Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Grundlagen leistungsorientierter Vergütung
2.1.1 Einführung und Begrifflichkeiten
2.1.2 Aktuelle Verbreitung
2.1.3 Funktionen
2.2 Grundlagen von Vertrauen
2.2.1 Einführung in den Vertrauensbegriff
2.2.2 Verbindung von Vertrauens- und Unternehmenskultur
2.2.3 Entstehung und Entwicklung von Vertrauensbeziehungen
2.2.4 Die Rolle des Selbstvertrauens
3 Analyse der Einflüsse leistungsorientierter Vergütung auf die Vertrauenskultur
3.1 Die Parameter leistungsorientierter Vergütung
3.2 Die Determinanten einer Vertrauenskultur
3.3 Einschätzung der Einflüsse leistungsorientierter Vergütung auf die Vertrauenskultur
3.4 Relevante Erkenntnisse und Gestaltungshinweise
4 Kritische Würdigung der Arbeit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Kernwerte nach Führungskräftebefragung
Abbildung 2: Lohnformen
Abbildung 3: Variabler Vergütungsanteil nach Karrierestufe
Abbildung 4: Existenz leistungsorientierter Vergütungsbestandteile nach Berufsfeld
Abbildung 5: Funktionen leistungsorientierter Vergütung
Abbildung 6: Stufenmodell zur Entstehung von Vertrauen nach Lewicki und Bunker
Abbildung 7: Der Regelkreis des Vertrauens
Abbildung 8: Parameter leistungsorientierter Vergütung
Abbildung 9: Indirekter Einfluss leistungsorientierter Vergütung auf die Vertrauenskultur
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Zusammenfassung relevanter Ansätze zum Konstrukt des Vertrauens
Tabelle 2: Einfluss des Parameters Leistungsbeurteilung auf die Determinanten einer Vertrauenskultur
Tabelle 3: Einfluss des Parameters Zieldimension auf die Determinanten einer Vertrauenskultur
Tabelle 4: Einfluss des Parameters Leistungskriterien auf die Determinanten einer Vertrauenskultur
Tabelle 5: Einfluss des Parameters Zielanpassung auf die Determinanten einer Vertrauenskultur
Tabelle 6: Einfluss des Parameters Partizipationsgrad auf die Determinanten einer Vertrauenskultur
Tabelle 7: Einfluss des Parameters Feedback auf die Determinanten einer Vertrauenskultur
Tabelle 8: Einfluss des Parameters Kommunikation auf die Determinanten einer Vertrauenskultur
Tabelle 9: Einfluss des Parameters Auszahlungsfrequenz auf die Determinanten einer Vertrauenskultur
Tabelle 10: Einfluss des Parameters Variabler Vergütungsanteil auf die Determinanten einer Vertrauenskultur
Tabelle 11: Einflüsse aller Parameter leistungsorientierter Vergütung auf die Determinanten einer Vertrauenskultur
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Variable Vergütungsformen sind heutzutage eine gängige Praxis in Unternehmen.[1] Die Grundidee ist immer, einen leistungsorientierten Anteil zusätzlich zum Grundgehalt variabel auszuzahlen. Die zentrale Funktion dieser Vergütungsform besteht darin, Mitarbeiter[2] zu motivieren und die Handlungsmotive der Fach- und Führungskräfte in Einklang mit den strategischen Zielen des Unternehmens zu bringen.[3] Leistungsorientierte Vergütungsmodelle sind jedoch nicht unumstritten. Hauptkritikpunkt ist, dass die erhoffte Motivationsfunktion nicht immer gewährleistet ist und sogar ein gegenteiliger, demotivierender Effekt auftreten kann.[4] Aus diesem Grund kündigte der Konzernchef des großen Industriekonzerns Bosch Ende 2015 an, leistungsorientierte Vergütungsbestandteile bei seinen Fach- und Führungskräften ersatzlos streichen zu wollen.[5] Leistungsorientierte Vergütungsmodelle können allerdings auch die Beziehungen innerhalb eines Unternehmens belasten und damit womöglich die Einstellung zu einer gesamten Organisation beeinflussen.[6] Diesem Aspekt wird im Zusammenhang mit leistungsorientierten Vergütungsmodellen verhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl eine intakte Vertrauenskultur zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren und Wettbewerbsvorteilen eines Unternehmens gehört.[7] Gemäß einer Führungskräftebefragung der deutschen Wertekommission gilt Vertrauen derzeit als bedeutendster Wert (vgl. Abb. 1).
