Disruptive Innovationen und ihre Konsequenzen für den Produktentstehungsprozess


Dossier / Travail, 2017

17 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung

2 Fragestellung

3 Methodische Grundlagen
3.1 Disruptive Innovationen nach Clayton M. Christensen
3.2 Produktentstehungsprozess (PEP)

4 Mögliche Barrieren für disruptive Innovation und ihre Konsequenzen für den PEP

5 Handlungsempfehlung für die Praxis
5.1 Schaffung einer Innovationskultur
5.2 Schaffung einer wertungsfreien Erprobungsumgebung
5.3 Modell zur Harmonisierung von disruptiven Innovationen und PEP

6 Fazit

Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

Seit der Harvard-Professor Clayton M. Christensen in den 90er Jahren sein Modell von disruptiven Innovationen im Buch „The Innovator’s Dilemma“ veröffentlichte1, hat der Begriff Disruption Eingang in zahllose Veröffentlichungen gefunden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Die Nutzung des Begriffs „Disruptive Innovationen“ folgt einer exponentiellen Funktion (Christensen et al. (2015) in Harward Business Review, S. 50)

Wie Christensen später bestätigen würde, wurde der Begriff Disruption jedoch häufig in aller erster Linie dazu genutzt, Aufmerksamkeit zu erlangen, indem laut Verkaufsstrategen plötzlich jedes etablierte Großunternehmen das Fürchten lernen müsse.2 So nutzten Forscher, Autoren und Berater den Begriff „disruptive Innovation“ häufig, um jede Situation zu erklären, in der etablierte Industriezweige angegriffen wurden.3

2 Fragestellung

Gegenstand dieser Arbeit ist, die Konsequenzen von disruptiven Innovationen auf den Produktentstehungsprozess (PEP) zu untersuchen. Da der Begriff „Disruption“ in der Literatur seit Beginn der 90er Jahre exponentiell verwendet wird, stützt sich diese Arbeit auf die Theorie der Harvard Business School. Dies soll zum einen der wissenschaftlichen Praxis dienen, sich auf Urquellen zu berufen und zum anderen die Komplexität der Themenstellung zu reduzieren.

Um den Stand der Wissenschaft für die Beschreibung der wesentlichen Eckpfeiler des Produktentstehungsprozesses kurz und prägnant zu beschreiben, wird auf die Bücher von Pahl/Beitz sowie Ehrlenspiel zurückgegriffen, wobei ersteres Werk auch als Bibel der Konstruktionslehre bezeichnet wird.4 Um der gebotenen Kürze gerecht zu werden, wird angenommen, dass die jahrzehntelange Vorgehensweise zur Entwicklung neuer Produkte sowie das Serienmanagement bestehender Produkte in diesen beiden Werken so umfangreich dargestellt ist, dass diese Arbeit nur Teilaspekte berücksichtigen kann.

Als zu prüfende Hypothese dieser Arbeit soll gelten:

Etablierte Konstruktions – und Entwicklungsabteilungen großer Konzerne können disruptive Innovationen durch ihr bestehendes Risikomanagement und ihre jahrzentelang geschaffene und weiterentwickelte Vorgehensroutine verhindern.

Sofern diese Hypothese zutrifft, soll eine Methodik gefunden werden, die sich eignet trotz dieser Hürden zu einem Business Case für technologiegetriebene Innovationen zu gelangen.

3 Methodische Grundlagen

3.1 Disruptive Innovationen nach Clayton M. Christensen

Die Disruptions-Theorie läuft Gefahr, Opfer ihres eigenen Erfolgs zu werden. Denn nicht jeder Durchbruch, der das Gefüge einer Industrie verändert, ist eine disruptive Innovation.5

Zusammengefasst gibt es drei Grundbedingungen für die Disruptions-Theorie6:

1. Etablierte Unternehmen werden mit einem neuen Geschäftsmodell konfrontiert, das zum Beispiel von Start ups ausgehen kann.
2. Es gibt eine neue Klasse von Low-End-Kunden, die entweder von den bestehenden Angeboten übersättigt ist oder die grundlegend neue Anforderungen hat.
3. Ein Akteur tritt als sog. Accelerant (Beschleuniger) für eine neue Technologie auf, die noch in den Kinderschuhen steckt. Diesen Vorteil kann der Technologie-Inhaber nutzen, um zu wachsen. Wenn die etablierten Unternehmen realisiert haben, dass ihr Geschäftsmodell in Gefahr ist, ist es bereits zu spät.

