Öffentlichkeitsarbeit - mehr als eine Handlungsmethode professioneller Sozialer Arbeit?


Mémoire (de fin d'études), 2003

161 Pages, Note: 2

Anonyme


Extrait


1. Einleitende Problemskizze und Darstellung der Vorgehensweise

1.1 Hinführung zum Thema und der Fragestellung

Seit den 60er Jahren wird die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit für die Belange der Sozialen Arbeit immer wieder betont, und über ih

re Notwendigkeit sind sich nahezu alle einig, die in diesem Bereich tätig sind (vgl. Puhl/Thorun 2002, S. 676). Dennoch ist die systematische Gestaltung von Kommunikationsprozessen in der Sozialen Arbeit noch lange nicht selbstverständlich und wird meist nebenbei erledigt (vgl. Puhl 2002, S. 565). Dem liegt oft ein verkürztes Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit zugrunde, demnach sie als eine Technik aufgefasst wird. Sie wird also meist nur situativ eingesetzt, und zwar reaktiv unter Legitimationsdruck bei Existenznöten und öfter noch instrumentell innerhalb Social Sponsoring und Fundraising im Rahmen der Mittelbeschaffung (vgl. Puhl/Thorun 2002, S. 676).

Dies spiegelt sich auch in der Literatur wider. Bei der Suche nach Literatur unter den Schlagworten Öffentlichkeitsarbeit oder dem synonymen Public Relations bzw. der Abkürzung PR „beeindruckt zunächst die Menge“ (Ronneberger/Rühl 1992, S.24). Allerdings lässt sich über die deutsche PR-Literatur sagen, dass sie im Unterschied zu umfangreichen, qualitativ hochwertigen „Textbooks“ von amerikanischen Autoren, die teilweise auch „how-to-do“ Teile enthalten, hauptsächlich der Praktikerliteratur zuzurechnen ist (vgl. zu dieser Einschätzung Bentele 2003, S. 60). Lässt sich die erste Aussage bedauerlicherweise nicht auf Literatur zu dem Themenkomplex Öffentlichkeitsarbeit im sozialen Bereich übertragen, so besitzt die zweite allgemeine Aussage leider auch für Literatur zur Öffentlichkeitsarbeit in der Sozialen Arbeit Gültigkeit. Neben einigen wenigen Monographien findet sich noch eine überschaubare Anzahl an Zeitschriftenartikeln. Hierbei ist der größte Teil der Literatur als „PR-Kunde“, also Systematisierung praktischer Erfahrungen (vgl. Kunczik 2002, S. 14), zu bezeichnen. Die meisten Autoren wenden sich explizit an Praktiker in der Sozialen Arbeit und verfolgen den Anspruch, ihnen Handreichungen und Impulse für eine eigene aktiv gestaltete Öffentlichkeitsarbeit zu liefern (z.B. Marchal/Spura 1981, deren Buch sich als „Praxisberater für Sozialarbeiter und Bürgerinitiativen“ versteht; z.B. Thorun 1970). So können sie zwar wertvolle Hinweise liefern, wie in der Praxis mit verschiedenen Instrumentarien der Öffentlichkeitsarbeit umgegangen werden kann, aber insgesamt werden einige Regeln für wissenschaftliches Arbeiten nicht beachtet (vgl. zu dieser Kritik an PR-Literatur allgemein Kunczik 2002, S. 17). Es wird mit wenig Literatur gearbeitet, bisweilen fehlen Literaturangaben komplett (z.B. Bebber 1979), und oft werden Begriffe selbstverständlich verwendet und als bekannt vorausgesetzt, die durchaus unterschiedliche Sichtweisen beinhalten können, so dass eine Klärung nützlich wäre (vgl. zu dieser Kritik an PR-Literatur allgemein Ronneberger/Rühl 1992, S. 25).

Insgesamt bleibt zum Verhältnis der Sozialen Arbeit zur Öffentlichkeitsarbeit zu sagen, dass es Ersterer bisher noch nicht vollständig gelungen ist, dem Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit ein eigenes Profil zu geben (vgl. Puhl/Thorun 2002, S. 676).

Aus diesem Grund bietet es sich an, Öffentlichkeitsarbeit als eine Handlungsmethode in der Sozialen Arbeit zu betrachten, da diese als „Mittel professioneller Stil- und Identitätsbildung“ (Schumann 1994a, S. 41) die Betrachtung eines Gegenstandes, also hier der Öffentlichkeitsarbeit, aus ganz fachspezifischer Sicht erfordert. Öffentlichkeitsarbeit wird innerhalb der Sozialen Arbeit überdies mehrmals als Methode bezeichnet (vgl. Marchal/Spura 1981, S. 187; vgl. Müller 1990, S. 147), so dass eine Betrachtung als solche auch deshalb nahe liegend ist. So beschreibt Thorun sie beispielsweise „als Methode eines qualifizierten sach- und berufspolitischen Handelns im Werben um Vertrauen“ (Thorun 1970, S. 9).

In dieser Arbeit wird betrachtet, inwieweit Öffentlichkeitsarbeit tatsächlich zu einem solchen qualifizierten Handeln und zur Professionalität in der Sozialen Arbeit beitragen kann. Hierbei wird deutlich, dass sie als Methode betrachtet werden kann, dass sie aber unter Umständen auch darüber hinaus innerhalb der Profession Sozialer Arbeit wirken kann. Somit wird der Frage nachgegangen, ob und in welcher Weise Öffentlichkeitsarbeit eventuell sogar mehr als eine Handlungsmethode der Sozialen Arbeit ist.

Im Folgenden wird der Aufbau der Arbeit skizziert, um so die Beantwortung der Fragestellung transparenter zu machen.

1.2 Aufbau der Arbeit

Nach einer allgemeinen Klärung der Begriffe Öffentlichkeitsarbeit und Public Relations über Definitionen und Abgrenzung zu verwandten Termini, wird das Verhältnis von Sozialer Arbeit und Öffentlichkeit beleuchtet, um die grundsätzliche Notwendigkeit von Öffentlichkeitsarbeit in der Sozialen Arbeit zu belegen. Hierbei wird zuerst ein allgemeiner Zusammenhang zwischen Öffentlichkeit und Sozialer Arbeit hergestellt und in einem zweiten Schritt dargestellt, inwiefern Soziale Arbeit diesen Zusammenhang in ihrem Tun berücksichtigt, wobei hier anhand des herrschenden Bildes der Sozialen Arbeit in der Öffentlichkeit einige Defizite zu verzeichnen sind. Daraus lässt sich die Notwendigkeit ableiten, sich mit der Öffentlichkeitsarbeit aus fachspezifischer Sicht bzw. mit der Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen methodischen Handelns auseinander zu setzen. Den Ausgangspunkt hierfür stellt die Klärung darüber dar, was unter einer Handlungsmethode zu verstehen ist und auf welchen theoretischen Überlegungen Öffentlichkeitsarbeit fußt. Darauf aufbauend wird eine Methodenreflexion der Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt, bei der gezeigt wird, wie mit ihrer Hilfe professionelle Soziale Arbeit innerhalb ihrer spezifischen Handlungsbedingungen geleistet werden kann. Bei den einzelnen Aspekten der Methodenreflexion wird deutlich, dass die Öffentlichkeitsarbeit mehr vollbringen kann, als innerhalb der gegebenen Bedingungen adäquat zu reagieren, sondern dass sie vielmehr zur Gestaltung und Steuerung der reflektierten Aspekte beiträgt. So wird gezeigt, dass Öffentlichkeitsarbeit über ein Methodenverständnis hinauswachsen kann. Deshalb werden im Anschluss an die Methodenreflexion weitere Perspektiven für die Profession der Sozialen Arbeit aufgezeigt. Dadurch, dass Public Relations und Soziale Arbeit ähnliche Zielsetzungen aufzeigen, lässt sich die Öffentlichkeitsarbeit ohne weiteres in das Handlungssystem der Sozialen Arbeit integrieren. Deshalb wird schließlich anhand verschiedener Strukturmerkmale von Professionen belegt, dass der Öffentlichkeitsarbeit hierbei eine bedeutende Funktion zukommt. Nach einer allgemeinen Betrachtung solcher Strukturmerkmale werden insbesondere das Merkmal der Ethik und die Herausbildung von Handlungskompetenzen untersucht. Demnach muss sie als „systematische Problemstelle der Sozialen Arbeit“ (Hamburger 2002, S. 763) angesehen und behandelt werden. Bei der Darstellung weiterer Perspektiven dürfen zum Abschluss allerdings auch die Grenzen und Voraussetzungen von Öffentlichkeitsarbeit nicht vergessen werden, da deren Beachtung wichtig für das adäquate Umsetzen dieser Aufgabe ist.

1.3 Allgemeine Lesehinweise

In dieser Arbeit wird von Sozialer Arbeit als Überbegriff für Sozialpädagogik und Sozialarbeit gesprochen, wobei dadurch die Ansicht vertreten wird, dass eine getrennte Betrachtung der beiden Bereiche keinerlei Sinn ergeben würde. Die historisch gewordene Zweiteilung ist bereits seit den 60er Jahren nicht mehr sachlich begründbar, da die beiden Bereiche zunehmend zusammengewachsen sind (vgl. Pfaffenberger 1969, S. XXXI). Soziale Arbeit ist demnach nichts von Sozialpädagogik und Sozialarbeit Differentes, sondern spiegelt die Einheit dieser beiden Begriffe wider (vgl. Thole 2002, S. 14).

Weitere Schwierigkeiten können durch den Terminus Public Relations auftreten. Die allgemeingültige Übersetzung als „öffentliche Beziehungen“ legt eine grammatikalische Verwendung als Pluralwort nahe. Da aber sowohl in englischen als auch in deutschen Texten der Begriff zum größten Teil (es gibt also auch im Fachdiskurs unterschiedliche Herangehensweisen) wie ein Singular behandelt wird, wird auch in dieser Arbeit jenem Vorgehen gefolgt.

Ein weiterer Hinweis bezieht sich auf die Literatur. Da es, wie in der Einleitung angedeutet, relativ wenig Literatur gibt, in der sich Öffentlichkeitsarbeit mit Sozialer Arbeit verschränkt wiederfindet, ist es notwendig, in einzelnen Kapiteln, ausgehend von Literatur aus der Sozialen Arbeit, selbst Verbindungen zur Öffentlichkeitsarbeit herzustellen (und umgekehrt). Dadurch entsteht in einigen Abschnitten ein steter Wechsel zwischen Fachliteratur aus der Sozialen Arbeit und solcher aus der Public-Relations-Forschung, also anderen Disziplinen wie Kommunikationswissenschaft, Soziologie und Betriebswirtschaftslehre. Trotz einiger Bemühungen bei der Verschriftlichung und selbst vor dem Hintergrund, dass ein wesentlicher Anteil der Arbeitsweise der Sozialen Arbeit als Disziplin darin besteht, „pragmatisch Wissensbestandteile anderer Disziplinen zu integrieren und zu nutzen“ (Martin 2001, S. 11), ist es durchaus möglich, dass durch das oben geschilderte Vorgehen Irritationen beim Lesen auftreten. Ihnen soll durch diesen Hinweis vorgebeugt werden.

Ebenfalls die Literatur betreffend, ist darauf hinzuweisen, dass es in einem Fall nicht möglich war, die Original-Literatur einzusehen. Es handelt sich um die Thesen der Bergneustädter Gespräche von 1969. Da sie jedoch von Pfannendörfer komplett wörtlich zitiert wurden, ist eine Verfälschung durch Kürzungen oder fehlerhaftes Paraphrasieren ausgeschlossen, so dass die Zitate von ihm übernommen werden konnten.

Überdies ist zu beachten, dass bei Berufsbezeichnungen, Beschreibungen von Personengruppen u.ä. der Lesbarkeit wegen lediglich die männliche Form angegeben wird. Es wird jedoch an dieser Stelle betont, dass ausdrücklich die jeweils weiblichen Vertreterinnen ebenso gemeint sind.

