Die vorliegende Arbeit basiert auf Cassirers letztem Werk "Der Mythus des Staates", das sich mit den kulturhistorischen Voraussetzungen und der Entstehung des Nationalsozialismus auseinander setzt. Das Werk will klären, welche Rolle der Mythos innerhalb der Philosophiegeschichte, speziell in der Geschichte der Staatstheorie, spielt und ob er kontinuierlich dem rationalen Denken, dem Logos, weichen musste. Aus diesem langen Zeitraum habe ich mir die griechische Antike herausgenommen, um an ihr zu erforschen, wie sich das Verhältnis zwischen Mythos und Logos im Laufe von rund 400 Jahren gestaltete.
Für Cassirer bildet der Mythos eine besondere Art des Anschauens und Denkens. So wie der Mensch seine Welt in wissenschaftlichen, sprachlichen und künstlerischen Termini begrifflich erfasst, so fasst er sie auch in mythischen Bildern. Damit sind Mythen nicht nur Interpretationen von Riten, sondern sie sind auch "Ausdruck eines Fühlens", Mythos "ist Gefühl in Bild gewandelt" (Cassirer 2002, 59). Nach Cassirers Verständnis fallen die Mythen damit unter den Begriff der symbolischen Ausdrücke, ebenso wie das Faustballen oder das Stirnrunzeln symbolhafte Ausdrücke eines menschlichen Gefühls von Ärger oder Unverständnis sein können. Der symbolische Ausdruck ist allen kulturellen Aktivitäten gemeinsam, die dem animal symbolicum der "Objektivierung" seiner Sinnenswahrnehmungen im Sinne einer Klassifizierung und der Bildung von Begriffen dienen. Mythos ist die Kunst "seine am tiefsten verwurzelten Instinkte, seine Hoffnungen und seine Furcht" (Cassirer 2002, 65) auszudrücken und zu organisieren. Da die größte menschliche Angst diejenige vor dem Tod ist, drückt auch sie sich vornehmlich im Mythos aus. Und während der antike Stoizismus noch versuchte, den lebenden menschlichen Geist von der Furcht vor dem Tod zu befreien, löst am Ende erst die christliche Offenbarung den Konflikt, indem sie ein Leben nach dem Tod verspricht.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Was ist Mythos?
- 1. Das mythische Denken
- 2. Mythos und Ritual
- 3. Der Mythos in seiner Funktion als symbolischer Ausdruck
- III. Mythos und Logos in der frühen griechischen Philosophie bis zu Sokrates
- 1. Physiologie und Kosmologie
- 2. Theologie
- 3. Anthropologie
- a. Die Sophisten
- b. Sokrates
- IV. Platons neue Anthropologie und Mythologie
- 1. Die Πολιτεία
- 2. Psychologie
- 3. Mythologie
- a. Die angemessene Vorstellung von den Göttern
- b. Platons Mythen
- V. Zusammenfassung
- VI. Literatur
- VII. Quelleneditionen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Ernst Cassirers Auseinandersetzung mit dem Mythos, insbesondere im Kontext seiner politischen Philosophie und anhand seines Werks "Der Mythos des Staates". Die Analyse konzentriert sich auf die griechische Antike, um das Verhältnis von Mythos und Logos über einen Zeitraum von ca. 400 Jahren zu erforschen. Das Hauptziel ist es, Cassirers Verständnis von mythischem Denken zu beleuchten und dessen Rolle in der Geschichte der Staatstheorie zu ergründen.
- Cassirers Definition von mythischem Denken und dessen Abgrenzung vom wissenschaftlichen Denken.
- Die Funktion des Mythos in der frühen griechischen Philosophie und die Entwicklung des Verhältnisses von Mythos und Logos.
- Die Rolle des Mythos in Platons Staatstheorie und dessen Einfluss auf die politische Philosophie.
- Die Bedeutung des Rituals im Zusammenhang mit dem Mythos.
- Cassirers Interpretation verschiedener philosophischer Positionen zum Thema Mythos.
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung stellt Ernst Cassirer und sein Werk "Der Mythos des Staates" vor, in welchem er die kulturhistorischen Voraussetzungen und die Entstehung des Nationalsozialismus untersucht. Die Arbeit konzentriert sich auf die griechische Antike, um das Verhältnis von Mythos und Logos zu analysieren. Die methodischen Vorgehensweisen, wie die Zitierweise und die Quellenangaben, werden ebenfalls erläutert, wobei auf die Limitationen der Quellenkritik bei vorsokratischen Texten hingewiesen wird. Die Literaturliste wird als Auswahl der im Text zitierten Werke gekennzeichnet.
II. Was ist Mythos?: Dieses Kapitel beginnt mit Cassirers Definition von Mythos, basierend auf seinem Werk "Die Philosophie der symbolischen Formen". Es untersucht die Rolle und Funktion des Mythos in der Geschichte der politischen Theorie, von der Antike bis zur Aufklärung, wobei gezeigt wird, wie der Mythos bekämpft, aber gleichzeitig immer wieder neu entsteht. Cassirer stellt einen "radikalen Wechsel in den Formen politischen Denkens" ab dem 19. und 20. Jahrhundert fest, in dem mythisches Denken die Vernunft überwindet und zu einer neuen Macht aufsteigt, die im Nationalsozialismus ihren Höhepunkt findet.
