Innovative Cluster - Chancen und Risiken für KMU


Seminararbeit, 2004

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Problemstellung und Gang der Arbeit

2. Begriffliche Grundlagen
2.1 Die kleinen und mittleren Unternehmungen in Deutschland
2.1.1 Begriff der KMU
2.1.2 Bedeutung und Charakteristika des deutschen Mittelstandes
2.2 Der Cluster
2.2.1 Definition von Clustern
2.2.2 Der innovative Cluster
2.2.3 Entstehung, Entwicklung und Niedergang von Clustern

3. Die KMU als Bestandteil eines Clusters
3.1 Aktuelle Rahmenbedingungen und Entwicklungen
3.2 Positive Aspekte der Clusterzugehörigkeit für die KMU
3.3 Negative Aspekte der Clusterzugehörigkeit für die KMU
3.4 Konsequenzen der Clusterzugehörigkeit für die KMU

4. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Karikatur zum Umgang mit Innovationen im Mittelstand III

Abb. 2: Größenkategorisierung der Unternehmungen in Deutschland

Abb. 3: Darstellung beispielhafter Unternehmungen des dt. Mittelstandes

Abb. 4: Kennzahlen für die Bedeutung des Mittelstandes in der dt. Volkswirtschaft

Abb. 5: Diamant nach Porter: Quellen standortbezogener Wettbewerbsvorteile

Abb. 6: Cluster wettbewerbsfähiger Industrien in Deutschland

Abb. 7: Italienischer Schuh- und Modecluster

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Karikatur zum Umgang mit Innovationen im Mittelstand

Quelle: Schade, C. (2001), S. 2.

1. Problemstellung und Gang der Arbeit

Kleine und mittlere Unternehmungen (KMU) in Deutschland sind in den vergangenen Jahren vermehrt Gegenstand der Diskussion in Politik und Gesellschaft geworden. Sie werden als das Rückgrat der dt. Wirtschaft beschrieben, da sie die Unternehmungen sind, die den Großteil der Arbeitsplätze zur Verfügung stellen und den überwiegenden Teil des BIP produzieren.[1] Aufgrund wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Veränderungen sehen sich die KMU neuen Herausforderungen gegenübergestellt. Vor diesem Hintergrund sei die Frage diskutiert, ob die Zusammenarbeit mehrerer Unter-nehmungen unter Einschluss örtlicher Institutionen in einem sog. Cluster sinnvoll ist.

Im Rahmen dieser Arbeit werden zunächst KMU definiert und das System des Clusters ausführlich vorgestellt. Dabei erscheint es aufgrund seiner hohen volkswirtschaftlichen Bedeutung sinnvoll, auf den dt. Mittelstand abzustellen. Ausgehend von diesen Grund-lagen wird der Bezug zu aktuellen Entwicklungen hergestellt, um im Anschluss Vor- und Nachteile einer Clustermitgliedschaft für KMU darzustellen. Abschließend folgt eine Zusammenfassung sowie ein Ausblick auf die künftige Bedeutung der Cluster.

2. Begriffliche Grundlagen

2.1 Die kleinen und mittleren Unternehmungen in Deutschland

2.1.1 Begriff der KMU

Grundlage der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit KMU ist die Strukturierung des Unternehmungsbestandes nach Größenklassen. Gebräuchlich ist eine Kategorisierung, bei der Unternehmungen nach quantitativen Kriterien in drei Klassen eingeteilt werden. Verwendet werden die pragmatischen Kriterien Beschäftigtenzahl und Umsatz (Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Größenkategorisierung der Unternehmungen in Deutschland[2]

Obwohl diese Kategorisierung kleine und mittlere Unternehmungen voneinander trennt, ist es gängige Praxis, diese unter dem Begriff Mittelstand zusammenzufassen.[3] Nachfol-gend werden daher die Begriffe KMU und Mittelstand ebenfalls synonym verwendet.

