Varietäten der Britischen Inseln


Seminararbeit, 2003

16 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1. Hinführung zum Thema

2. Was ist Dialekt?
2.1 Bedeutung des Dialekts
2.2 Warum gibt es Dialekte?
2.3 Traditional und Modern Dialects

3. Akzent- I know where you’re from!

4. Historische Entwicklung der englischen Dialekte
4.1 Altenglische Phase
4.2 Mittelenglische Phase

5. Standard English
5.1 Die Entwicklung des Standard English
5.2 Der Einfluss des Standard English auf Dialekte ab der frühneuenglischen Phase

6. RP - eine Definition
6.1 Entwicklung und Bedeutung der RP
6.2 Trendwende: Estuary English

7. Die Frage nach der Richtigkeit und Schlussgedanke

Anhang

Literaturverzeichnis

1. Hinführung zum Thema

Ein Seminar, welches die Englische Sprache in ihrem sozialen Kontext zu verstehen versucht, wäre natürlich unvollständig ohne die Analyse der Varietäten des Englischen und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung. Zu grundlegend und nachhaltig haben Dialekte und Akzente die englische Gesellschaftsstruktur geprägt und bewegt um sie hier ausklammern zu können. Die Wichtigkeit der Sprache im sozialen Kontext wurde schon mit Bernhard Shaws Pygmalion brillant beschrieben und somit unsterblich gemacht. Mit meiner Arbeit möchte ich mich genau diesem Thema widmen. Da der Umfang eines vollständigen Querschnitts durch die dialektale Landschaft Großbritanniens den Rahmen einer Proseminararbeit sprengen würde, wurde auch dieses Thema unter mehreren Kommilitonen aufgeteilt. Im Laufe meiner Arbeit möchte ich mich also zunächst der Frage widmen, was ‚Dialekt’ eigentlich ausmacht und versuche hierzu Definitionen zu geben. Auch die soziokulturelle Rolle eines Dialekts wird dabei nicht unbeachtet bleiben. Woher Dialekte kommen und in welchen Erscheinungsformen sie heutzutage vorliegen, werde ich im weiteren Verlauf anhand der Modelle Trudgills erläutern. Da das Verständnis für gegenwärtige Erscheinungsformen und Prozesse niemals ohne historischen Hintergrund umfassend sein kann, möchte ich überdies die Entwicklung der Englischen Varietäten diachron nachvollziehen, was einen Hauptteil meiner Arbeit ausmachen wird. Dabei lege ich besonderes Augenmerk auf die Herausbildung des Englischen Standards und der Standard Aussprache, was mich in Fragen der sozialen Bedeutung von Dialekt und Akzent weiterbringen wird und Rückschlüsse auf moderne Tendenzen der sprachlichen Erscheinungsform des Englischen erlaubt. In einem letzten Punkt soll auch der Frage nach der sozialer Stellenwert von Dialekten in heutiger Zeit nachgegangen werden. Diesem interessanten Thema verdanke ich viel Einblick in gesellschaftliche Strukturen Großbritanniens und bin überzeugt, dass meine Erkenntnisse umfassend in diese Arbeit einfließen konnten.

2. Was ist Dialekt ?

Im heutigen England existiert immer noch eine ungeheure Zahl unterschiedlichster Dialekte, die dem gesprochenen Standard des Landes einmal mehr und einmal weniger ähnlich sind. Vor allem die ländlichen Regionen scheinen die Rückzugsgebiete dieser archaischen Sprachvarianten zu sein. Eine grundlegende Unterscheidung die bezüglich der Frage nach ‚Dialekt’ getroffen werden muss, ist die zwischen Sprache und Dialekt. M. Wakelin definiert den Dialekt als eine von den Landsleuten verstehbare Variante des Standards. Sobald die Grenze der gegenseitigen Verständigungsfähigkeit überschritten ist, muss von einer autarken Sprache ausgegangen werden (vgl. Wakelin 1972: 1).

Dennoch ist die Variationsfähigkeit eines Dialekts recht weit gefächert. So kann auf allen sprachlichen Ebenen ein mehr oder weniger starker Wandel nachgewiesen werden.

Ein Dialekt kann auf phonologischer, grammatikalischer, lexikalischer oder semantischer Ebene Variationen aufweisen und muss aufgrund dieser Eigenschaft vom bloßen Akzent unterschieden werden, was ich im weiteren Verlauf meiner Arbeit genauer vornehmen möchte. Um die genannten Phänomene anschaulicher zu gestalten, sollen die Beispiele in Tabelle 1 zur Erläuterung dienen:

Tabelle 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es ist anzunehmen, dass die Dialektvarianten vom Standard-Sprecher verstanden werden, sie jedoch als stark altertümlich, ungewöhnlich oder sogar als falsch empfunden werden.