Abbildung 1: Kernwerte nach Führungskräftebefragung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, Zahlen von: Wertekommission – Initiative Werte Bewusste Führung e. V. (2015), S. 27.
Die Gründe für die verstärkte Relevanz von Vertrauen liegen im Wesentlichen in den sich schnell wandelnden Umweltbedingungen.[8] Um den heutigen Anforderungen gerecht zu werden, müssen flexible Organisationsformen mit flachen Hierarchien und einer hohen Innovationskraft existieren.[9] Der hierfür benötigte Mitarbeitertyp ist verantwortungsvoll, selbstständig und kreativ. Für die Herausbildung dieser Eigenschaften ist Vertrauen ein entscheidender Faktor.[10] Eine intakte Vertrauenskultur ist außerdem notwendig für die Akzeptanz häufiger organisationaler Veränderungen.[11] Wichtig ist zudem, dass ein gewisses Maß an Vertrauen die Voraussetzung zur Bildung einer Unternehmenskultur darstellt, da andernfalls die durch die Unternehmenskultur überlieferten Werte nicht als gelebt wahrgenommen werden.[12] Vertrauen ist daher der Grundstein einer gelebten Unternehmenskultur und damit ein Fundament dauerhaften Führungserfolgs.[13]
In dieser Arbeit wird leistungsorientierte Vergütung mit dem Thema Vertrauenskultur in Zusammenhang gebracht. Die zentrale Forschungsfrage lautet demnach: Welche Einflüsse hat eine leistungsorientierte Vergütung auf die Vertrauenskultur in Unternehmen?
1.2 Zielsetzung
Das Ziel dieser Arbeit ist nicht, eine abschließende Antwort auf die Frage zu finden, ob leistungsorientierte Vergütungsmodelle im Allgemeinen ratsam sind. Da motivationstheoretische Aspekte in dieser Arbeit außer Acht gelassen werden, ist eine Beantwortung dieser Frage auch nicht möglich. Die Vernachlässigung motivationstheoretischer Aspekte liegt darin begründet, dass hier der Forschungsstand in Bezug auf leistungsorientierte Vergütung bereits sehr hoch ist und daher kaum neue Erkenntnisse zu erwarten sind. Aus diesem Grund konzentriert sich diese Arbeit auf den Zusammenhang zwischen leistungsorientierten Vergütungsbestandteilen und einer Vertrauenskultur. Es sollen zentrale Einflussfaktoren aufgezeigt werden, die bei der Anwendung leistungsorientierter Vergütung die Vertrauenskultur beeinflussen können. Zur Erreichung dieses Gesamtziels wird eine deskriptive, analytische und pragmatische Zielsetzung verfolgt. Das deskriptive Ziel besteht darin, die theoretischen Grundlagen dieser Arbeit strukturiert zu beschreiben, um die Erreichung des analytischen Ziels zu ermöglichen. Im analytischen Teil werden die zuvor erarbeiteten theoretischen Grundlagen tiefgehend analysiert, indem relevante Parameter leistungsorientierter Vergütung mit den Determinanten einer Vertrauenskultur verknüpft werden. Daraus werden neue Erkenntnisse bezüglich des Zusammenhangs der beiden Aspekte generiert. Das pragmatische Ziel dieser Arbeit besteht abschließend darin, Gestaltungshinweise dahingehend zu erarbeiten, auf welche Aspekte bei der Umsetzung leistungsorientierter Vergütungssysteme verstärkt geachtet werden sollte, um Gefahren für die Vertrauenskultur zu reduzieren oder sogar positiven Einfluss leistungsorientierter Vergütungssysteme auf die Vertrauenskultur zu erzeugen.
