Der Marshall-Plan. Ein Beitrag zur Teilung Europas?


Dossier / Travail de Séminaire, 2019

16 Pages

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Marshall-Plan

3. Entstehung und Entwicklung des ERPs

4. Der Beginn des Kalten Krieges

5. Die Bedeutung des Marshall-Plans im Kalten Krieg

6. Marshall-Plan als ein Beitrag zur Teilung Europas?

7. Abkürzungsverzeichnis

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges fand mit dem Sieg der Alliierten Koalition gegen die faschistischen Horden Hitlers vom 4. bis 11. Februar 1945 die Konferenz von Jalta mit „den drei Großen“ Roosevelt, Churchill und Stalin statt. Dort einigten sie sich auch auf die Westgrenze Polens (Oder-Neiße-Linie), aber auch auf die Aufteilung Deutschlands in vier Gebiete unter der Kontrolle der siegreichen Verbündeten.

Die endgültige diesbezügliche Entscheidung fiel jedoch erst auf der Potsdamer Konferenz, die vom 17. Juni bis 02. August 1945 stattfand. Die USA wurden durch Präsident Truman vertreten, dem Nachfolger Präsident Roosevelts, der am 12. April 1945 starb. Die Briten und die Sowjets wurden in Jalta von Churchill und Stalin vertreten. Bei dieser Konferenz wurde außerdem entschieden, dass Berlin in vier Sektoren aufgeteilt werden sollte. Die Auseinandersetzungen zwischen den Sowjets und dem Westen, insbesondere den Amerikanern, spitzten sich schnell zu und deuteten eine rasche Spaltung Europas in zwei Lager an, dem sozialistischen und dem kapitalistischen.

Am 05. März 1946, nur sieben Monate nach der Potsdamer Konferenz, definierte der britische Premierminister Churchill in Missouri – in den USA – die Trennung der beiden „Welten“, entlang einer roten Linie in Westen und Osten. Angesichts der massiven Zerstörung in der Nachkriegszeit, der äußert schwerwiegenden, wirtschaftlichen, finanziellen und humanitären Lage in Europa sowie der Konfrontation zwischen der Sowjetunion und den westlichen Nationen treffen die USA eine beispiellose historische Entscheidung: einen umfassenden Plan – den Marshall-Plan – um Berlin, Deutschland aber auch ganz Europa mit Lebensmitteln, Kraftstoff, Kleidung, Medikamenten aber auch mit direkten finanziellen Mitteln für den Wiederaufbau zu versorgen.

In dieser Arbeit werde ich mich mit dem Marshall-Plan beschäftigen. Das wichtigste Ziel bzw. die wichtigste Frage lauten in dieser Arbeit: Kann der Marshall-Plan als ein Beitrag zur Teilung Europas in zwei Teile gesehen werden? In Folgenden soll dieser Frage nachgegangen werden.

2. Der Marshall-Plan

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges brachen in den meisten europäischen Ländern alle wirtschaftlichen Strukturen zusammen. Eine Missernte 1946 und ein strenger Winter 1946/47 führten zu Hungersnöten. Es fehlte an Nahrungsmitteln, Kraftstoff, Produktionsmitteln und Kapital. Darüber hinaus gab es keine funktionale Arbeitsteilung mehr. Gleichzeitig brach der Markt für die US-Wirtschaft ein. Aufgrund von Inflation und instabilen Währungen konnten europäische Länder die Importe aus den USA nicht mehr in Dollar bezahlen.

Vor diesem Hintergrund wurde klar, dass Europa ohne eine Außenhilfe wirtschaftlich nicht handlungsfähig werden kann1. Am 5. Juni 1947 schlug der US-Außenminister George C. Marshall in einer Rede an der Harvard Universität vor, dass die europäischen Staaten ein gemeinsames Wiederaufbauprogramm aufstellen sollten. Die USA würden sie beraten und finanziell unterstützen2. Zuvor bot die US-Regierung direkte oder indirekte Hilfe über die UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Administration) in Milliardenhöhe an, insbesondere an Großbritannien3.

Da diese jedoch weniger erfolgreich waren, wurde ein allgemeines europäisches Programm verschoben. Einerseits die Gefahr von übertriebenen individuellen Ansprüchen bestand und einzelne Bittsteller hätten gerettet werden können, andererseits sollte die Zersplitterung Europas überwunden werden4. Die US-Regierung betrachtete die wirtschaftliche Stabilisierung Europas als ein wesentliches Element der Kontrollpolitik, da dies nicht nur die wirtschaftlichen Schwierigkeiten beheben, sondern auch die Ausbreitung des Kommunismus stoppen würde. In Frankreich und Italien kam es aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten zum Erstarken kommunistischer Parteien5.

