Die Bedeutung von Empfehlungsschreiben für Schülerinnen und Schüler nach der 4. Klasse aus Eltern- und Lehrersicht


Epreuve d'examen, 2005

189 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Richtlinien der Bundesrepublik Deutschland zum Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen
2.1 Allgemein geltende Regelungen der Bundesrepublik Deutschland
2.2 Kriterien der Empfehlungsschreiben
2.3 Richtlinien des Landes Niedersachsen
2.3.1 Kurzer zeitlicher Abriss des Verfahrens
2.3.2 Aufgabe des Lehrers
2.3.2.1 Durchführung von Beratungsgesprächen
2.3.2.2 Kooperation mit weiterführenden Schulen
2.3.2.3 Entgültiger Beschluss und Begründung der Empfehlung
2.3.3 Rolle der Eltern
2.3.4 Exkurs: Entscheidungskriterien für Eltern
2.3.5 Position der Schüler
2.4 Richtlinien der übrigen Bundesländer
2.4.1 Entscheid durch Lehrkräfte
2.4.2 Entscheid durch Elternwille

3 Vorhersagbarkeit von Schullaufbahnen und Schulerfolg
3.1 Die Schwierigkeit der Prognose von Schulerfolg
3.2 Durchlässigkeit des deutschen Schulsystems zur Korrektur der Schullaufbahn

4 Schulwahlverhalten der Eltern

5 Bedeutung des Übergangs von der Grundschule in die weiterführenden Schulen
5.1 Bedeutung der Empfehlung und des Übergangs und die daraus resultierenden Schwierigkeiten
5.1.1 Der Bruch zwischen der Grundschule und den weiterführenden Schulen
5.1.2 Das Problem der Erwartungshaltung der Eltern
5.1.3 Entwicklungspsychologische Bedeutung
5.1.4 Mögliche Folgen der falschen Schulwahl
5.1.5 Chancen des Empfehlungsprozesses
5.2 Konsequenzen für Eltern und Lehrer

6 Einführung in die Fallbeispiele
6.1 Methode der Fallbeispiele: Das Leitfadeninterview
6.2 Transkriptionsmethode
6.3 Vorstellung der Interviewleitfäden
6.3.1 Lehrerinterview
6.3.2 Elterninterview
6.4 Leitfadenbegründung
6.5 Auswahl der interviewten Personen
6.6 Methode der inhaltlichen Analyse der Fallbeispiele

7 Fallbeispiele: Lehrerinterviews
7.1 Auswertung des ersten Interviews
7.1.1 Kurzbeschreibung des Falls
7.1.2 Position der Lehrerin
7.1.3 Elternbild der Lehrerin
7.1.4 Bedeutung und Inhalte der Beratungsgespräche sowie Informierung der Eltern
7.1.5 Bedeutung der Empfehlung für Eltern und Schüler
7.1.6 Stellungnahme der Lehrerin zum Empfehlungsverfahren
7.1.7 Elternentscheid in der Kritik
7.2 Auswertung des zweiten Interviews
7.2.1 Kurzbeschreibung des Falls
7.2.2 Position der Lehrerin
7.2.3 Elternbild der Lehrerin
7.2.4 Bedeutung und Inhalte der Beratungsgespräche sowie Informierung der Eltern
7.2.5 Bedeutung der Empfehlung für Eltern und Schüler
7.2.6 Stellungnahme der Lehrerin zum Empfehlungsverfahren
7.2.7 Elternentscheid in der Kritik
7.3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Lehrerinterviews
7.3.1 Position der Lehrer
7.3.2 Elternbild der Lehrer
7.3.3 Bedeutung und Inhalte der Beratungsgespräche sowie Informierung der Eltern
7.3.4 Bedeutung der Empfehlung für Eltern und Schüler
7.3.5 Stellungnahme der Lehrer zum Empfehlungsverfahren
7.3.6 Elternentscheid in der Kritik

8 Fallbeispiele: Elterninterviews
8.1 Auswertung des ersten Interviews
8.1.1 Kurzbeschreibung des Falls
8.1.2 Lehrerbild der Eltern
8.1.3 Position der Eltern
8.1.4 Bedeutung sozialer Einflüsse
8.1.5 Bedeutung der unterschiedlichen Schularten
8.1.6 Wie es weitergeht: Sorgen, Ängste, Chancen & Rückblick auf das Empfehlungsverfahren
8.1.7 Bedeutung der Empfehlung für Eltern und Kinder
8.2 Auswertung des zweiten Interviews
8.2.1 Kurzbeschreibung des Falls
8.2.2 Lehrerbild der Eltern
8.2.3 Position der Eltern
8.2.4 Bedeutung sozialer Einflüsse
8.2.5 Bedeutung der unterschiedlichen Schularten
8.2.6 Wie es weitergeht: Sorgen, Ängste, Chancen & Rückblick auf das Empfehlungsverfahren
8.2.7 Bedeutung der Empfehlung für Eltern und Kinder
8.3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Elterninterviews
8.3.1 Lehrerbild der Eltern
8.3.2 Position der Eltern
8.3.3 Bedeutung sozialer Einflüsse
8.3.4 Bedeutung der unterschiedlichen Schularten
8.3.5 Wie es weitergeht: Sorgen, Ängste, Chancen & Rückblick auf das Empfehlungsverfahren
8.3.6 Bedeutung der Empfehlung für Eltern und Kinder

9 Lehrersicht versus Elternsicht? Oder: Was uns die Fallbeispiele lehren
9.1 Lehrerfortbildungen zum Ablauf und zum Umgang mit Schwierigkeiten fordern und daran teilnehmen
9.2 Klare und eindeutige Richtlinien durch das Kultusministerium
9.3 Grundschulen müssen mit weiterführenden Schulen kooperieren
9.4 Der Lehrerbeurteilung mehr Bedeutung geben und eine starke Zusammenarbeit von Eltern und Lehrern gewährleisten
9.5 Den Schülern den Übergang erleichtern
9.6 Die Grundschulzeit auf mindestens sechs Jahre verlängern
9.7 Mehr Normalität in den Familien im Entscheidungsprozess
9.8 Das Kind in den Mittelpunkt der Schullaufbahnentscheidung stellen
9.9 Zusammenfassung

10 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anhang

1 Einleitung

„Wohin gehts für die Viertklässler? Die Schulreform und die Folgen“[1], so lauten die ersten Worte eines Artikels in der Neuen Presse (NP) vom 27. Januar 2005. Die Abschaffung der Orientierungsstufe und die Einrichtung der schulartbezogenen Förderstufe reformierten das niedersächsische Schulsystem, dessen Neuregelung im Schuljahr 2004/2005 in Kraft trat. Für die Viertklässler bedeutet dies, dass sich nach der Grundschule nicht wie noch vor kurzem die Orientierungsstufe anschließt, sondern dass sich die Schüler[2], Eltern[3] und Lehrer bereits nach der 4. Klasse für eine der Schularten des dreigliedrigen Schulsystems Hauptschule, Realschule und Gymnasium oder für die Gesamtschule entscheiden müssen.[4]

Für die Lehrkräfte der niedersächsischen Grundschulen hat sich mit dieser Neuregelung ein neuer Aufgabenbereich aufgetan, indem sie für jeden Schüler eine individuelle Schullaufbahnempfehlung aufstellen müssen. Diese Empfehlungsschreiben sind laut des niedersächsischen Kultusministers Bernd Busemann „das Ergebnis eines langen Prozesses“[5] und bedeuten aus diesem Gesichtspunkt heraus eine Umstrukturierung des Unterrichts und der Leistungsbewertung, da „die Lehrkräfte während der gesamten Grundschulzeit die individuelle Lernentwicklung, das schulische Leistungsvermögen sowie das Arbeits- und Sozialverhalten jedes Kindes sorgfältig zu beobachten“[6] haben. Gewiss spielten die Beurteilungen in den verschiedenen Bereichen auch vor der Schulreform eine entscheidende Rolle im Tätigkeitsbereich des Lehrers, nur implizierte die Aufgabe des Lehrers nicht die Zusammenschau der gesamten vier Schuljahre mit dem Ziel, eine Eignungsprognose für die zukünftige Schulkarriere zu geben.

