Paper Discussion. "Reconciling Efficient Markets With Behavioral Finance: The Adaptive Markets Hypothesis" von Andrew Lo 2005

Zielsetzung, ökonomische Motivation, Verlauf und Ergebnisse des Papers


Seminararbeit, 2019

18 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Zielsetzung und ökonomische Motivation des Papers

3 Literaturverweise und theoretischer Bezug
3.1 Irrationalität: Selbstüberschätzung, Repräsentationsstärke und Risikopräferenzen
3.2 Arbitrage: Das Dutch Book-Argument
3.3 Emotion und Rationalität: Patient Elliot
3.4 Gehirnkomponenten: Das dreieinige Gehirn
3.5 Begrenzte Rationalität nach Simon

4 Verlauf und Ergebnisse des Papers
4.1 „Rational Financial Responds“
4.2 „A Neuroscience Perspective”
4.3 „The Adaptive Markets Hypothesis”
4.4 „Applications”

5 Kritische Würdigung und Implikationen für die weitere Forschung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

In seinem Paper Reconciling Efficient Markets With Behavioral Finance: The Adaptive Markets Hypothesis von 2005 versucht Lo, zwei entgegenläufige Standpunkte in Bezug auf das Handeln am Kapitalmarkt – nämlich die breit etablierte Efficient Market Hypothesis (Markteffizienzhypothese, EMH) zum Einen und den zur damaligen Zeit eher neuen und vergleichsweise unbeachteten Behavioral Finance -Ansatz (BF) zum Anderen – in Einklang zu bringen, indem er diese sich scheinbar ausschließenden Erklärungsversuche in einem neuen Modell vereint. Die Adaptive Markets Hypothesis (Marktanpassungshypothese, AMH) bezieht sich dabei in großen Teilen auf die EMH und versucht unter teilweise veränderten Annahmen dessen praktische Grenzen mithilfe von BF-Gedanken zu überwinden. Dieses Modell hatte Lo bereits ein Jahr zuvor in seiner Veröffentlichung The Adaptive Markets Hypothesis: Market Efficiency from an Evolutionary Perspective entwickelt, damals noch in Antwort auf die erste lautgewordene Kritik an der EMH, welche jedoch weiterhin u. a. in den Artikeln des Journal of Portfolio Management als vorherrschendes und einzig richtiges Modell zur Erklärung des Verhaltens von Finanzmarktteilnehmern behandelt wurde.1

2 Zielsetzung und ökonomische Motivation des Papers

Die EMH geht davon aus, dass alle Marktteilnehmer rational und immer im Selbstinteresse handeln. Entscheidungen treffen sie dabei durch die Abwägung von Nutzen und Kosten der verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten, wobei sie korrekte Wahrscheinlichkeitsberechnungen verwenden und mithilfe des Grenznutzens die für sich günstigste Entscheidung treffen. Vorausgesetzt sind zudem vollkommene Märkte, auf denen Informationen akkurat und unverzüglich eingepreist werden.2

Tatsächlich ist jedoch zu beobachten, dass bei der menschlichen Entscheidungsfindung häufig Abweichungen von der Rationalität im Handeln aufgrund von Verhaltensverzerrungen (behavioral bias) entstehen und letztendlich häufig für die individuelle Wohlfahrt von Nachteil sind.3

Zudem zeigen Studien, dass Verhaltensverzerrungen oft finanziell kontraproduktive Ergebnisse bewirken und deshalb zur Marktineffizienz führen, welche wiederum die Voraussetzung für die Möglichkeit von Arbitrage durch Informationssammlung und -verarbeitung ist. Hierbei schöpfen informierte Händler einen Nutzen aus den finanziellen Fehlentscheidungen anderer Marktteilnehmer und werden in Form von Profiten für ihre Informationsverarbeitung kompensiert. Dementsprechend kann der traditionelle Ansatz zur Erklärung vom Verhalten auf Finanzmärkten mithilfe einer Nutzenfunktion keine ausreichende Erklärung liefern.4

Anhand seiner AMH, welche auf der Evolutionsbiologie beruht, versucht Lo nun die EMH mit den Ansätzen der Behavioral Finance in Einklang zu bringen und den Einfluss zu erklären, welchen evolutionstheoretische Faktoren auch auf Finanzmarktteilnehmer ausüben. Zudem beschreibt das Modell, dass Märkte Schwankungen und Zyklen unterliegen und somit keine starren und immergleichen Systeme, sondern komplexe Konstrukte sind, die sich stetig den sich verändernden Bedingungen anpassen.5

3 Literaturverweise und theoretischer Bezug

3 .1 Irrationalität: Selbstüberschätzung, Repräsentationsstärke und Risikopräferenzen

In Rahmen seiner Einleitung beschreibt Lo die Ergebnisse dreier Studien bzw. Experimente, die die Irrationalität im menschlichen Handeln untersuchen.