1.3 Vorgehensweise
Das Vorgehen in dieser Arbeit ist eng mit den zuvor beschriebenen Teilzielen verbunden. Da das Gesamtziel die Untersuchung der Einflüsse leistungsorientierter Vergütung auf die Vertrauenskultur in Unternehmen ist, werden zunächst diese beiden Aspekte in Kapitel 2 anhand einschlägiger Literatur erfasst. Kapitel 2.1 konzentriert sich auf das Thema leistungsorientierte Vergütung und geht darauf ein, was inhaltlich unter dem Ausdruck zu verstehen ist und in welchem Ausmaß leistungsorientierte Vergütung in Unternehmen praktiziert wird. Zudem werden die unterschiedlichen Funktionen beschrieben, die mit der Anwendung leistungsorientierter Vergütungssysteme verfolgt werden, da sich hieraus später wichtige Bezugspunkte zu Aspekten des Vertrauens herstellen lassen. In Kapitel 2.2 wird der Vertrauensbegriff sowie dessen theoretische Hintergründe erarbeitet. Nachdem die verschiedenen Vertrauensarten dargestellt wurden, wird der Blick auf kulturelle Aspekte eines Unternehmens gerichtet. Abschließend wird dargelegt, wie Vertrauensbeziehungen entstehen und welche Bedeutung das Selbstvertrauen hierbei spielt. Das dritte Kapitel bildet den analytischen Teil der Arbeit und schließt mit dem pragmatischen Teil ab. Hier werden zunächst relevante Parameter zur Gestaltung leistungsorientierter Vergütungssysteme erarbeitet. Danach werden Determinanten einer Vertrauenskultur entwickelt, welche die Verbindung zwischen den Parametern leistungsorientierter Vergütung und einer Vertrauenskultur bilden. In einem nächsten Schritt werden die Parameter leistungsorientierter Vergütung mit den Determinanten einer Vertrauenskultur in Verbindung gebracht und somit die zentralen Einflussfaktoren verdeutlicht. Darauffolgend sollen im pragmatischen Teil Gestaltungshinweise entwickelt werden, die aufzeigen, wie Gefahren für die Vertrauenskultur reduziert werden können oder sogar ein positiver Einfluss erzeugt werden kann. Abschließend findet in Kapitel 4 eine kritische Würdigung der erlangten Erkenntnisse statt, um an dieser Stelle auch zusätzlich auf weiteren Forschungsbedarf hinzuweisen.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Grundlagen leistungsorientierter Vergütung
2.1.1 Einführung und Begrifflichkeiten
Zu Beginn soll ein generelles Verständnis zum Thema leistungsorientierte Vergütung geschaffen und genauer definiert werden, was unter den beiden Begriffen zu verstehen ist. Der Begriff Vergütung wird hierbei synonym zu ähnlichen Begriffen wie Lohn, Gehalt oder Entgelt verwendet und daher nicht explizit davon abgegrenzt, da sich die Bedeutung definitorischer Unterschiede auf Grund von allumfassenderen Tätigkeitsbereichen der Arbeitnehmer zunehmend verringert.[14] Aus diesem Grund umfasst der Begriff Vergütung in dieser Arbeit alle Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit.
Allerdings soll der Blick nicht auf alle Einkünfte gerichtet werden, sondern nur auf diejenigen Vergütungsbestandteile, die leistungsorientiert gezahlt werden und daher eng an die Leistung eines Mitarbeiters gekoppelt sind. Abbildung 2 verdeutlicht die Abgrenzung verschiedener Lohnformen, die nachfolgend noch genauer beschrieben werden.
Abbildung 2: Lohnformen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Bernard (2006), S. 12.
Die grundsätzliche Unterteilung liegt in der Abgrenzung zwischen Zeit- und Leistungslohn. Bei dem Zeitlohn liegt das Leistungskriterium bei der Dauer der Arbeitszeit.[15] Der Mitarbeiter wird demnach für seine Anwesenheit bzw. seine geleisteten Arbeitsstunden entlohnt. Der Stundenlohn wird in einem Arbeitsvertrag geregelt, woraus sich auch das Grundgehalt ermittelt. Daher ist das Grundgehalt allgemein als Zeitlohn anzusehen.[16] Die individuelle Leistung spielt hierbei zunächst keine entscheidende Rolle, weshalb der Zeitlohn nicht dem Leistungslohn im eigentlichen Sinne zuzuordnen ist. Trotzdem werden bei der Festlegung von zu leistenden Arbeitsstunden und Grundgehalt auch grundsätzliche Leistungsanforderungen bzw. eine Normalleistung definiert.[17] Daher kann auch beim Zeitlohn von einer mittelbar leistungsorientierten Vergütung gesprochen werden.[18] Der Zeitlohn wird in dieser Arbeit trotzdem nicht weiter betrachtet, da durch ihn in der kurzfristigen Betrachtung die Leistung eines Mitarbeiters durch das Fehlen einer zusätzlichen materiellen Belohnung nicht direkt beeinflusst wird.