Die von dem Lehrer aufgestellten und in der Zeugniskonferenz der Schule bestätigten Schullaufbahnempfehlungen sowie die dazugehörigen Beratungsgespräche sollen den Eltern als Hilfestellung dienen, da sie dann, so jedenfalls in Niedersachsen, die entgültige Entscheidung über die Schullaufbahn ihrer Kinder treffen.

In der Zeugniskonferenz wird also die Empfehlung beschlossen und die Eltern entscheiden. Doch welche Bedeutung hat dieser Prozess der Entscheidungsfindung für die eigentlichen Hauptpersonen, die Schüler? Und welche Bedeutung haben diese Empfehlungsschreiben für die anderen beiden Personengruppen, die Eltern und Lehrer? Welche Relevanz sehen die Lehrer in den zu schreibenden Empfehlungen? Wie wichtig ist den Lehrern die Beachtung der zu treffenden Prognose im Unterricht und welche Aussagekraft hat diese Voraussage? Welchen Einfluss haben die Empfehlungsschreiben und der damit verbundene Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule auf die Schüler? Wie stehen die Eltern den Empfehlungsschreiben gegenüber? Welche Bedeutung hat das Empfehlungsschreiben im Hinblick auf die entgültige Entscheidung der Eltern und was sind die eigentlichen Motive der Eltern? Auf diese und weitere Fragen möchte ich in dieser Ausarbeitung eingehen. Die Bedeutung der Empfehlungsschreiben für die Schüler soll dargestellt werden, wobei auch auf grundlegende Regelungen des Übergangs von der Grundschule in die Sekundarstufe eingegangen werden soll. Um die Sicht der Eltern und Lehrer sinnvoll und objektiv herauszuarbeiten, möchte ich im Laufe der Erarbeitung Fallbeispiele aufzeigen und diskutieren.

Die Reformierung der niedersächsischen Schulstruktur und die daraus resultierende Brisanz motivierte mich zur Auseinandersetzung mit dem Thema Empfehlungsschreiben. Hinzu kommt, dass ich einer Schülerin in der 4. Grundschulklasse Nachhilfeunterricht erteile und diese zum Schuljahr 2005/2006 in die weiterführende Sekundarstufe wechselt. Auch bei ihr stellte sich die Frage nach der weiterführenden Schulform. Durch Berichte der Mutter erfuhr ich von Schwierigkeiten und Divergenzen zwischen Lehrern und Eltern. Ansatzweise bekam ich einen Einblick darin, was dieser Entscheidungsprozess für meine Schülerin und ihre Eltern bedeutete und es motivierte mich zu einer näheren Auseinandersetzung mit dieser Thematik, um daran anknüpfend Folgerungen für Eltern und Lehrer zu erarbeiten.

Für eine gründliche und sinnvolle Analyse in angemessenem Umfang ergab sich für mich eine Eingrenzung des Themas auf wesentliche Aspekte. Bezüglich der Richtlinien liegt deshalb der Schwerpunkt auf die Bestimmungen des Landes Niedersachsen, da die kürzlich stattgefundene Reform des niedersächsischen Schulsystems eine besondere Aktualität des Themas darstellt und wahrscheinlich meinem späteren räumlichen Tätigkeitsbereich entspricht. Außerdem werden die Themen Zensurengebung sowie die Streitfrage des dreigliedrigen Schulsystems der Bundesrepublik Deutschland nur am Rande erwähnt und nicht tiefgreifend diskutiert. Der Übertritt auf Förderschulen[7] sowie auch die Option Gesamtschule als weiterführende Schule wird nicht angesprochen.

Die Erarbeitung gliedert sich in zwei Hauptteile. Der erste Teil begründet sich auf Literaturrecherchen. Die Richtlinien der Empfehlungsschreiben für die gesamte Bundesrepublik Deutschland und die speziellen Regelungen der einzelnen Bundesländer werden erörtert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf das Land Niedersachsen, anhand dessen die Aufgaben der einzelnen Personengruppen Lehrer, Eltern und Schüler dargestellt werden. Darauf folgt die Erarbeitung von Vorhersageschwierigkeiten von Schulerfolg sowie eine Erörterung über die Korrekturmöglichkeiten der Schullaufbahn im deutschen Schulsystem. Anschließend wird auf das Schulwahlverhalten der Eltern und deren Bildungsaspiration eingegangen. Als Abschluss des Theorieteils soll die Bedeutung des Übergangs von der Grundschule in die Sekundarstufe analysiert und die daraus für Eltern und Lehrer entstehenden Konsequenzen thematisiert werden.

Der zweite Hauptteil setzt sich aus der Analyse von Interviews und somit mit einem Einblick in die Praxis zusammen. Als Grundlage für den Praxisteil führte ich im Rahmen dieser Erarbeitung je zwei Interviews mit Lehrern und Eltern durch, dessen Leitfäden, Postskripte und Transkripte im Anhang aufzufinden sind. Zur Einleitung in den Praxisteil wird die Methode der angewandten Interviewleitfäden dargestellt sowie damit verbundene Aspekte angesprochen. Es folgt eine intensive Analyse der Lehrerinterviews sowie die Darstellung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede und die Analyse der Elterninterviews mit einem anschließenden Vergleich. In den Analysen wird anhand eines in der Einleitung in den Praxisteil dargestellten Verfahrens einleitend eine Kurzbeschreibung über den entsprechenden Fall gegeben und im Weiteren werden einzelne wichtige Aspekte interpretiert. Darüber hinaus wird Bezug auf die Erkenntnisse des ersten Hauptteils genommen. Schließlich folgt eine Zusammenschau hinsichtlich der Erkenntnisse der Lehrerinterviews und der Elterninterviews. Dabei werden die verschiedenen Positionen einander gegenübergestellt.

Ein Fazit dient als Abschluss und wesentliche Aspekte werden nochmals aufgezeigt und diskutiert.

2 Richtlinien der Bundesrepublik Deutschland zum Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen

In der Bundesrepublik Deutschland folgt für Schüler nach der Grundschule der Übergang in die weiterführenden Schulen. Mit diesen weiterführenden Schulen sind die Schulen des Sekundarbereichs I, also Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien sowie die Gesamtschulen gemeint. Die Regelungen für die an die Grundschule anschließenden 5. und 6. Klassen unterscheiden sich in den einzelnen Bundesländern. Hauptsächlich handelt es sich hierbei um Förderstufen, wie beispielsweise in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Hamburg, welche direkt an die weiterführenden Schularten angegliedert sind. Des weiteren gibt es in Bremen eigenständig organisierte Orientierungsstufen sowie in Berlin und Brandenburg auch sechsjährige Grundschulen.[8] Die Richtlinien für den Übergang wurden von dem jeweiligen Kultusministerium der Bundesländer separat aufgestellt und werden auch von diesem verwaltet. Die ‚Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland’ hat darüber hinaus allgemein geltende Richtlinien für die gesamte Bundesrepublik aufgestellt. Im Folgenden sollen zuerst die allgemeinen Richtlinien und Grundsätze der Empfehlungsschreiben erläutert werden. Daran anschließend erfolgt eine differenzierte Analyse der Regelungen Niedersachsens und im dritten Teil wird kurz auf die übrigen Bundesländer eingegangen.

2.1 Allgemein geltende Regelungen der Bundesrepublik Deutschland

In allen Bundesländern[9] ist für den Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen ein Empfehlungsschreiben oder Gutachten für jeden einzelnen Schüler vorgesehen. Je nach Regelung des Bundeslandes sollen diese Empfehlungen den Eltern entweder als Hilfestellung für deren Entscheidung dienen oder eine verbindliche Vorgabe für die zu besuchende Schulart geben. Im Anhang auf Seite 1 bis 3 sind beispielhaft Empfehlungen zum ersten und zweiten Halbjahr der 4. Klasse aus Niedersachsen zu sehen.

