Die Zeit als Gestaltungsparameter bei der Preissetzung aus theoretischer Perspektive


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2005

22 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Payment depreciation
2.1 Darstellung des Phänomens
2.2 Mögliche Ursachen des Phänomens

3 Der Pennies-a-day-Effekt
3.1 Darstellung des Phänomens
3.2 Mögliche Ursachen des Phänomens

4 Umfelder, die über den Faktor Zeit Einfluss auf die Preiswahrnehmung ausüben
4.1 Eigenzeit
4.1.1 Wahrnehmung der Eigenzeit
4.1.2 Wert der Eigenzeit und Gestaltungsmöglichkeiten
4.1.3 Quantifizierung zeitbezogener Bedürfnisse
4.1.4 Wahrnehmung der Eigenzeit im Vergleich zur Preiswahrnehmung
4.2 Zeitdruck
4.2.1 Mögliche Ursachen für einen empfundenen Zeitdruck
4.2.2 Preiswahrnehmung unter Zeitdruck

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Kurzfassung

Die Zeit hat sehr viele Facetten. Wie diese bei der Preissetzung genutzt werden können, um eine Wirkung auf die Preiswahrnehmung zu erzielen, wird in dieser Arbeit aus einer theoretischen Perspektive aufgezeigt. Dabei ist die Vorgehensweise dergestalt, dass die einzelnen Möglichkeiten jeweils dargestellt und mögliche Ursachen betrachtet werden. Auf die praktischen Anwendungsmöglichkeiten wird dabei kurz eingegangen.

Neben den bekannten Phänomenen des Payment depreciations und des Pennies-a-day-Effektes werden die zeitlichen Umfelder der Preissetzung – Eigenzeit und Zeitdruck – näher beleuchtet.

Hierbei ist ein zentrales Ergebnis, dass der Wert der Eigenzeit nicht konstant, sondern von der Situation abhängig und subjektiv ist. Die Eigenzeitwahrnehmung unterscheidet sich von der Preiswahrnehmung. Zeitgewinne oder -verluste können nicht eingelöst und übertragen werden. Die Risikofreude, die bei der Wahrnehmung von monetären Verlusten gilt, ist bei Zeitverlusten nicht gegeben. Daher ist es wichtig, z.B. Wartezeiten so zu gestalten, dass sie subjektiv als kürzer empfunden werden.

Zeitdruck hat zur Folge, dass Heuristiken angewendet werden, um den Entscheidungsprozess zu beschleunigen. Bei einem hohen Preisniveau wird der Preis unter Zeitdruck eher als Qualitätsindikator angesehen, bei einem niedrigen Preisniveau eher als monetäres Opfer. Wenn von Zeitdruck ausgegangen werden kann, sollte dieser Zusammenhang bei der Preissetzung beachtet werden.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung: durchschnittliche Nutzung der halbjährlich zahlenden Gruppe

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Wert der eigenen Zeit

Tabelle 2: Bewertung von Zeitvorteilen mittels einer Preisprämie für die Strecke Zürich – Frankfurt

1 Einleitung

Das Phänomen Zeit wird in fast allen wissenschaftlichen Disziplinen behandelt. Die Schwerpunktsetzung und das begriffliche Verständnis unterscheiden sich jedoch deutlich. In der Philosophie geht es eher um existenzielle Betrachtungen, in der Physik um die Möglichkeiten der absoluten und relativen Quantifizierung nach Albert Einstein und in der Biologie um die innere Uhr.[1] Es wird deutlich, dass es sich bei der Zeit um etwas sehr Komplexes, Abstraktes und Nicht-Beobachtbares handelt, was in der Frage gipfeln kann, ob es so etwas wie Zeit überhaupt gibt.

Die Zeit – welche Einflüsse sie auf die Preiswahrnehmung hat und wie sie bei der Preissetzung genutzt werden kann – ist Inhalt dieser Arbeit. Die Betrachtung erfolgt aus einer theoretischen Perspektive.

Es werden die Möglichkeiten des Anbieters erörtert, wie er den Faktor Zeit nutzen kann und welche Auswirkungen dies auf die Preiswahrnehmung des Konsumenten hat. Dabei stellt sich zunächst die Frage, welche Gestaltungsparameter der Zeit es gibt.