Der Leistungslohn hingegen orientiert sich unmittelbar an der Leistung eines Mitarbeiters. Zwei mögliche Formen sind der Akkord- sowie der Prämienlohn. Beim Akkordlohn wird die mengenmäßige Leistung eines Mitarbeiters entlohnt. Der Lohn hängt letztlich von den Vorgabezeiten (Soll-Zeiten) einer Periode und den Ist-Zeiten in einer Periode ab. Daraus ergibt sich der Zeitgrad des Mitarbeiters.[19] Produziert ein Mitarbeiter demnach 5 % mehr Stück pro Stunde, so erhält er in der Regel auch 5 % mehr Lohn pro Stunde. Die Verbreitung des Akkordlohns nimmt jedoch tendenziell ab.[20]
Der Prämienlohn hingegen setzt sich aus einem fixen Zeitlohn bzw. einem Grundgehalt sowie einem variablen, leistungsorientierten Anteil zusammen. Das Grundgehalt ist an einer Ausgangsleistung bemessen, die ohne besondere Anstrengung zu erreichen sein sollte.[21] Ein Mitarbeiter, der über die Ausgangsleistung hinweg Leistungen erbringt, bekommt eine Prämie ausgezahlt. Die Leistungsmessung erfolgt anhand von vorher festgelegten Leistungskriterien.[22] Auch eine Mischung verschiedener Leistungskriterien ist möglich, um zu vermeiden, dass eine Zielgröße zu Lasten einer anderen beeinflusst wird. Für den variablen Vergütungsanteil gibt es unterschiedliche Ausgestaltungsvarianten. Der variable Anteil kann zudem sowohl als Bonus direkt auf das Grundgehalt gezahlt als auch in Form von Aktienoptionen gewährt werden.[23] Die verschiedenen Parameter zur Ausgestaltung leistungsorientierter Vergütungssysteme werden im analytischen Teil der Arbeit noch eine zentrale Rolle spielen und daher zu einem späteren Zeitpunkt genauer betrachtet.
Ein weiteres, wichtiges Merkmal besteht in der Unterscheidung zwischen leistungs- und erfolgsorientierter Vergütung, wobei beide Arten dem Prämienlohn zuzuordnen sind. Anders als bei der leistungsorientierten Vergütung, wo die Prämienhöhe unmittelbar von vorher festgelegten individuellen Leistungskriterien abhängt, wird der Mitarbeiter bei der erfolgsorientierten Vergütung am Gesamtergebnis des Unternehmens beteiligt. Basis für die Prämienhöhe sind zumeist Umsatz oder Gewinn des Unternehmens.[24] Da unternehmerische Erfolgsgrößen nicht mehr direkt vom einzelnen Mitarbeiter beeinflusst werden können und auch viele externe Einflüsse eine Rolle spielen, sind solche Vergütungsbestandteile nicht mehr direkt an die Leistung eines einzelnen Mitarbeiters gekoppelt.[25] Diese Abgrenzung verschwimmt aber, wenn man Mitarbeiter höherer Hierarchieebenen betrachtet. Ein CEO oder ein Vorstandsmitglied hat womöglich einen so hohen Einfluss auf die relevanten Erfolgsgrößen, dass man auch hier von einer leistungsorientierten Vergütung sprechen kann.[26]
Der Ausdruck leistungsorientierte Vergütung richtet den Blick in dieser Arbeit in erster Linie auf den im Prämienlohn enthaltenen leistungsorientierten Anteil, der zusätzlich zum Grundgehalt variabel auf Basis der Leistung eines Mitarbeiters ausgezahlt wird. Aus diesem Grund werden nachfolgend die Begriffe leistungsorientiert und variabel synonym verwendet. Das Grundgehalt eines Mitarbeiters, welches in Form eines Zeitlohns ebenfalls Bestandteil des Prämienlohns ist, findet in dieser Arbeit keine Beachtung. Auch der Akkordlohn, dessen Verbreitung eher abnimmt, spielt eine untergeordnete Rolle.