Die entgültige Wahl der Schullaufbahn ist je nach Bundesland entweder durch die Schulaufsicht oder durch das elterliche Bestimmungsrecht geregelt. Die Wahl der Eltern gegenüber dem Entscheid durch die Schule ist in beiden Verfahren von der deutschen Gesetzgebung her gerechtfertigt. Zum einen steht das primäre Erziehungsrecht den Eltern zu, welche Verantwortung gegenüber dem Kind ausüben, wobei der Staat sich „lediglich bei der Gefährdung des Kindeswohls“[10] einschalten darf. Dem gegenüber steht die gesetzmäßige staatliche Schulaufsicht, wodurch dem Staat die primären Gestaltungsrechte in Schulfragen zugewiesen werden. Daraus ergibt sich eine vereinigte und nicht hierarchische Ordnung des elterlichen Erziehungsrechts und des staatlichen Auftrags für Erziehung in der Schule.

Bezüglich des Übergangs der Schüler von der Grundschule in die weiterführenden Schulen ist festgelegt, dass der Staat das Recht auf die Gestaltung der Voraussetzungen für die Aufnahme in die weiterführenden Schulen hat und diese frei festlegen darf. Dem Staat ist damit ermöglicht, Zulassungsvoraussetzungen für die verschiedenen Schularten anzuordnen. Die Eltern können folglich, trotz des Privilegs, die Schullaufbahn des Kindes frei bestimmen zu dürfen, auf legitime Art in ihrem Entscheidungsrecht eingeschränkt werden. Allerdings ist in diesem Zusammenspiel von elterlichem und staatlichem Recht auf die Einhaltung des Grundgesetzes zu achten, welches beispielsweise das Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung, also das Recht auf die Entwicklung einer eigenen Identität, beinhaltet.[11]

Im Zusammenhang mit dem gesamten Übertritt gilt es zu beachten, dass jedem Schüler „der Bildungsweg offenstehen [muss], der seiner Bildungsfähigkeit entspricht“[12]. Die Grundschulen dürfen einem Schüler demnach nicht eine Schulart vorenthalten, die seiner Leistungsfähigkeit gleichkommt, unabhängig davon, ob die Eltern oder die Schulaufsicht das entgültige Votum in der Entscheidung haben. Diese Leistungsfähigkeit wird dabei allerdings von den Eltern und besonders den Lehrern bestimmt, welches hingegen auch fehlerhaft eingeschätzt werden kann. Darüber hinaus müssen die weiterführenden Schulen alle Schüler in die für sie bestimmte Schulart aufnehmen, was allerdings nicht bedeutet, dass jeder Schüler gleichzeitig in seine gewünschte Schule aufgenommen wird. Durchaus kann es vorkommen, dass ein Schüler an einer Schule abgelehnt wird, in diesem Fall muss ihm jedoch eine andere Schule der gleichen Schulart zur Verfügung stehen.

Für die am Übergang beteiligten Schulen wird vorgeschrieben, dass die abgebenden mit den weiterführenden Schulen zusammenwirken müssen, um den Schülern einen möglichst problemlosen und angenehmen Wechsel zu gewährleisten. Die Bedeutung der Kooperation der Schulen soll im Kapitel 2.3.2.2 im Zusammenhang mit den Regelungen Niedersachsens detailliert erläutert werden. Die Beurteilung der Schüler soll laut der Kultusministerkonferenz nicht allein auf kognitive Leistungsfähigkeiten beruhen, sondern „Erkenntnisse der Pädagogik und Psychologie berücksichtigen“[13]. Die Kriterien für Empfehlungsschreiben werden in Punkt 2.2 näher erläutert. Welche verschiedenen Personengruppen am Prozess der Schullaufbahnempfehlungen beteiligt sind, wird in den Punkten 2.3.2, 2.3.3 und 2.3.5 dargestellt.

2.2 Kriterien der Empfehlungsschreiben

Verschiedene Aspekte der[14] Schüler müssen bezüglich der Aufstellung der Empfehlungen beachtet werden. Die Beurteilung soll nicht allein auf kognitive Leistungen erfolgen, sondern es sollen verschiedene Gesichtspunkte gleichermaßen einbezogen werden. Das Niedersächsische Kultusministerium benennt in seinem Erlass „Die Arbeit in der Grundschule“ vom 03.02.2004 die Berücksichtigung vier verschiedener Bereiche, die als Basis für die Empfehlungsschreiben dienen sollen:

- „der Leistungsstand,
- die Lernentwicklung während der Grundschulzeit,
- das Sozial- und Arbeitsverhalten und
- Erkenntnisse aus den Gesprächen mit den Erziehungsberechtigten.“[15]

Diese verschiedenen Aspekte werden ähnlich auch im Erlass des Sekretariats der Ständigen Kultusministerkonferenz der Länder in der Bundesrepublik Deutschland und in der Fachliteratur erwähnt. Deswegen werden im Folgenden diese Bereiche näher erläutert und können exemplarisch auf die gesamte Bundesrepublik übertragen werden.

Leistungsstand

Die Ermittlung des Leistungsstandes erfolgt durch die Abwägung, inwieweit die fachlichen Lernziele des Unterrichts erreicht wurden. Diese fachlichen Lernziele werden durch die Rahmenrichtlinien der jeweiligen Fächer, durch die Richtlinien der Schulen und durch die Unterrichtsplanung der Lehrkraft formuliert. Es handelt sich bei der Ermittlung des Leistungsstandes, also um die Ermittlung der kognitiven Fähigkeiten des Kindes und somit seinen kognitiven Lernvoraussetzungen. Beispielsweise dient der Einsatz mündlicher und schriftlicher Lernzielkontrollen der besseren Einschätzung der Schülerleistung. Sinnvoll ist dabei der Einsatz verschiedenster Möglichkeiten der Leistungsbeurteilung, um den unterschiedlichen Lerntypen einer Klasse gerecht zu werden und ein umfassendes Bild der Aufgabenbewältigung zu bekommen. Die Noten der Schüler sollen der Orientierung dienen und ein Bild über den Leistungsstand des Schülers geben.

In den verschiedenen Bundesländern Deutschlands hat der Leistungsstand eine erheblich divergente Bedeutung, da beispielsweise in Baden-Württemberg die Schulnoten des Schülers über die weitere Schullaufbahn entscheiden. Für die jeweiligen Schulformen gibt es dann einen Mindestnotendurchschnitt in bestimmten Fächern, der für den Besuch einer bestimmten Schulform erreicht werden muss.[16] Neben der Ermittlung des Leistungsstandes soll der Lehrer auch auf allgemeine Fähigkeiten des Kindes im Unterricht achten, beispielsweise die Verfügung über einen ausreichenden Wortschatz oder die Befähigung zum autonomen Denken. Des Weiteren spielen für das Empfehlungsschreiben auch die Verarbeitung von Lernstoff eine Rolle, wie beispielsweise die Fähigkeit des Transferleistens. Zudem soll auch von Bedeutung sein, wie jemand Gedanken und Tatsachen strukturiert und somit Zusammenhänge versteht sowie die Fähigkeit, Geschichten und Erlebnisse zeitlich einzugliedern.[17]

Lernentwicklung während der Grundschulzeit

Die Lernentwicklung jedes einzelnen Kindes soll über die gesamte Grundschulzeit dokumentiert werden. Die Dokumentation soll Aussagen über die Lernausgangslage, den angestrebten Zielen in einem bestimmten Planungszeitraum, die nötigen Maßnahmen, die zur Erreichung der Ziele notwendig waren und über die „Beschreibung und Einschätzung des Fördererfolgs durch die Lehrkraft sowie durch die Schülerin oder den Schüler“[18] beinhalten. Für eine objektive Erfassung der Lernentwicklung soll auch die Einschätzung der Fachlehrer neben der des Klassenlehrers berücksichtigt werden. Der Austausch im Lehrerkollegium ermöglicht eine sinnvolle Einschätzung, welche viele verschiedenen Sichtweisen berücksichtigt. Durch die Beurteilung verschiedener Lehrer können unterschiedliche Erfahrungen und Wahrnehmungen bezüglich der Schülerbeurteilung mit in die Empfehlung einfließen.

