„Basisdemokratie“, bzw. „Demokratie bis nach unten“!
Diese Schlagwörter begegnen uns fast täglich in den verschiedensten politischen Auseinandersetzungen. Natürlich wird je nach politischer Anschauung diesen Forderungen mehr oder weniger Gewicht beigemessen, dennoch richtet sich das Augenmerk der Öffentlichkeit immer wieder darauf, z.B. wenn des öfteren Forderungen nach einer Volksabstimmung auf Bundesebene artikuliert werden.
Dass aber die großen gesellschaftlichen Interessengruppen wie politische Parteien oder Verbände selbst auf „basisdemokratischen Füssen“ ruhen, wird dabei weniger in Frage gestellt. Betrachtet man jedoch den Aufbau solcher Interessengruppen näher, stellen sich berechtigte Zweifel ein, ob deren Organisationswirklichkeit tatsächlich demokratisch genannt werden kann.
Vor allem das Konzept der "Stratarchie" des amerikanischen Wissenschaftlers Samuel Eldersveld ist in diesem Zusammenhang von Interesse. Er untersuchte die Organisationswirklichkeit, bzw. den Grad der innerorganisatorischen Demokratie US-amerikanischer Parteien und erlangte dadurch viele, zum Teil sehr überraschende Erkenntnisse.
Samuel Eldersvelds Werk vorzustellen, die wesentlichen Vordenker, aber auch Weiterentwicklungen seines Modells herauszuarbeiten, sowie zu versuchen, die wichtigsten Erkenntnisse auf die deutsche Parteien- und Verbändelandschaft zu übertragen (exemplarisch an der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands), ist Ziel dieser Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Organigramm vs. Organisationswirklichkeit 1, „die Anfänge“