Zunächst geht er auf Russo und Shoemakers Decision Traps: Ten Barriers to Brilliant Decision Making and How to Overcome Them von 1989 ein, worin die Autoren zehn Barrieren herauskristallisiert haben, welche die Entscheidungsfindung negativ beeinflussen.6 Lo bezieht sich auf eine Studie hieraus, in deren Rahmen die Teilnehmer zehn Fragen innerhalb vorgegebener Ober- und Untergrenzen (90%-Konfidenzintervall) beantworten sollen. In der Folge würden bei einer korrekten Einschätzung der Unsicherheit zehn Prozent, also lediglich eine der zehn Fragen, falsch beantwortet. Tatsächlich lag die durchschnittliche Zahl der falschen Antworten jedoch bei sieben, was auf eine systematische Selbstüberschätzung schließen lässt.7

Im zweiten Experiment, welches in Tversky und Kahnemanns Extensional Versus Intuitive reasoning: The Conjunction Fallacy in Probability Judgment von 1983 beleuchtet wird, sollte eine fiktive Person Linda mit sehr detaillierten Charakteristiken und Interessen einer Berufsgruppe zugeordnet werden. Dieses Beispiel veranschaulicht, dass detailreiche Szenarios fälschlicherweise ansprechender und sinnvoller erscheinen können, obwohl der Wahrscheinlichkeitsrechnung nach mit steigendem Detailierungsgrad die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten dieses Ereignisses sinkt.8

Zuletzt führt Lo ein Experiment zu Risikopräferenzen aus Kahnemann und Tverskys Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk von 1979 an, für das Kahnemann im Jahr 2002 mit dem Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet wurde.9 Hierbei sollten die Teilnehmer sich zunächst zwischen zwei Investments entscheiden, welche unterschiedlich hohe Gewinne zu unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten versprechen. Die Teilnehmer handelten hierbei eher risikoavers, zogen also den geringeren, aber sicheren Gewinn dem höheren, aber unwahrscheinlicheren vor. Bei zwei weiteren Investments, von denen eines einen sicheren Verlust und das zweite einen höheren, aber dafür unwahrscheinlicheren in Aussicht stellte, zeigte jedoch eher risikofreudige Entscheidungen, obwohl rein rechnerisch die beiden bevorzugten Optionen genau jene darstellen, welche in Kombination das schlechteste Ergebnis bieten. Eine Kombination der beiden verworfenen Optionen hingegen hätte den höchsten Gewinn bei den niedrigsten Kosten erbracht. Es zeigt sich also, dass Menschen bei Einzelentscheidungen typischerweise eher dazu neigen, risikoavers zu handeln, wodurch jedoch insgesamt ein Wohlfahrtsverlust entsteht. Da in der Praxis viele quantitative Modelle auf effizienten Märkten nach ähnlichen Entscheidungsmustern arbeiten, ergibt sich nach Lo die Gefahr finanzieller Fehentscheidungen.10

3 .2 Arbitrage: Das Dutch Book-Argument

Das Dutch Book-Argument besagt, dass subjektive Wahrscheinlichkeitszuordnungen nicht immer nachhaltig korrekt und kohärent sind (vgl. das Experiment zur Repräsentationsstärke am Beispiel Linda in Kapitel 3.1 Irrationalität: Selbstüberschätzung, Repräsentationsstärke und Risikopräferenzen). Hieraus ergibt ein garantierter Profit für Arbitragehändler aus dem irrationalen Verhalten der Anleger. Diese Arbitragemöglichkeiten werden jedoch nach der allgemeinen Überzeugung auf Basis der EMH solange ausgenutzt, bis sie vollkommen ausgeschöpft sind und verschwinden danach.11