Am 04. Juli 1947 luden die britische und französische Regierung insgesamt 22 Staaten zu einer Konferenz nach Paris ein. Am 09. Juli lehnte Polen die Einladung aufgrund des sowjetischen Drucks ab, gefolgt von Albanien, Bulgarien, Finnland, Jugoslawien, Rumänien, der Tschechoslowakei und Ungarn. Die Teilnehmer der Pariser Konferenz bildeten das CEEC (Committee of European Economic Cooperation), welches am 16. Juli 1947 seine Arbeit aufnahm6. Am 03. April 1948 verabschiedete der US-Kongress das ERP (Europea Recovery Program), das nach seinem Initiator auch als Marshall-Plan bezeichnet wird.

Einen Tag später wurde es von Präsident Truman in Kraft gesetzt. Die Teilnehmer der Pariser Konferenz beschlossen am 16. April 1948 zusammen mit Frankreich und Großbritannien die OEEC (The Organisation for European Economic Co-operation). Dies war eine Bedingung der USA für die Teilnahme am Marshall-Plan7. Ziel des Marshall-Plans war die Integration der europäischen Länder in ein neues Wirtschaftssystem. Westeuropa muss innerhalb von vier Jahren durch höhere Produktion, Währungs- und Finanzstabilisierung und steigenden Außenhandel ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht erreichen8.

Die US-Regierung erwartete eine enge Zusammenarbeit mit und zwischen westeuropäischen Ländern, schloss sich dem Währungssystem von Bretton Woods an und reduzierte alle mengenmäßigen Beschränkungen des Handels sowie die Umsetzung des GATT (General Agreement on Tariffs and Trage)9. Darüber hinaus wurden die Bedingungen des ERPs so gestaltet, dass die Staaten im sowjetischen Machtbereich ihre engen wirtschaftlichen Beziehungen zur Sowjetunion aufgeben mussten10.

Die osteuropäischen Länder mussten die internationale Arbeitsteilung durch die Embargopolitik verlassen. Das gemeinsame Wiederaufbauprogramm war zu einem westeuropäischen Programm mit klarer antisowjetischer Stoßrichtung geworden11. Durch die Entwicklung des Wohlstandes müssen die Nationen das westliche Lager betreten oder gehalten werden12. Um die Bevölkerung zu unterstützen, wurden alle ERP-Hilfsgüter als solche identifiziert. Auch alle aus US-Mitteln finanzierten Projekten wurden mit Bauschildern gekennzeichnet.

Um den Handel zwischen den Teilnehmerstaaten zu fördern und gleichzeitig den Handel mit dem Ostblock einzuschränken, waren die Ausfuhren in europäische Länder außerhalb der OEEC sehr begrenzt, und gleichzeitig mussten die Einkäufe aus diesen Ländern von den USA genehmigt werden13.

3. Entstehung und Entwicklung des ERPs

Der US-Außenminister George C. Marshall kommentierte die Gründe für die Entstehung des europäischen Konjunkturprogramms und sagte, dass die Moskauer Außenministerkonferenz vom 10. März bis 24. April 1947 in Moskau von entscheidender Bedeutung war. Die Konferenzen in London, Paris, New York und schließlich Moskau führten nicht zu einer Einigung der vier Siegermächte des Zweiten Weltkrieges bezüglich einer gemeinsamen Deutschlandpolitik.

Aus amerikanischer Sicht scheiterten die Verhandlungen unter anderem an der Schaffung einer zentralen Verwaltung, Reparationen und zukünftiger Wirtschaftspolitik in den vier Besatzungsbereichen. Am 12. März 1947 brachte der Präsident Truman die US-Weltführerschaft zum Ausdruck und setzte ein deutliches Zeichnen, dass die USA ihre Zusammenarbeit mit der Sowjetunion aufgeben wird. Die nun von den USA betriebene „Kontrollpolitik“ sollte, vor allem durch die wirtschaftliche Stabilisierung Westeuropas, den Einfluss der UdSSR eindämmen. Im Frühjahr desselben Jahres begannen die Pläne für ein europäisches Wiederaufbauprogramm.