Ebenso wichtig ist es, die Selbsteinschätzung des Kindes mit einzubinden. Inwiefern diese Selbsteinschätzung des Kindes in der Praxis tatsächlich beachtet wird, sei in Frage gestellt. Allein der zeitliche Rahmen im Hinblick auf die hohen Schülerzahlen pro Klasse scheint die Berücksichtigung dessen fast unmöglich zu machen, da hierfür intensive Gespräche mit jedem einzelnen Schüler notwendig wären.

Sozial- und Arbeitsverhalten

Die Aussagen des Sozial- und Arbeitsverhaltens stützen sich auf Beobachtungen der Schüler im Unterricht und gehören zu den nichtkognitiven Persönlichkeitsmerkmalen des Schülers. Das Sozialverhalten ergibt sich beispielsweise aus der Beurteilung von Kooperationsfähigkeit und die Art des Umgangs eines Schülers mit Klassenkameraden. Das Arbeitsverhalten bezieht sich auf Aspekte der Sorgfalt im Arbeitsprozess, der Geschwindigkeit der Aufgabenbewältigung, Aussagen über die Motivation und die Anstrengungsbereitschaft des Kindes, sich mit dem Lernmaterial auseinander zu setzen sowie auch auf die Konzentrationsfähigkeit und das Durchhaltevermögen, sich mit Problemen und Schwierigkeiten zu beschäftigen.[19]

Erkenntnisse aus den Gesprächen mit den Erziehungsberechtigten

In den Gesprächen mit den Erziehungsberechtigten soll deren Sicht bezüglich der Leistungseinschätzung und auch deren Sicht des Lernverhaltens erfragt werden. Der Lehrer soll durch die Aussagen der Eltern seine eigene Einschätzung überdenken und familiäre oder sonstige Einflussfaktoren außerhalb der Schule in seiner Beurteilung beachten. Gibt es wesentliche Meinungsverschiedenheiten in den Aussagen der Erziehungsberechtigten und des Lehrers, so sollen die Ursachen für die unterschiedliche Einschätzung des Schülers erforscht werden. In besonderen Fällen kann den Eltern für die Einschätzung ihres Kindes ein Beobachtungsbogen zur Verfügung gestellt werden. Dieser kann Themenaspekte wie das Sozialverhalten oder die Lernentwicklung enthalten.[20]

Zusammenfassend beschreiben diese Kriterien für die Erarbeitung einer Schullaufbahnempfehlung eine umfassende und vielseitige Beurteilung des Kindes auf unterschiedlichen Ebenen. Es handelt sich dabei um die Berücksichtigung verschiedener Aspekte des Schülers, welche nicht nur seine kognitiven Fähigkeiten über einen längeren Zeitraum berücksichtigen, sondern auch auf Verhaltensaspekte unterschiedlicher Art und familiäre Hintergründe eingehen. Als Hilfestellung hat das Niedersächsische Kultusministerium auf seiner Internetseite einen Kriterienkatalog[21] angeführt, der für eine objektive Einschätzung genutzt werden kann.[22] Das Niedersächsische Kultusministerium formuliert bezüglich der Beurteilung sehr treffend, dass bei „der Empfehlung [...] immer die Gesamtpersönlichkeit des Kindes zu berücksichtigen [ist]. Es darf also nicht allein ein Kriterium ausschlaggebend sein.“[23] Die Beachtung dieser Kriterien scheint sehr sinnvoll und schützt vor einer stark subjektiven Beurteilung. Besonders durch die Rücksichtnahme der Einschätzungen verschiedener Personen wird ein umfassendes Bild gegeben. Mittels dem Einbezug der Meinung verschiedener Lehrer wird die Begründung der Beurteilung für die Eltern fundierter und nachvollziehbarer. Dadurch soll gesichert werden, dass die Eltern die Meinung der Lehrer ernstnehmen und diese für die letztendliche Entscheidung der Eltern hilfreich und unterstützend ist.

Die Berücksichtigung aller Kriterien stellt die Lehrer allerdings auch vor eine schwierige Aufgabe in Hinblick darauf, dass die Größe der Klassen immer mehr zunimmt und die Berücksichtigung so vieler Aspekte bei jedem einzelnen Schüler viel Zeit fordert. Bönsch behauptet in einer Veröffentlichung des Arbeitskreises Grundschule im Stadtelternrat diesbezüglich, dass „Persönlichkeitsentwicklung, Kreativität und [...] Kooperation mit anderen [...] im allgemeinen zu wenig beachtet“[24] werden. Es sei deshalb infrage gestellt, wie diese Forderungen in der Praxis umgesetzt werden.

2.3 Richtlinien des Landes Niedersachsen

„Am Ende des 4. Schuljahres gibt die Grundschule eine Empfehlung über die geeignete weiterführende Schulform ab. Hierzu führt die Schule im 4. Schuljahrgang einen Dialog mit den Erziehungsberechtigten, damit diese eine am Kindeswohl orientierte Schulformentscheidung treffen können. Die Erziehungsberechtigten entscheiden in eigener Verantwortung über die Schulform ihrer Kinder.“[25] Dieser Paragraph 6 Absatz 5 des Niedersächsischen Schulgesetztes ist relativ neu. Erst seit dem Schuljahr 2004/2005 gilt die Regelung, dass die Schüler in Niedersachsen nach der 4. Klasse eine Schullaufbahnempfehlung für die weiterführenden Schulen erhalten. Vorher wurde diese Empfehlung nach der 6. Klasse der Orientierungsstufe erteilt, woran sich dann die weiterführenden Schulformen Hauptschule, Realschule und das Gymnasium anschlossen oder die Schüler besuchten direkt nach der Grundschule eine Gesamtschule.[26] Mittlerweile wurde die Orientierungsstufe abgeschafft und durch die schulartabhängige Förderstufe ersetzt. Das bedeutet, dass sich bereits nach der 4. Klasse die weiterführenden Schulformen anschließen und die Schüler zwei Jahre früher als zuvor in die verschiedenen Schularten selektiert werden. Über die Wahl der Schulform entscheiden die Eltern, wobei sie die Schullaufbahnempfehlung als Hilfestellung nutzen sollen. Der Niedersächsische Kultusminister begründet das Verfahren der Schullaufbahnempfehlungen in dem Erlass ‚Die Arbeit in der Grundschule’: „Ziel des Verfahrens zur Schullaufbahnempfehlung ist es, die Erziehungsberechtigten durch umfassende Information und Beratung bei der Entscheidung einer geeigneten weiterführenden Schulform für ihr Kind zu unterstützen.“[27] Das Verfahren, welches zu einem schriftlichen Formular mit der eigentlichen Schullaufbahnempfehlung führt, soll demnach für Eltern eine wichtige Determinante für die Wahl der Schullaufbahn ihres Kindes sein, wobei ihnen trotzdem die Entscheidungsfreiheit zusteht und sie sich auch entgegen der Empfehlung entscheiden können.

Wie der Prozess von den ersten Beurteilungen des Lehrers hin zur entgültigen Entscheidung kommt, soll im Folgenden beschrieben werden, indem auf die Aufgabenzuteilung und die Rechtsbefugnis eingegangen wird.

2.3.1 Kurzer zeitlicher Abriss des Verfahrens

Die offiziellen Vorbereitungen[28] der Empfehlung beginnen durch eine Informationsveranstaltung am Ende des 3. Schuljahres. Hierbei werden die Eltern von den Lehrern über verschiedene Bereiche der weiterführenden Schulen informiert. Darüber hinaus erfolgen Hinweise über die Kriterien der Empfehlung und den Ablauf des Verfahrens. Außerdem werden die Eltern über Aussichten des späteren Schulformwechsels informiert.

Am Ende des ersten Halbjahres der 4. Klasse wird in der Zeugniskonferenz über eine geeignete Schulform für jeden Schüler beraten. Daraufhin werden die Eltern über das Ergebnis der Konferenz in Kenntnis gesetzt. Die Eltern werden dann gemeinsam mit ihren Kindern zu Beratungsgesprächen eingeladen. Anhand ihrer eigener Entscheidungskriterien und der Ergebnisse der Beratungsgespräche informieren die Eltern die Lehrer über die gewünschte Schulform für ihr Kind. Die Anzahl der Schulwünsche für die verschiedenen Schulformen muss dann von dem Schulträger an die verschiedenen weiterführenden Schulen weitergegeben werden.

