Homo homini lupus et deus? Zum Menschenbild in der politischen Philsophie des Thomas Hobbes


Trabajo Intermedio/Parcial, 2003

23 Páginas, Calificación: 1 -


Extracto


Inhalt

Einleitung

1. Thomas Hobbes
1.1 Leben, Werk und politische Situation
1.2 Hobbes` Definition von Frieden in Zeiten des Krieges

2. Die Entwicklung der Gedanken

3. Der Naturzustand

4. Der menschliche Wille

5. Recht
5.1 Das Naturrecht
5.2 Subjektive Rechte und objektive Gesetze im Naturzustand
5.3 Das Recht des Menschen und seine Befreiung aus der Tradition

6. Widersprüche bei Hobbes

7. Vernunft und Effekt
7.1 Homo homini lupus und Homo homini deus ?
7.2 Krieg der Affekte?
7.3 Krieg der Vernunft?
7.4 Die Rolle der Vernunft bei Thomas Hobbes

Untersuchungsergebnis

Literaturverzeichnis

Einleitung

Homo homini lupus

& Homo homini deus ?

Das oft zitierte Wort vom Homo homini lupus[1] gilt vielen Interpreten als Leitspruch des Menschenbildes in der politischen Philosophie von Thomas Hobbes. Dabei werden viele Brüche in seiner Argumentation und vor allem die Möglichkeit des ebenfalls von ihm zitierten Homo homini deus[2] übersehen.

Ziel der vorliegenden Arbeit soll es sein, sich aufgrund dieser scheinbaren Gegensätze dem Menschenbild des Thomas Hobbes zu nähern. Dabei müssen vor allem die Gründe und Voraussetzungen, warum Menschen sich wölfisch oder göttlich zueinander verhalten, fokussiert werden. Hobbes stellt das wölfische Gegeneinander im Zustand der Staaten untereinander, ergo auch im Naturzustand des Menschen, und das göttliche Zueinander im innerstaatlichen Zustand fest

Um Hobbes Menschenbild möglichst vielseitig zu erfassen, wird diese Fragestellung nicht nur philosophisch, sondern auch soziologisch, historisch, politisch und juristisch betrachtet. Bereits die Titel der angegebenen Bücher lassen die unterschiedliche Herangehensweise erkennen und führen hoffentlich im Laufe dieser Betrachtung zu einem philosophischen Ganzen.

Generell lohnt sich bei der Beschäftigung mit der politischen Philosophie von Thomas Hobbes ein zweites Hinschauen. Er benutzt oft alte Termini für neue Denkansätze, was in der Rezeptions -geschichte nicht selten dazu geführt hat, das der neue Gedanke in alter Hülle, vor allem beim Naturrecht, nicht als solcher wahrgenommen worden ist.

Auch den biografische Abriss und eine Betrachtung seiner Zeit halte ich, abgesehen davon, dass es mir bei vielen Philosophen als Schlüssel zum Werk erscheint, für sehr erhellend in Bezug auf meine Fragestellung. Muss nicht in Kriegszeiten das Menschenbild ein düstereres, animalischeres und der Glaube an die Vernunft ein kleinerer sein?

Thomas Hobbes wird überraschende Antworten geben.

1. Thomas Hobbes

1.1 Leben, Werk und politische Situation

Thomas Hobbes kam am 5. April 1588 als Frühgeburt zur Welt, weil die Angst vor einer nahenden spanischen Armada[3] seine Mutter ins Kindbett warf. Für einige Interpreten liegt bereits in diesem Ereignis die Ursache für "den düsteren Hintergrund seines Bildes vom Menschen und vom Staate."[4] Sein Vater, ein Landgeistlicher in Westport bei Malmesbury mit bescheidener Bildung, muß nach einer Tat im Affekt fliehen. Der Onkel nimmt sich des geistig frühreifen Kindes an, sorgt für sein Studium der klassischen Sprachen und der "aristotelischen Physik und Logik im Lichte der scholastischen Interpretation"[5] in Oxford, die er 1607 mit dem Baccalarureus Artium beschließt.

Hobbes wurde Erzieher im Hause des Barons Cavendish (ab 1613 Earl of Devonshire), mit dessen Sohn er sich ab 1610 drei Jahre in Frankreich und Italien aufhielt. Dabei übersetzte er Thykidides Werk über den Peloponnesischen Krieg "als Warnung vor den Gefahren von Demagogie und Demokratie"[6] und freundete sich mit Francis Bacon an, den er bis zu dessen Tod 1626 unterstützte. Auf dem Kontinent bricht 1618 der Dreißigjährige Krieg aus. Die zweite Festlandsreise, im Dienste der Familie Clinton, läßt Hobbes Euklids "Elemente der Geometrie" kennenlernen.