2.1.2 Aktuelle Verbreitung
Eine umfassende Studie zum Thema leistungsorientierte Vergütung wurde von der Hay Group im Jahr 2011 durchgeführt. Dazu wurden Personalmanager in insgesamt 173 Unternehmen und Organisationen zu diesem Thema befragt. In fast allen dieser Unternehmen (92 %) treten variable Vergütungsformen auf, wobei es sich bei dieser Zahl nicht um einen neuen Trend handelt.[27] Unterschiede zeigen sich jeweils beim variablen Vergütungsanteil in Relation zum Gesamteinkommen. Je nach Hierarchiestufe variiert dieser von 8 % bis 35 % (vgl. Abb. 3).
Abbildung 3: Variabler Vergütungsanteil nach Karrierestufe
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, Zahlen von: Hay Group (2011), S. 2.
Auffällig dabei ist, dass der Vergütungsanteil, der auf Basis der individuellen Leistung ausgezahlt wird, bei steigender Karrierestufe immer höher wird. Bei der Höhe der variablen Vergütung wird für die nächsten Jahre zudem keine Verringerung dieser Zahl erwartet. Über alle Hierarchiestufen hinweg hat die Studie ergeben, dass im Durchschnitt zu 93 % eine gleich bleibende oder sogar ansteigende Höhe zu erwarten ist.[28] Dies bedeutet jedoch nicht, dass variable Vergütungssysteme über die Jahre hinweg unverändert bleiben. Über alle Karrierestufen hinweg sind durchschnittlich zu 84 % Veränderungen diesbezüglich durchgeführt worden oder in Planung.[29] Diese Veränderungen betreffen allerdings hauptsächlich die verschiedenen Ausgestaltungsparameter, um die Abhängigkeit von leistungsorientierter Vergütung und Unternehmenserfolg zu steigern. Die Zahl zeigt jedoch, dass Unternehmen häufig ihr leistungsorientiertes Vergütungssystem anpassen, um die Wirkung zu optimieren.
Eine weitere Studie zu dem Thema wurde im Jahr 2013 im Rahmen des Kelly Global Workforce Index (KGWI) durchgeführt. Weltweit wurden 122.000 Menschen zum Thema leistungsorientierte Vergütung befragt. Laut dieser Umfrage erhalten 43 % der Menschen in Deutschland variable Gehaltsbestandteile. Deutschland befindet sich damit im Mittelfeld der Rangliste. Die Spitzenreiter dieser Kategorie sind China, Indonesien und Thailand mit 75 %, die Schlusslichter mit unter 30 % bilden Australien, Irland, Schweden und Dänemark.[30] Abbildung 4 bietet zudem eine Übersicht über die Existenz leistungsorientierter Vergütungsbestandteile in Abhängigkeit vom Berufsfeld.
Abbildung 4: Existenz leistungsorientierter Vergütungsbestandteile nach Berufsfeld
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Kelly Global Workforce Index (2013), S. 8.
Der Vertrieb ist auf Grund seiner einfachen Messbarkeit nach wie vor ein Garant für die Existenz leistungsorientierter Vergütung. Aber auch andere, nicht so leicht quantifizierbare Bereiche, vergüten in hohem Maße variabel. Männer werden zudem variabler entlohnt. Ihr Gehalt ist in 49 % der Fälle variabel an ihre Leistung gekoppelt, wohingegen der Anteil bei Frauen nur bei 36 % liegt.[31] Der Grund könnte darin liegen, dass Männer eher bereit sind, gewisse Einkommensrisiken einzugehen, wohingegen bei Frauen die Planungssicherheit im Vordergrund steht.[32]
2.1.3 Funktionen
Bernard identifiziert fünf zentrale Funktionen leistungsorientierter Vergütung.[33] Diese werden in Abbildung 5 übersichtlich dargestellt.
Abbildung 5: Funktionen leistungsorientierter Vergütung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung.