Zusätzlich zu diesen quantitativen Kriterien werden oft qualitative Kriterien hinzuge-zogen, da obige Kategorisierung dem Begriff Mittelstand nicht vollständig gerecht wird und viele konstituierende Merkmale des Mittelstandes qualitativer Natur sind.[4] Wich-tige Kriterien sind die Einheit von Eigentum, Haftung und Leitung sowie der Führungs-stil, Familienbesitz bzw. Konzernunabhängigkeit.[5] Eine qualitative Abgrenzung erscheint sinnvoll, wenn man sich verdeutlicht, dass eine im Familienbesitz befindliche und durch Eigentümer geführte Unternehmung mit mehr als 499 Beschäftigten nicht mit einer DAX30-Unternehmung vergleichbar ist. Einige solcher Bsp. sind in Abb. 3 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Darstellung beispielhafter Unternehmungen des dt. Mittelstandes[6]

Daher bemerkt Glouchevitch (1992) richtig: „In the eyes of most Germans, however, this definition is too restrictive; many companies with sales in the DM 500 million range ... proudly refer themselves as being ‘of the Mittelstand’, if only in spirit”[7].

2.1.2 Bedeutung und Charakteristika des deutschen Mittelstandes

Die mittelständische Wirtschaft ist in Marktwirtschaften von großer Bedeutung.[8] Durch einen Vergleich der Beiträge zum BIP kann erkannt werden, dass in keinem anderen Land in Europa Klein- und Mittelbetriebe so wichtig sind wie in der dt. Volkswirt-schaft. Gründe für die große Anzahl von KMU sind nicht nur ökonomischer (z.B. geringere Anforderungen hinsichtl. Mitbestimmung), sondern auch außerökonomischer, gesellschaftlicher Natur (z.B. werden Unternehmer-Motivationsfaktoren wie Unab-hängigkeit und Gestaltungsbedürfnis nur in kleinen Einheiten wirksam).[9]

Die ökonomische Bedeutung des dt. Mittelstandes verdeutlichen folgende Kennzahlen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Kennzahlen für die Bedeutung des Mittelstandes in der dt. Volkswirtschaft[10]

Diese Bedeutung resultiert aber nicht zuletzt auch aus den Charakteristika der mittel-ständischen Wirtschaft, wie Henkel (1997) feststellt: „Kleine und mittlere Unternehmen stellen gerade in Zeiten wachsender Anforderungen ihre spezifischen Stärken wie Leistungs- und Risikobereitschaft, Flexibilität und Eigeninitiative überzeugend unter Beweis.“[11]. Dies bestätigen auch zahlreiche große Unternehmungen, die bestrebt sind, sich mittelständische Strukturen anzueignen, um ihre Flexibilität, Innovations- und Anpassungsfähigkeit zu steigern und Nachteile großer Organisationen zu vermeiden.[12]

In Politik, Gesellschaft und wirtschaftwissenschaftlicher Forschung hat die Beschäf-tigung mit KMU in den letzten Jahren stark zugenommen.[13] An einigen dt. Hochschulen wurden eigens Lehrstühle für Unternehmertum und Mittelstandsforschung aufgebaut.[14]

2.2 Der Cluster

2.2.1 Definition von Clustern

Cluster sind geographische Konzentrationen von Unternehmungen einer Branche mit hohem Wettbewerbserfolg, bspw. das Silicon Valley oder die dt. Stahlindustrie.[15]

Cluster bestehen aus Herstellern von Endprodukten oder Dienstleistungen, spezialisierten

Lieferanten, Unternehmungen in verwandten und nachgelagerten Branchen sowie aus Herstellern komplementärer Produkte. Sie umfassen auch wettbewerbsrelevante Ein-richtungen wie Universitäten, Ausbildungs- und Forschungsinstitute, Verbände, Vereine, Anbieter von Information und Technologie, staatliche Institutionen mit Einfluss auf den Cluster sowie Handelskammern und andere private Einrichtungen, die den Cluster unter-stützen. Alle Teilnehmer sind auf verschiedene Weise - in wechselnder Konstellation - untereinander verbunden und konkurrieren und kooperieren gleichzeitig miteinander.[16]

