Von 1992 bis 1995 tobte in Bosnien-Herzegowina zwischen der dort lebenden kroatischen, muslimischen und serbischen Bevölkerung ein furchtbarer Krieg, dessen Nachwirkungen auch heute noch das Land stark beeinträchtigen. Als Ende 1995 der Friedensvertrag von Dayton Bosnien-Herzegowina endlich den notwendigen Frieden brachte, wurde das ganze Ausmaß dieses schrecklichen Krieges sichtbar. Bosnien-Herzegowina wurde vollständig verwüstet und entwurzelt. Über 100.000 Menschen wurden durch rassistische und nationalistische Wahnvorstellungen getötet. Von den einst 4,2 Millionen Einwohnern Bosnien-Herzegowinas sind mehr als die Hälfte durch Militär, Milizverbände oder durch die eigenen Nachbarn vertrieben worden.
Heute steht Bosnien-Herzegowina vor einer großen Herausforderung. Das Land muss nicht nur einen Transformationsprozess von dem vormals kommunistischen System Jugoslawiens zu einem demokratischen und marktwirtschaftlichen System durchsetzen, sondern vor allem den Weg vom Krieg zum Frieden bewältigen, um ein erneutes Zusammenleben der drei Bevölkerungsgruppen für die Zukunft zu ermöglichen. So verläuft der Transformationsprozess, auf den im Folgenden eingegangen wird, in Bosnien-Herzegowina fundamental verschieden zu den anderen jungen Demokratien Ost- und Südosteuropas. Zusätzlich wird der Transformationsprozess bis heute stark von der internationalen Gemeinschaft, insbesondere durch den für die zivile Implementierung des Dayton-Abkommens verantwortlichen Hohen Repräsentanten unterstützt und gesteuert. Das hat zur Folge, dass Bosnien-Herzegowina zwar offiziell ein souveräner Staat ist, tatsächlich aber als internationales Protektorat einen schwierigen Demokratisierungsprozess durchlaufen muss. Es ist also eine weitere Herausforderung für Bosnien-Herzegowina sich von dieser internationalen Abhängigkeit zu einem selbständig lebensfähigen Staat zu entwickeln, in dem ein friedliches Zusammenleben trotz ethnischer Heterogenität ohne Hilfe von außen möglich ist. Mittlerweile befindet sich Bosnien-Herzegowina im neunten Jahr des Friedensabkommens von Dayton und der Transformationsprozess im Land stagniert.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Theoretische Aspekte zur Systemtransformation
- 3. Die politische Entwicklung Bosnien-Herzegowinas von Jugoslawien bis Dayton
- 3.1. Der Zerfall Jugoslawiens und der Krieg in Bosnien-Herzegowina
- 3.2. Der Vertrag von Dayton und seine Dimension
- 4. Die Rolle der internationalen Gemeinschaft im Transformationsprozess Bosnien-Herzegowinas
- 4.1. Friedenskonsolidierung, Demokratisierung und die Problematik der Implementierung
- 4.2. Die Aufgabe des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft
- 4.3. Demokratie durch die Institution des Hohen Repräsentanten?
- 4.4. Die Europäische Union in Bosnien-Herzegowina als exogener Transformationsfaktor
- 5. Aspekte und Probleme der Systemtransformation in Bosnien-Herzegowina
- 5.1. Das Problem der Illegitimierung des Staates Bosnien-Herzegowina
- 5.2. Wahlen als wichtiger Ansatz zur Demokratisierung?
- 5.3. Lösungsansätze zur Demokratisierung
- 5.4. Beispiele von bisherigen Erfolgen im Transformationsprozess in Bosnien-Herrzegowina
- 6. Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem komplexen Prozess der demokratischen Systemtransformation in Bosnien-Herzegowina nach dem Krieg von 1992-1995. Sie analysiert die Gründe für die Stagnation des Transformationsprozesses im Land, insbesondere die Rolle der internationalen Gemeinschaft, und untersucht, ob Bosnien-Herzegowina bereits jetzt als demokratischer Staat und demokratisierte Gesellschaft bezeichnet werden kann.
- Analyse des Transformationsprozesses in Bosnien-Herzegowina im Kontext der internationalen Interventionen und der Dayton-Abkommen
- Bewertung der Rolle der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf die Demokratisierung und Stabilisierung des Landes
- Untersuchung der Auswirkungen des mehr-ethnischen Bevölkerungskontexts auf den Transformationsprozess
- Analyse von Herausforderungen und Problemen der Systemtransformation in Bosnien-Herzegowina
- Diskussion der Frage, ob Bosnien-Herzegowina bereits jetzt als demokratischer Staat bezeichnet werden kann
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung bietet eine Einführung in den historischen Kontext des Krieges in Bosnien-Herzegowina und die Herausforderungen der Systemtransformation nach dem Ende des Konflikts. Kapitel 2 definiert den Begriff „Transformation“ und stellt verschiedene theoretische Ansätze zur Beschreibung von Systemtransformationen in Osteuropa vor. Kapitel 3 beleuchtet die politische Entwicklung Bosnien-Herzegowinas von der Zeit Jugoslawiens bis zum Dayton-Abkommen, inklusive des Zerfalls Jugoslawiens und des Krieges in Bosnien-Herzegowina. Kapitel 4 analysiert die Rolle der internationalen Gemeinschaft im Transformationsprozess, insbesondere die Aufgabe des Hohen Repräsentanten und die Auswirkungen der europäischen Integration. Kapitel 5 geht auf Aspekte und Probleme der Systemtransformation in Bosnien-Herzegowina ein, darunter die Illegitimierung des Staates, die Rolle von Wahlen in der Demokratisierung und mögliche Lösungsansätze.
Schlüsselwörter
Systemtransformation, Demokratisierung, Bosnien-Herzegowina, Dayton-Abkommen, Internationale Gemeinschaft, Hohes Repräsentant, Multiethnizität, Postkonfliktgesellschaft, Friedenskonsolidierung.
- Quote paper
- Oliver Rolofs (Author), 2004, Demokratische Systemtransformation nach dem Krieg in Jugoslawien: Das Beispiel Bosnien-Herzegowina, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47207