Möglichkeiten der Hilfe für dicke Kinder


Diplomarbeit, 2005

92 Seiten, Note: 2


Leseprobe


I. Inhaltsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Epidemiologie
2.1. Definition von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter
2.2. Klassifikation der Adipositas
2.3. Binge Eating Disorder

3. Methoden zur Bestimmung von Übergewicht
3.1. Der Body Mass Index
3.2. Die Broca Formel
3.3. Hautfaltendickemessung
3.4. Weitere Methoden

4. Ursachen und Faktoren zur Entstehung von Adipositas im Kindes- und Jugendalter
4.1. Genetische Ursachen
4.2. Organische Ursachen
4.3. Die Persönlichkeit als mögliche Ursache
4.4. Ernährung
4.4.1. Energieverbrauch und Stoffwechsel
4.4.2. Fett macht fett?
4.5. Psychosoziale Ursachen
4.5.1. Ernährungsverhalten innerhalb der Familie
4.5.2. Emotionales Klima in der Familie
4.5.3. Verwöhnende Erziehung
4.5.4. Bewegungsverhalten innerhalb der Familie
4.6. Weitere mögliche Ursachen
4.6.1. Veränderte Kindheit
4.6.2. Schönheitsideale in der Gesellschaft
4.6.3. Stichwort „Kinderlebensmittel“

5. Folgen und Konsequenzen von Adipositas im Kindes- und Jugendalter
5.1. Gesundheitliche Auswirkungen der Adipositas im Kindes- und
Jugendalter
5.2. Psychosoziale Auswirkungen der Adipositas im Kindes- und Jugendalter

6. Die Familie
6.1. Veränderung der Essgewohnheiten
6.2. Das Ampelsystem

7. Therapiemöglichkeiten
7.1. Ambulante Behandlung
7.2. Stationäre Behandlung
7.3. Pharmakotherapie und Chirurgie
7.4. Multimodale Interventionsprogramme
7.5. Diät
7.6. Ernährungstherapie
7.7. Bewegungstherapie
7.7.1. Psychomotorik
7.8. Verhaltenstherapie

8. Therapieprogramme

9. Obeldicks Datteln
9.1. Ergebnisse des Schulungsprogramms OBELDICKS

10. Fitoc
10.1. Ergebnisse des Interventionsprogramms FITOC

11. Vergleich der Programme

12. Schlusswort

III. Literaturverzeichnis

IV. Erklärung

II. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Perzentile für den Body Mass Index von Jungen im Alter von 0 bis 18

Abb. 2: Perzentile für den Body Mass Index von Mädchen im Alter von 0 bis 18 Jahren

Abb. 3: Komponenten des Energieverbrauchs vgl. Laessle et al.2001, S.13

Abb. 4: Multimodale Interventionsprogramme entnommen aus Grau 2003, S. 48

Abb. 5: Ernährungskreis entnommen aus Warschburger 1999, S. 75

Abb. 6: Erfolgsrate der Adipositasschulung OBELDICKS bei 132 Kindern

Abb. 7: Kognitive Kontrolle des Essverhaltens und Störbarkeit des Essverhaltens im Laufe der Adipositas- Schulung OBELDICKS

Abb. 8: Selbsteinschätzung der Kinder vor und nach der Adipositas- Schulung OBELDICKS

Abb. 9: Zufriedenheit der Teilnehmer am Ende der Schulung mit dem Kurs als Gesamtheit, dem Ernährungs-, (Ess-), Verhaltenskurs, der Bewegungstherapie und den Familiengesprächen

Abb. 10: BMI- SDS- Veränderungen zwischen der Eingangsuntersuchung und der Kontrolluntersuchung nach der intensiven Phase,

Abb. 11: BMI- SDS Veränderungen zwischen der Follow up Untersuchung nach 3,1 Jahren (FO) und der Eingangsuntersuchung (EU),

Abb. 12: Untersuchungsparameter zur Eingangsuntersuchung (EU) und nach der intensiven Phase

Abb. 13: Untersuchungsparameter zur Eingangsuntersuchung, nach der intensiven Phase (8,7 1,5 Monate) und bei der Follow up- Untersuchung

Abb. 14: Änderung der Verzehrhäufigkeit vgl. www.fitoc.de

1. Einleitung

Nach der World Health Organization (WHO) zählen die Folgen von Adipositas zu den häufigsten Todesursachen. Adipositas ist somit die größte Herausforderung für die öffentliche Gesundheit im 21. Jahrhundert. In einigen Beiträgen wird sogar von einer Epidemie gesprochen, die immense gesellschaftliche und ökonomische Auswirkungen für Deutschland hat.