Wieder im Hause Devonshire begleitete Hobbes den Sohn seines ehemaligen Schülers nach Frankreich und Italien, wo die Begegnung mit Descartes, Gassendi, Mersenne (in Paris) und Galilei (in Florenz) den Gedanken der alles zu Grunde liegenden Bewegung in ihm reifen lies.

Im Frühjahr 1640, während der Sitzungsperiode des kurzen Parlaments, erscheint mit Elements of Law, Natural and Politic seine erste politische Schrift, zur Stärkung der Rechte des Souveräns. Der Bürgerkrieg in England ist nicht mehr aufzuhalten. Hobbes flieht im Herbst, während das lange Parlament tagt nach Frankreich, verfolgt allerdings von den Königstreuen, denen seine These von der Gleichheit aller Menschen missfiel.

Im Jahr der ausbrechenden Gewalttätigkeiten erscheint 1642 im pariser Exil De Cive, dass den aristotelischen und scholastischen Gedanken des menschlichen Triebes zur Vergesellschaftung verwirft. Statt dessen wird beschrieben, wie die Begierde immer nur alleinige Macht anstrebt und erst die Furcht den Menschen zur Gemeinschaft fähig macht.[7]

1649 wird Karl I. Stuart hingerichtet und Hobbes beginnt die Arbeit am Leviathan. Dessen Erscheinen in englischer Sprache zwei Jahre später zieht ihm die Kritik des französischen Königshofes zu, weil er "die englische Republik als einen durch Unterwerfung der Staatsbürger zustande gekommenen Staat legitimierte".[8] Nach zehn Jahren im Exil kehrt er zurück nach England, wo Cromwell diejenigen seiner Thesen verbreitet, die seine Diktatur legitimieren sollen.

Auch nach der Restauration der Stuarts 1660 schätzt der neue Machthaber Karl II. seinen ehemaligen Lehrer und zahlt ihm eine Pension. Die lateinische Ausgabe des Leviathan 1668 präzisiert die Stellung des Souveräns und mildert die Anklage gegen die Kirche.

"Viel bewundert und viel gehaßt, bis zuletzt in Studien vertieft, heiter und gelassen, stirbt Hobbes am 4. Dezember [1679] im Schoße der Familien Cavendish zu Hardwick".[9]

1.2 Hobbes` Definition von Frieden in Zeiten des Krieges

In seinen ersten fünfzehn Lebensjahren lebte Thomas Hobbes unter dem gemäßigten Absolutismus der Tudors (1485 bis 1603). Die nachfolgende absolute Alleinherrschaft der Stuarts (1603 bis 1688) gefährdete den brüchigen Frieden zwischen Adeligen der weißen und roten Rose. Auch brachte die religiöse Intoleranz des schwachen Königs Karl I. das Land um seine Emanzipation gegenüber dem Kontinent und den wirtschaftlichen Aufschwung, der vielen in England zum ersten Mal Existenminima und Standesbewußtsein bedeutete.[10]

Dieses miterleben zu müssen, und auch, wie der Demokratie und Wirtschaft belebende Calvinismus vom rigorosen Katholizismus der Krone bekämpft wurde[11], hatte seine Auswirkung auf die hobbes`sche Definition von Krieg und Frieden:

"For war, consisteth not in battle only, or the act of fighting; but in a tract of time, wherein the will to contend by battle is sufficiently known: and therefore the notion of time, is to be considered in the nature of war; as it is in the nature of weather. For as in inclination thereto of many days together: so the nature of war, consisteth not in actual fighting; but in the known dispostion thereto, during all the time there is no assurance to the contrary. All the other time is peace".[12]

2. Die Entwicklung der Gedanken

Ausgehend von Euklids Elemente der Geometrie versuchte Hobbes das mechanische Weltbild seiner Zeit (Mersennè, Descartes, Galilei) auf die Ethik, als deren Teilbereich die politische Philosophie gilt, zu übertragen. Selbstbewußt schritt er voran, wissenschaftsgläubig davon ausgehend, dass die Methode der Deduktion nur sicherer Prämissen bedarf, um auf die einzig richtige Erklärung für den Staat zu schließen.

Dass Hobbes sich als den Begründer der politischen Philosophie benennt und damit einen Bruch mit allen bisherigen Anschauungen suggeriert, dient nach Strauss vor allem der Verschleierung vieler Gemeinsamkeiten.[13] Sehr wohl sieht Strauss in ihm allerdings den Begründer des politischen Hedonismus, bzw. Atheismus. In der Verneinung der aristotelischen Sichtweise des Menschen als zoon politikon schlägt Hobbes sich auf die Seite der Tradition der Epikurer.