Zum einen können Zahlung und Konsum zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen. Die Zahlung kann dabei vor oder nach dem Konsum erfolgen. Die erstgenannte Reihenfolge führt zum sogenannten Payment depreciation. Dieses Phänomen und seine möglichen Ursachen werden zu Beginn dieser Arbeit erläutert.

Zum anderen kann der Pennies-a-day-Effekt genutzt werden, der das Phänomen beschreibt, dass Konsumenten geringe tägliche Zahlungen einer hohen jährlichen Einmalzahlung eventuell vorziehen. Hier wird den Fragen nachgegangen, ob es sich um ein generalisierbares Phänomen handelt, wann der Effekt eine umgekehrte Wirkungsrichtung aufweist und daher nicht mehr eingesetzt werden sollte, und welche Ursachen dafür zu finden sind.

Außerdem werden folgende weitere zeitliche Umfelder der Preissetzung beleuchtet: Eigenzeit und Zeitdruck. Diese beiden Themengebiete gehören ebenfalls zum Inhalt dieser Arbeit, da sich die Preiswahrnehmung nicht direkt gestalten lässt, sondern nur indirekt über das Umfeld.

Diese beiden zeitliche Umfelder gilt es bei der Preissetzung zu beachten.

Die Fragen, wie die Wahrnehmung von Eigenzeit erfolgt, wie der Wert derselben eingeschätzt wird und welche Gestaltungsmöglichkeiten sich daraus ergeben, sollen beantwortet werden. Weiterhin wird geklärt, ob sich die Befriedigung von zeitlichen Bedürfnissen quantifizieren lässt und welche Ähnlichkeiten zwischen der Preis- und der Zeitwahrnehmung bestehen.

Schließlich werden die Effekte betrachtet, die sich durch Zeitdruck ergeben. Mögliche Ursachen und Auswirkungen auf die Preiswahrnehmung stehen im Vordergrund.

2 Payment depreciation

2.1 Darstellung des Phänomens

Eine mögliche zeitliche Gestaltung ist die Zahlung vor dem Konsum. Diese Abfolge findet sich beispielsweise häufig bei Theater- oder Kinovorstellungen. Es besteht die Möglichkeit, die Eintrittskarten weit im voraus zu kaufen. Hat der Konsument den Preis bereits bezahlt, kommt es zu einer gedanklichen Abschreibung dieses Preises über die Zeit. Gourville und Soman nennen diesen Prozess Payment depreciation. Je weiter der Zahlungszeitpunkt zurückliegt, umso weiter ist der Preis abgeschrieben. Wenn der Konsument dann doch irgendwann das Bezahlte konsumiert, empfindet er diesen Konsum fast bzw. vollständig wie kostenlos, je nachdem, wie weit die gedankliche Diskontierung schon fortgeschritten ist. Die einmal getätigte Ausgabe ist wenig bedeutsam für die Gegenwart geworden. Es kommt zu einer sinkenden Konsumwahrscheinlichkeit.[2]

In der deutschsprachigen Literatur ist für das hier beschriebene Phänomen der Begriff „Entwertungseffekt“ zu finden.[3]

Zur Veranschaulichung dient eine empirisch bestätigte Studie aus dem Bereich von Fitness-Clubs: Die Mitglieder eines Clubs wurden in drei Gruppen unterteilt, die sich dadurch unterschieden, zu welchem Zeitpunkt sie ihren Beitrag zahlten. Eine Gruppe zahlte einen jährlichen Betrag zu Beginn des Jahres, die zweite Gruppe zahlte halbjährlich – zu Beginn des Jahres und in der Jahresmitte - und die dritte Gruppe zahlte einen monatlichen Beitrag. Alle diese Mitglieder hatten einen Jahresvertrag abgeschlossen und die gleiche Zahlungsweise vereinbart. Sie erhielten zum jeweiligen Zahlungszeitpunkt eine Rechnung per Post.