2.1 Grundlegendes
2.2 Vorläufer und Vordenker Eldersvelds: Robert Michels und sein „ehernes Gesetz der Oligarchie“
3. Organigramm vs. Organisationswirklichkeit 2, „Parteien als diffuse Stratarchien“ – Samuel Eldersveld
3.1 Überblick über die Arbeit Eldersvelds
3.2 Das Stratarchie-Modell
3.2.1 Grundlegendes
3.2.2 Die Partei als bürokratisches System
3.2.3 Die Basis als „kritischer Handlungsort“
3.3 Die empirische Arbeit Eldersvelds
3.3.1 Grad der Hierarchie bis nach unten
3.3.2 Der „Index of Organizational Awareness“
3.3.3 Rollenerwartungen vs. Realität
4. Die Partei als lose verkoppelte Anarchie: E. Wiesendahl
4.1 Grundlegendes
4.2 Strukturbesonderheiten der Organisationswirklichkeit politischer Parteien
4.2.1 Unbestimmtheit
4.2.2 Fragmentierung
4.2.3 Lose Kopplung
4.2.4 Hypokrisie
4.3 Parteien als fragmentierte, lose verkoppelte Anarchien
5. Fallbeispiel: die Sozialdemokratische Partei Deutschlands
5.1 Die SPD vor 1914 eine „eherne Oligarchie“?
5.2 Die SPD nach dem 2. Weltkrieg: Zentralisierungstendenzen
5.3 Die moderne SPD als „lose verkoppelte Anarchie“
6. Fazit
7. Literatur
1. Einführung
„Basisdemokratie“, bzw. „Demokratie bis nach unten“. Diese Schlagwörter begegnen uns fast täglich in den verschiedensten politischen Auseinandersetzungen. Natürlich wird je nach politischer Anschauung diesen Forderungen mehr oder weniger Gewicht beigemessen, dennoch richtet sich das Augenmerk der Öffentlichkeit immer wieder darauf, z.B. wenn des Öfteren Wünsche nach einer Volksabstimmung auf Bundesebene artikuliert werden. Dass nun Interessengruppen wie politische Parteien oder Verbände selbst auf „basisdemokratischen Füssen“ ruhen, wird dabei weniger in Frage gestellt. Betrachtet man jedoch den Aufbau solcher Interessengruppen näher, stellen sich berechtigte Zweifel ein, ob deren Organisationswirklichkeit tatsächlich demokratisch genannt werden kann. Viele namhafte Wissenschaftler haben sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Einer davon ist Samuel Eldersveld, der mit seinem Konzept der „Stratarchie“ einen wesentlichen Beitrag zur Beantwortung der Frage nach dem Grad der innerorganisatorischen Demokratie geleistet hat. Die Leitfrage dieser Arbeit wird sein, herauszufinden, was Eldersveld, bzw. die Diskussion über seine Thesen uns über die Organisationswirklichkeit von Interessengruppen lehren. Ich werde versuchen, dabei so systematisch wie möglich vorzugehen und beginne zunächst mit einem kurzen Blick auf den wesentlichen Vordenker Eldersvelds und Vertreter der „klassischen“ Parteienforschung, Robert Michels, weil mir dies für das Verständnis der Entwicklung hin zur „modernen“ Parteien- und Verbandsforschung unerlässlich erscheint. Anschließend soll die theoretische und empirische Arbeit Samuel Eldersvelds ausführlich beleuchtet werden, bevor ich schließlich eine der wichtigsten Weiterentwicklungen des Stratarchie-Modells, das Konzept der Partei als „lose verkoppelter Anarchie“ Elmar Wiesendahls vorstellen will und durch die Verknüpfung mit dem Fallbeispiel der SPD versuche, der Kernfrage dieser Arbeit nach den organisationssoziologischen Lehren Eldersvelds und seiner Nachfolger auf die Spur zu kommen. Hierbei muss erwähnt werden, dass Eldersveld sich primär mit der Organisationswirklichkeit von (US-amerikanischen) politischen Parteien befasst. Die nachfolgende Arbeit wird sich demzufolge in erster Linie mit politischen Parteien befassen. Die Übertragbarkeit der Überlegungen Samuel Eldersvelds und seiner Nachfolger auf Verbände im Allgemeinen ist eine weitere Frage, die, wollte man sie hier ausführlich klären, den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Ich werde jedoch versuchen, in der Schlussbetrachtung auch diesbezüglich ein Fazit zu ziehen.
2. Organigramm vs. Organisationswirklichkeit 1, „die Anfänge“
2.1 Grundlegendes
Jede Interessengruppe und somit auch politische Parteien und Verbände in der Bundesrepublik Deutschland müssen offiziell nach „demokratischen Grundsätzen“ organisiert sein, was z.B. die Wahl von Vorständen oder Vorsitzenden sowie die Einberufung von Mitgliederversammlungen anbelangt. Betrachtet man die Organigramme, also die schriftlich niedergelegten Organisationsstrukturen dieser Interessengruppen, wird diese Maßgabe in aller Regel auch erfüllt. Interessant ist jedoch die real- und tagespolitische Umsetzung dieser „gesatzten Ordnung“, die schon Max Weber als Kennzeichen einer „legalen“, bzw. „bürokratischen Herrschaft“ betrachtet hat: „...dass beliebiges Recht durch Paktierung oder Oktroyierung rational, zweckrational oder wertrational orientiert (oder: beides), gesatzt werden könne mit dem Anspruch auf Nachachtung mindestens durch die Genossen des Verbandes...“[1] Was also passiert, wenn man das Organigramm einer Partei deren Organisationswirklichkeit gegenüberstellt? Hierzu bemerken Lösche und Walter: „Die Organisationswirklichkeit von Parteien ist nicht allein durch deren Satzungen und Statuten oder durch die Bestimmungen des Parteiengesetzes zu erfassen. Diese weisen vielmehr nur auf einen Ausschnitt der Organisationspraxis hin. Parteien werden danach als politische Gebilde mit einem politischen Zweck verstanden, nämlich Teilnahme an der politischen Willensbildung des Volkes. Was in den Formulierungen unberücksichtigt bleibt, ist die Tatsache, dass Parteien auch soziale Gebilde sind, die ein Eigenleben führen“.[2] Einen ersten Versuch, die Organisationswirklichkeit der Parteien systematisch zu erforschen, unternahm der Soziologe Robert Michels am Anfang des vorigen Jahrhunderts.