Die zweite Zeugniskonferenz des 4. Schuljahres findet etwa drei bis fünf Wochen vor den Sommerferien statt. Darin wird für jeden Schüler eine Empfehlung beschlossen und zusammen mit dem Abschlusszeugnis an die Eltern überreicht, woraufhin sie nochmals zu einer Beratung eingeladen werden. Die Eltern müssen nun eine feste Entscheidung treffen und ihr Kind an einer weiterführenden Schule anmelden.

Abschließend teilen die Grundschulen die Übergangsdaten aus statistischen Gründen der Schulbehörde mit.

2.3.2 Aufgabe des Lehrers

Der hat Lehrer die[29] Aufgabe, jeden Schüler hinsichtlich seiner Leistung, seinem Verhalten und seiner Fähigkeiten objektiv und gleichberechtigt einzuschätzen. Er ist dafür zuständig, den Schüler während der gesamten Grundschulzeit zu beobachten. Er muss neben seiner eigentlichen Tätigkeit des Unterrichtens die Leistungen des Schülers objektiv einschätzen, das Arbeits- und Sozialverhalten beurteilen, um daraufhin eine Vorhersage über das zukünftige Lernverhalten und die Lernfähigkeiten zu ermitteln. Seine Erkenntnisse müssen detailliert dokumentiert werden und dienen der Grundlage des Empfehlungsschreibens. Die Kriterien, die als Basis der Empfehlung herangezogen werden sollen, wurden in Kapitel 2.2 bereits näher beschrieben. Ein für die Beurteilung der Schüler hilfreicher Kriterienkatalog ist im Anhang auf Seite 4 bis 7 ersichtlich.

Darüber hinaus ist der Lehrer dafür zuständig, die Eltern über den Ablauf des Empfehlungsprozesses zu informieren und sie in die Erarbeitung der Empfehlung mit einzubeziehen.

Der Lehrer ist demnach lange, bevor die Eltern näher mit dem Empfehlungsschreiben in Berührung kommen, in diesem Prozess involviert, da er die Entwicklung jedes Schülers von Anfang an beobachten und beurteilen muss. Aber erst in der Zeugniskonferenz am Ende des ersten Halbjahrs der 4. Klasse findet eine erste Beratung der gesamten Lehrkräfte der 4. Klasse bezüglich der voraussichtlich angebrachten Schulformen jedes einzelnen Schülers statt.

2.3.2.1 Durchführung von Beratungsgesprächen

Wie bereits erwähnt[30] sollen im Verfahren der Schullaufbahnempfehlungen mit Eltern, Lehrern und Schülern Beratungsgespräche stattfinden. Diese Beratungsgespräche finden auf der Grundlage der Ergebnisse der Halbjahres-Zeugniskonferenz sowie nach den Abschluss-Zeugniskonferenz der 4. Klasse statt. Die Beratungsgespräche sind individuelle, verbindlich vorgeschriebene Beratungsstunden für die Erziehungsberechtigten, wobei auch die Schüler in angebrachter Form mit einbezogen werden sollen. Den Mittelpunkt der Elternberatung bildet das Informieren über den Leistungsstand, die Lernentwicklung sowie das Arbeits- und Sozialverhalten des Kindes. Dabei soll ein Zusammenhang zwischen den Eigenschaften des Kindes und den Ansprüchen der weiterführenden Schulen hergestellt werden. Überdies sollen die Eltern über mögliche Alternativen zu deren gewünschte Schullaufbahn hingewiesen und mögliche Konsequenzen beleuchtet werden, die für den Schüler bei der angestrebten Schulform entstehen können.

Die Bedeutung der Elternberatung liegt für die Lehrer darin begründet, dass sie bei diesen Beratungsgesprächen die Meinungen der Eltern über den Leistungsstand, die Lernentwicklung sowie über das Sozial- und Arbeitsverhalten erfragen sollen, um diese in ihre Empfehlung zu berücksichtigen. Dies kann zum Beispiel bei besonderen familiären Geschehnissen bedeutend sein, falls der Lehrer diese in seinen Beurteilungen bisher nicht berücksichtigt hat.. Mannhaupt schreibt der Berücksichtigung der Elternsicht deshalb eine hohe Bedeutung zu, da die familiären Gegebenheiten an zweiter Stelle nach den individuellen Faktoren Einfluss auf das Lernverhalten des Schülers haben und somit eine hilfreiche und wichtige Determinante in der Bewertung darstellen.[31]

Neben den Beratungsgesprächen mit den Erziehungsberechtigten sollen auch Gespräche mit den Schülern stattfinden. Diese sollen über die Anforderungen der unterschiedlichen Schulformen hingewiesen und über die Kriterien für die Empfehlungen informiert werden. Die allgemeinen Informationen über können im Klassenverband besprochen werden, indem der Lehrer beispielsweise über den Schulalltag der weiterführenden Schulen informiert. Allerdings soll der Lehrer auch individuelle Beratungen für die Schüler anbieten. In den individuellen Beratungen soll über die Leistungsentwicklung und die wahrscheinliche weiterführende Schulform des Schülers gesprochen werden.

2.3.2.2 Kooperation mit weiterführenden Schulen

Um die Schüler[32] und Eltern kompetent zu beraten, wird die Kooperation mit den weiterführenden Schulen gefordert. Kooperation bedeutet in diesem Sinne ein Informationsaustausch der Grundschulen mit den weiterführenden Schulen über die Lehrpläne und die Anforderungen der weiterführenden Schulen, damit die Lehrer ihre Schüler den Ansprüchen der weiterführenden Schulen gemäß empfehlen und beraten können. Außerdem soll durch die Absprache der Bruch zwischen Grundschule und weiterführender Schule gemildert werden, um den Schülern den Übergang zu erleichtern. Die Lehrer der weiterführenden Schulen sollen darüber hinaus über die Lernentwicklung ihrer neuen Schüler informiert werden. Der Lehrer der Grundschule ist dafür zuständig, die Lehrkräfte der weiterführenden Schulen über die Lernentwicklung jedes einzelnen Schülers in Kenntnis zu setzen. Inwiefern dies in der Realität umgesetzt wird, sei infrage gestellt, da die Lehrkräfte der Grundschule allein durch das Aufstellen der Empfehlungen bereits Mehrarbeit leisten müssen.

Die weiterführenden Schulen haben die Aufgabe, nach Beendigung des 6. Schuljahrs die Grundschullehrkräfte über den Schulerfolg zu informieren. So soll den Grundschullehrern ermöglicht werden, die Sinnhaltigkeit ihrer Kriterien zu überdenken und gegebenenfalls andere Schwerpunkte in der Beurteilung zu legen.

2.3.2.3 Entgültiger Beschluss und Begründung der Empfehlung

Der entgültige[33] Beschluss einer Empfehlung findet durch die Klassenkonferenz in der Zeugniskonferenz am Ende des 4. Schuljahrs statt. In der Konferenz wird für jeden einzelnen Schüler beraten, welche Schulform geeignet ist. Dabei werden die Ergebnisse der Konferenz des ersten Halbjahres des 4. Schuljahrs hinzugezogen.