Die genannten Funktionen haben insofern Bedeutung für diese Arbeit, als dass aus ihnen im analytischen Teil wichtige Bezugspunkte zu Aspekten des Vertrauens sichtbar werden. Die Motivationsfunktion ist eine entscheidende Funktion leistungsorientierter Vergütungssysteme.[34] Da sie jedoch im Kontext dieser Arbeit eine untergeordnete Rolle spielt, wird sie nicht näher erläutert.
Aus Sicht der Mitarbeiter sorgt die Zielorientierungsfunktion dafür, dass eine Handlungsorientierung geschaffen wird. Es wird für jeden Mitarbeiter festgelegt, auf welche Ziele er in der täglichen Arbeit seinen Fokus legen soll.[35]
Die Selektionsfunktion besteht darin, dass sich tendenziell nur Personen im Unternehmen bewerben, die sich auf Grund ihrer Qualifikationen zutrauen, die geforderten Anforderungen erfüllen zu können, da eine Hohe Vergütung nur bei entsprechender Zielerreichung eintritt. Auf diese Weise erzeugt leistungsorientierte Vergütung eine gewisse Eigenselektion und grenzt dadurch die Zahl der potenziellen Bewerber ein.[36] Der Mechanismus wirkt in ähnlicher Weise auch für Mitarbeiter, die bereits im Unternehmen arbeiten. Leistungsschwache Mitarbeiter werden durch leistungsorientierte Vergütung unterdurchschnittlich viel verdienen und daher langfristig eher zu einem Unternehmen wechseln, welches höhere Grundgehälter zahlt.[37]
Durch die Kopplung von Leistung und Vergütung erhält der Mitarbeiter regelmäßig ein Feedback zu seiner persönlichen Leistung. Durch die Auszahlung leistungsorientierter Gehaltsanteile sowie durch Leistungsbeurteilungen von Vorgesetzten ergibt sich eine Anerkennungsfunktion, die das natürliche Bedürfnis des Menschen nach sozialem Status befriedigt.[38]
Zudem wird mit leistungsorientierter Vergütung eine Fairnessfunktion verfolgt. Durch die Kopplung der Vergütungshöhe an die individuelle Leistung eines Mitarbeiters soll die Leistungsgerechtigkeit sichergestellt werden.[39] Fairness ist aus Sicht der Mitarbeiter ein zentraler Aspekt leistungsorientierter Vergütungssysteme.[40] Allerdings birgt diese Vergütungsvariante auch eine große Gefahr, dass sich Mitarbeiter je nach Gerechtigkeitsempfinden ungerecht behandelt fühlen. Daher spielt vor allem die prozedurale Fairness eine entscheidende Rolle, also der Prozess, der zur Ermittlung der Vergütungshöhe durchlaufen wird.[41]
2.2 Grundlagen von Vertrauen
2.2.1 Einführung in den Vertrauensbegriff
Den Begriff Vertrauen allgemeingültig zu definieren, ist auf Grund der Vielzahl nicht aufeinander abgestimmter Ansätze und Theorien nicht möglich.[42] Einige relevante Ansätze werden nachfolgend vorgestellt, um auf diese Weise dem Konstrukt des Vertrauens näherzukommen.