2. Arbeitsdefinitorische Basis und Klärungen in einem weiten Feld

2.1 Öffentlichkeitsarbeit als Gegenstand verschiedener Disziplinen

Da Öffentlichkeitsarbeit bzw. das synonym verwendete Public Relations aus vielen verschiedenen Blickwinkeln betrachtet wird, gibt es Probleme, den Gegenstand der Öffentlichkeitsarbeit allgemeingültig und eindeutig zu bestimmen. Dies ist also „auch maßgeblich eine Folge von dessen unterschiedlich deutlicher Ausdifferenzierung aus anderen Handlungssystemen“ (Saxer 1992, S. 50).

Hierbei ist darauf zu achten, dass es im Groben drei Definitionsperspektiven gibt: die Alltagsperspektive, die Berufsperspektive und die wissenschaftliche Perspektive (vgl. Bentele 2003, S. 54f.).

Auf die Alltagsperspektive wird hier nicht näher eingegangen. Sie ist gekennzeichnet von entweder einseitig negativen (Manipulationsängste) oder positiven Konnotationen („cooler Beruf“) (vgl. a.a.O., S. 55).

Die Berufsperspektive, die von Seiten der Praktiker und Berufsverbänden wie der DPRG (Deutsche Public Relations Gesellschaft) vertreten wird, ist charakterisiert durch normative und positive Aufladung der Definitionen. Dabei stehen Begriffe mit Suggestivkraft, wie „Vertrauen“ und „Dialog“, im Mittelpunkt (vgl. ebd.; vgl. Avenarius 1995, S. 51). Die praktische Sichtweise wird in später folgenden Teilen der Darstellung mehrfach zum Tragen kommen.

Bei der wissenschaftlichen Perspektive, in der nach allgemeingültigen Definitionen und Theorien gesucht wird, ist zu beachten, dass Public Relations bis jetzt noch keine eigenständige Wissenschaft darstellt (vgl. Oeckl 1976, S. 88) und somit von unterschiedlichen Disziplinen betrachtet wird (vgl. a.a.O., Abb. 3), die wiederum unterschiedliche Schwerpunkte legen. Hierbei sind die Betriebswirtschaftslehre und die Kommunikations- bzw. Publizistikwissenschaft besonders zu erwähnen (vgl. Faulstich 2000, S. 11).

Die Wirtschaftswissenschaften betrachten Public Relations oftmals als ein Instrument innerhalb der Kommunikationspolitik, die zusammen mit Produkt-, Preis- und Distributionspolitik (im Nonprofit-Marketing werden statt der Begriffe Produkt- und Preispolitik auch die Begriffe Angebots- und Gegenleistungspolitik verwandt; vgl. Hasitschka/Hruschka 1982, S. 103 und 109) den Marketing-Mix ergibt (vgl. Bruhn 2003, S. 8ff.; vgl. Unger/Fuchs 1999, S. 198). Somit wird Public Relations dem Marketing untergeordnet. Beim Marketing, übersetzt als „Absatzwirtschaft“ (vgl. Beilmann 1995, S. 5), geht es allgemein um die Analyse und Planung von Austauschprozessen (vgl. Dietrich 1996a, S. 71). Im sozialen Bereich wird darunter ein Vorgehen verstanden, durch welches das Produkt bzw. die Dienstleistung „nach entsprechenden Bedürfnissen zielgruppenbezogen zu effektivieren und in seiner Qualität zu verbessern“ (Beilmann 1995, S. 10) ist.

In letzter Zeit finden sich jedoch vermehrt Auffassungen, die der Unterordnung von Public Relations unter das (Sozial-)Marketing widersprechen (vgl. Daub 2001, S. 3). So entwirft z.B. Haedrich ein Bild der Öffentlichkeitsarbeit im System des normativen und strategischen Managements, in dem die Public Relations dem Marketing als Leitstrategie gleichgestellt ist und von beiden Seiten gemeinsame Entscheidungen getroffen werden (vgl. Haedrich 1994, S. 93; vgl. Daub 2001, S. 3; zur Unterscheidung von strategischem, operativem und normativem Management vgl. Ulrich/Fluri 1992, S. 19ff.). Gerade im Hinblick auf die Soziale Arbeit bietet es sich ebenfalls an, Öffentlichkeitsarbeit weiter gefasst als lediglich auf die Marketingfunktion beschränkt zu sehen. Die Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Organisationen erfüllt eine weit komplexere Querschnittsaufgabe des Managements (vgl. Luthe 1994a, S. 6), wie im weiteren Verlauf dieser Arbeit deutlich gemacht wird.

Eine weitere Bestimmung der Public Relations findet sich bei den Kommunikationswissenschaftlern. Diese fassen Public Relations weiter, indem sie den gesamtgesellschaftlichen Kontext berücksichtigen. Public Relations wird dort als Tätigkeit oder als Funktion von Organisationen oder aber auch als Funktionselement der Gesamtgesellschaft betrachtet (vgl. Bentele 2003, S. 55).

Zum größten Teil ist die PR-Wissenschaft mit der Kommunikationswissenschaft als deren „Mutterdisziplin“ verbunden (vgl. a.a.O., S. 70). Aber nicht nur auf diese, sondern allgemein auf die Sozialwissenschaften bezogen, ergibt sich ein Bild der Public Relations als angewandte Sozialwissenschaft, mit deren Hilfe Organisationen mit ihren Umwelten kommunizieren (vgl. Kunczik 2002, S. 15). Auch Soziale Arbeit vollzieht sich in Organisationen und kommt somit nicht darum herum, sich mit der Öffentlichkeitsarbeit auseinander zu setzen. Als Erstes erfolgt bei der Auseinandersetzung mit einem Gegenstand die Klärung der in dem Zusammenhang häufig auftretenden Termini, was im nun folgenden Abschnitt geschieht.

2.2 Zur Begriffsklärung von Public Relations bzw. Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikationsmanagement

Oftmals wird der Terminus Public Relations undefiniert benutzt, wobei davon ausgegangen wird, dass die Bedeutung allgemein bekannt sei (vgl. Kunczik 2002, S. 23).

Doch gerade in einem solch weiten Feld sind Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen unerlässlich, um zu sichern, dass man von gleichen Grundlagen ausgeht (vgl. a.a.O., S. 25). Dass dem in den Bereichen Public Relations, Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikationsmanagement nicht so ist, zeigt sich in dem Widerspruch, dass in einigen Definitionen die drei Begriffe nahezu synonym erklärt werden, während in anderen eine Trennung der Bereiche angeführt wird. Auch die Abgrenzungen zu verwandten Termini wie Werbung, Propaganda, Pressearbeit, Human Relations usw. sind nicht immer einheitlich. Deswegen wird in diesem Abschnitt der Versuch unternommen, etwas Ordnung in dieses Konglomerat zu bringen und damit eine Grundlage für das Verstehen einer guten Öffentlichkeitsarbeit zu bilden.

2.2.1 Zum Verhältnis von Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit

In dieser Arbeit werden die Begriffe Öffentlichkeitsarbeit und Public Relations synonym verwandt. Dies geschieht aus mehreren Gründen:

Der Begriff Öffentlichkeitsarbeit als Übersetzung von Public Relations wurde erstmals von Oeckl (vgl. 1987, S. 27; vgl. Bentele 1997, S. 22) eingeführt und wird infolgedessen meist an seiner statt verwandt, so dass Literatur, die Öffentlichkeitsarbeit behandelt, sich gleichzeitig mit Public Relations auseinandersetzt, ohne das Wort zwangsläufig zu verwenden. Wie in den folgenden Definitionen deutlich wird, wird eine Unterscheidung selten gemacht, so dass beide Begriffe parallel benutzt werden, was auch bei der Deutschen Public Relations Gesellschaft der Fall ist. Insofern würde eine Unterscheidung wenig Sinn machen, da die angewandte Literatur nicht darauf angelegt ist.

Um aber auch auf eine Unterscheidung zwischen den beiden Begriffen einzugehen, sei hier die Definition aus dem „Handbuch PR“ angeführt, in der Öffentlichkeitsarbeit folgendermaßen beschrieben wird:

„Deutsches Synonym für Public Relations, das nur die aktive Bedeutung des Begriffes enthält, der im Englischen auch passiv gedeutet werden kann, als das (permanente) Vorhandensein ‚öffentlicher Beziehungen‘, auch wenn sie nicht bewußt gepflegt werden“ (Kamm 1999, S. 22).

Public Relations bedeutet somit „öffentliche Beziehungen“ in doppelter Hinsicht, einmal als Existenz eben dieser Beziehungen und zweitens als deren Pflege (vgl. Dederichs 1996, S. 21). Im Normalfall wird jedoch das Wort „relations“ als stammverwandt mit dem lateinischen „relator“ aufgefasst, welches die treibende Kraft in einem solchen Beziehungsprozess bezeichnet (vgl. Hundhausen 1964, S. 9). Insofern ist die Gleichsetzung der beiden Begriffe gerechtfertigt.

Eine Festlegung auf einen der beiden Begriffe für das weitere Vorgehen wird an dieser Stelle nicht getroffen, da beide von der Terminologie her unterschiedliche Aspekte des betrachteten Gegenstandes hervorheben. Weist Öffentlichkeitsarbeit auf einen aktiven Schaffensprozess hin, mit dem „umständlich und von Fall zu Fall eine Öffentlichkeit erst hergestellt werden muß“ (Habermas 1990, S. 300), betont Public Relations dagegen weniger die einzelnen Tätigkeiten als die Bedeutung des inneren Gehalts der Beziehungen (vgl. Lentz 1978, S. 117f.).

Im Folgenden wird ausgehend von Definitionen des Begriffpaars Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations und der Unterscheidung zu anderen in diesem Zusammenhang auftretenden Begriffen versucht, wichtige Merkmale von Öffentlichkeitsarbeit herauszufiltern.

2.2.2 Definitionen Public Relations/Öffentlichkeitsarbeit

In der PR-Literatur ließen sich bereits in den 70er Jahren über zweitausend verschiedene Definitionen finden (vgl. Kronhuber 1972, S. 11; vgl. Lentz 1978, S. 117, vgl. Dederichs 1996, S. 21). An dieser Stelle werden nur einige gängige Definitionen vorgestellt, um anhand derer zentrale Elemente aufzuzeigen. Einblicke in größere Auflistungen von Begriffsbestimmungen finden sich bei verschiedenen Autoren (vgl. Kronhuber 1972, S. 11ff.; vgl. Oeckl 1976, S. 49ff.).

Hundhausen, ein Pionier der deutschen Public Relations (vgl. Schulz 1992, S.16; vgl. Oeckl 1987, S.27), definiert Public Relations als „Unterrichtung der Öffentlichkeit (oder ihrer Teile) über sich selbst, mit dem Ziel, um Vertrauen zu werben“ (Hundhausen 1951, S. 53).

Erweitert um den Aspekt der Planung wird diese Bestimmung durch Oeckl, der Öffentlichkeitsarbeit wie folgt definiert:

"Öffentlichkeitsarbeit ist das bewußte, geplante und dauernde Bemühen, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen in der Öffentlichkeit aufzubauen und zu planen. Sie ist: Arbeit mit der Öffentlichkeit, Arbeit für die Öffentlichkeit, Arbeit in der Öffentlichkeit" (1964, S. 42).

Im Handbuch Öffentlichkeitsarbeit wird auch darauf eingegangen, von welcher Seite aus Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird, so dass Public Relations folgendermaßen definiert wird:

„Methodisches Bemühen eines Unternehmens, einer Institution, Gruppe oder Person um Verständnis und Vertrauen in der Öffentlichkeit durch Aufbau und Pflege von Kommunikationsbeziehungen“ (Kamm 1999, S. 26).

Von Interesse sind auch Definitionen von Berufsverbänden, da diese durch eine Vielzahl von Personen vertreten und angenommen werden. Die Deutsche Public Relations Gesellschaft definiert Public Relations als das

„Management von Kommunikationsprozessen für Organisationen und Personen mit deren Bezugsgruppen in Form einer bewußten, zielgerichteten und systematischen Gestaltung dieser Kommunikationsinteressen“ (DPRG 2003).

Für den österreichischen Berufsverband PRVA (Public Relations Verband Austria) umfassen Public Relations

„alle konzeptiven und langfristigen Maßnahmen eines PR-Trägers zur Wahrnehmung seiner Verpflichtungen und Rechte gegenüber der Gesellschaft beziehungsweise Öffentlichkeit mit dem Ziel, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und zu fördern"(PRVA 2003).