Fraglich angesichts dieser erschreckenden Meldung ist doch, warum wir im täglichen Leben mit präventiven Maßnahmen hinsichtlich Aids, Alkohol, Drogen etc. konfrontiert werden jedoch nie ein Wort über Adipositas zu vernehmen ist. Weder in der Fernsehwerbung noch auf Plakaten wird man mit dem Problem, dass sich so rapide ausbreitet und ein so hohes Sterberisiko mit sich zieht vertraut gemacht.

Warum aber kommt es überhaupt zu Adipositas? Was ist denn mit Adipositas eigentlich gemeint? Gibt es Möglichkeiten um diesem Problem entgegen zu wirken?

Das Ziel meiner Arbeit ist es, die Möglichkeiten der Hilfe für übergewichtige und adipöse Kinder und Jugendliche aufzuzeigen.

Im ersten Teil werde ich eine Wissensgrundlage zum Thema Adipositas schaffen, welche aus folgenden Faktoren besteht:

- Definition von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter
- Methoden zur Bestimmung von Übergewicht
- Ursachen und Faktoren zur Entstehung von Adipositas im Kindes- und Jugendalter
- Gesundheitliche Auswirkungen der Adipositas im Kindes- und Jugendalter
- Psychosoziale Auswirkungen der Adipositas im Kindes- und Jugendalter

Im zweiten Teil werde ich mich mit der Frage beschäftigen, wie adipösen Kindern und Jugendlichen geholfen werden kann.

Zuerst werde ich kurz auf die Hilfsmöglichkeiten innerhalb der Familie eingehen.

Anschließend beschreibe ich die Therapiemöglichkeiten und stelle das Schulungsprogramm OBELDICKS- Datteln und das Freiburger Interventions- Programm FITOC, mit den bislang veröffentlichten Ergebnissen vor.

Leider gibt es zurzeit nur sehr lückenhafte Erkenntnisse hinsichtlich der Qualität und des Erfolgs der Behandlungsangebote. Darum startet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung derzeit an der Universität Ulm eine Studie, durch die kurz- und langfristige Auswirkungen von Behandlungsangeboten ersichtlich werden sollen.

Die Ergebnisse sollen Antworten auf die Frage geben, wie hoch die Gewichtsreduktion ein Jahr nach Therapieende ist, ob mit der Adipositas zusammen hängende Krankheiten reduziert werden konnten, ob es eine Änderung bezüglich des Verhaltens gegeben hat und ob die Lebensqualität verbessert werden konnte. Des Weiteren sollen Unterschiede zwischen den Therapiekonzepten und ob der Therapieerfolg durch die Intensität der Behandlung beeinflusst wird aufgezeigt werden.

Die Studie ist auf dreieinhalb Jahre angelegt. 48 Institutionen nehmen teil, somit können 1800 übergewichtige Kinder und Jugendliche zwischen 8 - 16 Jahren in die Studie eingebunden werden. .Ergebnisse sollen 2008 vorliegen.

2. Epidemiologie

Die Prävalenz der Adipositas hat sich seit den ´80er Jahren in den europäischen Ländern mindestens verdreifacht. So wären bei einer stetigen Zunahme, Schätzungen zur Folge bis zum Jahr 2010 150 Mio. Erwachsene adipös sein. Diese Entwicklung ist sogar für die Länder Frankreich, Niederlande und Norwegen zu erwarten, in denen die Rate für Übergewicht und Adipositas normalerweise immer niedrig gewesen ist (vgl. Faktenblatt Euro/13/05 vom 22.03.05)

Es kann damit gerechnet werden, dass in den nächsten 5 Jahren die Prävalenz in der Europäischen Region um durchschnittlich 2,4% bei den Frauen und 2,2% bei den Männern steigt. In einigen Ländern ist sogar mit einem stärkeren Anstieg zu rechnen (vgl. ebd.)