Im ganzen sei seine Naturphilosophie eine Synthese aus Elementen der platonischen und epikureischen Physik und "politische[m] Idealismus mit einer materialistischen und atheistischen Anschauung".[14] Der Bezug zum Zeitgeist würde damit hergestellt, dass Hobbes mit dem Skeptiszismus alle bisherigen Gedankengebäude einreißen will, um sie mit der Mathematik und der aus ihr entspringenden Physik und Mechanik wieder aufzubauen.[15]

Mit dem nicht-politischem Hedonismus der Epikurer hat Hobbes gemein, dass das Gute mit dem Angenehmen identisch ist. Das heißt, die Tugend wird nicht um ihrer selbst willen angestrebt, sondern zur Erlangung von Lust und zur Vermeidung von Schmerz.

Zur Installation des politischen Hedonismus bedarf es allerdings auch Brüche mit Epikur. So ist diesem eine vorstaatliche Lebensweise gänzlich unbekannt, die hobbes`sche Konstruktion dagegen würde ohne Naturzustand seiner Grundlagen beraubt. Epikur lehrt, dass das Glück in der Ruhe liegt und fordert daher Selbstzucht, was mit dem Realismus Hobbes` nicht vereinbar ist.

Da das gute Leben für Hobbes das bequeme Leben als Lohn für die harte Arbeit bedeutet, definiert er konträr zur Tradition die Aufgaben des Herrschers. Dieser soll seine Untertanen nicht zu einem tugendhaften Dasein anleiten, sondern einen gewissen Lebensstandard garantieren.

Die Lehre vom natürlichen, öffentlichen Recht, wie sie im Leviathan beschrieben wird, ist eine neue Disziplin im 17. Jahrhundert. Aus dem geänderten Rollenverständnis des Souveräns entspringt eine Rechtslehre, die besagt, dass dem Herrscher seine jeweilige Machtfülle auch faktisch gehört. Das entmachtet die vormals hohe Schule der Staatsräson, da nun ausschließlich nach dem wirksamsten, und nicht mehr nach dem besten, Regime gefragt wird. Dies führt bei Hobbes zur Ablehnung von Kategorien wie guten oder schlechten Ordnungen, Mischformen und der Herrschaft des Gesetzes, was zu Widersprüchen führt.[16]

Dem nachfolgend bezeichnet Steinvorth das Projekt als ein Angleichen der Institutionen an den Menschen, welches vorher immer nur als Angleichen der Menschen an die Institutionen versucht worden war. Eine normative Ethik der hobbeschen politischen Philosophie ist für Steinvorth "überflüssig"[17], nach Röd "unter seinen [Hobbes] Voraussetzungen [...] nicht möglich".[18] Nachdem Scheitern von theologischer und natur- bzw. vernunftrechtlicher Erklärung bleiben lediglich hypothetische Imperative, gewonnen aus dem "Begriff der bewegten Materie (matter in motion) bzw. [den] Gesetze[n], die die Bewegung der Materie beherrschen".[19] Röd bezeichnet die Gedanken Hobbes` als "Staatsphysik".[20]

Neu ist bei Hobbes die Zweideutigkeit des Begriffes Macht. Macht beinhaltet sowohl potestas, also das physisch-faktisch Mögliche, als auch jus oder dominum, der rechtliche Bereich dessen, was man tun darf. Nur der Zusammenschluß von beiden ist die "Garantie für die Verwirklichung der rechten Gesellschaftsordnung".[21]

[...]


[1] Hobbes, Thomas: De Cive, Widmungsschreiben. In: Thomae Hobbes Malmesburiensis opera philosophica quae latine scripsit omnia in unum corpus nunc primum collecta / studio et labore Gulielmi Molesworth, Vol. II., London 1839. S. 135.

[2] Ebd..

[3] Die Hinrichtung von Maria Stuart 1587 löste den offenen Konflikt mit Spanien aus. Im Geburtsjahr Hobbes` konnte die englische Flotte einen Angriff der spanischen Armada in deren vollständige Vernichtung ummünzen. Weitere Angriffe 1596/97 und 1599 bedrohen die Insel nicht mehr, der Konflikt wird 1604 beigelegt.

Vgl.: dtv-atlas Weltgeschichte. Bd.1, hrsg. von Herrmann Kindler und Werner Hilgemann, München 1999. S. 247.

[4] Hier: Mayer-Tasch, P.C. (Hrsg.): Biografischer Grundriss, in: Hobbes, Thomas: Leviathan, München 1969. S. 289.