Eine der in der Literatur wohl am häufigsten auftretenden Definitionen ist diejenige von Grunig und Hunt, in der Public Relations als „part of the management of communication between an organization and its publics“ (Grunig/Hunt 1984, S.6) bezeichnet wird.

Bereits der hier vorangestellte Überblick an Definitionen zeigt, dass bestimmte Elemente immer wieder auftauchen. Diese und weitere Merkmale werden gegen Ende dieses zweiten Kapitels gesondert herauskristallisiert, nachdem nun noch eine Abgrenzung zum Kommunikationsmanagement und weiteren verwandten Begriffen erfolgt, um auf zusätzliche Merkmale von Public Relations bzw. Öffentlichkeitsarbeit zu verweisen.

2.2.3 Kommunikationsmanagement

In obigen Definitionen tauchen mehrfach die Begriffe Kommunikation, Kommunikationsprozess und Management von diesen auf. Infolgedessen ist es unumgänglich, auch auf den oft benutzten Terminus des Kommunikationsmanagements einzugehen, zumal bei ihm ebenso wie bei dem Begriffspaar Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations eine systematische und theoretisch fundierte Beschäftigung vermisst werden kann (vgl. Börner 1998, S. 25).

Eine grundlegende Definition aus dem „Fachlexikon der sozialen Arbeit“ beschreibt Kommunikationsmanagement als das

„Management von Kommunikationsprozessen für Organisationen und Personen mit deren Bezugsgruppen in Form einer bewussten, zielgerichteten und systematischen Gestaltung der jeweiligen Kommunikationsinteressen“ (Puhl 2002, S. 565).

Ein Blick nach oben zeigt, dass im exakt gleichen Wortlaut diese Erklärung von der Deutschen Public Relations Gesellschaft für den Begriff der Public Relations bzw. Öffentlichkeitsarbeit angegeben wird. Auch an anderer Stelle lassen sich große Überschneidungen zu Definitionen von Öffentlichkeitsarbeit finden (vgl. Reineke/Eisele 1994, S. 16).

Diese enge Verflechtung von Kommunikationsmanagement und Öffentlichkeitsarbeit lässt sich mit Puhl derart erklären, dass Öffentlichkeitsarbeit die Methode ist, „mit der Konzepte des Kommunikationsmanagements umgesetzt werden“ (Puhl/Thorun 2002, S. 675).

Weiterhin kann Public Relations auch als strategisches Kommunikationsmanagement verstanden werden (vgl. Kunczik 2002, S. 387). Insofern hat Öffentlichkeitsarbeit im Kommunikationsmix einer Einrichtung einen besonderen Status, indem sie sich durch Kontinuität und Langfristigkeit auszeichnet (vgl. Luthe/Schaefers 2000, S. 205).

Es gibt aber ebenso eine Unterscheidung, die das Verhältnis umgekehrt deutet und Kommunikationsmanagement als Abgrenzung bzw. Verbesserung und Weiterentwicklung zur klassischen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit deren überalterten Vorgehensweisen versteht. Gleichzeitig wird aber unter dieser Prämisse eine Angleichung der Öffentlichkeitsarbeit an das so verstandene Kommunikationsmanagement angestrebt, so dass letztendlich auch hier Öffentlichkeitsarbeit als Kommunikationsmanagement verstanden wird (vgl. Puhl 1998, S. 65ff.; vgl. Luthe/Schaefers 2000, S. 221).

Insgesamt spricht somit viel dafür, auch Kommunikationsmanagement als Synonym für Public Relations zu verwenden (vgl. Grunig 1992, S. 4; vgl. Bentele 2003, S. 56). Wie deutlich geworden ist, herrscht diesbezüglich aber nicht so viel Einigkeit unter den Autoren wie zum Verhältnis von Öffentlichkeitsarbeit und Public Relations. Um Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, wird in dieser Arbeit versucht, weitestgehend auf die Verwendung des Begriffes Kommunikationsmanagement zu verzichten.

2.2.4 Abgrenzung von Public Relations/Öffentlichkeitsarbeit zu verwandten Begriffen

Propaganda

Oft wird Public Relations mit Propaganda gleichgesetzt, indem z.B. behauptet wird, dass Goebbels ein „Experte in Public Relations“ gewesen sei. Dabei ist dessen Vorgehen als Propaganda zu bezeichnen (vgl. Luthe 1994a, S. 31). Dieser Vergleich wiegt umso schwerer, wenn man bedenkt, dass er von Helmut Kohl als Bundeskanzler getroffen worden ist (vgl. Avenarius 1995, S. 12) und ihn somit wohl eine breite Öffentlichkeit wahrgenommen und adaptiert hat. Deshalb ist es unbedingt notwendig, den Unterschied zu verdeutlichen. Public Relations wird von den meisten PR-Praktikern und auch vielen Autoren als objektives und vielseitiges Informieren aufgefasst, Propaganda dagegen als Manipulation der Rezipienten, wobei der Wahrheit kein hoher Stellenwert beigemessen wird (vgl. Kunczik/Heintzel/Zipfel 1995, S. 11; vgl. Bentele 1997, S. 25). Propaganda polarisiert, radikalisiert und emotionalisiert (vgl. Kunczik 2002, S. 35). Propaganda wirkt also nicht durch sachliche Information, sondern über Effekthascherei. Während Öffentlichkeitsarbeit nach dem Prinzip des „Pro“ arbeitet, wird bei Propaganda auf ein „Anti“ gezielt. Somit dient sie nicht der Verständigung, sondern der Auseinandersetzung (vgl. Bebber 1979, S. 10). Bei der Propaganda geht es nicht darum, gemeinsam mit den Adressaten eine Meinung zu bilden. Vielmehr wird ihnen eine Meinung vorgegeben, die sie fraglos zu übernehmen haben. Es wird also nicht dem Prinzip offener und pluralistischer Kommunikation gefolgt, sondern eine Einwegkommunikation praktiziert (vgl. Bentele 1997, S. 25).

Werbung

Dass eine Notwendigkeit besteht, die Unterscheidung zwischen Public Relations und Werbung herauszuarbeiten, zeigt sich im Ergebnis einer Umfrage, die unter der Leserschaft der Zeitschrift Sozialmagazin (vgl. Puhl 1994) durchgeführt wurde. Hierbei wurde von etwa 20% der Befragten Public Relations mit Werbung gleichgesetzt (vgl. Puhl 1998, S.66).

Deshalb sind auch bisher vielfältige Versuche unternommen worden, klare Abgrenzungen zu treffen. Die Meinungen driften hier aber aus ideellen, berufsständischen und materiellen Gründen stark auseinander (vgl. Oeckl 1976, S. 75). Bei diesen Abgrenzungen wird also, wie oben für die Definition des Terminus Public Relations, das jeweilige Verständnis der Personengruppen deutlich. Während Marketingforscher z.B. Werbung und Public Relations eher gleichsetzen, wird von PR-Praktikern eher eine Unterscheidung verlangt usw.. So kann auch in diesem Rahmen keine allgemeingültige Abgrenzung erfolgen. Dennoch wird das hier zugrunde gelegte Verständnis von Public Relations so besser verdeutlicht.

Geht man davon aus, dass Public Relations darauf abzielt, öffentliches Vertrauen zu gewinnen, anstatt direkt produkt- oder marktbezogene Werbeziele zu verfolgen, liegt ein Unterschied offen. Es bleibt allerdings für wirtschaftliche Unternehmen fraglich, inwiefern nicht doch mittelbar ökonomische Ziele angestrebt werden, so dass die Abgrenzung doch schwerer fällt (vgl. Pepels 2001, S. 653). Aber gerade auf soziale Organisationen als Nonprofit-Organisationen (vgl. dazu Anhang 3) bezogen, wird deutlich, dass ökonomische Vorteile bei deren Public Relations wohl eher im Hintergrund stehen, da ja wirtschaftliche Gewinne zur besseren Erreichung des Sachziels eingesetzt werden müssen und nicht in Form von Gewinnausschüttungen vergeben werden.

Bei Public Relations geht es nicht darum, für ein einzelnes Produkt oder eine einzelne Dienstleistung im Rahmen der Absatzpolitik zu werben, sondern die ganze Marke bzw. die ganze Organisation im Rahmen der Gesamtpolitik darzustellen und zu interpretieren. Infolgedessen untersteht Werbung dem Marketing- bzw. Verkaufschef und Public Relations der oberen Führungsebene der jeweiligen Organisation (vgl. Oeckl 1976, S. 76f.)

Ein weiterer Hauptunterschied zwischen Werbung und Öffentlichkeitsarbeit besteht in der Dialogorientierung. Während Werbung ein einseitiger Prozess ist, werden die Themen der Öffentlichkeitsarbeit in Beziehung zur Öffentlichkeit bzw. zu deren Angelegenheiten gesetzt. Überdies wird in der Werbung im Gegensatz zur möglichst sachlichen Öffentlichkeitsarbeit einseitig das Positive betont (vgl. Barthenheier 1988, S. 35).

Während Werbung lediglich eine Marktfunktion erfüllt, kommt der Öffentlichkeitsarbeit eine soziologische, sozialpsychologische und gesellschaftspolitische Informations- und Ausgleichsfunktion zu (vgl. Oeckl 1976, S. 77).

Pressearbeit

Auch auf die Pressearbeit muss an dieser Stelle eingegangen werden, da eine Gleichsetzung von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von einem verkürzten Verständnis der Public Relations zeugt. Öffentlichkeitsarbeit ist zwar auf Pressearbeit als eine ihrer wichtigsten Stützen angewiesen, aber dennoch stellt sie nur einen Teil der umfangreichen Möglichkeiten dar (vgl. Bebber 1979, S. 9). Ein großer Teil der Aufgaben von Öffentlichkeitsarbeit, wie Kontaktpflege, Beratung oder Aufbau von Vertrauen, ist über alleinige Pressearbeit nicht zu leisten, sondern erfordert Bemühungen, die darüber hinausgehen (vgl. Oeckl 1976, S. 54). Pressearbeit ist also lediglich ein Bestandteil der umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit.

Human Relations

Der Begriff Human Relations verweist auf ein wichtiges Element der Public Relations. Damit wird die interne Public Relations beschrieben. Synonym werden auch die Begriffe Personnel Relations, Labour Relations oder Employee Relations verwandt (vgl. Oeckl 1976, S. 69). Da Human Relations als Teil der Public Relations zu sehen ist, sollte sie von der PR-Abteilung wahrgenommen werden, was jedoch nicht immer der Fall ist. Von einer Bearbeitung der Human Relations durch die Personalabteilungen ist abzuraten, da die umfassende Information einen Aktionsradius erfordert, der weit über deren Zuständigkeit hinausgeht. Die Human Relations-Arbeit setzt voraus, dass sich die PR-Abteilung mit allen betroffenen Abteilungen immer wieder abstimmt (vgl. a.a.O., S. 70). Der Aspekt der Human Relations taucht im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch mehrfach auf.

2.2.5 Merkmale von Öffentlichkeitsarbeit

Aus den Definitionen und Abgrenzungen ergeben sich bereits einige Merkmale von Öffentlichkeitsarbeit, die immer wieder genannt werden. Es geht bei Öffentlichkeitsarbeit bzw. Public Relations ganz allgemein um die Gestaltung von Kommunikationsprozessen. Die hierbei angesprochene Kommunikation läuft zwischen einzelnen Personen, Personengruppen oder einer Organisation und der Öffentlichkeit bzw. verschiedenen Teilöffentlichkeiten ab. Es geht darum, die Kommunikation geplant, systematisch und überprüfbar zu gestalten. Hierbei handelt es sich um einen langfristigen und kontinuierlichen Prozess. Dabei ist im Gegensatz zu manipulativer Kommunikation auf Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit ebenso zu achten wie auf eine Dialogorientierung. Das Ziel dieses Vorgehens liegt ganz allgemein in der Verbesserung der Beziehung zwischen den einzelnen Organisationen und den entsprechenden Bezugsgruppen, indem Verständnis und Vertrauen auf beiden Seiten aufgebaut werden. Diese grob formulierten Aspekte von Öffentlichkeitsarbeit werden im gesamten Verlauf dieser Arbeit immer wieder auftauchen und auch anhand von Public-Relations-Theorien begründet und vertieft.

