Die Einteilung der Sprechakte nach Searle


Term Paper, 2005

16 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. „Sich verwirrt zu fühlen, ist der Anfang allen Wissens“ (Khalil Gibran)

2. Die Hauptkriterien der Sprechaktklassifikation nach Searle
2.1. Der illokutionäre Witz
2.2. Die Ausrichtung
2.3. Die Aufrichtigkeitsbedingung
2.4. Die verbleibenden neun Klassifikationskriterien

3. Die Sprechaktklassifikation nach Searle mit Beispielen
3.1. Assertive / Repräsentative
3.2. Direktive
3.3. Kommissive
3.4. Expressive
3.5. Deklarative / Deklarationen
3.6. Die Ergebnisse im Überblick

4. Ein Vergleich von Searles Klassifikation mit den Zeichenfunktionen des Organonmodells Bühlers
4.1. Direktive / Kommissive @ Appell
4.2. Expressive @ Ausdruck
4.3. Assertive @ Darstellung
4.4. Sonderfall Deklarative

5. Literaturverzeichnis

1. „Sich verwirrt zu fühlen, ist der Anfang wahren Wissens“ (Khalil Gibran)

Zu meiner Linken, ein leerer, felsgrauer Bildschirm, auf dem bald meine Hausarbeit zu lesen sein sollte.

Zu meiner Rechten, ein Berg an Blättern und Büchern. Auf seiner Spitze, ein Schatz an Wissen.

Mittendrin eine tiefe Schlucht - in meinem Kopf – geschaffen von tausenden von Fragen, Verwirrung und leichten Anflügen von Selbstzweifeln.

Nun gilt es eine Brücke zu schlagen, zwischen einem felsgrauen Flimmerkasten und einem Berg an Literatur, um den Schatz möglichst wohlbehalten und unbeschadet auf die andere Seite zu schaffen.

Während meinen ersten Recherchen zur Einteilung der Sprechakte, stieß ich zufällig auf obiges Zitat Gibrans und merkte, dass ich mit meiner Verwirrung wohl nicht alleine dastand. Denn so schien es zwar vor Searle schon einige Überlegungen zur Einteilung von Sprechakten (z.B.Frege, Austin) zu geben, doch fehlte allen eine klare Linie. So könnte man etwas wohlwollend und mit einem Augenzwinkern sagen, dass sich Searle bei seinem Versuch, eine Taxonomie für unzählige illokutionärer Akte zu schaffen, vor dem gleichen „Brückenbauproblem“ befand, wie ich. Er hat es, auch wenn es hier und dort natürlich berechtigte Einwürfe zu seinen Theorien gibt, vorerst geschafft seine Aufgabe zu meistern und den Schatz zu bergen.

Für mich gilt es, den Bauplan meiner Brücke erst noch auf den folgenden Seiten vorzulegen und ich wünsche mir, dass sich der zweite Teil von Gibrans Zitat bewahrheitet und mein Brückenbau nicht im Turmbau zu Babel endet.

2. Die Hauptkriterien zur Sprechaktklassifikation nach Searle

Genau wie Searle, muss ich zum Einstieg in dieses Thema gewisse Grundkenntnisse über allgemeine Begrifflichkeiten und den Aufbau eines Sprechaktes vorraussetzen[1] (Bestandteile eines Sprechaktes und ihre Funktion, der Unterschied illokutionäre Verben – Illokution, et cetera). Denn diese nochmals zu explizieren würde zum einen, dem angemessenen Umfang dieser Arbeit nicht gerecht werden und zum anderen, zählt dies nicht zu meiner Aufgabenstellung.

Nach Searle gibt es „[...](wenigstens) zwölf wichtige Dimensionen, in denen illokutionäre Akte sich voneinander unterscheiden können [...]“[2], von welchen er lediglich drei als fundamental für seine Taxonomie hält.[3]

Aus diesem Zitat lassen sich zwei wichtige Anmerkungen ersehen. Erstens, dass Searle in der Regel von Unterscheidungsdimensionen von Sprechakten spricht, nur selten von Kriterien, beides aber bedeutungsgleich verwendet werden kann. Zweitens und wesentlich bedeutender ist, dass Searle genauer differenziert, wenn er von illokutionären Akten als Gegenstand der Klassifizierung spricht, anstatt allgemein von Sprechakten. Inwieweit diese Begriffsabweichungen durch die Übersetzung ins Deutsche bedingt sind, kann ich nicht sagen. So habe ich mich entschlossen, im folgenden genauer von einer Einteilung von illokutionären Akten zu schreiben, da ich mir sicher bin, dass dies auch mit meiner Aufgabenstellung gemeint war.

Symbolisch stellt Searle es als eine Einteilung der verschiedenen Einsetzungen für „R“ in einer Funktion R (p) nach den nachfolgend erläuterten Dimensionen dar. Hierbei sei „R“ die illokutionäre Rolle und (p) der propositionale Gehalt.[4]

2.1. Der illokutionäre Witz

J. Searle versteht unter dem illokutionären Witz oder Zweck eines Aktes, beispielweise bei einem Befehl, einen Versuch eines Sprechers S, einen Hörer H zu einer bestimmten Handlung zu bekommen.

Beispiel:

„Ich befehle dir, dein Zimmer aufzuräumen!“

Bei einer Beschreibung wäre es der Versuch etwas wiederzugeben, wie es in der Realität ist.

Bei einem Versprechen, die Tatsache eine Verpflichtung zu übernehmen.

Im obigen Beispiel ist der illokutionäre Witz, wie Searle dieses Kriterium endgültig bezeichnet, H dazu zu bewegen sein Zimmer aufzuräumen. (Inwieweit diese, für mich subjektiv schlechtere Begriffswahl zur Charakterisierung dieses Kriteriums eine Übersetzungsschwäche ist, kann ich nicht beurteilen.)