2.2 Vorläufer und Vordenker Eldersvelds: Robert Michels und sein „ehernes Gesetz der Oligarchie“
Robert Michels, ein deutsch-italienischer Soziologe, gilt neben Comte, Marx, Durkheim, Weber, Mannheim und Mills als einer der Begründer der politischen Soziologie. In seinem Hauptwerk „Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie“, welches erstmals 1911 erschien, erforschte Michels die innerparteiliche Demokratie in den sozialistischen, bzw. sozialdemokratischen Massenparteien seiner Zeit, allen voran der SPD der Jahrhundertwende. Dieser politischen Richtung wandte er sich in seiner Untersuchung deshalb zu, weil die konservativen Parteien jener Zeit die einfachen Mitglieder von vorneherein nicht an der innerparteilichen Entscheidungsfindung partizipieren ließen.
Jedoch war auch in den von Michels betrachteten „linken“ Parteien keine echte innerparteiliche Demokratie erkennbar, sondern eher eine Tendenz zur Oligarchie, in der eine Minderheit stets eine andere Minderheit in ihrer Herrschaft über die Masse ablöse. Michels nennt dabei drei wesentliche Entstehungsursachen dieses „Führertums“ und formuliert daraus sein „Ehernes Gesetz der Oligarchie“, bzw. das „soziologische Grundgesetz der Parteien“.[3] Dieses besagt, dass letztlich alle Organisationen auf die Organisationsform der Oligarchie hinausliefen und dass diese Oligarchie die vorbestimmte Form menschlichen Zusammenlebens in größeren Verbänden darstelle: „...die Organisation ist die Mutter der Herrschaft der Gewählten über die Wähler, der Beauftragten über die Auftraggeber, der Delegierten über die Delegierenden. […] Jede Parteiorganisation stellt eine mächtige, auf demokratischen Füssen ruhende Oligarchie dar. Allüberall Wähler und Gewählte. Aber auch allüberall Macht der gewählten Führerschaft über die wählenden Massen“.[4]
Michels sieht also zwar ein gewisses Maß an innerparteilicher Demokratie, jedoch nur soweit, als die Mitglieder ihrer Möglichkeit nach Stimmabgabe oder öffentlicher Versammlung nachkommen. Die eigentliche Macht würde jedoch stets von einer sich im Laufe der Zeit mehr und mehr verfestigenden „Führungsclique“ ausgeübt, welche die Herrschaft über die Masse wiederum an eine Minderheit weitergäbe.
Michels kann nun insoweit als Vordenker Eldersvelds angesehen werden, als dieser zwar durch seine Arbeit Michels’ ehernes Gesetz zu wiederlegen versucht, sich aber immer wieder auf ihn bezieht.
3. Organigramm vs. Organisationswirklichkeit 2, „Parteien als diffuse Stratarchien“ – Samuel Eldersveld
3.1 Überblick über die Arbeit Eldersvelds
1964 erschien in Chicago das Hauptwerk Samuel Eldersvelds: „Political Parties, A Behavioral Analysis“. Er erforschte dabei in erster Linie das amerikanische Parteiwesen, bzw. die Parteistrukturen der konservativen und der demokratischen Partei. Ort dieser von 1956 bis 1957 durchgeführten empirischen Untersuchung war die City of Detroit in Wayne County, Michigan. Ziel war es u.a., der eher normativen Arbeit Michels’ eine fundierte, empirisch unterfütterte Untersuchung der Organisationswirklichkeit von politischen Parteien entgegenzusetzen. Der Titel des Werkes drückt dabei bereits aus, worum es Eldersveld letztlich geht: um die unterschiedlichen Perspektiven und Verhaltensweisen derjenigen, die Positionen auf den verschiedenen Ebenen der Parteistruktur innehaben; um deren vertikale und horizontale Beziehungen zu anderen in der Struktur; sowie die Bedeutung all dessen für die Subeinheiten der Partei und die gesamte Organisation. Dadurch soll u.a. untersucht werden, in welchem Grad wechselseitiges Handeln und Rationalität in den realen Parteistrukturen existieren, bzw. ob, und wenn ja in welchem Grad echte innerparteiliche Demokratie in der Struktur herrscht.
3.2 Das Stratarchie-Modell
3.2.1 Grundlegendes
Den Begriff der Stratarchie „leiht“ sich Samuel Eldersveld von Harold Lasswell und Abraham Kaplan: „Intermediate between an oligarchy and a republic is a type of rule which might be called stratarchy. The ruling group proliferates into an extensive hierarchy, to such a degree that a high proportion of the body politic may be exercising some weight of power. The oligarchy has been stratified and considerably enlarged“.[5]
Stratarchie als Wort ist abgeleitet von den englischen Begriffen “stratum“, „strata“, bzw. „stratified“ was Schicht, Schichten, bzw. geschichtet bedeutet.