Da die Öffentlichkeitsarbeit in der Sozialen Arbeit betrachtet wird, muss jedoch zuvor die Verbindung von Öffentlichkeit und Sozialer Arbeit dargestellt werden.

3. Soziale Arbeit und Öffentlichkeit

Die Thematik Öffentlichkeit und Soziale Arbeit wird im Fachdiskurs nur marginal behandelt (vgl. Hamburger 2002, S. 764; vgl. Schaarschuch 1999a, S. 37). Dies ist verwunderlich, denn „die Beziehung beider zueinander ist [...] keineswegs irrelevant für den gesellschaftlichen Status und die gesellschaftspolitische Reichweite des kollektiven Akteurs Sozialarbeit“ (Schaarschuch 1999a, S. 37; Auslassung: T.D.). Überdies lässt sich aus der Entwicklung der Öffentlichkeit die Entstehung von Öffentlichkeitsarbeit erklären (vgl. Liebert 1999, S. 93). Deshalb wird nun ganz allgemein der Begriff der Öffentlichkeit beleuchtet, um darauf aufbauend das Verhältnis von Öffentlichkeit und Sozialer Arbeit zu betrachten, so dass die Notwendigkeit zur Beschäftigung mit Öffentlichkeitsarbeit innerhalb der Sozialen Arbeit deutlich wird.

3.1 Öffentlichkeit

„Wer immer es unternimmt, dem Begriff Öffentlichkeit nachzuspüren, wird die Erfahrung machen, daß dieser recht häufig Verwendung findet, dabei semantisch recht unterschiedlich konnotiert ist, aber trotz Mehrdeutigkeit nur selten definitorische Erläuterung erfährt“ (Szyszka 1999, S. 9; im Original sind Hervorhebungen vorhanden: T.D.; vgl. Habermas 1990, S. 54).

Öffentlichkeit kann in zwei Dimensionen verstanden werden (vgl. Kleinsteuber 2002, S. 339). Die erste kennzeichnet den Sachverhalt der allgemeinen Zugänglichkeit eines Ortes (vgl. Habermas 1990, S. 54). Die zweite Dimension, und die ist hier von Interesse, fasst Öffentlichkeit als Begriff, enthält also präziser theoretische und wertende Aussagen (vgl. Kleinsteuber 2002, S. 339).

Ein Begriff lässt sich oft besser fassen, wenn man gleichzeitig das Gegenteil in die Erklärungen mit einbezieht, so auch der der Öffentlichkeit (vgl. Lappe 1989, S. 8). Öffentlichkeit kann als eine Sphäre verstanden werden, der der private Bereich gegenübersteht (vgl. Habermas 1990, S. 55). Während der private Bereich des Individuums und der Familie autonomer Kontrolle und persönlicher Entscheidungsfreiheit unterliegt, ist der öffentliche Bereich Kritik und Auseinandersetzung ausgeliefert, um allen privat-autonom konstituierten Subjekten die Teilhabe an der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung zu ermöglichen (vgl. Hamburger 2002, S. 758; vgl. Habermas 1990, S. 246). Der private Bereich ist jedoch staatsrechtlich bzw. verfassungsmäßig und somit öffentlich geschützt. Die Öffentlichkeit hingegen setzt, wie gerade ausgeführt, privat-autonome Subjekte voraus. Somit sind die beiden Sphären dialektisch aufeinander bezogen (vgl. Hamburger 2002, S. 758; vgl. Habermas 1990, S. 246).

Öffentlichkeit ist jedoch mehr als eine Sphäre unserer Gesellschaft. Durch sie wird auch ein politisch-moralischer Anspruch vertreten (vgl. Müller 1990, S. 147). Insbesondere wird die Öffentlichkeit als politische bei Habermas betrachtet, der damit eine „normativ angelegte Demokratietheorie“ (Habermas 1990, S. 38) anstrebt.

Ein solches Verständnis spiegelt sich auch in der Öffentlichkeitsdefinition von Richter wider:

„Öffentlichkeit ist in modernen Gesellschaften die gesellschaftliche Sphäre, in der sich grundsätzlich alle Privatleute als gleichwertige Bürger ungezwungen und ungehindert zu einem Publikum versammeln, ohne Vorbehalte über Angelegenheiten von allgemeinem Interesse diskutieren und eine öffentliche Meinung bilden können“ (Richter 2001, S. 1301).

Öffentlichkeit gab es schon immer. Hier sei verwiesen auf die attischen Redner, Predigten der christlichen Kultur im Mittelalter, die durch Streitgespräche und Flugblätter sich vollziehende Reformation, das Theater und die Herolde des Absolutismus und die Zeitungen des frühen Bürgertums im 17. Jahrhundert (vgl. Faulstich 1999, S. 67ff.). Es ist jedoch auch zu bedenken, dass es Öffentlichkeit nur als solche und nicht als Gegenpol zur Privatheit gab, da sich die Trennung dieser Bereiche im modernen Sinne erst im Bürgertum vollzog (vgl. Liebert 1999, S. 96).

Der Begriff „Öffentlichkeit“ entstand somit in Deutschland erst während des 18. Jahrhunderts, wobei man darunter ganz im Sinne des ursprünglich lateinischen Ausdrucks „publicum“ (vgl. frz. Publicité, engl. Publicity) die jeweilige Hofgesellschaft und das „gebildete Bürgertum“ verstand (vgl. Habermas 1990, S. 55; vgl. Thorun 1970, S. 21). Erst später weitete sich Öffentlichkeit gesellschaftlich aus, wobei dies zurückzuführen ist auf allgemeine Schulbildung, Ideale wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und das Drängen nach Demokratisierung (vgl. Thorun 1970, S. 21). Die entscheidende Wende erfuhr der heute herrschende Begriff also durch die Aufklärung (vgl. Rühl 1993, S. 95).

Spätestens seit den Protestbewegungen der 68er ist der Kampf um Öffentlichkeit für das praktische politische Handeln notwendig geworden. Öffentlichkeit zeigt sich als immer wieder zu erkämpfendes Gut (vgl. Marchal/Spura 1981, S. 52). Hierbei wurde sie als der Ort gesehen, der es ermöglicht, Verelendungs- und Ausbeutungsprozesse zu artikulieren und so soziale Rechte einzuklagen und gerechte Lebensbedingungen zu definieren (vgl. Hamburger/Otto 1999, S. 7).

Es wird deutlich, dass das Öffentlichkeitsverständnis keiner Allgemeingültigkeit folgt, sondern, dass es Öffentlichkeit und auch öffentliche Meinung nur als historisch erfahrene und künftig erwartbare Konzeptionen gibt, „die zu bestimmten sozialen, politischen, wirtschaftlichen und anderen Zusammenhängen, kurz zu besonderen Gesellschaften ins Verhältnis zu setzen sind“ (Ronneberger/Rühl 1992, S. 193).

Auch Soziale Arbeit „ist nur denkbar und vollziehbar in unmittelbarer Relation zu einer konkreten gesellschaftlichen Situation“ (Bäuerle 1970, S. 43). Somit sind Soziale Arbeit und Gesellschaft bzw. Öffentlichkeit aufeinander bezogen (vgl. ebd.). Im Folgenden wird nun versucht, diesen Zusammenhang zu verdeutlichen.

3.2 Zum Verhältnis Soziale Arbeit und Öffentlichkeit

Folgt man den oben gegebenen Definitionen und Erläuterungen zu Öffentlichkeit, lässt sich zusammenfassend anführen, dass unter Öffentlichkeit

„ein ausdifferenziertes Kommunikationssystem verstanden [wird], dessen Funktion darin besteht, zwischen den Meinungen und Interessen der Bürger und der kollektiven Akteure einer Gesellschaft einerseits und dem politischen System andererseits zu vermitteln“ (Gerhards/Neidhardt 1990, S. 1; Änderung: T.D.).

Somit ist es, wie ebenfalls bereits dargestellt, für gesellschaftliches und politisches Handeln offensichtlich ein wichtiges Ziel, die Öffentlichkeit für sich zu gewinnen (vgl. a.a.O., S. 3). Dies trifft infolgedessen auch auf die Soziale Arbeit zu, die ihren Ort zwischen Staat, Markt und gesellschaftlicher Selbstorganisation hat und sich somit als „intermediäre Instanz“ zu jenen Bereichen – als ihre Öffentlichkeiten – in Beziehung setzen muss (vgl. Müller 1993, S. 15). Öffentlichkeit selbst ist hier ebenfalls als „intermediäres System [...], das zwischen dem politischen System einerseits und den Bürgern und den Ansprüchen anderer Teilsysteme der Gesellschaft vermitteln soll“ (Gerhards/Neidhardt 1990, S. 12; Auslassung: T.D.) zu betrachten.

Hierbei kann eine einzelne soziale Organisation als solches Teilsystem gesehen werden, ebenso kann aber auch von der gesamten Sozialen Arbeit in Form sozialer Hilfe als „Funktionssystem der Gesellschaft“ (Baecker 1994, S. 93; vgl. Hillebrandt 2002, S. 223) ausgegangen werden.

Soziale Arbeit muss sich der Erkenntnis stellen, dass das Bezugssystem Adressat – Soziale Arbeit – Anstellungsträger (öffentlich oder frei) um einen vierten Faktor, den der Öffentlichkeit, erweitert werden muss und dass dieser vierte Faktor die eigene Tätigkeit und deren Erfolg direkt tangiert (vgl. Marchal 1980, S. 326).

Die Öffentlichkeit ist

„kein exklusiver Ort, keine abgesonderte Sphäre des politischen Räsonnements, sondern Bestandteil einer jeden staatlichen Institution, also auch der Institutionen des Sozialstaates und der Einrichtungen der Sozialen Arbeit“ (Schaarschuch 1999a, S. 45).

Dies liegt darin begründet, dass die Soziale Arbeit selbst komplex strukturiert ist, aus Organisationen, Institutionen, Akteuren und Prozessen besteht und sich auf Staat und Gesellschaft, also die Öffentlichkeit bezieht (vgl. Hamburger 2002, S. 761).

Sowohl Veränderungen in der Gesellschaft als auch Veränderungen in der Sozialen Arbeit bedingen sich gegenseitig. Wo sich aber Soziale Arbeit ganz oder teilweise entwickelt und wandelt, erzeugt sie eine Spannung zu ihrem Umfeld. Ebenso treten Spannungen auf, wenn die Umwelt und Gesellschaft sich ändern, ohne dass die Soziale Arbeit sich ändert. Der Sozialen Arbeit kommt so die Aufgabe zu, einen Beitrag zur Minderung solcher Spannungen zu leisten, denn nur dann kann sie weiterhin ungehemmt und ungehindert wirken. Damit dies gelingt, muss die Soziale Arbeit deutlich erklären, wie sie ihre Aufgaben definiert, wie sie handeln möchte und welche Bedingungen gegeben sein müssen (vgl. Bäuerle 1970, S. 39f.).

So gesehen kann Öffentlichkeit als der soziale Ort verstanden werden, an dem festgelegt und durchgesetzt wird, was als Norm, Konformität und Abweichung gilt, so dass sich dort auch das Bewusstsein für die Notwendigkeit und Adäquatheit von sozialen Hilfen und auch Rechten bildet (vgl. Hamburger 2002, S. 764). Öffentlichkeit ist eine notwendige Ressource, die für die sozialen Belange aktiv hergestellt und gepflegt werden muss (vgl. Luthe/Schaefers 2000, S. 203). Es ist also davon auszugehen, dass sie das Handlungsfeld der Sozialen Arbeit vorstrukturiert, „indem sie Werte, Einstellungen, Orientierungen und Haltungen gegenüber den sozialen Diensten, den Professionellen und den Adressaten der Dienste transportiert“ (Flösser 1994, S. 46). Diese Behauptung wird in der später folgenden Methodenreflexion, insbesondere in einem Abschnitt über die Rahmenbedingungen methodischen Handelns, noch weiter zu untermauern sein (vgl. Abschnitt 5.1 Öffentlichkeitsarbeit und die Rahmenbedingungen der Sozialen Arbeit).