Die Schaffung eines Programms für den Wiederaufbau und die Schaffung einer Wirtschaftsunion der europäischen Staaten waren besonders wichtige Ziele der Entwicklungshilfe, die gegebenenfalls auch durch den wirtschaftlichen Druck der USA erreicht werden sollten. Die beiden Regierungen, sowohl die USA als auch die Briten, stimmten zu, die Situation in Europa zu übernehmen und den Wiederaufbau voranzutreiben14. Sie stimmten außerdem zu, dass sie dieses Projekt ohne Zustimmung oder Genehmigung der beiden anderen Verbündeten beginnen würden15.

Die Bedeutung des schnellen Wiederaufbaus Europas für die britische Regierung wurde einige Tage nach dem Treffen mit Marshall vom britischen Außenminister Bevin deutlich gemacht, wobei erneut auf die angespannte Situation in Deutschland hingewiesen wurde.

George C. Marshall appellierte sowohl an den amerikanischen als auch an den britischen Militärgouverneur, um einen Plan auf industrieller Ebene zu entwickeln16. Der Außenminister Marshall stellte der internationalen Öffentlichkeit in einer Rede vom 05. Juli 1947 an der Harvard Universität das europäische Konjunkturprogramm vor. Das Programm zielte auf die Wiederherstellung der innereuropäischen Arbeitsteilung und die Integration Europas in die US-Weltwirtschaft ab. Diese Politik richtet sich nicht direkt gegen den Kommunismus, sondern gegen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Menschen, die den USA zufolge der Kommunismus nährte17. Auch sollte dieses Programm allen europäischen Staaten zur Verfügung stehen, da die US-Politik nicht gegen andere Länder oder gegen die Lehre gerichtet ist, sondern nur gegen Hunger, Armut, Verzweiflung und Chaos18.

Die Sowjetunion war nicht bereits, die Kontrolle über die Verwaltung der Wirtschaft und die Verwendung von Ressourcen aufzugeben. Die Sowjetunion argumentiert, dass die amerikanischen Mittel und Wiederaufbaupläne nicht in ganz Europa verwendet werden sollten, sondern nur für die Gebiete, die ihnen unterstellt sind, weil so etwas die nationale Souveränität verletzen würde und die amerikanische Intervention die Staaten in ihrer besonderen Politik berauben würde19. Der sowjetische Außenminister Molotow lehnte es ab, ein Wiederaufbauprogramm unter der Einbeziehung Deutschlands zu unterstützen, bevor die vier Siegermächte die verfassungsrechtlichen Bedingungen für einen Friedensvertrag mit Deutschland ausgehandelt hatten.

Er betonte dies, da dieses Wiederaufbauprogramm für ihn auch einen Verzicht der vier Gewinnerstaaten auf die Zahlung einer Entschädigung darstellte. Dies war auch sein Argument gegenüber dem französischen Außenminister George Bidault und dem britischen Außenminister Ernst Bevin, die sich jedoch trotz dessen erneut auf amerikanische Prinzipien des Wiederaufbaus stützen. Daraufhin zog sich Molotow von der Konferenz zurück.

Nach der dreigliedrigen Konferenz in Paris war klar, dass die Umsetzung ohne Unterstützung der Sowjetunion stattfinden würde, da diese unmöglich war. Der Wiederaufbau im Sinne von Marshalls Vorschlägen wurde zu einem reinen westeuropäischen Programm, das zumindest nach dem Scheitern der Konferenz der drei Mächte im Juni 1947 in Paris mit einer antisowjetischen Stoßrichtung begann. William Claytons Ansicht war auch, dass die stagnierende Situation nicht nur mit der Dollarlücke, sondern auch mit der fehlenden wirtschaftlichen Integration zusammenhing.

Diese Erkenntnis basierte auf früheren erfolglosen Versuchen, einzelne Staaten zu helfen. Der Marshall-Plan sollte nur unter der Voraussetzung genehmigt werden, dass eine gemeinsame europäische Wirtschaftsorganisation gegründet wird.

Dadurch wurde sichergestellt, dass die innereuropäische Arbeitsteilung wiederhergestellt wurde und der Wettbewerb zunahm. Infolgedessen müssten weniger Einfuhren aus den USA vorgenommen werden, wodurch die Dollarlücke geschlossen werden konnte. Eine Wiedergesundung Europas konnte nur mit europäischer Zusammenarbeit funktionieren. Das Ausscheiden des Ostens aus dem europäischen Wiederherstellungsprojekt wurde diese Funktion noch wichtiger als zuvor gedacht.

Das CEEC wurde am 12. Juli 1947 von 16 europäischen Ländern gegründet, mit der Aufgabe einen Wiederaufbauplan zu entwickeln. Die wirtschaftliche Erholung Deutschlands und Österreichs war eine Voraussetzung für den Wiederaufbau Europas.

