Die Idee der allgemeinen Bildung entwickelte sich etappenweise und „löst nicht etwa die älteren Formen der Erziehung ab, die in den Familien das Aufwachsen der Kinder begleiten oder, ergänzend, als Ausbildung zu Beruf oder gelehrter Existenz schon länger verselbstständigt waren, sondern tritt als historisch neuartiges Phänomen hinzu. Sie umfasst den Anspruch, »alle alles zu lehren«, wie es Johann Amos Comenius 1657 formulierte, das heißt alle Heranwachsenden einer Generation unabhängig von Herkunft und Stand zu bilden und sie als Lernende in öffentlichen Schulen mit den Grundlagen der Kultur vertraut zu machen, und zwar so weit, dass die Schüler selbstständig in der Gesellschaft lern- und handlungsfähig werden und zur Zivilisierung der Kultur beitragen können.“ Am ersten, zweiten und dritten Oktober 1854 wurden in Preußen in einem politischen Schachzug, der sich gegen die Durchsetzung der allgemeinen, menschlichen Bildung richtete, die ‘Preussischen Regulative für das Volksschul-, Präparanden- und Seminarwesen’ im amtlichen Auftrag zusammengestellt und 1855 zum Druck befördert. Nach heutigem Sprachgebrauch würde man von einem Ministerialerlass sprechen. Unter Kultusminister Karl Otto von Raumer verfasste der 42-jährige Geheimrat Anton Wilhelm Ferdinand Stiehl diese Erlasse, die als so genannten ‘Stiehlschen Regulative’ in die Bildungsgeschichte überwiegend in negativer Bewertung als bedeutendste Fehlentscheidung der Lehrplangeschichte eingegangen sind.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Daten zu Ferdinand Stiehl
- Zeitgeschichtlicher Hintergrund
- Situation der Lehrer im 19. Jahrhundert
- Umschwung- und Modernisierungstendenzen
- Die Einrichtung der Seminare
- Bildungspolitik in der Paulskirche
- Lehrplantheorien
- Die staatliche Reaktion
- Inhalt des dritten Stiehlschen Regulativs
- Die äußere Struktur der Elementarschule
- Die innere Struktur der Elementarschule
- Bewertung der Stiehlschen Regulative
- Milderung des Urteils
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die „Stiehlschen Regulative“, ein Satz von Erlassen zur Reform des Volksschul-, Präparanden- und Seminarwesens, die 1855 in Preußen erlassen wurden. Die Arbeit beleuchtet die historischen Umstände, die zur Entstehung dieser Regulierungen führten, und untersucht die Auswirkungen auf die damalige und heutige Bildungspraxis.
- Die Entwicklung der Bildungsideen im 19. Jahrhundert
- Die politische und gesellschaftliche Situation in Preußen im Vorfeld der Regulative
- Die Inhalte und Ziele der Stiehlschen Regulative
- Die Kritik an den Regulativen und deren langfristige Auswirkungen auf die Bildung
- Die Bedeutung des Themas für die heutige Bildungslandschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den historischen Kontext des Themas dar und erläutert die Entwicklung der Bildungsideen vom antiken Griechenland bis zum 19. Jahrhundert. Kapitel 2 beleuchtet die Biographie Ferdinand Stiehls, des Autors der „Stiehlschen Regulative“, und stellt seine Karriere im preußischen Bildungswesen dar. Kapitel 3 zeichnet die politische und gesellschaftliche Situation in Preußen im Vorfeld der Revolution von 1848 nach und analysiert die Spannungen zwischen liberalen und konservativen Kräften. Kapitel 4 widmet sich der Situation der Lehrer im 19. Jahrhundert und untersucht die Veränderungen und Modernisierungstendenzen im Bildungswesen.
Kapitel 5 beleuchtet die Bildungspolitik in der Paulskirche, dem ersten gesamtdeutschen Parlament. Kapitel 6 untersucht die staatliche Reaktion auf die Forderungen nach einer umfassenden und allgemein zugänglichen Bildung. Kapitel 7 analysiert den Inhalt des dritten Stiehlschen Regulativs, das sich mit der Organisation und dem Curriculum der Elementarschule befasst.
Kapitel 8 bewertet die Stiehlschen Regulative und beleuchtet die Kritik an diesen Reformen.
Schlüsselwörter
Stiehlschen Regulative, preußisches Bildungswesen, Volksschulwesen, Lehrerbildung, Elementarschule, Bildungspolitik, Liberalismus, Konservatismus, 19. Jahrhundert, Geschichte der Bildung, Schulreform.
- Quote paper
- Anita Glunz (Author), 2002, Zu Stiehls „Die drei preussischen Regulative“. Die realgeschichtlichen Hintergründe und die Wirkung der Stiehlschen Regulative, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46620