Dies heisst nach Eldersveld: „...the enlargement of the ruling group of an organization, its power stratification, the involvement of large numbers of people in group decision-making, and, thus, the diffusion and proliferation of control throughout the structure“.[6]
Das Stratarchie-Modell meint also ein „Modell der gestuften und geschichteten Herrschaft von pluralen Eliten und Teilgruppen in den Parteien. Keine Gruppe hat die völlige Kontrolle, nicht die Parteiführung über die Basis und nicht umgekehrt“.[7] Eldersveld spricht gar von einer „Balkanisierung“ der Machtverhältnisse.
Parteien werden also als intern mehrfach fragmentierte Organisationen betrachtet, bei denen die Macht nicht in einer herrschenden Oligarchie konzentriert ist, sondern von einer jeweils dominanten Koalition ausgeübt wird und bei der jede Ebene der Partei der anderen in ihren Entscheidungen freie Hand gewährt. Herring: „...our political parties are temporary alliances of local leaders...“.[8]
Eldersveld wendet sich damit ganz konkret gegen die für ihn „kritische Annahme“ im „ehernen Gesetz“ Michels’, dass die Kontrolle über die Parteistruktur in den Händen einer einzelnen Führungsgruppe läge, einem elitären Kern der Struktur. Er behauptet demgegenüber, dass in der Realität kein „zentraler Oberbefehl“ über die Organisation existiert. Die Struktur wird dabei nicht mehr mit einer oligarchischen Pyramide verglichen wie dies bei Michels noch der Fall war, sondern eher mit den Schichten einer Torte, in der „Weisungsschichten“ oder „Weisungsebenen“ stecken, die zwar unter dem Dach einer bestimmten (Partei-)Organisation zusammengefasst sind, dennoch aber ein beträchtliches Maß an Unabhängigkeit voneinander aufweisen (siehe auch 4.2.2). Anstelle der oligarchischen Elitenkontrolle besteht also in Wirklichkeit eine große Handlungsautonomie gerade in den unteren Schichten der Hierarchie. „Rather than centralized ‚unity of command’, or a general dilution of power throughout the structure, ‚strata commands’ exist which operate with a varying, but considerable degree of, independence“.[9] Kontrolle von der Spitze her ist dabei nur sehr begrenzt möglich, ungeachtet dessen, was das offizielle Organigramm der Partei auch vorschreiben mag.
Gleichzeitig herrscht in Organisationen auch nicht reines Chaos, was o.a. Beobachtungen ja nahe legen könnten, sondern offenbar ein anderes Kontrollmuster, welches das Funktionieren der Organisation in ihrer Gesamtheit auch ohne die Verwendung einer konkreten, oligarchischen „Befehlskette“ gewährleistet, aber dennoch auch nicht als klassische innerparteiliche Demokratie bezeichnet werden kann. Diese Lücke füllt Samuel Eldersveld durch ein alternatives Kontrollmuster, dem Konzept der Stratarchie, welches im Folgenden näher betrachtet werden soll.
3.2.2 Die Partei als bürokratisches System?
Wie bereits im Punkt 2.1 erwähnt, taucht der Begriff der bürokratischen, bzw. legalen Herrschaft bereits bei Max Weber auf. Dieser nennt wie auch Michels einige Attribute bürokratischer Herrschaftssysteme, die zwingend gegeben sein müssen, um größtmögliche Effektivität und Legitimität sicherzustellen. Dazu gehören die Punkte:
- Undurchlässigkeit
- entpersönlichte menschliche Beziehungen
- strikte Hingabe an Regulierungen und Regeln
- präzise Verteilung von Pflichten, Rollen, Sanktionen
- geringe Zirkulation der Personen
Ist nun eine politische Partei oder eine große Interessengruppe ein bürokratisches System im Sinne von Max Weber oder Robert Michels? Eldersveld stellt gerade dies in Frage, denn er behauptet, dass Parteien nicht viele der o.a. klassischen Attribute bürokratischer Systeme besäßen.