Inwieweit die Soziale Arbeit im Laufe der Zeit dieser Erkenntnis Rechnung getragen hat und wie sich infolgedessen die Einstellung zur Öffentlichkeit gewandelt hat, wird im folgenden Abschnitt beleuchtet.

3.3 Der Wandel in der Einstellung zur Öffentlichkeit in der Sozialen Arbeit bzw. Geschichte der Öffentlichkeitsarbeit in der Sozialen Arbeit

Zur Geschichte der Öffentlichkeitsarbeit und Public Relations gibt es eine Vielzahl von Aufsätzen, Aufsatzsammlungen und Monographien (z.B. Barthenheier 1982; z.B. Szyszka 1997; z.B. Kunczik 1997), weshalb es überflüssig ist, diese hier im Detail auszuarbeiten. Zur Geschichte der Öffentlichkeitsarbeit in der Sozialen Arbeit gibt es jedoch sehr wenig Material, so dass hier der Versuch unternommen wird, nicht ein lückenloses Bild dieser Geschichte zu zeichnen, aber zumindest die wichtigsten Entwicklungen aufzuzeigen.

Vorreiter der Öffentlichkeitsarbeit im sozialen Bereich

Da der Begriff Public Relations erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den USA geprägt wurde und in Deutschland erst nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert wurde, bleibt offen, inwieweit bereits zuvor angewandte Methoden im gleichen Sinne einzuordnen sind. Auch im sozialen Bereich gab es solche Vorläufer. Häufig wird z.B. Johann Hinrich Wichern genannt, der bereits Mitte des 19. Jahrhunderts

„unter systematischer Nutzung eines heute der Öffentlichkeitsarbeit zugeordneten Instrumentariums – persönliche Beziehungspflege, Pressearbeit, öffentliche Darlegung der Interessen, Signet, eigenes Mitteilungsblatt – [...] über soziale Grenzen hinweg Unterstützung bei Aufbau und Etablierung“ (Döring 1997, S. 277; Auslassung: T.D.; vgl. Hamburger 2002, S. 756f.)

des Rauhen Hauses und beim Aufbau der Inneren Mission fand. Hierbei bezog Wichern die Öffentlichkeit nicht nur bewusst in die Pläne ein, sondern er rechnete auch mit der öffentlichen Diskussion und pflegte umfangreiche Kontakte zu gesellschaftlich relevanten Multiplikatoren (vgl. Döring 1997, S. 287f.). Neben Wichern lassen sich noch einige wenige Gründer der Wohlfahrtspflege nennen, wie z.B. Bodelschwingh, William Booth, das Ehepaar Barnett oder Jane Adams (vgl. Müller 1990, S. 148). Im Großen und Ganzen waren sie und Wichern jedoch Vorreiter und zu ihrer Zeit Einzelkämpfer (vgl. Döring 1997, S. 289).

Zunehmendes Interesse an Öffentlichkeitsarbeit

Die Grundauffassung, dass Öffentlichkeitsarbeit notwendig ist, hat sich in der Sozialen Arbeit zumindest bis zur Nachkriegszeit sehr zögerlich durchgesetzt. Daran war maßgeblich die Vorstellung vom Wirken in der Stille beteiligt. In der Nachkriegsentwicklung, insbesondere bei berufspolitischen Auseinandersetzungen der Sozialarbeiter in Gewerkschaften und Berufsverbänden, traten dann allerdings gehäufter Bemühungen um gesellschaftliche Anerkennung und somit Aktivitäten zur Erschließung von Kommunikationswegen auf. Auch das Bewusstsein, dass man öffentliche Verantwortung trage, setzte sich zunehmend durch (vgl. Thorun 1987, S. 37).

Der „Urknall“ der breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit im Sozialwesen jedoch ist wohl auf die Bergneustädter Gespräche zu datieren (vgl. Pfannendörfer 1995, S. 27). Nach etlichen Anstößen auf verschiedenen Ebenen in den 50er und 60er Jahren veranstaltete das Bundesministerium des Innern, das damals noch für Jugendhilfe und Sozialarbeit zuständig war, 1969 in Bergneustadt eine Seminarwoche zum Thema „Öffentlichkeitsarbeit in der Sozialarbeit“. Hierbei waren rund 60 sachverständige Vertreter von Jugend- und Sozialbehörden, von Wohlfahrts- und Fachverbänden und von Presse, Hörfunk und Fernsehen an verschiedenen Referaten und Diskussionen zum Thema beteiligt und fassten die Ergebnisse dieser Tagung in 15 Thesen zusammen (vgl. Thorun 1987, S. 37; vgl. Pfannendörfer 1995, S. 27). Diese heute noch Gültigkeit beanspruchenden Thesen werden an dieser Stelle nicht im Einzelnen wiedergegeben, finden aber im weiteren Verlauf der Arbeit an gegebenen Stellen Beachtung und werden der Vollständigkeit und Übersichtlichkeit wegen im Anhang als Ganzes angeführt (Anhang 1).

Im darauf folgenden Dritten Jugendbericht (1972) wurde die Dringlichkeit von gezielter Öffentlichkeitsarbeit besonders hervorgehoben, um die gesellschaftliche Randstellung der Jugendhilfe zu bearbeiten und darauf hinzuweisen, dass die Jugendhilfe ein wichtiges Teilstück des institutionalisierten gesellschaftlichen Sozialisationsprozesses darstellt (vgl. Thorun 1973, S. 30). Dies gab einen Anstoß, der auf verschiedenen Tagungen und Fortbildungen immer wieder zum Thema Öffentlichkeitsarbeit führte und schließlich sogar die Gründung eines Fachausschusses für Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge nach sich zog (hierzu und zu weiteren prägnanten Eckdaten vgl. Thorun 1987, S. 37ff.).

Von der Skandalisierung zur Sachlichkeit

Aber auch bereits zu dieser Zeit gab es Fachleute, die darauf hinwiesen, dass schon immer Öffentlichkeitsarbeit betrieben wurde, wenn man sie auch nicht so nannte. Allerdings war diese Öffentlichkeitsarbeit hauptsächlich vom Ton der Anklage und des Moralisierens gefärbt (vgl. Neises 1973, S. 35). Diese Skandalisierung war eine beliebte und häufig angewandte Strategie. Es wurde die Meinung vertreten: „Ein Skandal [...] kann eine Menge Mühe ersparen“ (Fröhlich 1973, S. 38; Auslassung: T.D.). Man hoffte, auf solchem Wege leichter öffentliche Empörung und somit Veränderungsdruck auf die Politik zu erreichen (vgl. Schaarschuch 1999a, S. 38). Dem lag die Vorstellung zugrunde, dass sensationell aufgeheizte Berichte und Artikel größere Chancen zur Veröffentlichung und gleichzeitig auch größere Chancen hatten, wahrgenommen zu werden (vgl. Michaely 1973, S. 8). Die Vertreter der Sozialen Arbeit sahen sich selbst als politisch Diskriminierte, die für sozial Schwache kämpften (vgl. Wibelitz 1992, S. 149). So versah man öffentliche Gebäude mit Aufklebern mit der Aufschrift „Prädikat behindertenfeindlich“, weil sie für Rollstühle unzugänglich waren oder forderte von Bürgern, Bordsteine niederzureißen, um an nicht eingelöste Versprechen von Stadträten zu erinnern. Dabei spielte die Presse eine eher sekundäre, begleitende Rolle gegenüber gut vorbereiteten spektakulären Aktionen (vgl. Schmidt 1978, S. 22). Im Verlauf der 70er Jahre wurde jedoch das Vertrauen in die Skandalisierungsstrategie erschüttert (vgl. Hamburger 2002, S. 764). Nach und nach kam man so zu der Erkenntnis, dass statt mit Moralisieren mit rationalen Argumenten gearbeitet werden muss (vgl. Neises 1973, S. 35) und dass Sachlichkeit auf die Dauer der Sache mehr dient als Effekthascherei und Skandale (vgl. Fröhlich 1973, S. 38). Auf sachlichem Wege sei mehr Verständnis zu erwarten, als durch Parteinahme, die eher Widerstand hervorrufe (vgl. Neises 1973, S. 35). Solches Vorgehen wird wohl eher als Anfeindung verstanden, während sachliche Information und Erklärung eine Vorstellung von Gemeinsamkeit und Akzeptanz hervorrufen.

Von der Medienfeindlichkeit zum Medieninteresse

Weitere Einstellungsänderungen sind gegenüber dem Medienwesen zu beobachten. Lange Zeit zeigte die Soziale Arbeit eine Abneigung gegen bzw. „einen Horror vor Massenmedien“ (Rothermehl 1973, S. 41) und die Medienwelt wurde generell als der Sozialen Arbeit feindlich und abweisend gesinnt betrachtet (vgl. Wibelitz 1992, S. 149). Auf der einen Seite lieferte sie den Medien selbst kaum etwas, was sie hätten verarbeiten können, auf der anderen Seite echauffierte sie sich, wenn dann publizistische Darstellungen nicht dem eigenen Bild von Sozialer Arbeit entsprachen. Aus dieser verwehrenden Haltung resultierte dann auch ein grobes Unwissen über Vorgänge und Begriffe innerhalb der Medien und die Unfähigkeit, selbst ansprechende und verständliche Texte zu formulieren. Die eigene „Unfähigkeit und Trägheit, mediengerecht zu informieren und zu reagieren“ (Thorun 1973, S. 31), wurde dann hinter Klagemauern über Journalisten und Presse versteckt (vgl. ebd.), was schließlich wohl zu einer noch größeren Ablehnung führte. So wurde im Fachdiskurs bis Ende der 70er Jahre immer wieder gefordert, dass die Soziale Arbeit statt alleine die Medien verantwortlich zu machen, sich selbst kritisch fragen solle, wie sie selber dazu beitragen kann, dass Projekte und Einrichtungen ihren Vorstellungen entsprechend publik gemacht werden (vgl. Rahner 1978, S. 3). Dazu wurde verlangt, sich mit journalistischen Regeln vertraut zu machen und mehr Kooperationsbereitschaft mit Presse und anderen Medien zu zeigen (vgl. Schmidt 1978, S. 22; vgl. Boffo 2000, S. 315; vgl. Bergneustädter Thesen zitiert nach Pfannendörfer 1995, S. 29). Dieses Bemühen überhaupt die Ablehnung gegen die Medien zu überwinden und die stetige Weiterentwicklung der Medienlandschaft führten dazu, dass Soziale Arbeit nun zunehmend erkannte, welche Bedeutung die Medien haben. Dies äußert sich unter anderem in dem Aufkommen von Teil- und Subdisziplinen wie Medienpädagogik. Es wurde zunehmend eingesehen, dass der Verzicht auf Zusammenarbeit mit den Medien ein Verzicht auf Öffentlichkeit schlechthin bedeuten würde (vgl. Marchal/Spura 1981, S. 188). Infolgedessen steht nun nicht mehr die Legitimation der Beschäftigung mit Medien, sondern bereits ein Schritt weiter die Auseinandersetzung mit Fragen nach der adäquaten Aufbereitung von Themen im Vordergrund. Es wird die Frage gestellt: „Wie muss Pressearbeit aussehen, damit die Medien etwas mit ihr anfangen können?“ (Tschepe 1993, S. 32). Dabei werden nicht nur die Druckmedien bedacht, sondern es wird sich auch mit Fernsehen, Hörfunk, offenen Kanälen und multimedialen Angeboten wie dem Internet auseinandergesetzt (z.B. Neises 1990; z.B. Bartscher/Herding 1990).