[5] Mayer-Tasch, P.C. (Hrsg.): Biografischer Grundriss, in: Leviathan, München 1969. S. 303.

[6] Ebd.. S. 304.

[7] Den unterschiedlichen Charakter und die Entwicklung innerhalb der Werke zur politischen Philosophie hat der Übersetzer vieler Schriften von Thomas Hobbes, Ferdinand Tönnies, sehr anschaulich herausgearbeitet.

Siehe Tönnies, Ferdinand: Studien zur Philosophie und Gesellschaftlehre im 17. Jahrhundert, hrsg. von E.G. Jacoby, Stuttgart 1975. S. 200 - 240.

[8] Dieselhorst, Malte: Nachwort. In: Hobbes, Thomas: Leviathan, übers. v. Jacob Peter Mayer, Stuttgart 1970.

S. 309.

[9] Mayer-Tasch, P.C. (Hrsg.): Biografischer Grundriss, in: Leviathan, München 1969. S. 307.

[10] Vgl.: dtv-atlas Weltgeschichte, Bd.1, München 1999, S. 247.; Mayer-Tasch, P.C. (Hrsg.): Biografischer Grundriss, in: Leviathan, München 1969. S. 289.

[11] Nach: Mayer-Tasch, P.C. (Hrsg.): Biografischer Grundriss, in: Leviathan, München 1969. S. 289.

[12] Hobbes, Thomas: Leviathan, or The Matter, Form, and Power of a Commonwealth Ecclesiastical an Civil (1651). Edited by J.C.A. Gaskin, Oxford, 1996. S. 85.

Das Grundgerüst dieser Definition, das auch in dem Ausspruch "Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg" liegt, würde auch den Naturzustand, wie John Locke ihn beschreibt als Kriegszustand bezeichnen.

Gerade weil diese Stelle vielen Interpreten als Merkmal der Unterschiede zwischen Hobbes und Locke gilt, sei darauf verwiesen, dass bei Locke die Wenigen, die er "entartet" nennt, den Frieden gefährden. Locke benennt diese Situation zwar nicht als Krieg aller gegen aller, sie ist aber so gefährlich, dass es gilt, den Staatszustand anzustreben. Ist aber dieses Bedrohungspotential gegeben, so ist der Naturzustand, wie Locke ihn konzipiert, nach der Definition von Hobbes ein Kriegszustand.

[13] Strauss, Leo: Naturrecht und Geschichte, übers. v. Horst Boog, Stuttgart 1956. S. 171ff.

[14] Ebd. S. 176.

[15] Dass entspricht dem Programm, wie René Descartes es in der ersten These der ersten Meditation der "Meditationes de Prima Philosphia" entwirft. Vgl. Descartes, Renè: Meditationes de Prima Philosphia (Reclam), lateinisch/deutsch, übers. u. hrsg. v. Gerhart Schmidt, Stuttgart 1999. S. 63.

[16] Siehe Kapitel 6. .

[17] Steinvorth, Ulrich: Stationen der politischen Theorie, Stuttgart 1981. S. 35.

[18] Röd, Wolfgang (Hrsg.) Geschichte der Philosophie, Bd. 7, Die Philo. der Neuzeit 1, München 19992. S. 178.

[19] Ebd.. S. 180 f. Die runden Klammern entstammen dem Original.

[20] Ebd.. S. 181.

[21] Strauss, Leo: Naturrecht und Geschichte. S. 262.

Final del extracto de 23 páginas

Detalles

Título
Homo homini lupus et deus? Zum Menschenbild in der politischen Philsophie des Thomas Hobbes
Universidad
University of Hamburg  (Philosophisches Seminar)
Calificación
1 -
Autor
Año
2003
Páginas
23
No. de catálogo
V47607
ISBN (Ebook)
9783638445122
ISBN (Libro)
9783638708159
Tamaño de fichero
585 KB
Idioma
Alemán
Notas
Thomas Hobbes wird immer wieder vorgeworfen, sein politischer Gesamtentwurf sieht den Menschen nur als Wolf. Ich habe versucht, nachzuweisen, dass der Mensch lediglich rational handelt und den Mitmenschen auch freundlich begegnet kann - wenn es die Vernunft gebietet! Zusammen mit dem biografischen Hintergrund ist Hobbes echt spannend und bis heute sehr einflussreich.
Palabras clave
Homo, Menschenbild, Philsophie, Thomas, Hobbes
Citar trabajo
Simon Hollendung (Autor), 2003, Homo homini lupus et deus? Zum Menschenbild in der politischen Philsophie des Thomas Hobbes, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47607

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