Schon in der frühen Kindheitsphase kommt der Mensch erstmals mit dem Phänomen Vertrauen unbewusst in Berührung. Erikson spricht in seinem psychosozialen Entwicklungsmodell von der Entwicklung eines Urvertrauens, welches auf der Qualität der Mutter-Kind-Beziehung basiert.[43] Durch Erfahrungen von Zuverlässigkeit und Fürsorge im frühen Kindesalter und dem damit entstehenden Urvertrauen wird der Grundstein zur Bildung der Persönlichkeit gelegt.[44] Negative Erfahrungen während dieser Zeit können sich im späteren Leben beispielsweise in übermäßigem Misstrauen oder Depression niederschlagen.[45]
Eine ähnliche Herangehensweise verfolgt Rotter, der in seinem Ansatz der sozialen Lerntheorie davon ausgeht, dass das menschliche Handeln hauptsächlich auf Erfahrung und Interaktion beruht. Die gemachten Erfahrungen nehmen Einfluss auf die Persönlichkeit und sind verantwortlich für die Erwartungen an andere Personen.[46] Vertrauen beschreibt demnach die subjektive und generalisierte Erwartungshaltung, sich auf Versprechen verlassen zu können.[47]
Erikson und Rotter betonen die personale Variable von Vertrauen, indem sie herausstellen, dass sich Erfahrungen in der Persönlichkeit manifestieren.[48] Ein weiterer grundlegender psychologischer Ansatz zum Konstrukt des Vertrauens stammt von Deutsch, der die situative Variable von Vertrauen hervorhebt. Seinen Ausführungen nach ist Vertrauen nicht auf personale Faktoren zurückzuführen, die sich im Laufe der Jahre in der Persönlichkeit verfestigt haben. Stattdessen schätzt der Mensch das Risiko des Vertrauens in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation ein.[49] Deutsch stellt in seinen Ausführungen heraus, dass Vertrauen durch die Zuversicht gekennzeichnet ist, dass der erwartete Nutzen aus dem Vertrauen das vorhandene Risiko übersteigt: „An individual may be said to have trust in the occurence of an event if he expects its occurence and his expectation leads to behavior which he perceives to have greater negative motivational consequences if the expectation is not confirmed than positive motivational consequences if it is confirmed."[50] Er betont somit die Rationalität menschlichen Handelns und unterstellt, dass der Mensch die Konsequenzen seines Verhaltens kennt und die positiven und negativen Folgen abwägen kann.
[...]
[1] Vgl. Hay Group (2011), S. 1.
[2] Verzicht auf geschlechtsneutrale Formulierungen aus Gründen der Lesbarkeit in der gesamten Arbeit.
[3] Vgl. Austrup/von Blomberg (2014), S. 84.
[4] Vgl. Frey/Osterloh (2000), S. 67.
[5] Vgl. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (2015), o.S.
[6] Vgl. Salamon (2013), S. 239.
[7] Vgl. Frey (2011), S. 15.
[8] Vgl. Blank (2011), S. 18.
[9] Vgl. ebd.
[10] Vgl. Beckert/Metzner/Roehl (1998), S. 59.
[11] Vgl. Kopp/Schuler (2003), S. 191.
[12] Vgl. Graf (2000), S. 345.
[13] Vgl. Raich (2007), S. 81.
[14] Vgl. Krieg/Ehrlich (1998), S. 136.
[15] Vgl. Drumm (2008), S. 494.
[16] Vgl. Bernard (2006), S. 18.
[17] Vgl. Drumm (2008), S. 494.
[18] Vgl. Bernard (2006), S. 13.
[19] Vgl. Hentze (2004), S. 1108.
[20] Vgl. Drumm (2008), S. 493.
[21] Vgl. Bernard (2006), S. 15.
[22] Vgl. Hentze (2004), S. 1109.
[23] Vgl. Salamon (2013), S. 21.
[24] Vgl. Becker/Kramarsch (2006), S. 4.
[25] Vgl. ebd., S. 4.
[26] Vgl. Bernard (2006), S. 22.
[27] Vgl. Hay Group (2011), S. 1.
[28] Vgl. Hay Group (2011), S. 1.
[29] Vgl. ebd., S. 4.
[30] Vgl. Kelly Global Workforce Index (2013), S. 6.
[31] Vgl. Giorgetti (2013), S. 61.
[32] Vgl. ebd.
[33] Vgl. Bernard (2006), S. 36.
[34] Vgl Wälchli (1995), S. 143.
[35] Vgl. ebd., S. 145.
[36] Vgl. Winter (1996), S. 64 f.
[37] Vgl. Bernard (2006), S. 39.
[38] Vgl. Kleinbeck (2009), S. 189.
[39] Vgl. Bloom (2004) S. 149 f.
[40] Vgl. Lowery/Petty/Thompson (1996), S. 31 f.
[41] Vgl. Greenberg/Tyler (1987), S. 129.
[42] Vgl. Hosmer (1995), S. 380.
[43] Vgl. Erikson (1992), S. 243.
[44] Vgl. ebd.
[45] Vgl. ebd., S. 242.
[46] Vgl. Rotter (1967), S. 651.
[47] Vgl. Blank (2011), S. 6.
[48] Vgl. Schweer/Thies (2003), S. 4.
[49] Vgl. ebd., S. 6.
[50] Deutsch (1958), S. 266.