Es scheint nahezu unmöglich zu sein, den illokutionären Witz allgemein zu beschreiben. Vielmehr gibt es fünf Grundmöglichkeiten, wie er aussehen könnte, welche aber erst mit der Vorstellung der fünf Klassen expliziert werden. Hier sollen zunächst, zum allgemeinen Grundverständnis dieses Begriffes, das Beispiel und die oben genannten Feststellungen ausreichen, nicht zuletzt, weil Searle selbst nicht in der Lage war eine allgemeine Definition zu geben.[5]

Bei einer Beschreibung dieses Kriteriums ist es wichtig zu erwähnen , dass der illokutionäre Witz fest zur

illokutionären Rolle gehört, beide aber nicht äquivalent verwendet werden dürfen. Desweiteren ist anzumerken, „[...] daß mit der Rede von >>Witz<< oder >>Zweck<< weder gemeint, noch vorrausgesetzt ist, dass zu jedem illokutionären Akt per definitionem ein perlokutionäres Ziel [und dessen Erreichen] gehört [...]“[6]

So ist zum Beispiel bei : „Ich bitte dich, [...]“ und „Ich befehle dir, [...]“, der illokutionäre Witz, H dazu zu bringen etwas zu tun, stets der gleiche. Befehlen und Bitten sind aber zwei verschiedene illokutionäre Akte (auch dann, wenn sich später erweisen wird, dass sie zur selben Klasse gehören).

An diesem Beispiel, ist auch die Aussage über die Perlokution nach einem Witz und seiner Illokution anschaulich zu erklären. So ist, wie wohl meist in der Realität, davon auszugehen, dass nach einer nachdrücklichen Illokution (Befehl, Anweisung) ein perlokutionärer Effekt eintritt, aber dies ist keinesfalls obligatorisch anzunehmen (Bitte).

Allgemein ist die illokutionäre Rolle (Akt), das Ergebnis vieler Faktoren, von denen der illokutionäre Witz wohl der maßgeblichste ist.[7]

2.2. Die Ausrichtung

Zum Wesen des illokutionären Witzes der meisten illokutionären Akte gehört es, eine Interdependenz zwischen den Wörtern einer Aussage und der Welt, dem realen Geschehen, zu schaffen. So kann man mit einer Illokution entweder die Wörter zur Welt passen lassen (z.B. bei Feststellungen, Beschreibungen, Behauptungen oder Erklärungen et cetera), oder die Welt zu den Wörtern (z.B. bei Aufforderungen, Befehlen, Anweisungen et cetera).[8] Die Wort auf Welt Ausrichtung symbolisiert Searle mit einem nach unten weisendem Pfeil (¯), die Welt auf Wort Ausrichtung mit einem nach oben weisendem Pfeil (­). Die Ausrichtung ergibt sich immer aus dem illokutionären Witz. Diesen Unterschied in den illokutionären Rollen bezeichnet Searle als Unterschied in der Ausrichtung.

Ein Beispiel hierfür zu finden ist sehr schwierig, vorallem wenn man die Bedeutung eines Fehlers in diesem Zusammenhang an dem gleichen Satz veranschaulichen möchte. Dies zeigt sich an der Tatsache, dass ich in der Literatur entweder gar keines oder nur das von Searle selbst kopierte (Anscombe 1957) Exempel fand, dass er als das „ [...] beste [...] bekannte[...]“[9] Beispiel bezeichnet. Ich möchte es dennoch so knapp wie möglich entfalten.

X hat eine Einkaufsliste. Auf dieser stehen 4 Güter A,B,C,D. Ihm folgt im Kaufhaus ein Detektiv Y, der alles notiert was X einkauft. Am Ende werden X und Y die gleiche Liste haben.

Nur ist die Ausrichtung von X ­, da er nach vorgegebenen Worten einen realen Sachverhalt schafft. Der Zweck der Liste besteht darin die Welt zu den Wörtern passen zu lassen. Bei Y ist die Ausrichtung ¯, da er seine Worte sozusagen kommentierend zu schon bestehendem Sachverhalt (das Aussuchen der Güter von X) wählt. Der Zweck der Liste ist hier, die Wörter zur Welt passen zu lassen. Die Liste ist sozusagen die Proposition der illokutionären Rolle, die in beiden Fällen schlussendlich gleich ist. X, Y sind sozusagen die verschiedenen illokutionären Rollen (Seiten), von denen man sich dem Sachverhalt nähert und die festlegen, wie sich die Proposition auf die Welt beziehen soll. Einmal in kommentierender Form (bestehender Sachverhalt, schaffen von Worten zum Sachverhalt), das ist Y. Einmal in schaffender Form (bestehende Worte, Schaffung eines Sachverhaltes), das ist X.

[...]


[1] Vgl. Searle 1998, S. 17.

[2] Searle 1998, S. 18.

[3] Searle 1998, S. 22.

[4] Vgl. Searle 1998, S.17.

[5] Vgl. Searle 1998, S. 18 –19.

[6] Searle 1998, S. 19.

[7] Vgl. Searle 1998, S. 18 -19

[8] Vgl. Searle 1998, S.19

[9] Searle 1998, S. 19.

Excerpt out of 16 pages

Details

Title
Die Einteilung der Sprechakte nach Searle
College
University of Tubingen
Grade
1,0
Author
Year
2005
Pages
16
Catalog Number
V47283
ISBN (eBook)
9783638442657
ISBN (Book)
9783640390762
File size
470 KB
Language
German
Keywords
Einteilung, Sprechakte, Searle, Linguistik
Quote paper
Dominic Hand (Author), 2005, Die Einteilung der Sprechakte nach Searle, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47283

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