Besonders in Dienstleistungsberufen ist es wichtig, den Kunden mit seinen Wünschen, Bedürfnissen und Sorgen wahrzunehmen, was vor allem soziale und emotionale Kompetenzen erfordert. Aus diesem Grund werden in Vorstellungsgesprächen und Assessmentverfahren zunehmend Teamfähigkeit, Authentizität, Empathiefähigkeit und sozial erfolgreiches Verhalten überprüft.
Traditionell sind die Anforderungen an die Ausbildung dieser Kompetenzen im (sozial-) pflegerischen Bereich hoch. Konfliktträchtige Bereiche wie sehr enge Beziehungen zu den Klienten, intensive Teamarbeit, transkulturelle Interaktionsprozesse, Umgang mit existenziellen Lebenskrisen, hohe körperliche Belastungen und die Unterstützung von schwerkranken, multimorbiden, häufig auch dementiell erkrankten Menschen waren schon immer Inhalt der Ausbildung und Gegenstand informellen Lernens in den Pflegebereichen. In der näheren Zukunft werden die Anforderungen an (sozial-) pflegerische Berufe weiter zunehmen, weil im Gesundheitswesen einschneidende Veränderungsprozesse eingeleitet sind. Zu nennen sind hier beispielsweise die Verlagerung der Pflege aus den stationären in ambulante Einrichtungen (`ambulant vor stationär´), der stark gestiegene Kostendruck, die Professionalisierungsprozess der (Sozial-) Pflegeberufe durch zunehmende Verwissenschaftlichung, die Priorisierung von Beratung und Präventionsmaßnahmen, die Chronifizierung und Multimorbidisierung der Klienten und der demographische Wandel der Gesamtpopulation. Die Team-, Konflikt- und Kommunikationskompetenzen werden in diesem Kontext eine prominente Rolle spielen. Aus diesem Grund ist die Förderung der Sozialkompetenzen ein elementarer Bestandteil der Reformierungsversuche in der beruflichen Ausbildung (sozial-) pflegerischer Berufe. Ich werde in dieser Hausarbeit versuchen aufzuzeigen, wie kommunikative Kompetenz durch Rollenspiele unter Videoeinsatz konkret gefördert werden kann, wobei ich sowohl die Stärken als auch die Schwächen, den Sinn und die Grenzen dieser Methode explizieren möchte.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Versuch der Eingrenzung und Definierung der Begriffe Sozialkompetenz und Kommunikative Kompetenz
3. Sinn der Förderung der kommunikativen Kompetenz in (sozial-) pflegerischen Berufen
4. Möglichkeiten der Förderung der kommunikativen Kompetenz durch den Einsatz von videounterstützten Rollenspielen
4.1 Feedback und Rollenspiele
4.2 Anwendungen von Video
Grenzen der Förderung der kommunikativen Kompetenz durch den Einsatz von Rollenspielen und Video
Resümee, Diskussion und Ausblick
Literaturverzeichnis
Erklärung
Vorbemerkungen
- Im Text habe ich zur besseren Lesbarkeit ausschließlich die männliche Form der Geschlechterbezeichnung verwendet. Dieses Vorgehen bezieht natürlich das weibliche Geschlecht mit ein.
- Es werden die Regelungen der neuen deutschen Rechtschreibung umgesetzt.
1. Einführung
Der Globalisierungs- und Wettbewerbsdruck verändert das Arbeitsleben seit geraumer Zeit. In vielen Betrieben werden klassische und traditionell etablierte Hierarchien abgeflacht, um die Arbeitnehmer mehr in die Arbeits-, Produktions- und Entwicklungsprozesse einzubinden und sie dadurch zu befähigen, dem gesteigerten Veränderungs- und Konkurrenzdruck standhalten zu können. Undeutlich bleibt jedoch, in welche Richtung diese Veränderungsprozesse konkret gehen.