Jedes Empfehlungsschreiben muss mit mindestens einem aussagekräftigen Satz begründet werden, wobei sich die Begründung auf Informationen über den Leistungsstand, das Arbeits- und Sozialverhalten sowie die Lernentwicklung stützt. Als Beispiel formuliert das Niedersächsische Kultusministerium beispielhaft folgende Sätze für die Begründung einer Realschulempfehlung:

„E. zeigt sich in der Regel neuen Unterrichtsinhalten gegenüber aufgeschlossen, setzt sich mit ihnen aber nicht mit gleich bleibender Ausdauer auseinander. E. übernimmt in der Klassengemeinschaft gern verantwortungsvolle Aufgaben. E.s Leistungen sind in den Kernfächern unterschiedlich. In Mathematik und Deutsch erreicht E. gute, in den meisten anderen Fächern befriedigende Ergebnisse. E.s Lernentwicklung zeigt bei positiver Tendenz immer wieder Schwankungen.“[34]

2.3.3 Rolle der Eltern

Die Eltern haben eine ausschlaggebende Funktion im Prozess der Schullaufbahnempfehlung, da sie letztendlich über die Schullaufbahn des Kindes entscheiden. Dabei sind ihnen allerdings auch Vorgaben gegeben, beispielsweise § 54 Abschnitt 6 „Unbeschadet ihrer verfassungsmäßigen Rechte sind die Erziehungsberechtigten verpflichtet, im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Schülerinnen und Schülern zu einem ihren Fähigkeiten und ihrer Entwicklung angemessenen Bildungsweg zu verhelfen.“[35] Die Eltern müssen demnach nicht nur eine Entscheidung treffen, sondern ihre Kinder auch auf dem Weg der Schulbahn unterstützen und fördern. Demnach ist es die Aufgabe der Erziehungsberechtigten, eine sinnvolle Schulwahl zu treffen, dessen Anforderungen den Fähigkeiten des Kindes entsprechen.

Die Schullaufbahnempfehlungen haben dabei nur eine helfende Funktion, wobei auch die Lehrer als Ratgeber dienen. Wichtig ist, dass die Eltern in ihrer Entscheidung die tatsächlichen Fähigkeiten des Kindes berücksichtigen und nicht aus Wunschvorstellungen heraus die Schulwahl für ihr Kind treffen, die vielleicht gar nicht den Fähigkeiten des Kindes entspricht. Inwieweit dies in der Praxis zutrifft und welche Faktoren die Entscheidung außerdem beeinflussen, wird in Kapitel 4 näher thematisiert.

2.3.4 Exkurs: Entscheidungskriterien für Eltern

Neben der Empfehlung der Schule samt der Beratungsgespräche mit dem Lehrer, die Zeugnisse und andere Leistungsnachweise gibt es weitere Entscheidungskriterien für Eltern, welche in Elternratgebern ausführlich angesprochen werden. Kowalczyk, der sich in mehrfachen Ausführungen zu Elternkriterien und allgemein zu Beurteilungskriterien für Schülerleistungen geäußert hat, gibt Vorschläge für Eltern, wie sie für ihre Kinder die richtige Schulform finden. Im Folgenden sollen seine Ideen, welche er in Zusammenarbeit mit Ottich herausgebracht hat, erläutert werden.[36]

Für die Feststellung der Begabung des Kindes fordert Kowalczyk die Berücksichtigung des logischen Denkens, der sprachlichen Fähigkeiten, des räumlichen Vorstellungsvermögens, der praktischen Begabung, der Sportlichkeit sowie Körperkoordination, die Kreativität und die Musikalität. Die Eltern können diese Merkmale durch eine umfassende Beobachtung ihrer Kinder ermitteln und einschätzen. Wichtig ist dabei, dass sie die Bewältigung der Aufgaben der Kinder kritisch hinterfragen und zu beurteilen versuchen, wie das Kind mit Schwierigkeiten, Problemen, Herausforderungen etc. umgeht.

Nicht nur die Begabung, auch die Lern- und Arbeitsleistung spielt bei einer umfassenden Einschätzung eine wichtige Rolle. Die Lern- und Arbeitsleistung ergibt sich aus dem Fleiß und den Anstrengungen, die das Kind für die Aufgabenbewältigung aufbringt. Diese Aspekte sollten berücksichtigt werden, da sie gerade in anspruchsvolleren Bildungsformen wie beispielsweise das Gymnasium unabdingbar sind. Vokabeln und Geschichtsdaten zu lernen, hängt immer auch mit Fleiß zusammen, wobei natürlich ebenso die Begabung erforderlich ist.

Für Eltern gilt ebenso die Überprüfung der eigenen Bildungsaspiration gegenüber dem Kind. Sehr leicht fließen unbewusste Erwartungen in die Einschätzung und letztendlich auch die Schulwahl mit ein. Wichtig ist, dass die Entscheidung nicht durch die Wünsche der Eltern, sondern durch die Fähigkeiten des Kindes bestimmt wird.[37]

Neben den Fähigkeiten des Kindes sollen auch äußere Faktoren in die Entscheidung mit einfließen. Umfangreiches Informieren über die verschiedenen Schulen in der Umgebung des Wohnortes ist erforderlich. Soweit die Eltern diese Informationen nicht von der Schule erhalten, muss in Erfahrung gebracht werden, welche Schulen für den zukünftigen Schulbesuch des Kindes zur Verfügung stehen. Dann sollte geklärt werden, durch welche Aspekte sich die Schulen, die überhaupt in Frage kommen, voneinander unterscheiden. Die Schulprogramme der einzelnen Schulen sollten erfragt werden, um deren Profil einschätzen zu können. Wichtig ist, nicht nur die Schulart zu berücksichtigen, sondern auch in Erfahrung zu bringen, welche Ansprüche die jeweilige Schule stellt, wie die Fähigkeiten des Kindes gefördert werden und wo sich im Schulprogramm Vor- und Nachteile ergeben. Notwendig ist dies, um eine geeignete Schule für das Kind zu finden, dessen Ansprüche das Kind gerecht werden kann.[38] Jede Schule hat ihre eigenen Anforderungen. „Zwar liegt das Gymnasium im statistischen Schnitt in den Schülerleistungen höher als die Realschule“[39], allerdings haben aktuelle Untersuchungen immer wieder bestätigt, dass das Leistungsniveau an einzelnen Realschulen höher ist als an Gymnasien.[40] Eltern sollten somit nicht nur die Schulform, sondern auch die einzelne Schule in Augenschein nehmen.

Aber auch familiäre Gegebenheiten sollen berücksichtigt werden, wie beispielsweise die Unterstützung, die dem Kind in der Familie für die Bewältigung der schulischen Aufgaben geboten werden kann. Dies kann beispielsweise durch die Beschäftigung beider Elternteile beeinträchtigt sein oder Hilfeleistungen durch Außenstehende können aus finanziellen Gründen nicht in Anspruch genommen werden.[41]

Für die Eltern gilt also ebenso wie für Lehrer eine umfangreiche Betrachtung der Fähigkeiten des Kindes, aber auch der sozialen und familiären Umstände. Inwiefern die Eltern diesen Forderungen in der Realität gerecht werden, sei infrage gestellt und wird in Kapitel 4 näher thematisiert.

2.3.5 Position der Schüler

Die Schüler, welche im Mittelpunkt dieses Verfahrens stehen, werden am Entscheidungsprozess nur nebensächlich einbezogen. Das Niedersächsische Kultusministerium gibt vor, dass die Schüler durch die Lehrer gleichfalls wie die Eltern eine individuelle Beratung erhalten sollen, damit sie mit den Anforderungen der neuen Schule vertraut gemacht werden und gemeinsam überlegt wird, welche Schulform für sie angemessen ist. Zudem wird jeder Schüler zu den Beratungsgesprächen mit den Eltern eingeladen und soll so am Entscheidungsprozess teilhaben. In den Beratungsgesprächen sollen die Schüler sich selber einschätzen. So erkennen die Lehrer, wie die Schüler ihre Fähigkeiten selber beurteilen und was sie sich zutrauen.[42] Da aber laut Kowalczyk und Ottich die Schüler die Konsequenzen der Schulwahl noch nicht selber abschätzen können, ist es letztendlich die Aufgabe der Eltern, die Entscheidung über die Schulform und die zu besuchende Schule zu treffen.[43]

Einen Schutz für die Schüler in diesem Verfahren stellt unter anderem § 54 Absatz 6 und 7 des Niedersächsischen Schulgesetztes dar. Dort heißt es: „Jeder junge Mensch hat das Recht auf seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Bildung und Erziehung und wird aufgefordert, sich nach seinen Möglichkeiten zu bilden.“[44]

2.4 Richtlinien der übrigen Bundesländer

In den übrigen[45] Ländern der Bundesrepublik Deutschland gelten jeweils eigene Bestimmungen, die nicht unbedingt identisch mit denen in Niedersachsen sind. Das hauptsächliche Unterscheidungsmerkmal liegt in den Regelungen über das Entscheidungsrecht. Einige Länder sehen den entgültigen Entscheid durch die Lehrkräfte der Grundschule vor, in anderen Ländern entscheiden wie in Niedersachsen die Eltern über die Schullaufbahn ihres Kindes. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die einzelnen Bundesländer gegeben, wobei eine Aufteilung in Lehrerentscheid und Elternentscheid erfolgt. Ausführliche Informationen über die Regelungen der einzelnen Bundesländer werden nicht gegeben.