Das erschreckende an dem Thema ist, dass die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen steigt. Nach Wirth nimmt die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen im Gegensatz zu den Erwachsenen doppelt so schnell zu.

So kann man heute von 20% übergewichtigen und 10% stark übergewichtigen Kindern und Jugendlichen sprechen. Dementsprechend steigt in den nächsten Jahren auch die Zahl der übergewichtigen und/ oder adipösen Erwachsenen, da das Übergewicht im Laufe des Lebens nur selten von den Kindern und Jugendlichen korrigiert werden kann.

Mit der zunehmenden Prävalenz nimmt auch die Häufigkeit von organmedizinischen und psychosozialen Auswirkungen zu. Die gesellschaftlichen Kosten die dadurch entstehen werden sind enorm, können jedoch derzeit nicht durch genaue Daten für Deutschland sichtbar gemacht werden. Andere Länder, die mit unserer Adipositas Präsenz zu vergleichen sind schätzen jedoch die Kosten, die durch eine Adipositas entstehen auf 5- 10% der Gesamtgesundheitskosten (vgl.diabetes-world.net/736863 vom 6.10.05).

2.1. Definition von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter

Beim lesen der Begriffe „fettsüchtig, übergewichtig oder adipös“ ist uns allen sicherlich bewusst, wie der Mensch aussieht, der durch sie beschrieben werden soll. Uns ist jedoch nicht immer bewusst, dass diese Begriffe den betreffenden Zustand nicht immer richtig beschreiben und manchmal auch eine Diskriminierung beinhalten (vgl. Grau 2003, S.15).

Wenn man einmal den Begriff Fettsucht genauer betrachtet, so könnte man davon ausgehen, dass mit diesem Begriff ein Zustand der Sucht beschrieben werden soll, in dem der Betroffene nicht aufhören kann zu essen. Betrachtet man jedoch die Kriterien einer Sucht, wie z.B. Alkohol oder Nikotin, stellt sich heraus, dass Adipositas diese Kriterien nicht erfüllt. Somit kann man den Begriff Fettsucht nicht als Übersetzung des medizinischen Begriffes Adipositas sehen (vgl. Beil 1999, S. 13).

Weitere Begriffe, die häufig verwendet werden, sind „übergewichtig“ und „adipös“. Sicherlich ist Adipositas immer mit Übergewicht verbunden, jedoch sollten diese Begriffe nicht synonym verwendet werden, da sie zwei verschiedene Zustände beschreiben.

Übergewicht: Mit Übergewicht wird ein Zustand beschrieben, in dem das Körpergewicht höher ist, als für das betreffende Alter und Geschlecht angegeben. Nach der WHO (World Health Organization), kann ab einem BMI> 25kg/m2 von Übergewicht gesprochen werden (vgl. Grau 2003, S.16).

Adipositas: Der Begriff Adipositas beschreibt einen Zustand, indem das Körpergewicht aus einem zu hohen Teil Fettmasse besteht und die gesundheitliche Beeinflussung sehr hoch ist. Die Fettmasse kann nur indirekt über den BMI geschätzt werden. Ein wichtiges Kriterium für die Klassifizierung durch den BMI ist, dass sowohl Übergewicht als auch Adipositas nicht über die Körpermasse definiert wird, sondern lediglich über ein Gewicht- Längen- Indiz.

Menschen mit vielen Muskeln, wie sie z.B. bei Bodybuildern vorhanden sind, könnten aufgrund ihres hohen Gewichts und des daraus resultierenden hohen BMI als übergewichtig oder adipös eingestuft werden. Jedoch sollte gesagt sein, dass hier kein Übergewicht im gesundheitlich beeinträchtigenden Sinne vorliegt (vgl. Grau 2003, S.16).