Geographische Konzentrationen von Unternehmungen und verbundenen Einrichtungen sind nicht selten, sondern eher typisch in modernen Volkswirtschaften.[17] Cluster zeigen, dass auch im Zeitalter der Globalisierung das wirtschaftliche Umfeld einer Unterneh-mung eine sehr wichtige Rolle spielt, da Innovation und wirtschaftlicher Erfolg oftmals geographisch konzentriert sind.[18] Es erscheint paradox angesichts fortschreitender Glo-balisierung, dass nachhaltige Wettbewerbsvorteile offensichtlich v.a. im regionalen Be-reich liegen. Aber gerade hier sind Kenntnisse und Fähigkeiten vorhanden, hier gibt es benötigte Arbeitskräfte, hier entsteht Motivation und Beziehungen lassen sich informell knüpfen. Derartige Vor-züge der Region können weit voneinander ent-fernte Unternehmungen kaum aufbauen.[19]

Dieser Einfluss eines Standortes auf den Wettbewerb kann durch vier sich wechselseitig verstärkende Faktoren erklärt werden, die den sog. ‚ Diamanten’ (siehe Abb. 5) bilden.[20]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Diamant nach Porter: Quellen standortbezogener Wettbewerbsvorteile[21]

Die Idee des Diamanten ist, dass die Wechselwirkungen dieser vier Faktoren eine Dyna-mik erzeugen, die Innovationen begünstigt, die Produktivität steigert und es für ähnliche Unternehmungen attraktiv macht, sich in der Nähe anzusiedeln.[22] Letztlich entsteht aufgrund dieser Interaktionen ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil, der Grundlage eines Clusters sein kann, denn „a cluster is the manifestation of the diamond at work.“[23]. Es kommt zu geographischer Konzentration, weil so die Wirkungen der Faktoren ver-stärkt werden: „Proximity ... amplifies all of the pressures to innovate and upgrade.”[24]

In einer Untersuchungsreihe wurden von einem Team der Harvard Business School Unternehmungsagglomerationen in den USA, in Japan, Italien und Deutschland unter-sucht. Die dabei in Westdeutschland entdeckten Cluster sind in der folgenden Abb. 6 z.T. dargestellt. Als bedeutendstes Beispiel sei der Automobil-Cluster in Süddeutsch-land genannt, der sich in der Region Stuttgart, München und Ingolstadt erstreckt.

Grundsätzlich können Cluster als re-gionale Netzwerke [25], also Agglome-rationen von v.a. KMU auf begrenz-tem geographischen Gebiet verstan-den werden. Regionale Netzwerke zeichnen sich gegenüber strategischen Netzwerken durch eine emergente, in-formale Struktur sowie komplex-rezi-proke, eher kooperative als kompe-titive interorganisationelle Bezieh-ungen aus. Diese Beziehungen sind zwar nicht ganz so stabil wie in for-mal vereinbarten strategischen Netz-werken, dafür aber flexibler.[26]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Cluster wettbewerbsfähiger Industrien in Deutschland[27]

Das Ausmaß eines Clusters ist durch branchen- und institutionenübergreifende Ver-bindungen definiert. In ihrer räumlichen Ausdehnung entsprechen sie oft politischen Ein-heiten, aber sie können auch über Staats- bzw. Landesgrenzen verlaufen. Oft bleiben Cluster unentdeckt, da sie sich über mehrere Branchen erstrecken. Wurde ein Cluster aber identifiziert, kann er schematisch dargestellt werden.[28]

Begrenzungen für die räumliche Ausdehnung eines Clusters ergeben sich i.d.R. erst durch kulturelle oder sprachliche Barrieren.[29]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7 vermittelt einen Eindruck davon, wie viele Branchen ein Cluster umfassen kann.