Nur wenn diese drei Bedingungen auftreten, handelt es sich um eine technologische Disruption. Um die Theorie praxisnah anzuwenden, soll Tabelle 1 den Unterschied zwischen disruptiver Innovation und erhaltender7 Innovation verdeutlichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten8

Tabelle 1 : Innovationstheorien (Eigene Darstellung)

Die Beispiele illustrieren, dass erhaltende Innovationen ein bestehendes Produkt oder einen bestehenden Service besser machen.9 Wirklich disruptive Innovationen hingegen beschreiben einen Prozess, bei welchem zunächst kleinere Unternehmen mit wenigen Ressourcen das Geschäft eines etablierten Anbieters herausfordern.10 Tesla als Anbieter von E-Autos war zwar ein Start-up, aber trat über High-End-Kunden in den bestehenden Automobilmarkt ein, was der zweiten Bedingung für disruptive Innovationen widerspricht.11

Man spricht auch davon, dass wirklich disruptive Innovation in neuen Märkten startet und die Art und Weise verändert, wie Kunden das gegenwärtige Produkt wahrnehmen.12

3.2 Produktentstehungsprozess (PEP)

Die ingenieurwissenschaftliche Erfahrung lehrt, dass ein Produkt nicht in einem großen Schritt, sondern vielmehr in vielen kleinen Schritten entsteht.13 Es handelt sich hierbei um eine Abfolge von Arbeitsschritten zur Festlegung von Inhalt und Schnittstellen des Produkts.14 Die Gesamtheit aller Prozessschritte - von der Produktidee bis zum verkaufsfähigen Produkt - wird als Produktentstehungsprozess bezeichnet.

Schon Wögerbauer formulierte 1943 eine Abfolge der Arbeitsschritte, die als Weg vom „WAS“ zum „WIE“ bezeichnet werden kann:15

- Aufgabe klären
- Lösungsidee entwickeln
- Bewerten der Lösung
- Verbessern der Lösung
- Erstellen der Herstellungsunterlagen

Die bestehenden Vorgehensmodelle zur Entwicklung und Konstruktion wurden beständig weiterentwickelt und sind 1986 als ein allgemeingültiges Prozessmodell in die VDI 2221 eingegangen.16 Ein wesentlicher Aspekt der Entwicklungs- und Konstruktionstätigkeit sind Schleifen im Prozess, die sicherstellen, dass der Konstruktionsentwurf in kurzen Zyklen erprobt und iterativ optimiert wird. Man spricht deshalb von einem Regelkreis dessen Ziel es ist, die Arbeitsergebnisse auf die Vorgaben hin zu überprüfen.17

Das Bestreben den Zeithorizont des PEP zu verkürzen, verstärkt die Notwendigkeit, dass in Konzernen Prozesse zunehmend parallel ablaufen müssen.18 Darüber hinaus erfordert die dem globalen Wettbewerb geschuldete Verkürzung der Time-To-Market die zunehmende Vernetzung zwischen den Abteilungen hin zur integrierten Produktentwicklung.19 Es leuchtet ein, dass das spezifische Prozessmodell des PEP in Konzernen folglich einen hohen Detaillierungsgrad aufweisen muss.20

4 Mögliche Barrieren für disruptive Innovation und ihre Konsequenzen für den PEP

Die in Kapitel 3.2 angesprochene Vernetzung der Konstruktions- und Entwicklungsfunktion mit den abteilungsspezifischen Aufgaben krossfunktionaler Teams dient im Folgenden dazu, die Hypothese dieser Arbeit, dass solche bestehenden Organisationsformen disruptive Innovationen verhindern können, zu untersuchen. Hierzu werden organisatorische Schnittstellen innerhalb des PEP ausgewählt und ihre Einflüsse auf disruptive Innovationen herausgearbeitet21:

Das Produktmanagement:

Nahezu jedes produktspezifische Problem gelangt zum Produktmanager. Durch eine Fülle an Aufgaben im Tagesgeschäft bleibt kaum Zeit den Vertriebsmitarbeiter zu Kundenbesuchen zu begleiten. Häufig gibt es im Unternehmen fest installierte Gremien, die über neue Produktideen entscheiden. Es kann vorkommen, dass eine wirklich innovative Idee am Maßstab dieser Gremien scheitert.