Ein Großteil des zukünftigen Arbeitslebens wird in Teams resp. Projektgruppen stattfinden. Menschen sind auf ihre Kollegen angewiesen, um ihre eigenen Bedürfnisse und Ziele verwirklichen zu können. Um die Bedürfnisse und Ziele zu verwirklichen, werden soziale Kompetenzen benötigt (vgl. Pfingsten 2000, S. 473 - 480). Dies bedingt Abstimmungsprozesse, welche Kommunikationsfähigkeiten der Beteiligten voraussetzen. Besonders in Dienstleistungsberufen ist es wichtig, den Kunden mit seinen Wünschen, Bedürfnissen und Sorgen wahrzunehmen, was vor allem soziale und emotionale Kompetenzen erfordert. Aus diesem Grund werden in Vorstellungsgesprächen und Assessmentverfahren zunehmend Teamfähigkeit, Authentizität, Empathiefähigkeit und sozial erfolgreiches Verhalten überprüft (vgl. Becker 2003, S. 2 – 3; Röll 2003, S. 40 ff.; Sittig 2005; Hartdegen 1996, S. 254 ff.).
Traditionell sind die Anforderungen an die Ausbildung dieser Kompetenzen im (sozial-) pflegerischen Bereich hoch. Konfliktträchtige Bereiche wie sehr enge Beziehungen zu den Klienten, intensive Teamarbeit, transkulturelle Interaktionsprozesse, Umgang mit existenziellen Lebenskrisen, hohe körperliche Belastungen und die Unterstützung von schwerkranken, multimorbiden, häufig auch dementiell erkrankten Menschen waren schon immer Inhalt der Ausbildung und Gegenstand informellen Lernens in den Pflegebereichen (vgl. Willig et al. 2005, S. 329 – 412; Gröschl 2005; Ferger/Meiser 2005, S. 2 - 8).
In der näheren Zukunft werden die Anforderungen an (sozial-) pflegerische Berufe weiter zunehmen, weil im Gesundheitswesen einschneidende Veränderungsprozesse eingeleitet sind. Zu nennen sind hier beispielsweise die Verlagerung der Pflege aus den stationären in ambulante Einrichtungen (`ambulant vor stationär´), der stark gestiegene Kostendruck, die Professionalisierungsprozess der (Sozial-) Pflegeberufe durch zunehmende Verwissenschaftlichung, die Priorisierung von Beratung und Präventionsmaßnahmen, die Chronifizierung und Multimorbidisierung der Klienten und der demographische Wandel der Gesamtpopulation. Die Team-, Konflikt- und Kommunikationskompetenzen werden in diesem Kontext eine prominente Rolle spielen. Aus diesem Grund ist die Förderung der Sozialkompetenzen ein elementarer Bestandteil der Reformierungsversuche in der beruflichen Ausbildung (sozial-) pflegerischer Berufe (vgl. Oelke/Menke 2002, S. 147 ff.; Koch/Kühn 1999, S. 15 – 24; Menche 2004, S. 22; Wied/Warmbrunn 2003, S.611 f.; Herder 2005).
Ich werde in dieser Hausarbeit versuchen aufzuzeigen, wie kommunikative Kompetenz durch Rollenspiele unter Videoeinsatz konkret gefördert werden kann, wobei ich sowohl die Stärken als auch die Schwächen, den Sinn und die Grenzen dieser Methode explizieren möchte.
2. Versuch der Eingrenzung und Definierung der Begriffe Sozialkompetenz und Kommunikative Kompetenz
Obwohl das Konstrukt der Sozialkompetenz auf eine recht lange Forschungstradition zurückblicken kann, existiert bis heute – so schreibt Becker in ihrer Dissertation – keine allgemein gültige Definition bzw. keine klare begriffliche Abgrenzung. Der Grund liegt darin, dass der jeweilige Forscher Teilaspekte des Konstruktes fokussiert und zugleich integrative Sichtweisen vernachlässigt (vgl. Becker 2003, S. 38). Aus ähnlichen Gründen gibt es auch zahlreiche Definitionen des Begriffs Kommunikation (vgl. Lenzen 1993, S. 872 ff.; Wied 2003, S. 382 f.).
Um das Verständnis des Textes zu erleichtern werde ich nun zwei zentrale Begrifflichkeiten definitorisch festlegen. Diese Eingrenzung sagt nichts über den Stellenwert der anderen Definitionen aus, sondern soll ausschließlich als Arbeitsdefinition fungieren.
Sozialkompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, soziale Beziehungen und Interessenslagen, Zuwendungen und Spannungen zu verstehen, sich mit Anderen rational, verantwortungsbewusst und konstruktiv auseinander zu setzen und die Welt des Anderen aus dessen Perspektive sehen zu können (sog. Empathische Kompetenz) (vgl. Caritas 1998, S. 6).