III. Mythos und Logos in der frühen griechischen Philosophie bis zu Sokrates: Dieses Kapitel analysiert die Entwicklung des Verhältnisses von Mythos und Logos in der frühen griechischen Philosophie. Es beleuchtet die verschiedenen philosophischen Ansätze, untersucht deren Sichtweisen auf Kosmologie, Theologie und Anthropologie und wie diese sich mit dem Mythos auseinandersetzen. Die Kapitelteile zu Physiologie, Theologie und Anthropologie (inkl. Sophisten und Sokrates) zeigen die unterschiedlichen Versuche auf, das Weltbild und den Menschen zu verstehen und wie sich dabei der Einfluss des Mythos manifestiert und verändert.
IV. Platons neue Anthropologie und Mythologie: Dieses Kapitel behandelt Platons Philosophie und deren Auseinandersetzung mit Mythos. Es analysiert Platons "Politeia", die Psychologie und Mythologie Platons. Die Rolle von Mythen in Platons Werk wird untersucht und wie diese mit der neuen anthropologischen Sichtweise korrelieren. Der Fokus liegt auf der Frage, wie Platon mit dem Mythos umgeht und ihn in seine Staatstheorie integriert oder ihn zu überwinden versucht.
Schlüsselwörter
Ernst Cassirer, Mythos, mythisches Denken, Logos, griechische Philosophie, Platons Staatstheorie, politische Philosophie, Symbolische Formen, Ritual, Vernunft, Nationalsozialismus, Anthropologie, Theologie, Kosmologie.
Häufig gestellte Fragen zu "Der Mythos des Staates" (Cassirer)
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Ernst Cassirers Auseinandersetzung mit dem Mythos, insbesondere im Kontext seiner politischen Philosophie und anhand seines Werks "Der Mythos des Staates". Der Fokus liegt auf der griechischen Antike, um das Verhältnis von Mythos und Logos über einen Zeitraum von ca. 400 Jahren zu untersuchen. Das Hauptziel ist es, Cassirers Verständnis von mythischem Denken zu beleuchten und dessen Rolle in der Geschichte der Staatstheorie zu ergründen.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Cassirers Definition von mythischem Denken und dessen Abgrenzung vom wissenschaftlichen Denken; die Funktion des Mythos in der frühen griechischen Philosophie und die Entwicklung des Verhältnisses von Mythos und Logos; die Rolle des Mythos in Platons Staatstheorie und dessen Einfluss auf die politische Philosophie; die Bedeutung des Rituals im Zusammenhang mit dem Mythos; und Cassirers Interpretation verschiedener philosophischer Positionen zum Thema Mythos.
Welche Epochen und Philosophen werden untersucht?
Die Arbeit konzentriert sich auf die griechische Antike, von der frühen griechischen Philosophie bis zu Platon. Es werden verschiedene Philosophen und Denkschulen untersucht, inklusive der vorsokratischen Philosophen, der Sophisten und Sokrates, mit besonderem Fokus auf Platons Philosophie und seiner Auseinandersetzung mit dem Mythos.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in mehrere Kapitel gegliedert: Einleitung, eine Definition von Mythos, Mythos und Logos in der frühen griechischen Philosophie bis Sokrates, Platons neue Anthropologie und Mythologie, Zusammenfassung, Literaturverzeichnis und Quelleneditionen. Jedes Kapitel behandelt einen spezifischen Aspekt des Verhältnisses von Mythos und Logos und dessen Entwicklung im Laufe der Geschichte.
Wie definiert die Arbeit "Mythos"?
Die Arbeit definiert "Mythos" basierend auf Cassirers Werk "Die Philosophie der symbolischen Formen" und untersucht dessen Rolle und Funktion in der Geschichte der politischen Theorie, von der Antike bis zur Aufklärung. Es wird gezeigt, wie der Mythos bekämpft, aber gleichzeitig immer wieder neu entsteht, und wie mythisches Denken im 19. und 20. Jahrhundert die Vernunft überwindet.
Welche Rolle spielt Platon in dieser Arbeit?
Platons Philosophie und dessen Auseinandersetzung mit dem Mythos spielen eine zentrale Rolle. Die Arbeit analysiert Platons "Politeia", seine Psychologie und Mythologie, und untersucht, wie Platon mit dem Mythos umgeht und ihn in seine Staatstheorie integriert oder zu überwinden versucht.
Welche methodischen Vorgehensweisen werden angewendet?
Die Arbeit erläutert ihre methodischen Vorgehensweisen, einschließlich der Zitierweise und der Quellenangaben. Es wird auf die Limitationen der Quellenkritik bei vorsokratischen Texten hingewiesen, und die Literaturliste wird als Auswahl der im Text zitierten Werke gekennzeichnet.
Welche Schlüsselbegriffe sind zentral für die Arbeit?
Zentrale Schlüsselbegriffe sind: Ernst Cassirer, Mythos, mythisches Denken, Logos, griechische Philosophie, Platons Staatstheorie, politische Philosophie, Symbolische Formen, Ritual, Vernunft, Nationalsozialismus, Anthropologie, Theologie, Kosmologie.
- Arbeit zitieren
- Magistra Artium Silvia Bielert (Autor:in), 2005, Ernst Cassirer - Mythos und mythisches Denken in der antiken Philosophie bis zu Platons Staatstheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47039