Abb. 7: Ital. Schuh- und Modecluster[30]

2.2.2 Der innovative Cluster

Zahlreich wurden Porter’s frühe Arbeiten zum Diamanten kritisiert, da sie suggerierten, dass Cluster sich nahezu automatisch entwickeln, wenn am Standort alle vier Elemente existieren. Nach Meinung der Kritiker erklärte er nicht, wie die Elemente interagieren und wie wichtig persönliche Beziehungen, der sog. ‚soziale Kitt’ des Clusters, sind.[31]

Aufgrund dieser Kritik wurde durch Kombination der Umweltstruktur des Diamanten (Hardware) und dem verhaltensbezogenen Ansatz des innovativen Milieus[32] (Software) der Ansatz des ‚innovativen Clusters’ entwickelt. Das Resultat ist ein System, in dem die Akteure branchenübergreifend kooperativ-kompetitiv interagieren, enge Kontakte zueinander haben, intensiv kommunizieren, und in dem - getragen von einem Leitbild - ein Sozialisationsprozess stattfindet. Der innovative Cluster stellt somit mehr als ein regionales Netzwerk dar, er ist ein ganzheitliches Wertschöpfungssystem.[33]

Mit diesem Ansatz kann auch die Innovationstätigkeit erklärt werden, die charakteristisch für den Cluster ist und ihm in dieser Sichtweise seinen Namen gibt. Im Cluster findet ein kollektiver Lern-, Innovations- und Wandlungsprozess statt, der Grundlage von Meta-kompetenzen ist.[34] Diese sind erforderlich zur Bildung von Kernkompetenzen, den dauerhaftesten und transferierbaren Ursachen für Wettbewerbsvorteile.[35] Der Cluster kann daher als metakompetenzförderliche Umwelt angesehen werden, die das Entstehen von Kernkompetenzen fördert.[36] Lern-, Innovations- und Wandlungsfähigkeit ermöglicht Unternehmungen und somit auch dem Cluster, sich rasch an Veränderungen anzupassen und neue Ideen zu generieren.[37] Diese Inventionen können bei ökonomischer Nutzung als Innovationen bezeichnet werden, der Cluster wird zum innovativen Cluster.[38]

2.2.3 Entstehung, Entwicklung und Niedergang von Clustern

Räumlich-sektorale Agglomerationen sind kein neues Phänomen, vielmehr ist die geo-graphische Konzentration identischer Branchen seit Beginn wirtschaftlicher Betätigung zu beobachten.[39] Bspw. seien die Städte der dt. Hanse genannt, wo sich im 13. Jh. Kauf-leute, Händler sowie seefahrts- bzw. schiffsbaubezogene Berufe konzentrierten. Schon 1890 beschrieb Marshall erstmals die Externalitäten spezialisierter Industriestandorte.[40]

Die Entstehung von Clustern lässt sich unmittelbar anhand der Elemente des Diamanten erläutern. Die Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren, spezialisierten Fähigkeiten oder z.B. Universitäten, eine anspruchsvolle Nachfrage am Standort, die Existenz verwandter Branchen oder innovativer Unternehmungen etc. können das Entstehen eines Clusters anregen. Während zu Beginn wirtschaftlicher Betätigung v. a. physische Faktoren wichtig waren, gewannen Elemente wie z.B. Humanressourcen erst später an Bedeutung.[41]

Wie Audretsch / Feldman (1995) zeigen, besteht auch ein Zusammenhang zwischen Clusterbildung und Industrie-Lebenszyklus: innovative Cluster treten insb. in der frühen Lebenszyklusphase einer Industrie auf.[42] Aus Produktionssicht sind v.a. zerlegbare Pro-zesse und lange Wertketten Bedingungen, unter denen Clustering wahrscheinlich ist.[43]