Die Partei sei eine „Klientel-„ bzw. „Kundenorientierte Struktur“. „The party is always ‚potential-clientele’ conscious. It is open at its base to new recruits for party work as well as to nonactivist supporters“.[10] Eldersveld spricht hier von einer „omnibus tendency“ der Parteien. Dass eine Partei also jederzeit „gierig“ nach neuen, bzw. offen für neue Mitglieder ist. Neben dem Erwerb, dem Erhalt und dem Ausüben von Macht geht es der Partei als ganz zentralen, wesentlichen Punkt also um die Rekrutierung und Mobilisierung von Mitgliedern. Die Struktur der Partei, an der Basis, an den Flügeln und an der Spitze ist dadurch eher porös. Dies wiederum hat gewaltige Konsequenzen für individuelle Perspektiven in der Parteihierarchie und die organisatorischen Beziehungen zwischen den Ebenen der Partei. Sie ist also ganz im Gegensatz zum o.a. bürokratischen Modell ein offenes, informelles und persönliches System, in dem Personen stark durch den Parteiapparat zirkulieren und in dem persönliche Beziehungen brüchig sind. Für die Organisationswirklichkeit der Partei hat dies weitreichende Konsequenzen:
Dilemma 1:
Wenn diese von Eldersveld unterstellte Offenheit und Durchlässigkeit stark ausgeprägt sind, ergibt sich die beinahe banale Konsequenz, dass dadurch die operationale Effizienz gemindert und vor allem interne Kontrolle der Basis, ausgeübt von der Spitze, schwierig bis unmöglich wird. Ganz abgesehen von der daraus resultierenden Unmöglichkeit einer gemeinsamen Zielorientierung und eines ideologischen Konsenses.
Dilemma 2:
Die Partei ist ein System, welches versucht, soziale und ökonomische Interessen direkt in politische Macht zu übersetzen oder umzuwandeln. Daraus folgt, dass sie kein „einheitlicher Organismus“ sein kann, sondern aus den verschiedensten sozioökonomischen Interessen besteht, die alle für sich nach politischer Wahrnehmung, Artikulation und Kontrolle streben. Die Partei stellt sich somit als Allianz von Unterstrukturen und Subkoalitionen dar (Beispiel: Frauen- und Jugendgruppen, Arbeiterflügel, Arbeitgeber, Bauern etc.). Es ist also unausweichlich, dass Spannungen zwischen dem Parteiziel und den Zielen der Untergruppen entstehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Partei zwangsläufig zu einem konfliktären System wird, erschwert durch die Tatsache einer extrem heterogenen Mitgliederstruktur. Die Partei ist daher eben kein oligarchisches System, sondern eine offene, stratarchische, auf Subkoalitionen beruhende Führungsstruktur. Feine Veränderungen in der Machtballance zwischen den Subkoalitionen können dadurch große Auswirkungen auf die Parteistruktur haben, beispielsweise Wechsel in der Führungselite betreffend. Zentralisierte Kontrolle im Sinne Michels wird dadurch schwierig und nach Eldersveld auch taktisch unklug. Seine wesentliche Erkenntnis ist, dass die Verteilung von Macht und Kontrolle an bestimmte Stufen oder Ebenen der Parteihierarchie, welche er im Modell der Stratarchie vorsieht, nicht nur unausweichliches Ergebnis der o.a. Dilemmata ist, sondern darüber hinaus einer pragmatischen Notwendigkeit folgt. Diese Erkenntnis soll in der folgenden Betrachtung der Beziehung von Parteispitze zu Parteibasis näher erläutert werden.
[...]
[1] Max Weber 1964: 125.
[2] Lösche/Walter 1992: 192f.
[3] Michels 1925: 504.
[4] Ebd.: S. 504.
[5] Lasswell/Kaplan 1950: 219f.
[6] Eldersveld 1964: 99.
[7] v.Alemann 2000: 146.
[8] Herring 1940: 121.
[9] Eldersveld 1964: 9.
[10] Eldersveld 1964: 5.
- Quote paper
- Johannes Stadler (Author), 2005, Das Stratarchiekonzept von Samuel Eldersveld. Organisationssoziologische Lehren und Weiterentwicklungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48036
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