Es gibt verschiedene Ausprägungsgrade, die man nach Empfehlung der WHO bei der Adipositas unterscheidet:

- Präadipositas: BMI zwischen 25 und 30 kg/m2
Hier lassen sich noch keine gesundheitlichen Probleme aufgrund des Übergewichtes feststellen. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die betroffenen Personen weiterhin zunehmen und dann auch mit gesundheitlichen Problemen konfrontiert werden.
- Adipositas Grad 1: BMI zwischen 30 und 35 kg/m2
Die Morbidität und Mortalität ist in dieser Phase so hoch, dass eine Behandlung durch nicht medikamentöse Maßnahmen notwendig wird. Wenn durch diese Behandlung keine Verbesserung erzielt wird, werden auch Medikamente eingesetzt.
- Adipositas Grad 2: BMI zwischen 35 und 40 kg/m2
In dieser Phase ist das gesundheitliche Risiko so hoch, dass eine operative Therapie eingesetzt werden sollte, wenn nicht medikamentöse und medikamentöse Maßnahmen zu keiner Verbesserung führen und es schwerwiegende Folgeerkrankungen gibt.
- Adipositas Grad 3: BMI mehr als 40 kg/m2
Der schwerste Grad der Adipositas wird meistens ab einem Gewicht von 130 Kg erreicht. Es treten gleichzeitig verschiedene Krankheiten auf. Aufgrund der geringen Erfolge einer konservativen Therapie sollte man grundsätzlich versuchen, das Gewicht durch eine operative Therapie zu reduzieren (Wirth 2000, S.8 in Grau 2003, S. 17).

Die angegebenen BMI- Werte für Erwachsene sind jedoch nicht einfach auf Kinder übertragbar, denn weder Alter noch Geschlecht werden bei der Einteilung in die Gewichtsklassen berücksichtigt. Eine solche Einteilung wäre aber aufgrund des physiologischen Gestaltwandels den Kinder währen ihrer körperlichen Entwicklung durchlaufen sehr wichtig. In der Säuglingszeit und kurz vor der Pubertät kann es Phasen der körperlichen Fülle geben. Im Vorschulalter und beim pubertären Wachstumsschub kann es dagegen zu Phasen der „Streckung“ kommen. Oftmals kann beobachtet werden, dass übergewichtige Kinder in Folge eines Wachstumsschubs schlanker werden (vgl. Kolbe/ Weyhreter 1998; Warschburger 1999 in Grau 2003, S. 17).

Wie aber kann man bei Kindern und Jugendlichen feststellen, ob Übergewicht oder eine Adipositas vorliegt?

Hierfür werden Tabellen verwendet, die unter Berücksichtigung von Größe, Alter und Geschlecht des Kindes Anhaltspunkte über das Normalgewicht geben. Diese Angaben sollten jedoch wie oben erwähnt, nur Anhaltspunkte sein, da die körperliche Entwicklung von Kindern unterschiedlich verläuft und es manchmal zu Abweichungen vom „Normalgewicht“ kommen kann. Diese Tabellen können als Orientierungshilfe für unsichere Eltern gesehen werden (vgl. Beil 1999, S. 11).

Es folgen nun die für Mädchen und Jungen angegebenen Durchschnittswerte:

Mädchen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Jungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Tabelle des Forschungsinstituts für Kinderernährung Dortmund nach Reineken, Stolley, Droese in Beil 1999, S. 11f).

2.2. Klassifikation der Adipositas

Adipositas gehört nicht zu den typischen Essstörungen, wie z.B. „Anorexia nervosa“ und „Bulimia nervosa“ (vgl. Grau 2003, S. 22), da es keine psychopathologischen Faktoren hinsichtlich ihrer Entstehung gibt (vgl. Pudel 2003, S. 3).

Eine Essstörung zeichnet sich durch die überwiegende Konzentration von Gedanken und Gefühlen auf das Essen, den Körper und das Gewicht aus (vgl. Grau 2003, S. 23).