Weitere Änderungsperspektiven

Trotz der hier geschilderten Änderungen im Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit erfolgt immer noch eine Rückschau der Praxis, aus der sich neue Änderungsperspektiven ergeben. Es wird z.B. aufgezeigt, dass Öffentlichkeitsarbeit noch häufig mit herkömmlicher Pressearbeit gleichgesetzt wird, dass sie aber noch nicht überall als strategisches Kommunikationsinstrument gesehen wird. Von diesem eindimensionalen Verständnis der Öffentlichkeitsarbeit muss sich das nun in der Sozialen Arbeit vorgeschlagene Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit wegbewegen, indem sie zunehmend als Organisation der Kommunikation oder als Kommunikationsmanagement verstanden werden muss (vgl. Puhl 1998, S. 67). Dies wurde mit der Gleichsetzung der Begriffe im vorherigen Kapitel bereits unterstrichen. Es wird zunehmend bedeutsam, dass Öffentlichkeitsarbeit mehr ist als sich „draußen“ zu zeigen „um mehr Mittel und Nachbesserung zu fordern – oder um in der frischen Luft vorbeiziehender sozialer Bewegungen etwas Sauerstoff zu tanken“ (Wendt 1987, S. 39), sondern dass auch eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeit gefordert ist. Dies wird später in einem Abschnitt über Öffentlichkeitsarbeit und Handlungskompetenzen noch einmal herausgearbeitet (vgl. Abschnitt 6.4 Öffentlichkeitsarbeit und Handlungskompetenzen).

Trotz der bisher dargestellten Einsichten gibt es dennoch einige Punkte, die bis heute nicht genug Berücksichtigung finden und die deshalb hier besonderer Erwähnung bedürfen.

Immer noch mangelt es Vertretern der Sozialen Arbeit anscheinend an dem notwendigen Selbstbewusstsein zu offensiver und langfristiger Lobbypolitik, so dass „eher der Druck von außen Veränderungen einfordert, als daß eigene Konzepte ‚rechtzeitig‘ umgesetzt werden“ (Straub 1999, S. 52). Soziale Arbeit leistet selten von sich aus Beiträge in den Medien oder liefert Anstöße zu neuen Themen (vgl. a.a.O., S. 53). Sie geht nur bei gegebenen Anlässen an die Öffentlichkeit, lässt sich von der massenmedialen Öffentlichkeit unter Legitimationsdruck setzen und nimmt somit im Gegensatz zur offensiven Skandalisierung eine eindeutig defensive Position ein (vgl. Schaarschuch 1999a, S. 38f.). So kann insgesamt festgestellt werden, dass Soziale Arbeit zwar die vollkommen ablehnende Haltung gegenüber den Medien abgelegt hat, aber dennoch so gut wie gar nicht beteiligt ist an der Bildung der öffentlichen Meinung (vgl. Straub 1999, S. 54). Das liegt daran, dass ihr zu gewissen Teilen ein Bewusstsein für die Entstehung öffentlicher Meinung auf dem Wege der Massenmedien fehlt, so dass auch darauf kurz eingegangen werden muss.

3.4 Öffentlichkeit als massenmediale Öffentlichkeit

Öffentlichkeit als Kommunikation

Eine Kritik an Habermas und somit an der eingangs skizzierten Vorstellung von Öffentlichkeit liegt an der ausdrücklichen und unumstößlichen Normativität (vgl. Stöber 1999, S. 90). Insofern bietet es sich an, für eine weitere Untersuchung die normativen Aspekte vorerst auszuklammern. So wird deutlich, dass Öffentlichkeit sich ganz allgemein im Gespräch konstituiert (vgl. Habermas 1990, S. 56). Diese kann also als „eine besondere Art der Kommunikation“ (Ronneberger/Rühl 1992, S. 58) bzw. „als ein spezifisches Kommunikationssystem, das sich gegenüber anderen Sozialsystemen abgrenzt“ (Gerhards/Neidhardt 1990, S. 15) betrachtet werden.

Daher erfordert eine Beschäftigung mit Öffentlichkeit und Öffentlichkeitsarbeit auch eine Auseinandersetzung mit Kommunikation (vgl. Arlt 1999, S. 185).

Kommunikation wird von dem lateinischen „communis“, was soviel wie „gemeinsam“ bedeutet (vgl. Robinson 1964, S. 162) oder aus dem lateinischen „communicatio“ mit der Übersetzung „Verbindung/Mitteilung“ (Börner 1998, S. 11) abgeleitet. Somit wird unter Kommunikation im weitesten Sinne Gemeinsamkeit und Verständigung durch die Übermittlung von Informationen subsumiert (vgl. Oeckl 1976, S. 103). Alle hier geschilderten Aspekte sowie die Gleichsetzung von Öffentlichkeit mit Kommunikation sind in der folgenden Definition enthalten:

„Die kommunikative Handlung ist im Kern eine Mitteilung, welche auf einer Information des Absenders beruht, die dieser mittels Medien, z.B. des Rauchs, der Sprache oder eines Fernsehapparats, transportabel und mittels Zeichen, z.B. Lauten oder Buchstaben, für den Adressaten wahrnehmbar macht. Die Mitteilung kann für sich genommen keinen Kommunikationsakt begründen. Ohne daß die Mitteilung den Adressaten erreicht, er ihr Aufmerksamkeit schenkt und sie versteht, kann Kommunikation nicht stattfinden. Kommunikation konstituiert sich nicht schon über die mitgeteilte, sondern erst über die geteilte Information. Jede geteilte Information kann als öffentlich gelten, weil sie mehr als einem Menschen bekannt ist; deshalb kann die Mitteilung auch als eine Veröffentlichung bezeichnet werden“ (Arlt 1999, S. 185).

Verschiedene Formen der Kommunikation

Demzufolge ist Öffentlichkeit ein System, das keine klare Mitgliedschaft erfordert, sondern prinzipiell kann jeder Publikum sein. So kann Öffentlichkeit bzw. Kommunikation sowohl mit Anwesenden als auch auf massenmedialem Wege mit Abwesenden stattfinden (vgl. Gerhards/Neidhardt 1990, S. 16). Öffentliche Kommunikation schließt also auch den „Austausch zwischen Fremden“ (Sennett 1983, S. 33) ein. Dadurch ist zwar die Reichweite und Allgemeinheit der öffentlichen Kommunikation gegeben, aber gleichzeitig wird das Informations- und Argumentationspotential eingeschränkt. Die Erwartungen von Unbekannten sind zu berücksichtigen und miteinzukalkulieren, was den Erfolg von Öffentlichkeitsarbeit unter bestimmte Voraussetzungen stellt (vgl. Gerhards/Neidhardt 1990, S. 16).

Öffentlichkeit findet also auf verschiedenen Ebenen statt. Gerhards und Neidhardt spezifizieren im Groben drei Ebenen: einfache Interaktionssysteme, öffentliche Veranstaltungen, die als thematisch zentrierte Interaktionssysteme betrachtet werden und letztendlich die Massenmedienkommunikation. Letztere ist diejenige, die sich in unseren modernen Gesellschaften am folgenreichsten vollzieht (vgl. a.a.O. 19ff.; vgl. Richter 2001, S 1301). Weil für die Soziale Arbeit zum großen Teil Kommunikationssysteme unterhalb der Medienebene relevant sind (vgl. Hamburger/Otto 1999, S. 13), verkennt sie oftmals die Bedeutung der Medienöffentlichkeit. Deshalb ist es bei der Beschäftigung mit Öffentlichkeit und Öffentlichkeitsarbeit auch für die Soziale Arbeit notwendig, sich mit Massenmedien zu beschäftigen, denn durch sie kann Öffentlichkeit den für die Soziale Arbeit wichtigen diskursiven und identitätsbildenden Charakter verlieren (vgl. Richter 2001, S. 1301). So ist es notwendig, sich mit Kommunikationsmodellen der Medienwirkungsforschung auseinander zu setzen.

Kommunikationsmodelle der Medienwirkungsforschung

Das zu Beginn dargelegte liberale Verständnis von Öffentlichkeit entspricht dem sogenannten Kaffeehausmodell. Demnach bestünden Funktion und Wirkung der Medien lediglich in der ungefilterten Weitergabe von Themen an die Öffentlichkeit, die dann demokratietheoretisch unabhängig darüber räsoniere und diskutiere. Es ist jedoch zu bedenken, dass diese Vorstellung zu einseitig und harmlos ist (vgl. Vollbrecht 2001, S. 101). Vielmehr haben sich nach und nach verschiedene Modelle und Ansätze entwickelt, nach deren Ansicht die Medien nicht zur politischen Willensbildung der Bürger beitragen, sondern als je nach Ansatz unterschiedlich mächtige Instrumente zur Beeinflussung betrachtet werden. Hierbei gibt es Ansätze wie die Simulationstheorie oder konstruktivistische Ansätze, die davon ausgehen, dass die Medien eigene Wirklichkeiten konstruieren und bestimmen würden und somit selbst Bestandteil von politischen Prozessen seien (vgl. a.a.O., S. 123ff. und S. 141). Nicht ganz so weit gehen systemtheoretische Modelle, denen zufolge Medien mit dem Code Information/Nichtinformation operieren, was jedoch ebenfalls einen Manipulationsverdacht nahe lege, da diese Leitdifferenz die Realitätssicht beeinflusse, ohne dass klärende Interaktionen unter Anwesenden stattfänden (vgl. a.a.O., S. 146ff.). Die Agenda-Setting-Hypothese spricht den Medien einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Meinung zu, indem sie die zu diskutierenden Themen einbringen und vorgeben. Demnach werde in der Gesellschaft nur über Themen diskutiert, die über die Medien verbreitet werden (vgl. a.a.O., S. 127ff.). Ähnlich beschreibt das Konzept der Schweigespirale eine Vorstellung, innerhalb derer die Medien eine öffentliche Meinung schüfen, indem sie bestimmte Standpunkte als Mehrheitsmeinung suggerieren (vgl. a.a.O. 126f.). Diese Vorstellungen werden noch verschärft, wenn man der Konformitätsthese materialistischer Medientheorien wie z.B. der Frankfurter Schule folgt. Danach werde auch durch unterschiedliche Anbieter von Medien und unterschiedliche Zeitungen und Fernsehprogramme keinerlei Meinungsvielfalt widergespiegelt, sondern vielmehr würden durch wachsende Monopolisierungen der Produktionsmittel auch die unterschiedlichen Kulturwaren qualitativ homogener, wobei der Anschein von Konkurrenz und Auswahlmöglichkeiten fälschlicherweise gewahrt werde (vgl. Vollbrecht 2001, S. 120; vgl. Chill/Meyn 2000a, S. 37).

Neben diesen hier kurz skizzierten Ansätzen gibt es noch eine Vielfalt weiterer Ansätze, die z.B. den Rezipienten eine aktivere Rolle an der Entstehung von Medieninhalten zusprechen oder über Meinungsführerschaften auf die Rolle der zwischenmenschlichen Beziehungen im Wirkungsprozess der Medien verweisen (vgl. zu verschiedenen Ansätzen Vollbrecht 2001, S. 100-156; vgl. Merten 1994, S. 291ff.; vgl. Pfannendörfer 1995, S. 114ff.). Es ist also davon auszugehen, dass die Wirkungen der Massenmedien in einem komplizierten Prozess gründen, wobei zahlreiche Faktoren sich gegenseitig beeinflussen (vgl. Chill/Meyn 2000b, S. 44).

Soziale Arbeit und Medienwirkung

Dennoch können die oben angedeuteten Vorstellungen für die Soziale Arbeit bedeutsam sein. Wenn es der Sozialen Arbeit nicht gelingt, ihre Themen so darzustellen, dass sie von den Medien aufgegriffen und verbreitet werden, werden die Themen und Probleme in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen und diskutiert. Als Beispiel dafür liefert Straub die Kinder- und Jugendberichte. Dort werden, wie für Jugendberichte üblich, Sozialexperten um eine Stellungnahme gebeten, aber ihre Analysen werden im Endeffekt doch nicht für eine neue Akzentsetzung in der Politik aufgenommen und von den Auftraggebern der jeweiligen Regierungen auch in der Öffentlichkeit nicht wie intendiert dargestellt. Selbst wenn die Ergebnisse in Expertenkreisen aufgenommen und diskutiert werden, finden sie in der breiten Öffentlichkeit und bei politischen Entscheidungsträgern kaum Beachtung. So wurde beispielsweise im Zehnten Jugendbericht auf eine wachsende Kinderarmut verwiesen. Von Seiten der Regierungen wurde diese Behauptung vehement zurückgewiesen, dementsprechend mehrfach in den Medien präsentiert und dem Agenda-Setting-Ansatz folgend, so in der Öffentlichkeit wahrgenommen, dass die eigentlichen Anliegen des Berichts, sozial- und familienpolitische Änderungen, nicht beachtet worden sind (vgl. Straub 1999, S. 55f.).

