticums“ für die Geschichte der christlichen Literatur und die Entwicklung der christlichen Theologie
Zusammenfassung der Kapitel
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Das erste Kapitel beleuchtet den historischen Kontext, in dem Tertullians „Apologeticum“ entstand. Es wird die Verfolgungssituation der Christen im römischen Reich, insbesondere in Nordafrika, dargelegt, die die Notwendigkeit einer apologetischen Verteidigung des Christentums erzeugte. Tertullians eigene Lebensgeschichte und die Herausforderungen, die die junge Großkirche in der Zeit ihrer Konstituierung durchmachte, werden ebenfalls diskutiert.
Formal-inhaltlicher Abriss des „Apologeticums“
Dieses Kapitel bietet eine übergreifende Analyse des „Apologeticums“ und seiner Komposition. Tertullians Verwendung antiker Redelehre und forensischer Argumentationstechniken wird in Verbindung mit der theologischen Rechtfertigung des Christentums betrachtet.
Motivgeschichte und Tertullians Rekurrenz auf die Dämonologie
Das Kapitel untersucht die Ursprünge der Dämonologie und analysiert, wie Tertullian diese Lehre in seinem „Apologeticum“ verwendet. Besonderes Augenmerk liegt auf der spezifischen Verarbeitung der Dämonenlehre durch Tertullian und der Bedeutung dieser Darstellung für seine Verteidigung des Christentums.
Schlüsselwörter
Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Tertullian, Apologeticum, Dämonenargument, Christentum, Heiden, Verfolgung, Rhetorik, Polemik, Apologie, Motivgeschichte, Dämonologie, Adressaten, Intention, Wirkung.
- Quote paper
- Anita Glunz (Author), 2005, Tertullians Verteidigung des Christentums „Apologeticum“ und die Funktion des Dämonenarguments , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46521