Die Entwicklung eines Clusters ist kein Automatismus (vgl. 2.2.2), doch sobald sich ein Cluster zu bilden beginnt, wird sein Wachstum aufgrund der Interaktionen zwischen den Diamant-Elementen in einem sich selbst verstärkenden Prozess gefördert. Insb. dann, wenn örtliche Institutionen das Wachstum fördern und am Standort ein intensiver Wettbewerb herrscht. Cluster benötigen i.d.R. ein Jahrzehnt oder länger, um einen nach-haltigen Wettbewerbsvorteil aufzubauen, wie der Schweizer Uhren-Cluster zeigt.[44]

Cluster können über Jahrzehnte florieren, eine Garantie für dauerhafte Wettbewerbsfähig- keit eines erfolgreichen Clusters gibt es jedoch nicht. Wie bei der Entstehung können Ursachen für Verkümmerung und Niedergang dem Diamanten entnommen werden. Zwei Arten von Ursachen sind zu unterscheiden: endogene, auf den Standort bezogene und exogene, aus Entwicklungen bzw. Diskontinuitäten der Umwelt resultierende Gründe. Interne Ursachen folgen der inneren Erstarrung des Clusters, die Innovationen und Produktivität beeinträchtigt wie z.B. restriktive Gewerkschaftsregeln oder Gesetz-gebung. Auch können Einrichtungen wie Universitäten etc. verkrusten und die Weiter-entwicklung des Clusters gefährden. Letztlich wird der Cluster seinen Wettbewerbsvor-teil verlieren und ggf. die einzelne KMU ihre Wettbewerbsfähigkeit. Solche Starrheiten sind v.a. an Standorten beobachtbar, wo Regierungen in den Wettbewerb eingreifen. Die wichtigste externe Bedrohung besteht in technologischen Umbrüchen, da zugleich mehrere Clustervorteile wie Wissen, Fähigkeiten und Marktinformationen etc. neutrali-siert werden. Kann der Cluster nicht umgehend reagieren und die neue Technologie an-bieten, verlagert sich der Wettbewerbsvorteil. Als Bsp. hierfür sei der Niedergang des Golfausrüstungs-Clusters in Neu-England genannt, der auf Ausrüstungen aus Stahl basierte und die zeitgleiche Entstehung des Golfausrüstungs-Clusters in Kalifornien, wo man in der Lage war, moderne Werkstoffe wie Graphit und Titan einzusetzen.[45]

3. Die KMU als Bestandteil eines Clusters

3.1 Aktuelle Rahmenbedingungen und Entwicklungen

In der Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit dt. Unternehmungen wird kein Stich-wort so oft genannt wie ‚ Globalisierung ’, welche den Entstehungsprozess weltweiter Wirtschaftsbeziehungen, aber auch gegenseitiger Abhängigkeit bezeichnet.[46] Sie führt zu intensivem globalen Wettbewerb und hat vermeintliche Standortnachteile dt. KMU wie Arbeitskosten, Regulierungsdichte, Abgabenbelastung offenbart.[47] Aus wissenschaft-licher Sicht wirkt diese ‚Standortdebatte’ leider jedoch oft konzeptionslos und subjektiv.[48]

Fest steht, dass sich dem Prozess der Globalisierung niemand wird entziehen können, und dass sich v.a. KMU vor neue Herausforderungen gestellt sehen: Trend zu größeren Einheiten, Notwendigkeit der Festlegung des opt. Aufgabenumfangs, Zeit als Wettbe-werbsfaktor. Da sich aber auch die Anforderungen an Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Innovationsfreude der Akteure erhöhen und dies die Stärken der KMU sind, kann Globalisierung für diese als positive Herausforderung gesehen werden.[49]

Für KMU werden, um die genannten Entwicklungen zu bewältigen, v.a. regionale Netz-werke und Kooperationen als geeignete Maßnahmen angesehen. Globalisierung und Regionalisierung scheinen daher kein Widerspruch zu sein.[50]