Kommunikative Kompetenz beschreibt die Fähigkeit und Bereitschaft, Sachverhalte und Befindlichkeiten über verbale, formale und nonverbale Mittel auszutauschen. Hierzu gehört es, eigene Intentionen und Bedürfnisse sowie die der Partner wahrzunehmen, zu verstehen und darzustellen. Es geht demnach um das Verstehen und Gestalten kommunikativer und somit sozialer Situationen (vgl. Bader 2001, S. 23 - 24). Diese Kompetenz kann als Teil der Sozialkompetenz gewertet und eingeordnet werden.
Nach Ellgring (1997, S. 196) bezeichnet man Kommunikation als Austausch von Mitteilungen zwischen Individuen, wobei folgende Komponenten eine Rolle spielen:
1. Wer (Kommunikator, Sender)
2. sagt was (Nachricht, Kommunikation, Botschaft, Mitteilung)
3. zu wem (Kommunikant, Empfänger, Adressat)
4. womit (Zeichen, Signal, verbale und nonverbale Verhaltensweisen)
5. durch welches Medium (Kanal, Modalität)
6. mit welcher Absicht (Intention, Motivation, Ziel) und
7. mit welchem Ergebnis.
Kommunikation beinhaltet somit gerichtete Informationsübertragungen und Einflüsse von Sender-Systemen auf Empfänger-Systeme. Die Systeme verfügen jeweils über korrespondierende Effektor- und Rezeptor-Organe, wobei die Interaktion durch ein reziproken Informationstransfer und die Interdependenz der Systeme gekennzeichnet ist (vgl. Ellgring 1997, S. 196). Kommunikation kann somit nur als sozialer Akt und als Prozess in einem system of reciprocal determination verstanden werden (vgl. Hargie et al. 1994, S. 9 - 12).
Weiterhin muss festgehalten werden, dass in einer Interaktion immer viele Sende- und Wahrnehmungsverzerrungen mitspielen. Eine kommunikative Interaktionssituation wird immer durch den Sender, den Empfänger von Nachrichten und die auf sie einwirkenden Mitmenschen beeinflusst, interpretiert und modifiziert. Diese speziellen Kommunikations- und Interaktionsmuster sind jedoch derart komplex, dass sie weit über die Thematik der Hausarbeit hinausgehen würden. Ich weise deshalb lediglich auf die entsprechende weiterführende und problembezogene Literatur von Schulz von Thun aus den Jahren 1994, S. 11 – 35, 1995, S. 11 – 37, und 1998, S. 11 – 20 hin.
3. Sinn der Förderung der kommunikativen Kompetenz in (sozial-) pflegerischen Berufen
Wahrnehmung als sozialer Akt ist ein Lernprozess, der pädagogisch gelenkt, unterstützt oder auch verhindert werden kann (vgl. Wolf/Peuke 2003, S. 61).
Der Unterschied zwischen der angenommenen und der wahrgenommenen Realität wird durch die Eigentümlichkeiten und Restriktionen der menschlichen Wahrnehmung erklärt. Beim Studium der menschlichen Kommunikation ist es diffizil, zwischen angenommener und wahrgenommener Realität zu differenzieren. Die einzige Methode, um auf die Existenz der wirklichen Welt zu schließen, ist, die Sichtweisen der Akteure mit den Sichtweisen der Beobachter zu vergleichen, die Gemeinsamkeiten, Schnittmengen und Diskrepanzen zu besprechen und entsprechend zu interpretieren (vgl. Ruesch/Bateson 1995, S. 299).
Der Eindruck, den wir auf andere machen, beeinflusst nicht nur deren Verhalten uns gegenüber, sondern bestimmt auch, wie wir uns selber sehen. Aufgeschlossenheit für die Erfordernisse einer Situation, eine Konsistenz der Selbstpräsentation und eine gute Einschätzung des eigenen Verhaltens und die Wirkung auf andere Personen sind wesentliche Determinanten zu kompetenter Eindruckssteigerung, um lohnende soziale Beziehungen einzugehen und aufrechtzuerhalten (vgl. Forgas 1995, S. 181; Seidler 2001, S. 32 - 48).
