Spanische Dialekte

Ein kurzer Überblick


Hausarbeit, 2004

20 Seiten, Note: 2,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Sprache – Dialekt – Mundart
1.1. Sprache
1.2. Dialekt
1.3. Mundart

2. Historische Dialekte (Primärdialekte)
2.1. Aragonesisch
2.1.1. Sprachliche Besonderheiten
2.1.1.1. Aragonesisch
2.1.1.2. Aragonesisches Spanisch
2.2. Asturo-Leonesisch
2.2.1. Sprachliche Besonderheiten
2.2.1.1. Leonesisch
2.2.1.1.1. Ost-Leonesisch
2.2.1.1.2. Zentral-Leonesisch
2.2.1.1.3. West-Leonesisch
2.2.1.2. Leonesisches Spanisch

3. Kastilisch
3.1. Kurzer geschichtlicher Abriss
3.2. Allgemeine Varietäten

4. Übergangs- und Mischdialekte (Sekundärdialekte)
4.1. Extremeño
4.1.1. Sprachliche Besonderheiten
4.2. Murciano
4.2.1. Sprachliche Besonderheiten
4.3. Andalusisch
4.3.1. Sprachliche Besonderheiten
4.4. Canario
4.4.1. Sprachliche Besonderheiten

5. Schluss

6. Bibliographie

1. Sprache – Dialekt – Mundart

Am Anfang dieser Arbeit über „Spanische Dialekte“ soll eine kurze Definition und Gegenüberstellung der Begriffe Sprache und Dialekt stehen, was und inwiefern beide voneinander unterscheidet.

1.1. Sprache

Das Diccionario de la Lengua Española der Real Academia liefert in seiner 21. Auflage aus dem Jahre 1992 folgenden Definition für die Begrifflichkeit „Sprache“:

„sistema de comunicación y expresión verbal propio de un pueblo o nación, o común a varios“.

Im Weiteren wird an gleicher Stelle „Sprache“ als

„sistema lingüístico que se caracteriza por estar plenamente definido, por poseer un alto grado de nivalación, por ser vehículo de una cultura diferenciada y, en ocasiones, por haberse impuesto a otros sistemas lingüísticos“

präzisiert.

Gemäß dieser Definition besitzt eine Sprache ausgefeilte Normen, die beispielsweise Rechtschreibung und Grammatik einschließen. Außerdem muss eine ausreichend große Sprecherzahl vorhanden sein, die sich der Sprache als Kommunikationsmittel bedient. Von genauso großer Bedeutung ist die zeitliche Dimension der Sprache, d.h. sie muss während einer historisch relevanten Zeitepoche existieren und nicht nur eine kurzfristige Erscheinung weniger Jahrzehnte sein, wie das z.B. bei der Jugendsprache ist, die in ihrer jetzigen Form erst seit kurzem existiert. Die Gleichung „una lengua igual a una nación“, also eine Nation spricht eine Sprache, geht nicht immer auf und kann daher nicht zur Definition des Begriffs Sprache dienen. Beispiele hierfür sind zum einen Französisch, Spanisch oder Englisch, die zwar ein Ursprungsland besitzen, aber sich weltweit in verschiedensten Ländern als Amtssprachen aus unterschiedlichsten Gründen verbreitet haben. Zum anderen kann eine Sprache in mehreren Ländern einen unterschiedlichen Status innehaben. Für das Katalanische verhält es sich beispielsweise so: in Andorra ist es Amtssprache neben der Verkehrssprache Französisch, in Katalonien existiert es gleichberechtigt neben dem Spanischen, während es in Frankreich wie andere französische Varietäten gemäß dem Verfassungsgrundsatz „La France est une et indivisible“ nie offiziell anerkannt wurde.

1.2. Dialekt

Der Begriff „Dialekt“ wird an erwähnter Stelle hingegen folgendermaßen beschrieben:

„sinónimo de variante o variedad lingüística“.

Im Folgenden wird näher ausgeführt, er sei ein

„sistema lingüístico derivado de otro; normalmente con una concreta limitación geográfica, pero sin diferenciación suficiente frente a otros de origen común“.

Als dritte Anmerkung findet man im Diccionario de la Lengua Española:

„Estructura lingüística, simultánea a otra, que no alcanza la categoría de lengua“.