M. Wakelin trifft darüber hinaus eine weitere Unterscheidung zwischen Regional Dialect und Class Dialect. Ersterer ist direkt mit einem geographischen Gebiet verknüpft und existiert meist nur noch bei älteren Einwohnern ländlicher Räume in gesprochener Form. Das interessante dieser Dialekte ist ihr archaischer Charakter mit dialektalen Merkmalen, welche in direkter Verwandtschaft zu Dialekten der mittelenglischen Phase stehen. Class Dialects hingegen wurzeln eher in sozioökonomischen Faktoren. Obwohl Class Dialects auch mit einem Regional Dialect verknüpft sind, haben sie in der gesellschaftlichen Stellung ihren Ursprung (Fischer, Minenarbeiter etc.) (vgl. Wakelin 1972: 3f.).

2.1 Bedeutung des Dialekts

Dass Dialekt mehr ist als spontane Variation einer Sprache, die nur aufgrund wissenschaftlichen Ehrgeizes Beachtung findet, beweisen unzählige regionaler Interessensgruppen, die sich für das einsetzen was sie für gefährdet und schützenswert erachten: Ihren Dialekt. Dennoch hatten und haben Standard English und die Received Pronunciation den offiziellen Sektor fest im Griff und ließen regionale Varianten beinahe aussterben. Dies scheint verwunderlich und nur durch den historischen Hintergrund erklärbar zu sein, was aber in einem der folgenden Punkte ausführlich behandelt werden soll. P.Trudgill stellt die Wichtigkeit des Dialekts klar heraus:

Where we are from is thus an important part of our personal identity, and for

many of us an important component of this local identity is the way we speak-

our accent and dialect. Nearly all of us have regional features in the way we

speak English, and are happy that this should be so (…) (Trudgill 1999:1).

Somit ist der gesprochene Dialekt nicht nur Identifizierung mit sich und seiner heimatlichen Region- egal wo man sein späteres Leben verbringen mag- sondern bedeutet vor allem Ausdruck des persönlichen Stolzes und Interesses bezüglich seiner Heimat, mit der er durch seinen Dialekt und Akzent unverwechselbar verbunden ist und identifiziert werden kann. Die zuvor angesprochenen Class Dialects sind hier in ähnlicher Weise zu verstehen. Die Identifizierung mit seiner gesellschaftlichen Schicht, seiner sozialen Zugehörigkeit, ist ein wichtiger Bestandteil der Identifizierung seiner selbst mit Hilfe eines unverwechselbaren, unnachahmlichen Hilfsmittels- seiner Sprache.

2.2 Warum gibt es Dialekte?

Bis heute gibt es keine befriedigende Erklärung dafür, warum sich Sprache verändert. Nur selten gibt es externe Faktoren, die einen Sprachwandel hervorrufen, so z.B. der Normannische Einfall im Jahr 1066 n. Chr. Dennoch verändert sich Sprache stetig und auf sämtlichen Ebenen. Diese Veränderungen scheinen spontan und willkürlich aufzutreten und es wäre wohl fatal ihnen wissenschaftliche Logik anzudichten. Ob aus Gründen der Sprachökonomie, Mode oder anderen Beweggründen- Sprache lebt und entwickelt sich. Solche Wandlungen treten natürlich nie überall und gleichzeitig auf. Dort wo sie auftreten, ist jedoch die Basis für einen neuen Dialekt geschaffen. Oft werden die neuen Merkmale mit Sprechern aus Nachbarregionen ausgetauscht- Grund dafür warum zwischen Dialekten kaum klare Divisionen gezogen werden können.

Anders als heute, war in früherer Zeit ein homogener demagogischer Austausch keineswegs überall gegeben. Gebiete, die aufgrund von politischen, geographischen oder anderen Faktoren schwer von einer anderen Sprechergemeinschaft erreicht werden konnten, waren der Ursprung für eine separate sprachliche Entwicklung. So erklärt beispielsweise auch P.Trudgill, dass vor 2000 Jahren Deutsch, Niederländisch, Friesisch, Norwegisch, Englisch und viele weiterer moderner Sprachen alle untereinander verstehbare Dialekte einer großen Sprachfamilie- einer germanischen Muttersprache sozusagen- entstammen. Im Laufe der Zeit, entwickelten sich diese Dialekte (meist aufgrund politischer Gründe separiert) zu autarken Sprachen, die heute nicht mehr untereinander verständlich sind. Die nahe Verwandtschaft lässt sich aber keinesfalls leugnen, was ich mit Tabelle 2 verdeutlichen möchte (vgl. Trudgill 1999: 8f.):

Tabelle 2 (Trudgill 1999:9)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.3 Traditional und Modern Dialects

Nach P. Trudgill folgt dieser Punkt der Differenzierung zwischen Traditional und Modern Dialects. Er versteht die Traditional Dialects als die typischen Dialekte, die in heutiger Zeit nur noch von den Wenigsten gesprochen werden und wenn überhaupt nur in entlegenen Gebieten, vor allem im Norden und Westen des Landes zu hören sind. Sie divergieren am stärksten vom vorherrschenden Standard, was in Tabelle 3 mit einem Bespiel aufgeführt ist.