Die Nutzungshäufigkeit des Fitness-Clubs war bei der ersten Gruppe zu Beginn des Jahres am höchsten und nahm dann kontinuierlich über das Jahr ab. Die zweite Gruppe kam zu Beginn des Jahres und in der Jahresmitte am häufigsten in den Club, dazwischen sank ihre Teilnahme ebenfalls kontinuierlich. Die dritte Gruppe hingegen wies eine gleichmäßig über das Jahr verteilte Nutzung auf. Die folgende Abbildung verdeutlicht die sinkende Nutzung des Fitness-Studios der halbjährlich bezahlenden Mitglieder, wobei p dem Monat des Zahlungszeitpunktes entspricht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung: durchschnittliche Nutzung der halbjährlich zahlenden Gruppe[4]

Die Nutzung des Fitness-Clubs lag während des Monats p im Durchschnitt bei 35% und während des Monats p+5 nur noch bei durchschnittlich 6%..

2.2 Mögliche Ursachen des Phänomens

Die gedankliche Abschreibung des Preises über die Zeit und die durch diesen Prozess beeinflusste Preiswahrnehmung und Konsumwahrscheinlichkeit folgen nicht dem präskriptiven Modell von Neumann und Morgenstern, da dieses von einem rationalem Entscheidungsverhalten ausgeht.[5]

Vielmehr lässt es sich durch ein deskriptives Modell erklären, bei welchem das Verhalten von der Rationalität abweicht.[6] Durch das zeitliche Auseinanderklaffen von Zahlung und Konsum gewöhnt sich der Konsument allmählich an die getätigte Aufwendung. Wenn der Konsum nach langer Zeit doch noch erfolgt, wird er wie kostenlos empfunden.

Folglich reduziert Payment depreciation den Einfluss von sunk costs.[7] Darunter sind bereits getätigte Aufwendungen zu verstehen, die bei einem Ausfall des Konsums nicht wieder ausgeglichen werden können. Der Effekt der sunk costs ist, wenn die Möglichkeit einer zeitlich engen Abfolge zwischen Zahlung und Konsum besteht, die Zunahme der Konsumwahrscheinlichkeit. Ansonsten würde die Aufwendung als sehr schmerzhaft empfunden werden. Da hier der Abstand zwischen Zahlung und Konsum sehr groß ist, wird der Betrag gedanklich abgeschrieben. Der Effekt der sunk costs kommt weniger bzw. gar nicht zum Tragen.

Der Autor Thaler ordnet das beschriebene Phänomen unter dem Begriff „Payment decoupling“ ein. Hierunter versteht er eine Entkopplung des Preises vom Konsum. Auch er begründet den Effekt wie folgt: Die Buchung gemäß der mentalen Kontoführung berücksichtigt offene Zahlungen voll und bereits geleistete Zahlungen werden über die Zeit abgeschrieben.3

Aufgrund des Phänomens ergeben sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten für die Praxis. Auf diese soll hier nicht näher eingegangen werden, da bei dieser Arbeit eine theoretische Sichtweise eingenommen wird. Es sei nur am Beispiel des Fitness-Clubs die Steuerung der Nutzung über die zeitliche Ausgestaltung der Zahlung genannt. Hiermit kann einer Überfüllung der Trainingsräume entgegengewirkt und dennoch eine hohe Mitgliederzahl realisiert werden.

Es bleibt noch die Frage offen, wie sich das beschriebene Fitness-Club-Beispiel verändern würde, wenn anstelle per Rechung mit Kreditkarte bezahlt worden wäre.Die Bewusstmachung des Preises wäre sehr gering. Es kann vermutet werden, dass sich die gesamte Kurve der Abbildung: „durchschnittliche Nutzung der halbjährliche zahlenden Gruppe“ nach unten verschieben würde.

