Risiken und Chancen leistungsgerechter Bezahlung von Lehrkräften

Wie kann ein erfolgsabhängiges Vergütungssystem in Schulen effizient eingesetzt werden?


Term Paper, 2018

19 Pages, Grade: 2,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ökonomische Theorien zu Anreizverträgen
2.1 Grundlagen der Principal-Agent-Theory
2.2 Funktionsweisen von Anreizsystemen
2.3 Steuerung durch flexibler Lehrerbesoldung
2.4 Komplikationen bei Evaluation der Anreizwirkung

3. Programme zur Einführung von Lehrerleistungslöhnen
3.1 Studie in Andhra Pradesh
3.2 POINT-Experiment in Nashville
3.3 Vergleich, Analyse und Bewertung der Ergebnisse

4. Implementierung eines Leherleistungslohnsystems

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Vordergrund des Bildungswesens befindet sich zweifellos der Lernerfolg eines jeden Schülers, denn die daraus resultierenden Karrieremöglichkeiten sind für Individuum und Gesellschaft gleichsam relevant. Daher stehen verantwortliche Institutionen in der Pflicht sich um gut vermittelte und hochwertige Bildung zu bemühen. Wirtschaftswissenschaftler beklagen auch, dass Staatsausgaben nicht im Sinne der Leistungsverbesserung von Schülern eingesetzt werden und fordern dementsprechend neue Formen der Investitionen ins Bildungssystem. Die Unterrichtsqualität und die Leistung der Lehrer wird als wichtiges Steuerungsinstrument für die Verbesserung von Schülerleistung angesehen und immer wieder werden Versuche unternommen, diese zu optimieren.

Die leistungsorientierte Besoldung von Lehrern soll nicht nur effektiv die Schülerleistung verbessern können, sondern auch viel kosteneffizienter als ein Großteil der anderen Investitionen sein. Hierbei erhalten Lehrer gemäß eines nachweislich, höheren Lernerfolgs der Kinder monetäre Zulagen. Diese Anregung soll Lehrkräfte dazu ermutigen zusätzliche Aufgaben zu übernehmen, mehr Fortbildungen zu besuchen und sich für die Leistungsverbesserung des Schülers im Allgemeinen zu engagieren. Über die Wirksamkeit dieser Maßnahme herrscht in Gesellschaft, Politik und Forschung eine sehr gespaltene Haltung. In bestimmten Ländern wie Großbritannien ist eine derartige Vergütung für Lehrern bereits erfolgreich etabliert. Ein entsprechendes System existiert in Deutschland beispielsweise noch nicht. In weiteren Ländern werden vorerst Pilotprojekte und Studien durchgeführt, die die Effekte flexibler Besoldung von Lehrer untersuchen. Allerdings variieren die Vorgehensweisen und Ausführungen der Studien, was zur Folge hat, dass die Resultate unterschiedlich ausfallen.

Auf diese Studien soll im Folgenden näher darauf eingegangen werden. Im Mittelpunkt dieser Ausarbeitung steht die Kernfrage: Welche Ausgestaltungsmerkmale müssen vorhanden sein, damit das Konzept der erfolgsabhängigen Vergütung für Lehrkräfte funktioniert? Um sich dieser Problemstellung zu nähern, wird im Vorfeld mithilfe von Theorien aus der Personal, Institutions- und Bildungsökonomie der Aufbau externer Anreize verdeutlicht, darunter, welche äußeren Einflussgrößen externen Anreize hemmen bzw. verstärken. Anschließend wird die Effektivität leistungsbezogener Besoldung in den Studien bewertet. Die verschiedenen Ansätze werden vorgestellt, verglichen und analysiert. Zum Schluss wird ergründet, was die Einführung flexibler Zuschläge für Lehrende auf Basis von Schülerergebnissen rechtfertigt und unter welchen Startbedingungen ein solches System eingeführt werden kann.

2. Ökonomische Theorien zu Anreizverträgen

Damit ein klares Verständnis über das Konzept der flexiblen Lehrerbesoldung gewährt wird, müssen vorab Theoriemodelle aus der Institutions- und Personalökonomie in den Fokus gerückt werden. Wie sich im Laufe der Ausarbeitung herausstellen wird, beinhalten leistungsabhängige Vergütungssysteme für Lehrer wesentliche Elemente dieser Theorien. Im Anschluss kann so näher auf den Entwurf für Lehreranreizverträge eingegangen werden.