Die WHO beschreibt Adipositas lediglich als einen medizinischen Begriff, durch den die körperlichen Folgen lang anhaltenden Übergewichts beschrieben werden, und nicht als psychosomatische Krankheit mit Suchtcharakter (vgl. Grau 2003, S.23).

Somit wurde Adipositas nicht in das DSM- IV (Diagnostic and Statistical Manual for Mental Disorders) aufgenommen (vgl. Pudel 2003, S. 3).

Allerdings wurde eine Untergruppe der Adipösen, welche an einer Essstörung leiden, die „Binge Eater“ in die DSM- IV in die Kategorie „nicht näher bezeichnete Essstörungen“ aufgenommen (vgl. Wirth 2000, S. 90).

Eine Klassifikation der Adipositas erfolgt nach der ICD- 10 (Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision (vgl. Pudel 2003, S.3).

2.3. Binge Eating Disorder

„Binge eating“ bzw. „eating binge“ ist die Bezeichnung für Essanfälle, Fressanfälle und Heißhungerattacken in der englischsprachigen Literatur (vgl. Grau 2003, S. 23).

Die Binge Eating Disorder (BED) zeichnet sich wie die Bulimia nervosa durch ihr Hauptmerkmal, die immer wiederkehrenden Essanfälle, aus. Der Unterschied liegt im fehlenden kompensatorischen Verhalten, welches für die Bulimia nervosa charakteristisch ist (Erbrechen, exzessiver Sport) (Pudel 1998, S. 246 in Grau 2003, S. 23).

Das Risiko, Übergewicht zu entwickeln, steigt bei dieser Essstörung, da während der Essanfälle hochkalorische Nahrungsmittel eingenommen werden (vgl. Grau 2003, S. 23). Des Weiteren ist die BED oftmals mit anderen psychischen Störungen, wie Depressionen, Angststörungen oder Persönlichkeitsstörungen verbunden (vgl. Pudel 1998, S. 248 in Grau S. 23).

Zu Ätiologie und Therapie gibt es derzeit nur wenige Forschungsergebnisse, jedoch kann gesagt werden, dass die Entstehung der BED durch Diäten oder gezügeltes Essen begünstigt wird. Lässt erst einmal die kognitive Kontrolle nach, wird das Gewicht von sporadischen Essanfällen wieder in die Höhe getrieben (vgl. Grau 2003, S.23).

Nach dem DSM- IV sind die regelmäßigen Essanfälle bei der BED durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

- eine deutliche größere Menge der Nahrungsaufnahme, verglichen mit der Menge, die viele andere im selben Zeitraum unter gleichen Umständen essen würden.
- Es besteht keine Kontrolle hinsichtlich des Essens (kein Überblick über die bereits gegessene Nahrung, man fühlt sich nicht in der Lage mit dem Essen aufzuhören)

(vgl. Grau 2003, S. 24)

Bei den Essanfällen der „Binge eater“ lassen sich mindestens drei dieser Verhaltensweisen beobachten:

- sie essen schneller als normal
- sie hören erst auf zu essen, wenn ein unangenehmes Gefühl der Fülle aufkommt
- ohne Hunger zu haben werden große Mengen gegessen
- sie schämen sich für die verzehrten Mengen, deswegen essen sie lieber allein
- sie ekeln sich vor sich selbst, fühlen sich depressiv oder Schuldig aufgrund der verspeisten Mengen
- die Essanfälle führen zu merklicher Verzweiflung
- innerhalb eines Zeitraums von mehr als sechs Monaten treten die Essanfälle mindestens an 2 Tagen pro Woche auf
- Auf die Essanfälle folgt kein regelmäßiges unangemessenes Kompensationsverhalten
- Zwischen den Essanfällen und Anorexia nervosa oder Bulimia nervosa besteht kein Zusammenhang

(vgl. Grau 2003, S. 24).

3. Methoden zur Bestimmung von Übergewicht

Im vorigen Kapitel wurde deutlich, dass eine Messmethode, die das Ausmaß der Adipositas bestimmt, den Körperfettgehalt messen und auch einfach anzuwenden sein sollte.