3 .3 Emotion und Rationalität: Patient Elliot

Die Verbindung zwischen Emotionen und Rationalität illustriert Lo anhand eines Beispiels aus Damasios Descartes’ Error: Emotion, Reason, and the Human Brain von 1994. Im Rahmen einer Operation zur Entfernung eines Gehirntumors wurde festgestellt, dass der Patient (Codename Elliot) im Anschluss weder fähig war, Emotionen zu verspüren, noch konnte er weiterhin rationale Entscheidungen treffen. Dies lässt darauf schließen, dass Emotion und Rationalität in derselben Gehirnregion verarbeitet werden und somit eng miteinander in Verbindung stehen.12

3 .4 Gehirnkomponenten: Das dreieinige Gehirn

Das Konzept des Triune Brain (dreieiniges Gehirn) geht zurück auf Paul MacLean (1990) und geht davon aus, dass sich das Gehirn aus drei Hauptkomponenten zusammensetzt:

1. Stamm (reptilian / protoreptilisch): grundlegende Körper- und Überlebensfunktionen
2. Limbisches System (mammalian / paläomammalisch): Emotionen, Instinkte, Sozialverhalten
3. Großhirnrinde (hominid / neomammalisch): menschliche kognitive Fähigkeiten wie komplexes Denken, Abstraktheit, Logik, Urteilsvermögen13

Der Vorgang Verhalten kann dabei als die Interaktion der verschiedenen Gehirnkomponenten interpretiert werden, wobei sich in der Praxis oft die Anwendung emotionalen Verhaltens vor logischem Denken beobachten lässt. Eine starke Stimulation der paläomammalischen Gehirnkomponente kann also zum Aussetzen der neomammalischen Gehirnfunktionen führen. Dies lässt sich anhand der Evolutionstheorie erklären, nach der das Überleben im Mittelpunkt aller Handlungen steht und sämtliche höherentwickelte Gehirnfunktionen erst nach dem Entkommen aus Gefahrensituationen relevant werden. Da jedoch heutzutage die meisten Situationen für den Menschen nicht mehr lebensbedrohlich sind, ist die Abschaltung der neomammalischen Gehirnfunktionen unnötig bzw. kontraproduktiv, wobei starke emotionelle Reaktionen nach wie vor bestehen bleiben. In der Folge wird klares Denken von starken Emotionen beeinträchtigt.14

[...]


1 Vgl. Lo, A., AMH, 2004, o. S.

2 Vgl. Lo, A., AMH, 2005, S. 21.

3 Vgl. Lo, A., AMH, 2005, S. 21-22.

4 Vgl. Lo, A., AMH, 2005, S. 25.

5 Vgl. Lo, A., AMH, 2005, S. 22.23.

6 Vg. Russo, J., Shoemaker, P. Reasoning, 1983, o. S.

7 Vgl. Lo, A., AMH, 2005, S. 23; Russo, J., Shoemaker, P. Traps, 1989, o.S.

8 Vgl. Lo, A., AMH, 2005, S. 23-24, Tversky, A., Kahneman, D., Reasoning, 1983, S. 297.

9 Vgl. Lo, A., AMH, 2005, S. 24.

10 Vgl. Kahneman, D., Tversky, A., Prospect, 1979, S. 264 ff.; Lo, A., AMH, 2005, S. 24-25.

11 Vgl. GBS Schweiz, Dutch Book, 2013, o. S.; Lo, A., AMH, 2005, S. 26.

12 Vgl. Damasio, A., Error, 1994, o.S.; Lo, A., AMH, 2005, S. 26.

13 Vgl. MacLean, P., Triune Brain, 1990, o. S.

14 Vgl. MacLean, P., Triune Brain, 1990, o. S.; Lo, A., AMH, 2005, S. 28.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Paper Discussion. "Reconciling Efficient Markets With Behavioral Finance: The Adaptive Markets Hypothesis" von Andrew Lo 2005
Untertitel
Zielsetzung, ökonomische Motivation, Verlauf und Ergebnisse des Papers
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Düsseldorf früher Fachhochschule
Note
1,0
Jahr
2019
Seiten
18
Katalognummer
V476871
ISBN (eBook)
9783668961661
ISBN (Buch)
9783668961678
Sprache
Deutsch
Schlagworte
paper discussion portfolio management andrew low efficient markets behavioral finance 2005
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Paper Discussion. "Reconciling Efficient Markets With Behavioral Finance: The Adaptive Markets Hypothesis" von Andrew Lo 2005, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/476871

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