Hierbei ist im Zusammenhang mit sozialen Themen und Problemen ein weiteres Modell zu nennen, das „Bottom-Up/Top-Down“-Modell. Der „Bottom-Up“-Vorstellung folgend werden von unten, von Bürgern und sozialen Bewegungen Impulse geliefert, so dass Themen öffentliche Resonanz finden. Nach dem „Top-Down“-Modell wird von oben nach unten durch politische Eliten ein Thema vorgegeben (vgl. a.a.O., S. 53). Soziale Arbeit hat demnach zwei Möglichkeiten, sich am öffentlichen Diskurs für ihre Fragestellungen einzusetzen. Sie kann nach dem „Bottom-Up“-Prinzip selbst Themen in die Debatte einbringen, was aufgrund mangelnder Lobby und Besetzung von Schlüsselpositionen nicht einfach ist. Dennoch bleibt die zweite Möglichkeit, bei „Top-Down“-initiierten Debatten einzugreifen. Denn gerade da sind Stellungnahmen zu umstrittenen Themen gefordert. So könnte mittels versachlichender und kompetenter Beiträge in solche emotionalen Diskussionen eingegriffen werden und professionelle Standpunkte vertreten werden. Doch an dieser Stelle muss der Sozialen Arbeit ein Versäumnis attestiert werden, da sie in der Öffentlichkeit als „Arena der Konkurrenz“ (Hamburger/Otto 1999, S. 10) nicht vehement genug für ihre Themen eintritt (vgl. Straub 1999, S. 53; vgl. Luthe/Schaefers 2000, S. 202). Dabei ist auch zu bedenken, dass seltener einem normativen als einem instrumentellen Verständnis von Öffentlichkeit gefolgt wird. Es wird um die zur Verfügung stehenden Mittel diskutiert und nicht um fachliche Standards (vgl. Straub 1999, S. 53.; vgl. Hamburger/Otto 1999, S. 7).

So verwundert es nicht, dass auch in neuerer Zeit wieder stellenweise ein Ruf nach einer aktiven und aggressiven Öffentlichkeits- und Pressearbeit in Form von Skandalisierungen laut wird (vgl. Puhl 1997, S. 333 u. S. 338).

Es wird deutlich, dass Soziale Arbeit Öffentlichkeit über den finanziellen Aspekt hinaus betrachten muss und dass sie nicht umhinkommt, sich mit Theorien öffentlicher Kommunikation und der Medienwirkung auseinander zu setzen.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass es

„grobe Defizite in der Präsentation, in der nachvollziehbaren Transparenz und der öffentlichen Deutlichkeit der Sozialen Arbeit, also in einer nicht eingelösten Bringschuld der Sozialen Arbeit in der Arena der Öffentlichkeiten“ (Thiersch 1999, S. 127)

gibt. Da die öffentliche Meinung, wie oben aufgezeigt, wesentlich an den Bildern und Vorstellungen von Sozialer Arbeit beteiligt ist, hat diese defizitäre Haltung gegenüber Öffentlichkeitsarbeit auch in dieser Hinsicht Folgen, worauf nun näher eingegangen wird.

3.5 Das Bild der Sozialen Arbeit in der Öffentlichkeit

Insgesamt wird immer wieder festgestellt, dass die Soziale Arbeit sehr wenig an ihrem eigenen Image interessiert zu sein scheint (vgl. Straub 1999, S. 54). Sowohl empirisch gesichertes Wissen als auch Beiträge zu einer programmatischen Debatte zu diesem Thema finden sich nicht oft (vgl. Hamburger 2002, S. 764). Nach Skibas Arbeit zum „Fremdbild des Sozialarbeiters“ von 1972 (Skiba 1972) gab es lange Jahre keine umfassenden Untersuchungen mehr. 1993 wurde von der infas-Sozialforschung eine Untersuchung über die freie Wohlfahrtspflege durchgeführt (infas-Sozialforschung 1993), und die Bielefelder Untersuchungen von 1994 (Flösser 1994) setzten sich mit dem Imagewandel der Jugendhilfe und des Jugendamtes auseinander (vgl. Hamburger 2002, S. 764; vgl. Straub 1999, S. 54). Seit 1999 liegen jedoch Ergebnisse einer Studie vor, die 1997 vom Deutschen Berufsverband für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Heilpädagogik (DBSH) in Auftrag gegeben wurde und die sich mit dem Ansehen der Sozialen Arbeit in der Bevölkerung auseinandersetzt.

Hierbei wird deutlich, dass Soziale Arbeit zwar von 94% der Bevölkerung als wichtig angesehen wird (vgl. DBSH 1999, S. 11), dass aber diese Bedeutung nicht darin liegt, Rechte für benachteiligte Gruppen oder Minderheiten durchzusetzen oder allgemein als fachkompetente Experten bei sozialpolitischen Themen mitzubestimmen. Vielmehr geht es nach Ansicht der Befragten darum, Kriminalität und Konflikte zu verfolgen (vgl. a.a.O., S. 19f.). Die Soziale Arbeit diene also vielmehr der „Gefahrenabwehr“ von unangenehmen und lästigen Situationen und habe die Funktion, lästige Personengruppen vom Rest der Gesellschaft fern zu halten (vgl. Straub 1999, S. 55; vgl. Projektgruppe Öffentlichkeitsarbeit 1997, S. 31).

„Fachliche Ansprüche, die Heterogenität der Arbeitsfelder, methodische Vorgehensweisen sind dagegen kein Thema“ (Straub 1999, S. 55). Überdies wird Soziale Arbeit nicht als kontinuierliche und infrastrukturelle Leistung empfunden, sondern über einzelne Aktivitäten bestimmt (vgl. Straub 1999, S. 55; vgl. Projektgruppe Öffentlichkeitsarbeit 1997, S. 20). Insgesamt erscheint die Soziale Arbeit in der Medienberichterstattung nur ausschnittweise, wobei gerade die Aspekte von Fachlichkeit und Professionalität ausgeblendet werden (vgl. Straub 1999, S. 56.).

Der einerseits hoch eingeschätzte Idealismus wird schon lange auf der anderen Seite als antiquiert, den heutigen Erfordernissen nicht mehr angemessen, belächelt (vgl. Skiba 1972, S. 235; vgl. Straub 1999, S. 53). Soziale Arbeit wird als schlecht organisiert und dadurch den status quo der eigenen Arbeitsplätze sichernd beschrieben. Im besten Falle wird Soziale Arbeit als rührend aber veraltet angesehen (vgl. Thiersch 1999, S. 122). Daraus resultiert für sie eine umfassende Schwierigkeit, sich mit ihren Kompetenzansprüchen durchzusetzen. Welchen Stellenwert die Öffentlichkeitsarbeit hierbei erhalten kann, wird an späterer Stelle ausführlich diskutiert werden.

Für viele sind die Vertreter der Sozialen Arbeit die „junge(n) Leute mit langen Haaren, die immerzu verändern wollen, wo [...] doch alles eigentlich in Ordnung ist“ (Plünnecke 1973, S. 36; Auslassung: T.D.). Soziale Arbeit gleicht somit einem „schrulligen Don Quichotte des 20. Jahrhunderts“ (Rauschenbach 1999, S. 165), der seine Kräfte an falscher Stelle einsetzt und somit nicht das erreicht, was als Ziel gesetzt wird, wenn überhaupt konkrete Ziele festgelegt werden. Deshalb ist die Kenntnis des Selbst- und Fremdbildes der Sozialarbeit für eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit unabdingbare Voraussetzung (vgl. Bergneustädter Thesen zitiert nach Pfannendörfer 1995, S. 28; vgl. Abschnitt 6.4 Öffentlichkeitsarbeit und Handlungskompetenzen).

Die Darstellung der Sozialen Arbeit ist gekennzeichnet von individualisierenden und dramatisierenden Berichten über typische Klienten der Sozialen Arbeit und die Vergeblichkeit der sozialpädagogischen Bemühungen in diesem Zusammenhang (vgl. Hamburger 2002, S. 755). Hierbei ist beispielsweise auf die Thematik der Straßenkinder zu verweisen (vgl. Winkler 1999a, S. 64; vgl. Hansbauer 2000, S. 461). Auch die Berichte über missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen und über gewalttätige Jugendliche und „Monsterkids“ oder „Schreckenskinder“, wie z.B. der Fall „Mehmet“, zeichnen ein überaus negatives Bild der Adressaten Sozialer Arbeit (vgl. Hamburger 2002, S. 767; vgl. Winkler 1999b, S. 43; vgl. Cremer-Schäfer 2000, S. 88). Es ist jedoch zu beachten, dass es solche Berichte aus einem „Dramatisierungssog“ (Barz 2000, S. 8) der Medien resultieren, um Auflagen zu steigern und dort getroffene Feststellungen und Befunde einer Validitätsprüfung meist nicht standhalten (vgl. a.a.O., S. 17). Dennoch verfestigen sich dort geschilderte Bilder und münden in Klagen über Versäumnisse von Experten und Fachleuten (vgl. Winkler 1999a, S. 65). So erscheint Soziale Arbeit als Stütze für den „Sozialmüll“ und demnach überflüssig oder sogar gefährlich (vgl. Thiersch 1999, S. 121).

Das Fazit des Bildes der Sozialen Arbeit in der Gesellschaft lässt sich wie folgt ziehen: „Sozialpädagogik ist nicht besonders angesehen. Es fehlt ihr öffentliches Ansehen, es fehlen Anerkennung und Geld“ (Thiersch 1992, S. 235). Diese einfache Feststellung findet sich im ersten Abschnitt zu Thierschs Aufsatz über „Das sozialpädagogische Jahrhundert“. Mithin ist davon auszugehen, dass eine große Diskrepanz herrscht zwischen dem, was Soziale Arbeit leistet und dem, was in der Binnendiskussion, aber auch in der Öffentlichkeit, wahrgenommen und beurteilt wird. Dies wird im Begriff der „Aschenputtelprofession“ deutlich (vgl. Dewe/Otto 2001, S. 1400). Insofern ist das obige Urteil nicht zutreffend für die Soziale Arbeit, sondern vielmehr ist davon auszugehen, dass die Kritik als Indiz dafür zu sehen ist, „daß sie in der Darstellung ihrer Eigentümlichkeit und Leistungsfähigkeit undeutlich ist“ (Thiersch 1992, S. 235). Soziale Arbeit muss sich mit den ihr innewohnenden Paradoxien auseinandersetzen und sich ganz allgemein „schonungslos selbst befragen, was sie macht, warum sie das macht, wie sie es macht, und was sie bewirkt“ (Rauschenbach 1999, S. 165). Darin zeigt sich die Notwendigkeit der Öffentlichkeitsarbeit gleichzeitig mit den Ansatzpunkten und Grundfragen, die dafür beantwortet und erläutert werden müssen.

Auf einer Expertentagung der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH), bei der es um das Bild der Jugendhilfe in den Medien ging, waren sowohl Vertreter aus der Jugendhilfe als auch der Medien anwesend (vgl. Krause/Wiesner 1999, S. 1f.). Die zentrale These der Tagung besagt, dass die Berichte über Jugendhilfe in den Medien nicht bloßes Ergebnis journalistischer Arbeit sind, sondern dass sie als kommunikatives Produkt aller direkt und indirekt Beteiligten zu sehen sind (vgl. Gerstenberger 1999, S. 83). Dies lässt sich von der Jugendhilfe auf die gesamte Soziale Arbeit übertragen.

Die Kluft zwischen Selbstbild und dem hier skizzierten Fremdbild lässt darauf schließen, dass die Soziale Arbeit bestimmte Schwierigkeiten hat, sich bei der Erstellung dieses kommunikativen Produktes angemessen einzubringen und dass sie „ihre Erfolge und ihre gesellschaftliche Funktion über moralische und ethische Ansprüche hinaus gegenüber der Gesellschaft deutlicher machen muß als bisher“ (DBSH 1999, S. 21). Die Untersuchung des Deutschen Berufsverbandes für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Heilpädagogik hat ergeben, dass Soziale Arbeit eigentlich mit einer breiten Zustimmung und höheren Anerkennung rechnen kann, wenn sie ihre Botschaften in die Politik und in die Öffentlichkeit trägt (vgl. a.a.O., S. 4).