Um den Körperfettgehalt eines Menschen zu bestimmen, gibt es verschiedene Methoden, die sich in drei Bereiche unterteilen lassen (vgl. Wabitsch 2000, H. 212, S. 287):

1. Die anthropometrischen Methoden, wie z.B. Körpermasseindex (BMI), Messung der Hautfaltendicke (Kalipermetrie), Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT), Sonografie und die Ultraschallmessung.
2. Die Labormethoden, wie z. B. eine Dichtemessung (Densitometrie), Körperwasserbestimmung (Hydrometrie), Bestimmung des Körperkaliums (Kaliometrie).
3. Die neueren Methoden wie z.B. die biolektrische Impendanzmessung (vgl. Herm 2003, S. 153).

Ausgehend von meinem Thema: „Möglichkeiten der Hilfe für dicke Kinder“ denke ich, dass es nicht sinnvoll ist, alle Methoden vorzustellen. Ich werde mich deswegen nur auf die Methoden beziehen, die für Kinder besonders geeignet sind und danach die Vor und Nachteile der gängigsten Methoden in tabellarischer Form darstellen.

3.1. Der Body Mass Index

Die üblichste und einfachste Methode, mit der man heutzutage das Normalgewicht von Kindern und Jugendlichen bestimmt, ist der Body Mass Index (BMI). Dieser berechnet sich, indem man das Körpergewicht (in kg) durch das Quadrat der Körpergröße (in m) teilt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gewicht- Längen- Index:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(vgl. Wirth 2000, S. 6 in Grau 2003, S. 17))

Wenn man sich diesen Index genauer ansieht, bemerkt man, dass Geschlecht und Alter des Kindes nicht berücksichtigt werden. Somit können die hier angegebenen Werte, wie schon im vorigen Kapitel erwähnt, zwar bei Erwachsenen eine zuverlässige Bestimmung des Übergewichts angeben, dies gilt aber nicht für die Bestimmung des Übergewichts bei Kindern.

Grau bezieht sich an dieser Stelle auf Kolbe/ Weyhreter (1998); Warschburger (1999), die der Meinung sind, dass Kinder sich stark durch ihr Wachstum verändern. Somit kann es zu Phasen kommen, in denen sie fülliger sind (Säuglingszeit, kurz vor der Pubertät) und Phasen in denen sie sich „strecken“ (Vorschulalter, pubertärer Wachstumsschub). Kinder, die in einer bestimmten Phase übergewichtig sind, werden oft durch solch einen Wachstumsschub schlanker (vgl. Grau 2003, S.17).

Unter Berücksichtigung deutscher Kinder und Jugendlicher gibt es Perzentilkurven, die eine Beurteilung des BMI´s vereinfachen und Verlaufsdokumentationen ermöglichen (vgl. Kromeyer- Hausschild u. a. 2001, S. 808).

Bei einem Wert oberhalb der 90. Perzentile wird von Übergewicht, und bei einem Wert oberhalb der 97. Perzentlie von Adipositas gesprochen. Die BMI- Perzentilen von Kronmeyer- Hausschild K., Wabisch M., Kunze D. et al. sollen als Referenzdaten gelten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Perzentile für den Body Mass Index von Jungen im Alter von 0 bis 18

Kromeyer-Hauschild K, Wabisch M, Kunze D, et al. Monatsschr. Kinderheilkunde 2001; 149: 807-818

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Perzentile für den Body Mass Index von Mädchen im Alter von 0 bis 18 Jahren Kromeyer-Hauschild K, Wabisch M, Kunze D, et al. Monatsschr. Kinderheilkd 2001; 149: 807-818

3.2. Die Broca Formel

Durch die Broca Formel wird das Normal- Sollgewicht folgendermaßen berechnet:

Normal- Sollgewicht = Körpergröße (in cm) - 100

So wird die Formel allerdings nur für Männer angewendet. Um das Normal- Sollgewicht für Frauen mit Hilfe dieser Formel zu berechnen, werden 5- 10% abgezogen.