2.1 Grundlagen der Principal-Agent-Theory

Die als Principal-Agent-Theory bekannte Hypothese gibt darüber Auskunft wie die Implementierung externer Anreize abläuft. Kurzum handelt es sich hierbei um ein Modell der Kooperation zwischen einem Prinzipal (Auftraggeber) und einem Agenten (Auftragnehmer). Die Theorie nimmt dabei an, dass die jeweiligen Akteure ihren Nutzen maximieren wollen, konfligierende Interessen besitzen und der Agent einen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal hat. Der Agent kann dabei, zum Leidwesen des Prinzipals, diesen Vorsprung unbeobachtet für sich nutzen und so opportunistisch handeln. Der Prinzipal versucht folglich das Verhalten des Agenten zu kontrollieren. Er ist gezwungen geeignete Anreizverträge aufzusetzen, der ungünstige Handlungsweisen des Agenten unterbinden soll (vgl. Roiger, 2007, S.1).

Anreize können z.B. Vergütungs-, Sozialleistungs- oder Erfolgsbeteiligungssysteme sein, die entweder in einer materiellen (bspw. Geldprämien oder Sachleistungen) oder in einer immateriellen (bspw. Auszeichnungen oder zusätzlicher Urlaub) Form vorhanden sind (vgl. Krieg, 2013, S.10).

Generell ist die Reaktion auf externe Anreize stark. Sie können das Verhalten von Angestellten in eine Richtung lenken, die mit den Unternehmenszielen konform gehen auch, wenn die intrinsische Motivation der Angestellten nicht mit diesen Zielen vereinbar wäre (siehe Gibbs/Lazear, 2009, S.231). Jedoch ist es nicht unüblich, dass die Anreizsetzung in die entgegengesetzte Richtung verläuft. Beispielsweise werden monetäre Anreize auch immer von potenziellen Crowding-Out- Effekten begleitet, die das intrinsische Motivation des Agenten verdrängen können (siehe Gneezy/Meier/Rey-Biel, 2011, S.192). Das Anstrengungsniveau eines Handlungsträgers zur Durchführung einer Aufgabe mit monetären Anreizen ist im Vergleich zu einer Aufgabe ohne monetäre Anreizsetzung geringer. Aus der psychologischen Perspektive kann die Einführung externe Anreize als Verlust an Selbstbestimmung wahrgenommen werden, welche damit die Arbeitsfreude des Handelnden senkt. Die Principal- Angent-Theory hingegen nimmt an, dass der Prinzipal gegenüber dem Agenten einen Informationsvorsprung in Bezug auf die Schwierigkeit der Aufgabe oder der Fähigkeiten des Agenten zur Durchführung besitzt. Für den Agenten bedeutet die Anreizsetzung, dass die Aufgabe schwieriger zu bewältigen ist und ihn mehr Arbeitseinsatz abverlangt, was dann eine dauerhafte Senkung der intrinsischen Motivation für extra Arbeitspotenzial zur Folge hat. In Unternehmen, in denen Agenten tendenziell ihr Verhalten von Arbeitskollegen abhängig machen, neigen dazu sich nach der Anreizsetzung nicht an Vereinbarungen zu halten, weil die Anreize des Prinzipals signalisieren, dass nur wenige Agenten sich nach den aktuellen Zielvereinbarungen richten (vgl. Roiger, 2007, S.70 f.). Vor diesem Hintergrund steht der Prinzipal nun vor der Aufgabe einen Vertrag zu entwerfen, der den Agenten dazu ermutigt, Unternehmenszielen effizient nachzugehen.

2.2 Funktionsweise von Anreizsystemen

Eine Zusammenarbeit zwischen Prinzipal und Agent kommt immer dann zustande, wenn Interessenskonflikt, Umweltunsicherheit und Informationsasymmetrie bestehen. Diese Kooperation muss vertraglich festgelegt werden. Der Vertrag übermittelt dem Agenten somit aber auch das Recht, Entscheidungen im Auftrag des Prinzipals zu treffen (vgl. Alparslan, 2006, S.1), woraufhin zwei mögliche Agenturprobleme für den Prinzipal auftreten. Es kann nicht nachgewiesen werden, ob der Agent vollständig für die Erfüllung einer Aufgabe verantwortlich ist oder, ob andere Zufallsvariablen den Prozess beeinflussten. In der Ökonomie wird deswegen diese Situation Moral-Hazard genannt, weil die Komplikation einer Nicht-Beobachtbarkeit des Verhaltens (hidden action) nach Vertragsabschluss besteht. Doch auch vor Vertragsabschluss kennt der Prinzipal bestimmte Eigenschaften des Agenten nicht (h idden characteristics), die für den Auftrag von Wichtigkeit sein können. Was als Adverse-Selection bekannt ist, stellt ein Hindernis also schon beim Erwerb neuer Agenten dar (siehe Roiger, 2007, S.12 ff.).