Dem globalen Wettbewerb werden die Wettbewerbsansätze nicht mehr gerecht, die von statischem Wettbewerb ausgehen und komparative Faktorvorteile sowie niedrige Kosten als zentral für Wettbewerbserfolg in geschlossenen Wirtschaftssystemen ansehen. Glo-balisierung führt zu höherem Faktorangebot, weltweiten Einkaufsmöglichkeiten verbun-den mit hoher Mobilität, niedrigen Transport- und Kommunikationskosten und macht so traditionelle Funktionen des Standortes (Ressourcen, Kapital, Faktoren) überflüssig.[51]

Man könnte zwar den Eindruck haben, der Standort sei irrelevant[52], aber statt der o.g. Punkte sind heute enge Beziehungen zu Lieferanten, Institutionen und Kunden sowie Kenntnisse und Wissen wichtig, denn sie fördern Verbesserung und Innovation, welche Grundlagen moderner Wettbewerbsvorteile sind. Das Wettbewerbspotential einer KMU beruht also nicht nur auf z.B. interner Organisation, Arbeitskosten oder der polit. Sta-bilität des Heimatlandes, sondern v.a. auf den Partnern und dem gesamten Umfeld. In dieser dynamischen[53] Sichtweise des Wettbewerbs wird der Standort einer Unterneh-mung als Quelle nachhaltiger Wettbewerbsvorteile folglich wieder bedeutsam.[54]

Neben diesen externen Einflüssen ist bei vielen Unternehmungen ein Strategiewechsel zu erkennen: Im Anschluss an vertikale Integration und Diversifikation beginnen sie, sich auf Kernkompetenzen zu konzentrieren, ihre Wertschöpfungstiefe zu reduzieren und de-zentralere Formen der Organisation zu verwirklichen.[55] Betriebliche Funktionen werden ausgegliedert, anstelle von hierarchischer Integration werden Kooperationen gebildet.[56] Unternehmungen beabsichtigen damit, flexibler zu sein, Unsicherheiten zu reduzieren, Know-How-Grenzen durch Verknüpfung komplementärer Kompetenzen zu überwinden und Schwierigkeiten des Wissenstransfers zu umgehen.[57] Folglich scheinen sowohl externe als auch interne Entwicklungen die Entstehung von Netzwerken zu fördern.

[...]


[1] Vgl. Günterberg, B. / Wolter, H.-J. (2002), S. 21-23.

[2] Quelle: Internetseiten des IfM Bonn (2002). Nach dieser Definition gab es in Deutschland im Jahre 2000 rund 3,3 Mio. mittel-ständische Unternehmungen. Beachte: Hierbei werden Unternehmungen, Einzelunternehmen sowie Betriebe / Freie Berufe / Gewerbetreibende nicht unterschieden. Den 3,3 Mio. Mittelständlern standen rund 5.800 Großunternehmungen gegenüber.

[3] Zur Gängigkeit dieser Sprachregelung vgl. z.B. Kayser, G. (1986), S. 19-20.

[4] Vgl. Pfohl, H.C. (1997), S. 1-25.

[5] Vgl. Pfohl, H.C. (1997), S. 5 sowie Günterberg, B. / Wolter, H.-J. (2002), S. 21-23.

[6] Quelle: Eigene Recherchen, Internetseiten der Unternehmungen sowie Datenbanken.

[7] Glouchevitch, P. (1992), S. 57. Oft wird in der angelsächsischen und amerikanischen Literatur heute auf eine Übersetzung des Begriffs Mittelstand („German Mittelstand“) verzichtet, um darzustellen, dass es sich hier insb. um ein dt. Phänomen handelt.

[8] Vgl. Albach, H. (1983), S. 870. Albach formuliert: „Die mittelständischen Unternehmen sind die Marktwirtschaft.“.

[9] Vgl. ausführlich Mugler, J. (1995), S. 35-99. Dies sei auch als Begründung für die Anmerkung unter Fußnote 7 verstanden.

[10] Quelle: BMWi (2002) und IfM Bonn (2002).

[11] Henkel, H.-O. (1997), S. 23.

[12] Vgl. Reiss, M. (1997), S. 115. Reiss bezeichnet dies als „Streben nach Revitalisierung“.