Durch die Anwendung der Broca Formel ist es sehr leicht, das Gewicht einer Person einzustufen. Allerdings bietet diese Methode, wenn sie bei Kindern angewandt wird, keine repräsentativen Ergebnisse, da die Körpergröße eine zu große Rolle in Bezug auf das Normal- Sollgewicht spielt. Sind Menschen z.B. sehr klein oder sehr groß, ist die Einstufung des Gewichts durch diese Formel ungeeignet (vgl. Wirth 2000, S. 20).

3.3. Hautfaltendickemessung

Bei der Hautfaltendickemessung, der so genannten Kalipermetrie, wird mit einem Kaliper (eine Art Kneifzange), an vier standarisierten Körperstellen gemessen:

- Bizeps- Mitte (Mitte des Oberarms, Innenseite)
- Triceps- Mitte (Mitte des Oberarms, Außenseite)
- Subscapularis (unter der Schulterblattdecke)
- Suprailiacus (über der Darmbeinkante)

Bei dieser Methode wird davon ausgegangen, dass das Verhältnis vom Unterhautfettgewebe zum Gesamtkörperfett des Menschen fast proportional ist.

Man spricht von Adipositas, wenn die Hautfaltendicke über der 90. Perzentile liegt.

Um die Hautfaltendicke zu ermitteln, wird mit Hilfe des Zeigefingers und des Daumens eine doppelte Hautfalte abgehoben und gemessen.

Positiv an dieser Methode sind ihre Genauigkeit, ihre geringen Kosten sowie die Möglichkeit der Durchführung im Labor und auch bei Felduntersuchungen. Negativ an dieser Methode ist, dass die Kompression des zu untersuchenden Gewebes um bis zu 40% variieren kann. Außerdem können bei ⅔ aller adipösen nicht alle Hautfalten korrekt abgehoben werden (vgl. Wirth 2000, S.22).

3.4. Weitere Methoden

Übergewicht kann auch durch andere Methoden bestimmt werden, jedoch haben die meisten nur eine geringe Bedeutung für die klinische Praxis, da sie zu aufwendig und zu teuer sind oder aufgrund benötigter Strahlung gesundheitliche Schäden hervorrufen können (vgl. Wirth 2000, S. 23ff).

Die wichtigsten dieser Methoden, sind in der folgenden Tabelle mit ihren Vor- und Nachteilen dargestellt (vgl. Goran 1998, S 514 in Warschburger et al. 1999, S. 15).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4. Ursachen und Faktoren zur Entstehung von Adipositas im Kindes- und Jugendalter

Wissenschaftler in den 50er Jahren waren sich damals ganz sicher, dass die Ursachen einer Adipositas im wachsenden Nahrungsangebot und in der zunehmenden Mobilisierung liegen würden. Heute wissen wir, dass es mehrere Faktoren gibt, die zur Entstehung von Übergewicht und Adipositas gleichzeitig beitragen, wie z.B. Essgewohnheiten, Umwelt- und Lebensbedingungen, genetische Faktoren (vgl. Reinehr et al.2003, S. 8).

Diese Faktoren hängen fast alle mit dem Lebensstil zusammen und sind deswegen bei Kindern und Jugendlichen ähnlich wie bei Erwachsenen. Die Ausprägung dieser Faktoren ist jedoch in den verschiedenen Lebensaltern unterschiedlich (vgl. Wirth 2000, S.308f.).

Kinder reagieren bei vorhandener erblicher Neigung besonders stark auf Übergewicht im Gegensatz zu Erwachsenen, die ihr Körpergewicht durch ihren Willen und auch ihre Vernunft beeinflussen können.

Im nächsten Kapitel werde ich auf die Studien eingehen, die sich mit der Frage beschäftigt haben, welche Rolle die Gene bei der Entstehung von Übergewicht und Adipositas haben.

[...]

Ende der Leseprobe aus 92 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten der Hilfe für dicke Kinder
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
92
Katalognummer
V47909
ISBN (eBook)
9783638447492
Dateigröße
1261 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Möglichkeiten, Hilfe, Kinder
Arbeit zitieren
Diplom Pädagogin Ana Crasmareanu (Autor:in), 2005, Möglichkeiten der Hilfe für dicke Kinder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47909

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