Wirksame Anreizsysteme leisten auf Grund dessen bestimmte Mechanismen für die Vermeidung solcher Probleme, die in der Literatur als Substanzziele aufgeführt werden. Zunächst haben derartige Systeme immer ein Motivationsinteresse, das Mitarbeiter zielkonformen Leistungen animieren soll. Anreizverträge müssen aus dem Grund wünschenswertes Verhalten belohnen und ungewünschtes sanktionieren. Individuelle Bedürfnisse sind aber in der Regel nicht dann optimal befriedigt, wenn die primären Unternehmensziele optimal erreicht sind. Das Koordinationsinteresse des Anreizsystems hat das Ziel die Zusammenarbeit und Interaktion einzelner Organisationseinheiten zu fördern und Mitarbeiter auf die gemeinsamen Unternehmensziele auszurichten. Das Akquisitionsinteresse unterstützt die Selektionsfunktion von Anreizsystemen, weil die Anreize Bewerbern anzeigen, welche Belohnung sie bei vollständiger Erfüllung der Kriterien erwartet. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich qualifiziertere Agenten um die Stelle bewerben und weniger qualifizierte diese ablehnen, da aufgrund des Anreizes für die Bewerber erst transparent wird, nur mit guter Leistung das Nutzenmaximum zu erzielen. Das Unternehmen spart sich so zusätzliche Kosten bei der Ausfilterung der Bewerbungsunterlagen. Ebenso erreichen das Satisfaktionsinteresse und das Kompensationsinteresse eine Selektionsfunktion. Unter Ersterem wird verstanden, dass, um Frustration zu vermeiden, Agenten ihre Entlohnung in Anbetracht ihrer erbrachten Arbeitsleistung als angemessen empfinden. Nehmen unterdurchschnittlich Arbeitende ihre Besoldung als inakzeptabel wahr oder entdecken alternative Tätigkeiten, die höheren individuellen Nutzen erwarten lassen, verlassen sie das Unternehmen, während gut leistende Mitarbeiter wegen der Anreizausschüttung zum Bleiben motiviert werden. Ähnliches meint Letzteres: Frustration bei Anreizempfängern wird vermieden, wenn die Entlohnung gemessen zu den zugemuteten Arbeitsbedingungen als angemessen empfunden werden (vgl. Krieg, 2013, S.11 ff.).

Auch im Kontext des Bildungswesens wird hinsichtlich möglicher Leistungsverbesserungen von Schülern über die Einführung finanzieller Anreize für Lehrer debattiert. Im Idealfall animieren Anreize unmotivierte Lehrer dazu, einen ambitionierteren Unterricht zu führen und im Interesse des Lernerfolgs von Schülern zu handeln. Die potenziell negativen Auswirkungen der Anreize sind wiederum nicht zu vernachlässigen. Sollten Testergebnisse als einziger Maßstab für die Ausschüttung der Zulagen sein, verleitet es Lehrer dazu, auf Kosten der Schülerbildung, lediglich mit relevanten Prüfungsinhalten zu unterrichten. Weiterhin können Lehreranreize zu schädlichem Wettbewerb unter Lehrern führen, wie auch die bloße Umsetzung des Systems ohne klare Zielsetzung Lehrer im Unwissen lässt, wie sie die Leistung der Schüler zu verbessern haben, oder sind die Anreize irritierend oder zu schwach, haben sie keine Effekte auf den Arbeitsaufwand der Lehrer (Fryer, 2013, S.11).

Der nächste Abschnitt handelt davon, wie mithilfe der Ausgestaltung des Anreizsystems den oben genannten Konsequenzen entgegengewirkt werden kann.

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Details

Title
Risiken und Chancen leistungsgerechter Bezahlung von Lehrkräften
Subtitle
Wie kann ein erfolgsabhängiges Vergütungssystem in Schulen effizient eingesetzt werden?
College
Ruhr-University of Bochum
Course
Bildungsökonomie
Grade
2,3
Author
Year
2018
Pages
19
Catalog Number
V470953
ISBN (eBook)
9783668963191
ISBN (Book)
9783668963207
Language
German
Keywords
risiken, chancen, bezahlung, lehrkräften, vergütungssystem, schulen
Quote paper
Norman Belusa (Author), 2018, Risiken und Chancen leistungsgerechter Bezahlung von Lehrkräften, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/470953

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