[13] Vgl. z. B. Mugler, J. (1995), S. 35.

[14] Siehe z. B. Lehrstuhl Prof. Dr. Freiling, Uni Bremen, Prof. Dr. Klandt, EBS oder Prof. Dr. Pinkwart, Uni Siegen.

[15] Vgl. Porter, M. (1999a), S. 51. Geographische Nähe meint hier in erster Linie schnelle Kommunikation und gute Erreichbarkeit.

[16] Vgl. Porter, M. (1999b), S. 207-210.

[17] Vgl. Porter, M. (1991), S. 174.

[18] Vgl. Porter, M. (1999a), S. 51-52.

[19] Vgl. Porter, M. (1999a), S. 51-52 sowie Porter, M. (1999b), S. 251.

[20] Vgl. Porter, M. (1991), S. 95-97. Porter nennt diese die „Bestimmungsfaktoren des nationalen Vorteils“. Neben diesen vier wesentlichen Faktoren nennt er auch den Einfluss des Staates und des Zufalls, die aber beide eine untergeordnete Rolle spielen.

[21] Vgl. Porter, M. (1999b), S. 223.

[22] Pilling, D. (2001), S. 63-66. Dies sind die drei Wirkungen des Clusters auf den Wettbewerb.

[23] Porter, M. (1998), S. 90.

[24] Porter, M. (1998), S. 90.

[25] Dieser Sichtweise wird in der Literatur z.T. widersprochen (vgl. z.B. Steinle, C. et al. (1998), S. 376 ). Regionale Netzwerke be-stehen i.d.R. aus KMU, die kooperieren und konkurrieren. Z.B. stelle man sich mehrere örtliche Dachdecker- und Schreiner-betriebe vor, die in wechselseitigen Verbindungen miteinander arbeiten, aber auch im Wettbewerb zueinander stehen. Das be-sondere Merkmal eines Cluster ist jedoch die Anhäufung zahlreicher international wettbewerbsfähiger und erfolgreicher Unternehmungen einer Branche und ihrer Zulieferer an einem Ort unter Einbeziehung weiterer Institutionen. In dieser Arbeit wird der Cluster folglich grundsätzlich als regionales Netzwerk gesehen, er sei aber als Weiterentwicklung dessen verstanden.

[26] Vgl. Sydow, J. (1993) S. 78-82 sowie Sydow, J. (1995), S. 163.

[27] Vgl. Van der Linde, C. (1991), S. 230; mit eigenen Überarbeitungen. Die bedeutendsten dt. Cluster Automobile, Chemie, Druckmaschinen, Schiffsbau und Stahl erstrecken sich über mehrere Orte, die jedoch nicht weit voneinander entfernt sind.

[28] Vgl. Porter, M. (1999a), S. 51-55. Der Medizingeräte-Cluster in Massachusetts bspw. blieb lange unentdeckt, obwohl er mehr als 400 Unternehmungen mit ca. 39.000 Mitarbeitern beinhaltete. Heute ist er institutionalisiert in der Organisation MassMedic.

[29] Vgl. Steinle, C. et al. (1998), S. 375-376.

[30] Porter, M. (1999b), S. 211, zitiert nach einer Forschungsarbeit von Van der Linde, C. (1993). Es wurden hier nur zugehörige Branchen berücksichtigt, wettbewerbsrelevante Einrichtungen und Institutionen wurden vernachlässigt. Aufgrund der Spann-weite und Komplexität mancher Clustern dürfte es wohl unmöglich sein, alle Bestandteile eines Clusters zu berücksichtigen.

[31] Vgl. zu dieser Kritik z.B. Schiele, H. (1999), S. 179-182. Heute berücksichtigt auch Porter die Wichtigkeit der Beziehungen.

[32] Zum innovativen Milieu vgl. Camagni, R. (1995), S. 320.

[33] Vgl. Steinle, C. et al. (1998), S. 373-376. Porter selbst verwendet den Begriff des ‚innovativen Clusters’ nicht.