3.6 Zusammenfassung zum Kapitel Soziale Arbeit und Öffentlichkeit

Es wurde deutlich, dass Öffentlichkeit mit ihrem moralischen und politischen Anspruch wesentlich die Bedingungen und den Rahmen der Sozialen Arbeit mitbestimmt. Die „Öffentlichkeit als soziale Wirklichkeit“ (Hamburger 2002, S. 769) wird wiederum durch die wirklichkeitserzeugende Funktion der Medien beeinflusst. Es wird für soziales und politisches Handeln zunehmend notwendig, sich Präsenz in der Öffentlichkeit zu beschaffen.

Demgegenüber zeigte die Betrachtung des herrschenden Verhältnisses von Sozialarbeit und Öffentlichkeit, dass Soziale Arbeit noch kein fachliches Selbstverständnis entwickelt hat, mit dem es ihr gelingt, ihr „politisches Mandat“ in durchschlagende Strategien umzusetzen. Insgesamt wird über Öffentlichkeit als Kategorie Sozialer Arbeit zu wenig nachgedacht (vgl. Müller 1993, S. 16). Doch gerade für sie muss aufgrund der Kopplung von öffentlicher Meinung, politischer Meinungsbildung und Entscheidungsfindung Öffentlichkeitsarbeit zu einem notwendigen Betätigungsfeld werden (vgl. Hamburger 2002, S. 769). Dies wird auch deutlich, wenn die öffentliche Meinung mit ihren Forderungen nach Bestrafungen, schärferem Vorgehen, Geschlossener Unterbringung und das fachliche Selbstverständnis der Sozialen Arbeit als helfende und nicht strafende Instanz immer mehr auseinanderdriften (vgl. Hamburger/Otto 1999, S. 9; vgl. Hamburger 2002, S. 765). Geht man davon aus, dass Soziale Arbeit eine politische und eine gesellschaftliche Funktion übernimmt, ist die Einstellung der Gesellschaft und der Öffentlichkeit zur Sozialen Arbeit und zu einzelnen sozialen Institutionen ein integraler Bestandteil der Sozialen Arbeit. Nimmt sie diese Erkenntnis ernst, darf sie nicht ihr fachliches Wissen der Einstellung der Öffentlichkeit geringer Kritik wegen opfern, sondern muss sich weiterhin um eine vielseitige und wirksame Öffentlichkeitsarbeit bemühen (vgl. Bäuerle 1970, S. 65f.). Dabei kann es nicht ausreichen, Öffentlichkeitsarbeit „unter dem Gesichtspunkt von Marktgängigkeit in einem instrumentellen Modell“ (vgl. Hamburger/Otto 1999, S. 9) zu entwerfen.

Infolgedessen ist es unabdingbar, eine fachspezifische Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Dazu wird im nächsten Kapitel die Grundlage geschaffen, indem der Begriff der Handlungsmethoden erläutert wird und die theoretischen Grundlagen der Öffentlichkeitsarbeit auf die Soziale Arbeit bezogen werden.

4. Einordnung der Öffentlichkeitsarbeit im Verhältnis zu den Methoden und ihre theoretische Fundierung für die Soziale Arbeit

Um die Fragestellung zu beantworten, ob es sich bei der Öffentlichkeitsarbeit um mehr als eine Handlungsmethode Sozialer Arbeit handelt, ist es notwendig, sich damit auseinander zu setzen, was eine Handlungsmethode ausmacht und welche Stellung die Öffentlichkeitsarbeit innerhalb der Methoden innehat. Im Anschluss daran werden einige theoretische Grundlagen der Public Relations herausgestellt und in Beziehung zur Sozialen Arbeit gesetzt.

4.1 Handlungsmethoden der Sozialen Arbeit

4.1.1 Definition

Das Wort Methode stammt aus dem Griechischen und setzt sich zusammen aus metá (=nach, mit, zwischen) und hodós (=Weg), so dass méthodos so viel bedeutet wie „der Weg zu etwas hin“ (Schilling 1993, S. 65; vgl. Buchkremer 1995, S. 252; vgl. Hederer 1975, S. 16; vgl. Stimmer 2000, S. 22).

Eine ganz allgemeine Definition bestimmt Methode als „auf einem Regelsystem aufbauendes Verfahren, das zur Erlangung von [wissenschaftlichen] Erkenntnissen od. praktischen Ergebnissen dient“ (Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion 1990, S. 497). Also sind wissenschaftliche Forschungsmethoden, die den Weg zu wissenschaftlichen Erkenntnissen beschreiben, und Handlungsmethoden, die den Weg zu praktischen Ergebnissen vorgeben, zu unterscheiden (vgl. Galuske 2002, S. 29). In dieser Arbeit geht es um Öffentlichkeitsarbeit, die nach dieser Unterscheidung im Rahmen der Handlungsmethoden betrachtet wird, weshalb hier lediglich die Handlungsmethoden genauer betrachtet werden.

Galuske (a.a.O., S. 22f.) differenziert hierbei zwischen einem Methodenverständnis im engeren und im weiteren Sinne. Die engere Bedeutungszuschreibung beschränkt sich darauf, Methoden als bewusst gewählte Verhaltensweisen zur Erreichung bestimmter Ziele zu betrachten und Fragen nach der Begründung dieser Ziele auszuklammern. In diesem Zusammenhang verweist er auf den Sozialtechnologievorwurf, nach dem „eine Methodendebatte, die jenseits der Zielfrage angesiedelt ist, in der Gefahr steht, beliebige Technologien der Veränderung für beliebige Zielsetzungen zu entwickeln“ (a.a.O., S. 23). Das weitere Methodenverständnis demgegenüber verfolgt einen integrierten Methodenbegriff, bei dem auch die Problemlagen, Zielsetzungen und Rahmenbedingungen mit betrachtet werden (vgl. ebd.). Ausgehend von „Entwertungsritualen“ (Stimmer 2000, S. 12) durch Skeptiker und Methodenkritiker, die eine Routinisierung der Sozialen Arbeit durch Methoden befürchten (vgl. Martin 2001, S. 142), werden Methoden nicht als alleinige Technikbeherrschung verwandt. Methoden sind somit nicht als feste Techniken und Rezepte zu verstehen, sondern können erst verinnerlicht durch Einschau in deren theoretischen Hintergrund zum eigenen Werkzeug werden (vgl. Hoffmann 1963, S. 82). Daher wird in der Literatur oftmals eher von methodischem Handeln als von der Methode gesprochen, um zu verdeutlichen, dass es keine feststehenden Methoden gibt, sondern dass es darum geht, in einem Prozessverständnis immer wieder Rechenschaft darüber abzulegen, was man tun will (vgl. Hoffmann 1963, S. 82; vgl. Stimmer 2000, S. 22; vgl. Meinhold 2001, S. 366). Um einen sozialpädagogischen Blick zu bewahren, werden Methoden in der neueren Fachdiskussion nur als Teilaspekte von Konzepten – hier als umfassende Begründungszusammenhänge verstanden – betrachtet, „in denen Ziele, Inhalte und Wege in einen sinnhaften und argumentativ nachvollziehbaren Zusammenhang gebracht werden“ (Galuske 2003, S. 202). Als die gängigsten Modelle solcher Leitkonzepte, die den Rahmen für Methodenentwicklung und -verwendung bieten, nennt Galuske die Lebensweltorientierung nach Thiersch und die Subjekt- bzw. Dienstleistungsorientierung nach Schaarschuch (vgl. ebd.).

Inwieweit Leitkonzepte und Methoden umsetzbar sind, hängt davon ab, ob sie sich in die Handlungsbedingungen der Sozialen Arbeit einbetten lassen. Als diese besonderen Handlungsbedingungen müssen vor allem drei genannt werden: die Allzuständigkeit, die Schwierigkeit der Durchsetzung von Kompetenzansprüchen und die Abhängigkeit von staatlicher Steuerung (vgl. a.a.O., S. 202ff.).

Galuske hat unter Betrachtung all der bis hierher genannten Aspekte des methodischen Handelns und aus einer Vielzahl von Methodendefinitionen eine umfassende Definition geschaffen, die gleichzeitig einen konkreten Rahmen für eine Methodenreflexion bietet. Die Auswahl der nun folgenden Definition liegt also in der Eignung für das weitere Vorgehen innerhalb dieser Arbeit begründet:

„Methoden der Sozialen Arbeit thematisieren jene Aspekte im Rahmen sozialpädagogischer/sozialarbeiterischer Konzepte, die auf eine planvolle, nachvollziehbare und damit kontrollierbare Gestaltung von Hilfeprozessen abzielen und die dahingehend zu reflektieren und zu überprüfen sind, inwieweit sie dem Gegenstand, den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, den Interventionszielen, den Erfordernissen des Arbeitsfeldes, der Institutionen, der Situation sowie den beteiligten Personen gerecht werden“ (a.a.O., S. 28).

Die obige Definition beinhaltet eine planvolle Vorgehensweise beim methodischen Handeln. Darauf wird im Folgenden näher eingegangen.

4.1.2 Methodisches Vorgehen und Methodenkonzept

Das methodische Handeln zeichnet sich durch ein Prozessverständnis aus, welches durch den sogenannten methodischen Dreischritt strukturiert wird. Die Elemente dieses Dreischritts werden unterschiedlich festgelegt bzw. formuliert. Es wird beispielsweise unterteilt in Diagnose/Anamnese, Behandlungsplan/Umsetzung und Evaluation (vgl. Müller 1994, S. 15) oder auch in Fallstudie/Erhebung, Diagnose und Behandlung, wobei nicht streng nacheinander vorgegangen wird, sondern auch parallele Vollzüge denkbar sind (vgl. Krauß 1980, S. 309).

Betrachtet man jedoch z.B. diese beiden unterschiedlichen Vorschläge zur Unterteilung des methodischen Dreischritts, wird deutlich, dass unterschiedliche Akzente gesetzt werden und sich unter Umständen mehr als drei Schritte daraus extrahieren lassen. So kann auch eine differenziertere Unterteilung der Schritte vorgeschlagen werden: Analyse der Rahmenbedingungen, Aufgaben- und Problemanalyse, Zielentwicklung, Planung, Evaluation (vgl. Spiegel 2002, S. 593; ähnliche Unterteilung bei Brack 1997, S. 642).

Im ersten Schritt, der Analyse der Rahmenbedingungen, erfolgt eine Untersuchung des Arbeitsbereiches im Hinblick auf zu erfüllende Erwartungen aus der Sicht von Kommunalpolitik, Trägern und insbesondere relevanten Beteiligten unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben. Hierbei ist auch darauf zu achten, welche materiellen und personellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Die so ermittelten Informationen dienen dazu, auf allen Handlungsebenen die eigene Rolle zu definieren, die Zuständigkeit zu klären und Ansatzpunkte für Aktivitäten zu finden.

[...]

Fin de l'extrait de 161 pages

Résumé des informations

Titre
Öffentlichkeitsarbeit - mehr als eine Handlungsmethode professioneller Sozialer Arbeit?
Université
University of Trier
Note
2
Année
2003
Pages
161
N° de catalogue
V47009
ISBN (ebook)
9783638440684
Taille d'un fichier
925 KB
Langue
allemand
Annotations
Es bietet sich an, Öffentlichkeitsarbeit als eine Handlungsmethode in der Sozialen Arbeit zu betrachten, da diese als 'Mittel professioneller Stil- und Identitätsbildung' (Schumann 1994a, S. 41) die Betrachtung eines Gegenstandes, also hier der Öffentlichkeitsarbeit, aus ganz fachspezifischer Sicht erfordert.
Mots clés
Handlungsmethode, Sozialer, Arbeit
Citation du texte
Anonyme, 2003, Öffentlichkeitsarbeit - mehr als eine Handlungsmethode professioneller Sozialer Arbeit?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47009

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