2.4.1 Entscheid durch Lehrkräfte

In Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen sowie in Sachsen hat das Empfehlungsschreiben eine weitreichendere Bedeutung für Schüler, Eltern und Lehrer als in Niedersachsen. Das Empfehlungsschreiben hilft den Eltern nicht bei der Entscheidung der weiteren Schulform ihres Kindes, sondern stellt den eigentlichen Entscheid dar. Die durch die Lehrer formulierte Empfehlung ist verpflichtend und gibt die zu besuchende weiterführende Schulform für jeden Schüler an. Die Kriterien für die Empfehlungen haben eine andere Gewichtung als in Niedersachsen, wo die Noten nicht ausschlaggebend für die Empfehlung sein müssen. Jedes der hier aufgeführten Bundesländer hat für die Realschule und das Gymnasium einen Notendurchschnitt in bestimmten Fächern vorgesehen, der für den Besuch der Schulart erreicht werden muss. In Baden-Württemberg beispielsweise muss in Deutsch und Mathematik mindestens ein Durchschnitt von 3,0 erreicht werden, um die Realschule besuchen zu dürfen. Für das Gymnasium muss in Deutsch und Mathematik ein Notendurchschnitt von 2,5 erreicht werden. Zweifeln die Eltern den Entscheid der Schule an, so folgt eine Aufnahmeprüfung und teilweise auch Probeunterricht für die gewünschte Schulform der Eltern. Hierbei muss wieder ein bestimmter Notendurchschnitt erreicht werden, damit die Kinder die von den Eltern gewünschte Schulform besuchen dürfen. In den genannten Bundesländern Deutschlands findet der Übergang in die weiterführenden Schulen Hauptschule, Realschule, Gymnasium und Gesamtschule nach der 4. Klasse statt.

2.4.2 Entscheid durch Elternwille

Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt sowie Schles­wig-Holstein sehen ebenso wie in Niedersachsen für die Entscheidung über die Schullaufbahn den Elternentscheid vor. Die Regelungen der einzelnen Länder sind ähnlich derer in Niedersachsen.

Grundsätzliche Unterschiede gibt es nur bezüglich des Zeitpunktes des Übergangs. In Berlin und Brandenburg umfasst die Grundschule sechs statt vier Jahre und folglich findet der Übergang in die weiterführenden Schulen erst nach der 6. Klasse statt. In Bremen gibt es die Besonderheit, dass sich nach der 4. Klasse der Grundschule die Orientierungsstufe anschließt, welche bis vor kurzem auch noch in Niedersachsen bestand. Die Orientierungsstufe umfasst die 5. und 6. Klasse, woran sich dann die weiterführenden Schulformen Haupt-, Realschule und Gymnasium sowie die Gesamtschulen anschließen. Das Empfehlungsverfahren findet somit nicht in der Grundschule, sondern der Orientierungsstufe statt.

Im Saarland gibt es stark abweichende Regelungen. Nach der Grundschule folgt die erweiterte Realschule und die Gesamtschule. Diese Schulformen sind Pflichtschulen und eine gesonderte Empfehlung ist nicht erforderlich. Nur für den Besuch des Gymnasiums, welches ab der 4. Klasse besucht werden kann, muss eine umfassende Beurteilung von den Lehrkräften erarbeitet werden. Die Entscheidung, ob ein Schüler das Gymnasium besuchen darf, treffen hier allerdings nicht die Eltern, sondern entscheiden die Lehrer durch die Empfehlung. Widersprechen die Eltern der Empfehlung der Lehrer, so kommt es zu einem speziellen Übergangsverfahren am Gymnasium, welches von der Schulaufsichtsbehörde vorgegeben wird.

3 Vorhersagbarkeit von Schullaufbahnen und Schulerfolg

„Trotz aller Bemühungen ist es bis heute den Erziehungswissenschaftlern, Psychologen und Schulpraktikern nicht gelungen, ein Übergangsverfahren zu entwickeln, das möglichst allen «geeigneten» Schülerinnen und Schülern den Wechseln in Realschule oder Gymnasium erlaubt, alle «nicht-geeigneten» dagegen fernhält.“[46] Diese Aussage von Portmann ist ein eindeutiges Statement zur Vorhersagbarkeit von Schulerfolg. Sie drückt aus, dass das derzeit praktizierte Übergangsverfahren nicht das leistet, was es leisten sollte, nämlich eine zuverlässige Prognose über die zukünftige Schullaufbahn der Schüler zu stellen. Auch zahlreiche andere Autoren beklagen die mangelnde Vorhersagbarkeit von Schulerfolg und treten dem Übergangsverfahren unabhängig davon, wer letztendlich über die Schullaufbahn des Kindes entscheidet, kritisch gegenüber. Beispielsweise behaupten Faust-Siehl u. a., dass bisherige „Leistungen und Verhaltensweisen [...] keineswegs den Schluss über zukünftige Erfolge“[47] erlauben und Entwicklungen sich nicht antizipieren lassen.[48] Es scheint insofern schwierig zu sein, eine sichere Prognose über die zukünftige Schullaufbahn des Schülers zu stellen. Portmann sagt dazu weiter, dass „es Prognosesicherheit im Einzelfall nicht geben kann“[49]. Dies liegt ihrer Aussagen nach nicht an „mangelnder Qualifikation oder ideologischer Verblendung“[50] der Lehrkräfte, sondern beruht auf die unvorhersehbare Entwicklung der Schüler, welche durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst wird. In der Zeitschrift Familie&Co wird zudem behauptet, dass etwa ein Drittel der gesamten Vorhersagen, die Lehrkräfte am Ende der 4. Klasse stellen, sich später als fehlerhaft erweisen.[51] Und auch in einem Artikel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung wird behauptet, dass die Selektion nach der 4. Klasse dazu führen wird, dass etwa 20% der Gymnasiasten auf ihrer Schule scheitern werden.[52] Inwiefern diese Werte wissenschaftlich fundiert sind, sei infrage gestellt. Allerdings lässt sich hier eine Tendenz über die Vorhersagbarkeit ablesen.

Wo genau die Schwierigkeiten dieses Prognostizierens von Schulerfolg liegen, soll im Folgenden erörtert werden.

3.1 Die Schwierigkeit der Prognose von Schulerfolg

Das grundsätzliche Problem des Vorhersagens von Schulerfolg liegt bereits in der Schwierigkeit der Beurteilung momentaner Leistung. In dem häufig zitierten Artikel ‚Übergang nach der Grundschule – zu früh und zufallsbestimmt’ von Bartnitzky[53] wird die Situation einer Schülerin namens Susanne beschrieben, welche nach der Grundschule das Gymnasium besuchen möchte. Doch dieser Übergang wird durch viele Faktoren beeinflusst. Der wichtigste Aspekt spricht dabei die Fragwürdigkeit der Notengebung an, die in die Empfehlung je nach Bundesland mit unterschiedlichem Gewicht einfließt.

Das Problem der Notengebung ergibt sich durch mehrere Gesichtspunkte. Die Note einer Schulleistung wird häufig durch die Leistungsfähigkeit der gesamten Klasse beeinflusst. In der Geschichte von Susanne handelt es sich um eine sehr leistungsstarke Klasse, in der ein sehr hohes Leistungsniveau herrscht. Für lernschwächere Kinder ergibt sich das Problem der Benachteiligung, da es für sie viel schwieriger ist, mit den Mitschülern leistungsmäßig mithalten zu können und die gleichen Leistungen geringer bewertet werden, als in einer eher leistungsschwachen Klasse.