3 Der Pennies-a-day-Effekt

3.1 Darstellung des Phänomens

Eine weitere Möglichkeit, die Preissetzung mit Hilfe des Faktors Zeit zu gestalten, ist die Umformulierung des Preises in sich wiederholende, gewohnte Kleinausgaben. Durch eine derartige, disaggregierte Darstellung des Betrages, kommt es zu einer Veränderung der Preiswahrnehmung. Eine tägliche Zahlung von 1€ am Tag für ein Jahr, die eine disaggregierte Gestaltungsweise darstellt, wird als geringer empfunden als eine einmalige Zahlung von 365€, die eine aggregierte Gestaltungsweise darstellt.[8]

Der Autor Gourville, auf den der Gedanke des Pennies-a-day-Effektes zurückgeht, konnte empirisch belegen, dass die Kaufwahrscheinlichkeit bei der erstgenannten Form höher ist als bei der zweitgenannten. Außerdem konnte er zeigen, dass es sich um ein generalisierbares Phänomen handelt. Die Darstellung des Preises pro Tag wird auch gegenüber der Darstellung pro Woche und pro Monat bevorzugt, ebenso wie die Darstellung pro Woche der Darstellung pro Monat und der Darstellung pro Jahr bevorzugt wird. Schließlich wird auch ein Preis pro Monat gegenüber einem Preis pro Jahr vorgezogen.

Beispielsweise könnte die Kaufwahrscheinlichkeit durch die Berechnung von Tagespreisen für die Nutzung eines Kosmetikproduktes, wie z.B. einer Tagescreme, erhöht werden. Hierbei müsste der Anbieter den gesamten Preis durch Anzahl der Tage teilen, für die die Creme ausreicht.

Der hier beschriebene Effekt kehrt sich allerdings ab einem gewissen Betrag um. Ein einmaliger Betrag von 4200€ für das ganze Jahr wird als geringer empfunden als 11,50€ täglich über ein Jahr zu zahlen. Die Gestaltung des Preises in einer aggregierten Weise erhöht hier die Kaufwahrscheinlichkeit.

[...]


[1] Vgl. Schäffer (2000): „Das subjektive Zeitverhalten der Kunden – eine Betrachtung für den Dienstleistungsbereich“, in: Woratschek (Hrsg.), Neue Aspekte des Dienstleistungsmarketing, S.203

[2] Vgl. Gourville, Soman (1998): „Payment Depreciation: The Behavioral Effects of Temporally Separating Payments from Consumption”, Journal of Consumer Research, Vol 25(2)

[3] Vgl. Diller (2003):„Preiswahrnehmung und Preisoptik“, in: Diller, Herrmann (Hrsg.), Handbuch Preispolitik, S. 270

[4] Quelle: Vgl. Gourville, Soman (1998):„Payment Depreciation: The Behavioral Effects of Temporally Separating Payments from Consumption”, Journal of Consumer Research, Vol 25(2), S. 171

[5] Vgl. Neumann, Morgenstern (1944): Theory of games and economic behavior, zitiert nach . Kahnemann, Tversky (1979): „Prospect Theory: An analysis of decision under risk”, Econometrica, Vol. 47(2), S.263

[6] Vgl. Kahnemann, Tversky (1979): „Prospect Theory: An analysis of decision under risk”, Econometrica, Vol. 47(2), 263

[7] Vgl. Thaler (1999): „Mental Accounting Matters“, Journal of Behavioral Decision Making, 12, S.192

[8] Vgl. Gourville (1998): „Pennies-a-day: The Effect of Temporal Reframing on Transaction Evaluation“, Journal of Consumer Research, Vol. 24(4) und vgl. Gourville (2003): „The Effects of Monetary Magnitude and Level of Aggregation on the Temporal Framing of Price“, Marketing Letters, 14:2

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Die Zeit als Gestaltungsparameter bei der Preissetzung aus theoretischer Perspektive
Université
University of Hamburg  (Arbeitsbereich für Marketing und Innovation)
Cours
Psychologie des Preises
Note
1,7
Auteur
Année
2005
Pages
22
N° de catalogue
V47944
ISBN (ebook)
9783638447744
ISBN (Livre)
9783638708203
Taille d'un fichier
561 KB
Langue
allemand
Mots clés
Zeit, Gestaltungsparameter, Preissetzung, Perspektive, Psychologie, Preises
Citation du texte
Cosima Lütge (Auteur), 2005, Die Zeit als Gestaltungsparameter bei der Preissetzung aus theoretischer Perspektive, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47944

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