Zusammenfassend lässt sich aus all diesen Definitionen folgende Merkmale des Dialekts als solcher ablesen: er ist kein eigenständiges Kommunikations- und Ausdrucksmittel, wird nicht von einer gebildeten Volksschicht als Sprachnorm verbreitet und beschränkt sich auf ein geographisch klar umrissenes Gebiet. Er existiert immer neben einem sprachliche System, der so genannten Hochsprache (in Falle Spaniens Kastilisch/Spanisch), wobei beide auf unterschiedlichen Niveaus der Kommunikation Verwendung finden. Dialekte sind in der Regel nicht derart normativ ausgeformt und ausgefeilt wie eine Sprache und besitzen im Allgemeinen keine Schriftform. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich lokale, mundartliche Literatur, die auch von gebildeten Autoren jedoch eher als Hommage an deren Heimat oder Versuch der Erhaltung und Bewahrung vor dem Vergessen zu werten ist. Nur die Hochsprache kann auf einer Ebene, die hohe Komplexität und Differenziertheit erfordern, präzise, sachlich fundierte Inhalte wiedergeben. Dem Dialekt fehlen hierzu die komplexen Strukturen und Konstruktionen, er dient vielmehr der Kommunikation im Alltagsleben, die keine derartige Komplexität aufweisen wie z.B. wissenschaftliche Arbeiten, hochgeistige Werke oder offizielle Dokumente.

Des weiteren muss hier noch angemerkt werden, dass jede in Sprache ursprünglich Dialekt einer anderen Sprache war und sich im Laufe der Geschichte aus meist politischen, demographischen oder wirtschaftlichen Gründen soweit von ihrem Ursprung differenzierte, dass sie schließlich den Status einer Sprache erreichte.

1.3. Mundart

Zuallerletzt sei auf die Unterscheidung Mundart – Dialekt verwiesen, zwischen denen die Grenzen nicht immer klar zu ziehen sind. Im Allgemeinen betrachtet man eine Sprachform als Mundart (span. „habla“ oder frz. „patois“), wenn sie in sich geringen Zusammenhalt und Geschlossenheit aufweist und im Gegensatz zum Dialekt, der sich übe größere geographische Einheiten erstreckt, oftmals von Dorf zu Dorf variiert.

2. Historische Dialekte – Konkurrenten des Kastilischen

Als historische oder Sekundärdialekte werden diejenigen Dialekte bezeichnet, die aus dem Vulgärlatein der römischen Besatzer hervorgingen, ohne jedoch den Status einer Sprache zu erlangen. In Spanien waren es die Dialekte der Königreiche Aragón und León, die ihre Machtstellung einbüßten. Mit dem Aufstieg des Königreichs Kastilien entwickelte sich der kastilische Dialekt zur Sprache der Gelehrten und somit letztendlich zur offiziellen spanischen Sprache. Aragonesisch wie Leonesisch bilden keine homogene, einheitliche Sprache, sondern setzten sich aus einer Vielzahl regionaler Mundarten zusammen, die jedoch allesamt im Laufe der geschichtlichen Entwicklung natürlich vom Kastilischen beeinflusst wurden.

Als weiteren Begriff soll hier Tertiärdialekt eingeführt werden, welcher das sog. español regional bezeichnet, ein regional gefärbtes Standardspanisch, das ein Einwohner von Aragón, León oder ein anderen Region spricht.

2.1. Aragonesisch

Aragonesisch umfasst Mundarten auf dem Gebiet des ehemaligen Königreichs Aragón, das Alfons II. begründete. Eine gemeinsame Basis, ein kleinstes gemeinsames Vielfaches, macht sie per definitionem zu Dialekten. Die Sprache Aragóns und ihre unterschiedlichen Subdialekte haben eine Sonderstellung in Spanien, da sie durch das Estatuto de Aragón geschützt sind. Aragonesisch war im Verlaufe der Reconquista, also der Rückeroberung der von den Mauren besetzten Gebiete, neben dem Kastilischen vielfältigen Einflüssen ausgesetzt, die sich wie die Reconquista in mehrere Phasen einteilen lassen: zunächst gewann man die Kerngebiete (Aragón, Sobrarbe und Ribagorza) am Fuße der Pyrenäen zurück. Kontinuierlich arbeitete man sich bis zum Ebro vor. Nachdem 1137 Ramiro II. Aragón an Ramón Berenguer IV., den Grafen von Barcelona, abgetreten hatte, übte das Katalanische seinen Einfluss auf die Sprache des östlichen Aragón aus, bevor schließlich Kastilisch aus o.g. Gründen die Oberhand gewann. Ebenso lassen sich Kontakte mit dem Baskischen in der Gegend um Navarra nachweisen.