Darüber hinaus ist die Notengebung immer subjektiv, da die Situation nur von dem einen Lehrer ausgeht, welcher nicht vorurteilslos an jeden Schüler herangehen kann. Es ist daher möglich, dass ein Schüler bei gleicher Leistung von unterschiedlichen Lehrern oder in unterschiedlichen Situationen stark voneinander abweichende Noten erhält. Noten sind somit nur in der jeweiligen Situation zu sehen und nicht mit anderen vergleichbar.[54]

Wichtiger Einflussfaktor bei der Beurteilung der Schüler hinsichtlich ihrer Lernleistung ist der soziale Hintergrund. Tillmann behauptet, dass es stark von der sozialen Stellung der Familie des Schülers abhängt, welche Schulform er besucht und welchen Schulabschluss er erreicht. Diese These wird dadurch gestützt, dass es Lehrkräften nicht möglich ist, Schülerleistungen nur objektiv zu bewerten. In die Bewertung spielen immer wieder Aspekte des Sprachgebrauchs, des Auftretens und des Verhaltens des Schülers mit ein, welche durch die soziale Herkunft des Kindes geprägt werden.[55] Im Rahmen der IGLU, der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung wurde bestätigt, dass „die Chance eines Kindes aus oberen Schichten mehr als zweieinhalb mal so groß ist, eine Gymnasialempfehlung zu erhalten, verglichen mit einem Kind aus unteren Schichten mit den gleichen kognitiven Grundfähigkeiten und Grundkompetenzen“[56]. Auch Feldmann behauptet, dass das „ökonomische, soziale und kulturelle Kapital ihrer Eltern, ihrer Klasse, ihres Geschlechts, ihres Wohnviertels etc. [...] den privilegierteren Kindern zu besseren Startchancen und, was wichtiger ist, an jeder Schaltstelle zu besseren Chancen“[57] verhilft. Nicht nur der soziale Hintergrund hat somit starken Einfluss auf die Bewertung eines Schülers.

[...]


[1] Schreiter 2005, S. 19

[2] Die Bezeichnung Schüler impliziert gleichzeitig auch Schülerinnen, ebenso sind bei Lehrer auch Lehrer­innen gemeint.

[3] Der Begriff Eltern wird in dieser Ausarbeitung synonym mit Erziehungsberechtigte verwendet.

[4] vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2005 a, S. 3

[5] ebd., S. 3

[6] ebd., S. 3

[7] Förderschulen werden auch als Sonderschulen oder Schulen für Behinderte bezeichnet.

[8] vgl. Sekretariat der Ständigen Kultusministerkonferenz der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2005, S. 2f

[9] Die Informationen stützen sich auf die Informationsunterlage des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK) der Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Das Sekretariat hat für den Übergang der Schüler von der Grundschule in die weiterführenden Schulen eine Informationsunterlage mit den allgemein geltenden Regelungen für Deutschland veröffentlicht. Die Inhalte dieser Informationsunterlage beruhen auf die Kultusministerkonferenz, dessen Grundfassung am 08. und 09. Dezember 1960 erarbeitet wurde.

[10] Avenarius, Jeand’Heur 1992, S. 17

[11] vgl. ebd., S. 17ff + 79

[12] Sekretariat der Ständigen Kultusministerkonferenz der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2003, S. 5

[13] Sekretariat der Ständigen Kultusministerkonferenz der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2003, S. 6

[14] Die Grundlagen entstammen dem Erlass „Die Arbeit in der Grundschule“ (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2004 a, Inhalt 6) und werden durch die vermerkte Literatur ergänzt.

[15] Niedersächsisches Kultusministerium 2004 a, Inhalt 7.3

[16] Näheres dazu wird in 2.4 Richtlinien der übrigen Länder erläutert.

[17] vgl. Beck 2002, S. 95; vgl. Bartnitzky, Christiani 1994, S. 176f

[18] Niedersächsisches Kultusministerium 2004 a, Inhalt 6.2

[19] vgl. Beck 2002, S. 95; vgl. Christiani, Heller 1981, S. 107

[20] vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2005 a, S. 7

[21] Herausgeber des Kriterienkatalogs ist das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (2000).

[22] vgl. Anhang, S. 4-7

[23] Niedersächsisches Kultusministerium 2005 a, S. 7

[24] Arbeitskreis Grundschule im Stadtelternrat Hannover 2003, S. 5

[25] Niedersächsisches Kultusministerium 2005 b, S. 6

[26] vgl. Christiani 1988, S. 24

[27] Niedersächsisches Kultusministerium 2004 a, Inhalt 7.1

[28] vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2005 a, S. 10

[29] vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2005 a, S. 4ff

[30] Die Inhalte dieses Abschnitts entstammen, wenn nicht anders angegeben, folgenden zwei Quellen: Erlass: Die Arbeit in der Grundschule (Niedersächsisches Kultusministerium 2004 a, Inhalt 7.3 + 7.5) und Schullaufbahnempfehlungen: Informationen, Anregungen, Hilfen (Niedersächsisches Kultusministerium 2005 a, S. 7f).

[31] vgl. Mannhaupt 1998, S. 27

[32] vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2005 a, S. 9; vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2004 a, Inhalt 8.3 - 8.5

[33] vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2005 a, S. 9

[34] Niedersächsisches Kultusministerium 2005 a, S. 17

[35] Niedersächsisches Kultusministerium 2005 b, S. 19

[36] vgl. Kowalczyk, Ottich 2003

[37] vgl. Kowalczyk, Ottich 2003, S. 7-16

[38] vgl. Kowalczyk, Ottich 2005

[39] Bartnitzky 1999, S. 13

[40] vgl. Bartnitzky 1999, S. 13

[41] vgl. Beutel 2004

[42] vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2005 a, S. 8

[43] vgl. Kowalczyk, Ottich 2003, S. 17

[44] Niedersächsisches Kultusministerium 2005 b, S. 19

[45] Die Informationen dieses Abschnitts mit seinen Unterpunkten sind der Informationsunterlage „Übergang von der Grundschule in die Schulen des Sekundarbereichs I“ des Sekretariats der Kultusministerkonferenz entnommen (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2003, S. 9-26)

[46] Portmann 1989, S. 48

[47] Faust-Siehl u. a. 1996, S. 153

[48] vgl. ebd., S. 153

[49] Portmann 1989, S. 49

[50] ebd., S. 49

[51] vgl. Wessolek 2004, S. 92

[52] vgl. Hannoversche Allgemeine Zeitung 18.06.04

[53] vgl. Bartnitzky 1999

[54] vgl. Bartnitzky 1999, S. 13

[55] vgl. Tillmann 2001, S. 125f

[56] Bos u. a. 2004, S. 219

[57] Feldmann 2005, S. 255

Fin de l'extrait de 189 pages

Résumé des informations

Titre
Die Bedeutung von Empfehlungsschreiben für Schülerinnen und Schüler nach der 4. Klasse aus Eltern- und Lehrersicht
Université
University of Hannover  (Philosophische Fakultät)
Note
1,0
Auteur
Année
2005
Pages
189
N° de catalogue
V47017
ISBN (ebook)
9783638440745
ISBN (Livre)
9783638707978
Taille d'un fichier
3381 KB
Langue
allemand
Annotations
Die Bedeutung von Empfehlungsschreiben für Schülerinnen und Schüler nach der 4. Klasse aus Eltern- und Lehrersicht, Gutachten, Übertritt in weiterführende Schulen, Beurteilung, Schullaufbahn: Die Examensarbeit gibt einen tiefen Einblick in das Thema Empfehlungsschreiben in Grundschulen für die weiterführenden Schulen. Die Arbeit beinhaltet ausführliche Analysen von Fallstudien inklusive der Transkripte. Es werden praktische Schlussfolgerungen für den schulischen Alltag gezogen, die für Eltern und Lehrer von großer Bedeutung sind und eine gute Hilfestellung für die Abwicklungs des Empfehlungsprozesses bieten. Sehr großer Anhang!
Mots clés
Bedeutung, Empfehlungsschreiben, Schülerinnen, Schüler, Klasse, Eltern-, Lehrersicht
Citation du texte
Christina Lücht (Auteur), 2005, Die Bedeutung von Empfehlungsschreiben für Schülerinnen und Schüler nach der 4. Klasse aus Eltern- und Lehrersicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47017

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