Der Entwicklungsingenieur:

Gerade Entwicklungsingenieure sind begeisterungsfähig für neue Ideen. Häufig besteht ihr Tagesgeschäft jedoch aus einer Reihe an zeitaufwendigen Aufgaben. Um nur einige zu nennen, gehören hierzu die Dokumentation, die Erstellung von FMEAs oder die Ausarbeitung von Modifikationen bestehender Produkte. Es kann häufig vorkommen, dass in großen Unternehmen die Ressourcen von Entwicklungsingenieuren per Ticket-System vor allem für renditesichere Entwicklungen allokiert werden. Dies führt jedoch dazu, dass das Erproben und Experimentieren in großen Konzernen zu kurz kommen kann.

Der Vertriebsmitarbeiter:

Der Vertrieb arbeitet nach klaren Vorgaben zu Umsatz und Gewinn. Zeit Erprobungstermine mit Kunden zu organisieren, bleibt kaum. Die Durchführung von Usability-Tests ist jedoch ein wichtiger Baustein, um frühes Kundenfeedback zu erhalten. Denn mit zunehmender Entwicklungszeit eines Produktes im PEP, steigen die Kosten für Änderungen.

[...]


1 Vgl. Christensen (1997), The Innovator’s Dilemma, When New Technologies Cause Great Firms to Fail.

2 Vgl. Christensen, Raynor and McDonald (2015), The Big Idea, What is Disruptive Innovation, in Harvard Business Review.

3 Vgl. ebenda, S. 46.

4 Vgl. Pahl/Beitz (2013), Konstruktionslehre, Methoden und Anwendung erfolgreicher Produktentwicklung sowie Ehrlenspiel, Meerkamm (2013), Integrierte Produktentwicklung.

5 Vgl. Christensen et al. (2015), S. 46.

6 Vgl. Elmer-DeWitt (2015), Why Apple, Tesla and Uber are not “disruptive”

7 In der amerikanischen Originalliteratur wird die erhaltende Innovation als „sustaining innovation“ bezeichnet.

8 Vgl. Christensen (1999), A brutal survival plan, Business Week.

9 Vgl. Christensen et al. (2015), S. 47.

10 Vgl. Christensen et al. (2015), S. 46.

11 Vgl. Elmer-DeWitt (2015), Why Apple, Tesla and Uber are not “disruptive”

12 Vgl. Eugner (2011), S. 11.

13 Hierzu ein treffendes Zitat von Albert Einstein: „Zwei Dinge sind zu unserer Arbeit nötig: Unermüdliche Ausdauer und die Bereitschaft, etwas, in das man viel Zeit und Arbeit gesteckt hat, wieder wegzuwerfen.“

14 Vgl. Pahl/Beitz (2013), S. 11.

15 Vgl. ebenda, S. 15.

16 Vgl. ebenda, S. 16f.

17 Vgl. ebenda, S. 19.

18 Vgl. ebenda, S. 20.

19 Vgl. Ehrlenspiel, Meerkamp (2013), Integrierte Produktentwicklung.

20 Vgl. Pahl/Beitz (2013), S. 21.

21 In Anlehnung an erläuterte Rollenkonflikte in van Wulfen (2016), S. 38 sowie eigene Erfahrungen aus der früheren Tätigkeit als Produktmanagerin in kross-funktionalen Entwicklungsteams der Dräger Medical.

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Disruptive Innovationen und ihre Konsequenzen für den Produktentstehungsprozess
Université
Nordakademie University  (Nordakademie Graduate School)
Note
1,3
Auteur
Année
2017
Pages
17
N° de catalogue
V470021
ISBN (ebook)
9783668952126
ISBN (Livre)
9783668952133
Langue
allemand
Annotations
Der rote Faden ist durch die gewählte Methode immer gut erkennbar. Die Gewichtung der Teilaspekte ist angemessen. Die Fokussierung auf die ursprüngliche Definition der Disruption und der wesentlichen Aspekte des Produktentstehungsprozesses sind sehr gelungen. Bei den Hemmnissen in der Produktentstehung fehlen zwar Aspekte (z.B. die typische Beharrung auf dem Bekannten bei Konstrukteuren), aber das Grundproblem der Hemmnisse wird erkannt. Frau Quast zeigt Kompetenzen, die durchschnittliche Erwartungen erheblich übertreffen.
Mots clés
PEP, Disruption, Innovationen, Innovation Maze
Citation du texte
Stefanie Quast (Auteur), 2017, Disruptive Innovationen und ihre Konsequenzen für den Produktentstehungsprozess, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/470021

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