[34] Vgl. Krüger, W. / Homp, C. (1996), S. 21.

[35] Vgl. Krüger, W. / Homp, C. (1997), S. 27.

[36] Vgl. Steinle, C. et al. (1998), S. 373-377.

[37] Vgl. Krüger, W. / Homp, C. (1996), S. 21.

[38] Vgl. Macharzina, K. (1995), S. 591-592.

[39] Vgl. Porter, M. (1999b), S. 217.

[40] Vgl. Marshall, A. (1920), S. 268-277. Marshall fand, dass an manchen Orten eine Branche förmlich ‚in der Luft’ liegen würde und er verwies auf eine Reihe von ‚one-product-towns’, deren Handelserfolg seiner Meinung nach durch ausgeprägte Arbeits-teilung zwischen den an einem Ort angesiedelten Gewerbetreibenden entstand.

[41] Vgl. Porter, M. (1999b), S. 251-253. Siehe Hansestädte: Ein Hafen ist als Grundlage dieser frühen Agglomerationen zu sehen.

[42] Vgl. Audretsch, D. / Feldman, M. (1995), S. 20.

[43] Vgl. Steinle, C. / Schiele, H. (2002), S. 855. Die Entstehung und Entwicklung eines Clusters wird als ‚Clustering’ bezeichnet.

[44] Vgl. Porter, M. (1999a), S. 60. Ein wachsender Cluster zieht ausgebildete Arbeitskräfte, Gründer und Zuliefererbetriebe etc. an. Durch diese und andere Nebenwirkungen wird die Möglichkeit für weiteres Wachstum geschaffen. Cluster, die sich über Jahre entwickeln, besitzen oft lange Erfahrung und Tradition, was (Bsp. Uhren-Cluster) z.T. auch Grundlage ihres Erfolges sein kann.

[45] Vgl. Porter, M. (1999b), S. 258-259. Der Cluster in Kalifornien profitierte von seiner Nähe zum kaliforn. Raumfahrt-Cluster.

[46] Vgl. Beck, U. (1998), S. 44-47 sowie S. 88.

[47] Vgl. Neuschäfer, C. / Tielmann, A. (2002), Afhüppe, S. et al. (2002) sowie zur Situation dt. KMU Deckstein, D. et al. (2002)

[48] Vgl. Berg, N. / Holtbrügge, D. (1997), S. 199. Porter nennt bspw. die innovationsfördernde Wirkung hoher Arbeitskosten in D., die jedoch als extrem belastend empfunden werden. Vgl. zum Dissens der polit. Parteien in D., Beck, U. (1998), S. 208-213.

[49] Vgl. Krüger, W. / Danner, M. (2000), S. 90 sowie Krüger, W. (1999), S. 22-23.

[50] Vgl. Hornschild, K. (2000), S. 4-6.

[51] Vgl. Porter, M. (1999b), S. 250-251.

[52] Dies dachten wohl dt. Manager, die in den 90er Jahren allein wegen hoher Arbeitskosten ganze Produktionsstätten verlagerten.

[53] Die Dynamik ergibt sich aufgrund der Berücksichtigung der Interaktionen zwischen den Diamant-Elementen.

[54] Vgl. Schiele, H. (2001), S. 1-3.

[55] Vgl. Bühner, R. (1989), S. 223-224 sowie Sydow, J. (1995), S. 160.

[56] Vgl. Sydow, J. (1995), S. 160.

[57] Vgl. Picot, A. et al. (1999), S. 169-172.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Innovative Cluster - Chancen und Risiken für KMU
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Lehrstuhl für Organisation und Führung)
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
21
Katalognummer
V46716
ISBN (eBook)
9783638438520
Dateigröße
477 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Innovative, Cluster, Chancen, Risiken
Arbeit zitieren
Tom Sieber (Autor:in), 2004, Innovative Cluster - Chancen und Risiken für KMU, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46716

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