Soziale Kompetenzen sind eindeutig lern- und somit auch förderbar. Jedoch weisen die Möglichkeiten auch in diesem Bereich – ähnlich der sprachlichen, logisch-mathematischen, musikalischen oder räumlichen Intelligenz – interindividuell eine große Variabilität und Plastizität auf, was für den Lernprozess unmittelbare Auswirkungen hat (vgl. Alexander 2006, S. 52; Biernat/Wasserkampf 2005; Münter/Greuling 2005; Willmann 2005).
Bei der Entwicklung der kommunikativen Kompetenz sollte es darum gehen, Schüler darin zu fördern, ihren eigenen Standpunkt und ihre eigene Wahrnehmung zu artikulieren und argumentativ zu vertreten, Gedanken und Beobachtungen mündlich und schriftlich präzise wiederzugeben sowie Gespräche gezielt zu initiieren, zu leiten und zu beenden (vgl. Oelke/Menke 2002, S. 20).
Ausgehend vom allgemeinen Fachwissen müssen die Voraussetzungen, Einflüsse und Bedingungen von Kommunikation und Interaktion berücksichtigt werden, um in komplexen Situationen individuell und interaktionistisch mit den Patienten und Angehörigen konkret handeln zu können (vgl. Huisken 2004, S. 5 – 17; Oelke/Hundenborn/Kühn 2003, S. 10 - 26).
In vielen (sozial-) pflegerischen Berufen – wie z. B. der des Familienpfleger – gestalten sich die Arbeitszusammenhänge situativ sehr unterschiedlich, so dass innerhalb der einzelnen Familien verschiedene Schwerpunkte gesetzt werden müssen. Der Familienpfleger muss den Pflegeprozess deshalb an die komplexe familiäre Gesamtsituation flexibel anpassen können (vgl. Menke/Asbeck-Schoofs 2002, S. 39).
Er muss gelernt haben, Charakteristika pflegerisch-sprachlicher Handlungen zu erkennen und mit ihnen umzugehen, Fehlkommunikationen zu identifizieren und sich darüber auszutauschen, Sensibilität für den täglichen Sprachgebrauch zu entwickeln, diskriminierende Äußerungen zu erkennen, nonverbale Sprachmittel zu interpretieren und situationsgerecht einzusetzen (vgl. Eberhard 2005, S. 68).
Zum einen hat der Aufbau kommunikativer Kompetenz zur Folge, dass die Selbstsicherheit und das Selbstvertrauen der Schüler steigt und Ruhe in die Kommunikationssituation implementiert werden kann (vgl. Ullrich/Ullrich de Muynck 1996, S. 85 – 92). Zum anderen kann es jedoch auch sein, dass „zu viel“ kommunikative und vor allem empathische Kompetenz von Nachteil sein können. So schreibt hierzu Batson:
„Given the power of empathic feelings to evoke altruistic motivation, people may sometimes suppress or avoid these feelings. Loss of the capacity to feel empathy for clients may be a factor, possibly a central one, in the experience of burnout among case workers in the helping professions... Aware of the extreme effort involved in helping or the impossibility of helping effectively, these case workers – or nurses caring for terminal patients, or even pedestrian confronted by the homeless – may try to avoid feeling empathy in order to avoid the resulting altruistic motivation...“ (Batson 1998, S. 305)
Unreflektierte, unbegrenzte Empathie und fehlende (professionelle) Distanz können zu überschießenden, z. T. gewalttätigen Reaktionen oder aber auch zum sozialen Rückzug des Schülers führen, wenn die emotionale Belastung groß ist. In professionellen (sozial-) pflegerischen Berufen muss jedoch eine relativ stabile und belastungsfähige Balance zwischen Nähe und Distanz zum Klienten und zu den eigenen Gefühlen erarbeitet werden. Dieses Gleichgewicht muss einerseits zu den Bedürfnissen der Patienten mit ihrem speziellen Krankheitsbild und erlernten Copingstrategien und andererseits zu der individuellen Belastbarkeit des Helfers mit klaren Ich-Grenzen und fachlich-sachlicher Distanzierung passen. Diese Balance muss in der beruflichen Ausbildung entwickelt werden (vgl. Hartdegen 2003, S. 9 – 11).
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- Arbeit zitieren
- Karsten Hartdegen (Autor:in), 2005, Förderung der kommunikativen Kompetenz im schulischen Teil der beruflichen (Erst-) Ausbildung (sozial-) pflegerischer Berufe durch den Einsatz von videounterstützten Rollenspielen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47501
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