Tabelle 3 (Trudgill 1999:5)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine Möglichkeit, Sprecher traditioneller Dialekte einer Region zuzuordnen, ist es Aussprachebesonderheiten, die sie untereinander und von modernen Dialekten unterscheiden, zu suchen und aufzuzeichnen. So ergeben sich Unterschiede bei der Aussprache bei den in der Abbildung 1 aufgeführten Merkmalen. Es zeigt sich, dass die nördlicheren Dialekte stärker archaischen Charakter besitzen. Sie scheinen sich am wenigsten seit der angelsächsischen Zeit gewandelt zu haben, was vor allem bei der Aussprache von long [laŋ] statt [lɒŋ] und blind [blɪnd] statt [blaɪnd] zur Geltung kommt. Fasst man sämtliche Unterscheidungsmerkmale zusammen erhält man nach Trudgill dreizehn verschiedene Dialektzonen, welche ich im Anhang unter Abbildung 2 zur Veranschaulichung beigefügt habe.

Modern Dialects hingegen unterscheiden sich weit weniger stark von Standard English. Sie werden hauptsächlich mit Regionen assoziiert, die relativ spät englischsprachig wurden, so z.B. Wales. Darüber hinaus sind sie stark mit urbanen Zentren verknüpft oder typisch für die Sprache jüngerer Leute. Sie unterscheiden sich auch eher über ihre Aussprache, als über grammatikalische Variation. Es sind meist neuere Entwicklungen der Sprache. Somit müssen zur Differenzierung der Modern Dialects andere Unterscheidungskriterien herangezogen werden, als die der Traditional Dialects. Abbildung 2 zeigt nach Trudgill, welche Merkmale hierfür geeignet sind. Auch hier lässt sich durch die Kombination der Aussprachemerkmale ein Gesamtbild über sechzehn Dialektgebiete zeichnen, welches ebenfalls im Anhang unter Abbildung 4 zu finden ist (vgl. Trudgill 1999:20ff.).

3. Akzent- I know where you’re from!

Wie bereits im Punkt 2 meiner Arbeit angedeutet, möchte ich nun den Begriff des Akzents, seine Bedeutung und sein Verhältnis zum Dialekt näher erläutern.

Anders als Dialekte, bezieht sich der Akzent rein auf phonologische Realisierungen der Sprache. Die Variation der Aussprache ist natürlich auch Bestandteil eines Dialekts, weshalb auch der Dialekt einer gewissen Region mit einem bestimmten Akzent verknüpft ist. Ein Grund dafür warum in Punkt 2.3 Akzentmerkmale zur Differenzierung der Dialekte herangezogen werden. Auch wenn Dialekte immer mehr an Bedeutung verlieren, so bleibt immerhin ein sich von der RP unterscheidender Akzent erhalten. Der Akzent ist heute Basis für das Erschließen der regionalen Zugehörigkeit. Die wichtige Unterscheidung zwischen Dialekt und Akzent nehme ich bereits in diesem Punkt vor, da sie im Folgenden bei der Unterscheidung von Standard English (Dialekt) und RP (ein Akzent, wie später näher erläutert wird) notwendig sein wird. Es folgen einige Beispiele für phonologische Variation, die vor allem die Vokalqualität betrifft. Interessant ist, dass Akzent nicht nur regionale Variation (Tabelle 4) aufweist, sondern auch bezüglich des Sprecheralters variiert (Tabelle 5):

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Varietäten der Britischen Inseln
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Englische Philologie)
Veranstaltung
Englisch im sozialen Kontext
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
16
Katalognummer
V47917
ISBN (eBook)
9783638447560
Dateigröße
882 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Proseminararbeit über die Entstehung und Entwicklung von Dialekten und Dialektgruppen der Britischen Inseln unter Berücksichtigung der sozio-kulturellen Dimension von Dialekten und dem Identitätsbewusstsein ihrer Sprecher.
Schlagworte
Varietäten, Britischen, Inseln, Englisch, Kontext
Arbeit zitieren
Thomas Kahl (Autor:in), 2003, Varietäten der Britischen Inseln, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47917

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