Auf das Kastilische als größte Einflussquelle soll im Folgenden eingegangen werden, da es wie keine andere Varietät seine Spuren auf der gesamten iberischen Halbinsel hinterließ und letzten Endes heutzutage die spanische Sprache an sich darstellt.

Die ersten Einflüsse des Kastilischen datieren aus dem 15. Jahrhundert. Erst das Ende des Bürgerkrieges jedoch läutete eine Vielzahl entscheidender Veränderungen der Lebensumstände ein. Während die Kastilisierung Spaniens rasch voranschritt, wanderten ganze Bevölkerungsteile von einer Region in andere aus; Verkehrswege, Touristenströme, Radio und Fernsehen und das öffentliche Bildungswesen taten ihr Übriges, das Kastilische über ganz Spanien zu verbreiten sowie die ansässigen Sprachformen und Dialekte zu verändern.

Um dieser Vereinheitlichung entgegenzuwirken, wurden Versuche unternommen, eine künstlich geeinte aragonesische Hochsprache zu schaffen. Dieser Versuch einer artifiziellen sog. fabla war jedoch nicht von Erfolg gekrönt, die Vielfalt der einzelnen Mundarten bestand weiter.

2.1.1. Sprachliche Besonderheiten

2.1.1.1. Aragonesisch

- o und e werden zu Diphthongen /ue/ [we] oder [wa] und /ie/ [je] oder [ja]: fuella > hoja, hiarba > hierba
- Diminutiv -ellu(m) > -illo (kast.) > -iello
- Diphthongisierung von ser: es, est > eres, es > yes, ye; erat > era > yera
- Erhaltung des anlautenden lateinischen /f/ im Pyrenäengebiet: filiu > hijo > fillo
- im Anlaut Erhaltung der Konsonantengruppen /pl/, /cl/ und /fl/: planu > llano > plan
- Anlautendes /j/ und /g/ werden zu /ch/ [ts] oder [S], ebenso inlautendes /x/ [ks] zum Affrikaten [ts]: undeci(m) > once > ontse, iuvene > joven > choven
- Intervokalische stimmlose Konsonanten bleiben erhalten: apicula > abeja > apella, capitia > cabeza > capeza
- Erhaltung stimmhafter Konsonanten zwischen Vokalen: radere > raer > rader
- Wechsel von stimmloser zu stimmhafter Variante nach Nasal, /r/ oder /l/: campu > campo > cambo, altu > alto > aldo
- /j/ [x] im Kastilischen wurde zu /ll/ [´]: vetulu > viejo > viello
- lat. /x/ [ks] wandelte sich zu [S]: buxu > boj > boxu
- /kt/ und /ult/ zu /it/ vermindert: pectu > pecho > peito
- Tendenz zum Verlust des Endvokals, Pluralbildung durch Anfügung von -s > -ns, -ls, -rs
- komplexes Verbsystem:
- Imperfekt auf /eba/ oder /iba/ (teneba „tenía“, dormiba „dormía“)
- Starke Verbformen im pretérito: dijon > dijeron, dión > dieron
- Abschwächung des Artikels el/lo > o, ro und la > a, ra
- eigene Partikel: encara > aun, ta, enta > hacia
- regional geprägtes Vokabular: in den Pyrenäengebieten präromanische Wörter und Gemeinsamkeiten mit dem Katalanischen und der Sprache der Gascogne

2.1.1.2. Aragonesisches Spanisch

- Klar steigende Intonation
- Längung des Endvokals
- Akzentverschiebung von Anfangs- zu mittlerer Position: pajáro, medíco > pájaro, médico
- Verwendung des verbundenen Personalpronomens mit Präpositionen: con tú > contigo, con mí > conmigo
- Diminutive vorherrschend auf /ico/
- Häufige Verwendung des Partikels pues

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Spanische Dialekte
Untertitel
Ein kurzer Überblick
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Proseminar: Einführung in die iberoromanische Sprachwissenschaft
Note
2,6
Autor
Jahr
2004
Seiten
20
Katalognummer
V47665
ISBN (eBook)
9783638445597
ISBN (Buch)
9783638819947
Dateigröße
481 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Spanische, Dialekte, Proseminar, Einführung, Sprachwissenschaft
Arbeit zitieren
Jochen Schäfer (Autor:in), 2004, Spanische Dialekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47665

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