Für Deutschland war der Marshall-Plan nicht nur von wirtschaftlicher, sondern auch politischer Bedeutung. Er setzte eine Wiederaufbaupolitik fest und förderte die Integration in den Westen und die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesrepublik Deutschland wurde am 23. Mai 1949 gegründet und trat am 31. Oktober der OEEC bei20. Die OEEC war die erste internationale Organisation, in die die Bundesrepublik Deutschland aufgenommen wurde. Am 15. Dezember 1949 unterzeichneten Bundeskanzler Adenauer und der US-amerikanische Hochkommissar McCloy einen neuen ERP-Vertrag zwischen den USA und Deutschland21.

Der Wiederaufbau Deutschlands führte jedoch auch zu gewaltsamen Protesten. Vor allem in Frankreich befürchtete man, dass das wirtschaftlich starke Deutschland gleichzeitig zu einer militärischen Bedrohung werden könnte. Frankreich musste jedoch die deutschlandpolitischen Aspekte des Marshall-Plans akzeptierten, da es wirtschaftlich von den USA abhängig war. Zum Ausgleich nahm Frankreich Marshall-Gelder als Ersatz für deutsche Reparationen.

Zudem wurde Deutschland in ein europäisches Bündnis integriert. Damit war der Wiederaufbau Deutschlands insbesondere für Frankreich akzeptabel geworden. Mit den Hilfsleistungen sollten die Besatzungskosten langfristig gemindert und unkoordinierte Hilfsleistungen vermieden werden.

[...]


1 Vgl.: Axel Lehmann: Der Marshall-Plan und das neue Deutschland. Die Folgen amerikanischer Besatzungspolitik in den Westzonen, Münster 2000, S. 41-42.

2 Vgl.: Gerd Hardach: Der Marshall-Plan. Auslandshilfe und Wiederaufbau in Westdeutschland 1948-1952, München 1994, S. 9-10.

3 Vgl.: Ebda., S. 41-42.

4 Vgl.: Axel: Der Marshall-Plan, S. 41-42.

5 Vgl.: Stephen Ambrose: Rise to Globalism. American Foreign Policy since 1938, London 1971, S. 140-141.

6 Vgl.: Axel: Der Marshall-Plan, S. 46-47.

7 Vgl.: Ebda., S. 46-47.

8 Vgl.: Gerd: Der Marshall-Plan, S. 11-12.

9 Vgl.: Ebda., S. 12-13.

10 Vgl.: Ebda., S. 42-43.

11 Vgl.: Ebda., S. 48-49.

12 Vgl.: Axel: Der Marshall-Plan, S. 34-35.

13 Vgl.: Ute Daniel: Dollardiplomatie in Europa. Marshallplan, kalter Krieg und US-Außenwirtschaftspolitik 1945-1942, Düsseldorf 1982, S. 54-55 und S. 63-64.

14 Vgl.: Charles P. Kindleberger: Zur Entstehung des Marshall-Plans. Erinnerungen an die Politischen Entwicklungen in Deutschland 1945-1947, in: Charles Maier (Hg.): Deutschland und der Marshall-Plan, Baden-Baden 1992, S. 89-90.

15 Vgl.: Gerd: Der Marshall-Plan, S. 31-32.

16 Vgl.: Ebda., S. 32-33.

17 Vgl.: Ebda., S. 42-43.

18 Vgl.: Ebda., S. 45-46.

19 Vgl.: Michael J. Hogan: Europäische Integration und deutsche Reintegration. Die Marshallplaner und die Suche nach Wiederaufbau und Sicherheit in Westeuropa, in: Charles Maier (Hg.): Deutschland und der Marshallplan, Baden-Baden 1992, S. 150-151.

20 Vgl.: Alex: Der Marshall-Plan, S. 63-64.

21 Vgl.: Ebenda., S. 63-64.

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Der Marshall-Plan. Ein Beitrag zur Teilung Europas?
Année
2019
Pages
16
N° de catalogue
V471035
ISBN (ebook)
9783668961289
ISBN (Livre)
9783668961296
Langue
allemand
Mots clés
marshall-plan, beitrag, teilung, europas, kalter krieg, bedeutung, österreich, deutschland, UdSSR, entwicklung, entstehung, erps, oeec, ceec
Citation du texte
Anonyme, 2019, Der Marshall-Plan. Ein Beitrag zur Teilung Europas?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/471035

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