Betrachtet man Möglichkeiten der Didaktik der Erwachsenenbildung, wird man auf ein neues Paradigma treffen: den pädagogischen Konstruktivismus. Sieht man sich dessen Voraussetzungen an, stellt man fest, dass dieser sich neben philosophischen und psychologischen Begründungen, zu einem wesentlichen Teil auf biologische Begründungen stützt. Dieses Vorkommen von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen ist in der Pädagogik eher eine Seltenheit.
Dass die Naturwissenschaften philosophischen und auch pädagogischen Fragen nachgehen ist relativ neu. Erst im 19. Jh. nahmen sie sich solcher Fragen an. Sie wähnten sich in der Rolle der Welterklärer, welche vorher die Philosophie innehatte. Seit dem 20. Jh. gibt es vermehrt Versuche, naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche Erkenntnisse mit einander zu verbinden oder sie doch zumindest gegenseitig zu berücksichtigen. Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit einem solchen Versuch. Hier geht es um die Verwendung der biologischen Erkenntnistheorie Humberto Maturanas und Francisco Varelas für den pädagogischen Konstruktivismus nach Horst Siebert.
Um die Erkenntnistheorie dieser Neurowissenschaftler einordnen zu können, gebe ich zunächst einen groben Überblick über ein zentrales Problem der Erkenntnistheorie. Dieser Ausschnitt führt dann geradehin zu den Erklärungsversuchen der Naturwissenschaften (2. Kapitel). Aus diesen allgemeinen Voraussetzungen greife ich dann die - für den pädagogischen Konstruktivismus zentrale - biologische Erkenntnistheorie Maturanas und Varelas auf (Kapitel 3.1). Das Vorstellen der von diesen Neurowissenschaftlern gesetzten biologischen Voraussetzungen bildet die Ausgangsbasis für ihre Erkenntnistheorie. Diese wird in Anbetracht der erkenntnistheoretischen Vorschau auf Stärken und Schwächen hin untersucht (Kapitel 3.2-3.3). Wie die biologischen Begrifflichkeiten dieser Erkenntnistheorie dann von dem pädagogischen Konstruktivismus verwendet werden, betrachte ich im 4. Kapitel. Eine Voraussetzung dafür schaffe ich mit dem Vorstellen des Konstruktivismus (Kapitel 4.1).
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Eine erkenntnistheoretische Vorschau
- 2.1 Grundfragen der Erkenntnistheorie
- 2.2 Vom Zweifel an der Erfahrbarkeit einer objektiven Welt
- 2.3 Die naturwissenschaftliche Beschäftigung mit der Erkenntnistheorie
- 3. Biologische Grundlagen der Erkenntnistheorie Maturanas und Varelas
- 3.1 Die Organisation von Lebewesen – Eine Darstellung des Modells von Maturana und Varela
- 3.1.1 Voraussetzung für die Existenz von Lebewesen
- 3.1.2 Autopoiese und Viabilität
- 3.1.3 Strukturkoppelung
- 3.1.4 Strukturdeterminiertheit
- 3.1.5 Operationale Geschlossenheit des Nervensystems
- 3.2 Die Erkenntnistheorie Maturanas und Varelas
- 3.3 Kritikpunkte an diesem Entwurf
- 4. Möglichkeiten der Übertragung der biologischen Erkenntnistheorie Maturanas und Varelas auf den pädagogischen Konstruktivismus Sieberts
- 4.1 Einordnung des pädagogischen Konstruktivismus
- 4.2 Auswahl von Begriffen aus der Neurobiologie
- 4.3 Schlussfolgerungen für die Erwachsenenbildung
- 4.3.1 Von Autopoiese und operationaler Geschlossenheit ausgehend
- 4.3.2 Von Strukturkoppelung ausgehend
- 4.3.3 Von Strukturdeterminiertheit ausgehend
- 4.3.4 Ethische Implikationen
- 5. Schluss/Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert den Versuch, die biologische Erkenntnistheorie von Humberto Maturana und Francisco Varela auf den pädagogischen Konstruktivismus von Horst Siebert zu übertragen. Ziel ist es, die Relevanz und die Anwendungsmöglichkeiten dieser biologischen Konzepte im Bereich der Erwachsenenbildung zu untersuchen.
- Die Grundlagen der biologischen Erkenntnistheorie Maturanas und Varelas
- Die Übertragung der biologischen Konzepte auf den pädagogischen Konstruktivismus
- Die Relevanz der biologischen Erkenntnistheorie für die Didaktik der Erwachsenenbildung
- Die ethischen Implikationen der Anwendung dieser Konzepte in der pädagogischen Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des pädagogischen Konstruktivismus und die Bedeutung biologischer Erkenntnisse in diesem Kontext ein. Das zweite Kapitel bietet eine erkenntnistheoretische Vorschau, die sich mit den Grundfragen der Erkenntnistheorie auseinandersetzt und den historischen Wandel in der Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Subjekt und Objekt beleuchtet.
Kapitel 3.1 stellt die Organisation von Lebewesen nach Maturana und Varela dar. Die Konzepte der Autopoiese, Viabilität, Strukturkoppelung und Strukturdeterminiertheit werden erläutert. Kapitel 3.2 beleuchtet die Erkenntnistheorie Maturanas und Varelas und zeigt Stärken und Schwächen des Modells auf. Das vierte Kapitel untersucht die Möglichkeiten, die biologische Erkenntnistheorie auf den pädagogischen Konstruktivismus anzuwenden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf folgende Schlüsselbegriffe: Pädagogischer Konstruktivismus, biologische Erkenntnistheorie, Humberto Maturana, Francisco Varela, Autopoiese, Strukturkoppelung, Strukturdeterminiertheit, Erwachsenenbildung, Didaktik.
- Citation du texte
- Ronny Teschner (Auteur), 2004, Betrachtungen über den Versuch die biologische Erkenntnistheorie Humberto Maturanas und Francisco Varelas auf den pädagogischen Konstruktivismus von Horst Siebert zu übertragen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47588