Neben der Schrift „Anthropologie in pragmatischer Hinsicht” ist „Der Streit der Fakultäten” Kants letzte Veröffentlichung. Fünf Jahre vor seinem Tod, nach Beendigung seiner Lehrtätigkeit 1797, gelang ihm die 1798 Drucklegung der drei Teile in einem Band. Geschrieben wurden sie alle schon früher, wobei lediglich der dritte Teil, der Streit mit der medizinischen Fakultät, bereits vorher erscheinen konnte. Dieser war von Hufeland im „Journal der praktischen Arzneikunde und Wundarzneikunst” Anfang 1798 herausgebracht worden. Der erste Teil, der Streit mit der Theologischen Fakultät, scheiterte im Jahre 1794 an der Preußischen Regierung, der zweite Teil, der Streit mit der Juristischen Fakultät, 1797 an einem Verbot durch die Zensur. Erst während der neuerlichen Versuche zur Veröffentlichung wurde Kant bewusst, dass diese drei Schriften eine systematische Einheit bilden. Alle Teile beschäftigen sich nämlich mit dem Streit der unteren Fakultät (der philosophischen oder Artistenfakultät) mit den drei oberen. Daher seien sie auch geeignet zusammen in einem Band zu erscheinen.
Als kleine Schrift ist der „Streit der Fakultäten” wohl eher auf Grund des Inhalts als des Umfangs zu bezeichnen. Zusammen kommen alle drei Abschnitte immerhin auf ca. 120 sehr lesenswerte Seiten. Zum Inhalt macht Kant das - nicht nur nach seiner Meinungmerkwürdige Verhältnis der vier Fakultäten an den Universitäten. Der Maxime der Aufklärung folgend, sich der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu entledigen, enthebt er die (den Prinzipien der Vernunft verschriebene) philosophische Fakultät den Niederungen der Universitäten und reklamiert für sie die Position eines Korrektivs über die Lehren der dogmatisch ausbildenden oberen Fakultäten. Dabei lässt er es an unterhaltsamer Kritik gegenüber den Lehrinhalten und dem Selbstverständnis der oberen nicht mangeln. Allerdings war der Weg zur Veröffentlichung erst mit der Inthronisation Friedrich Wilhelm III. und der damit einhergehenden Aufhebung des Woellnerschen Zensurediktes 1798 frei. In dieser Verschriftlichung meines Referates über den Streit der Fakultäten werde ich Kants Ausführungen recht nah folgen. Im ersten Abschnitt werde ich die Vorrede mit ihren Erläuterungen zur Veröffentlichungsgeschichte behandeln, darin skizziert Kant sowohl die politischen Schwierigkeiten der Schriftlegung als auch die Problematik des Religionsunterrichts innerhalb der Theologischen Fakultät.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: Zur Entstehungsgeschichte der Schrift
- 2. Vorrede des „Streits”
- 3. Aufbau der Universität und Eigenheiten der Fakultäten
- 4. Der Streit der Fakultäten
- 4.1. Der gesetzwidrige Streit
- 4.2. Der gesetzmäßige Streit
- 5. Schluss: Kant als politischer Schriftsteller
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Hauptziel dieser Arbeit ist die Analyse von Immanuel Kants Schrift „Der Streit der Fakultäten“ im Kontext der zeitgenössischen politischen und akademischen Landschaft. Die Arbeit untersucht die Entstehungsgeschichte der Schrift, den Aufbau der Universität und die Eigenheiten der Fakultäten, sowie den zentralen Konflikt zwischen der philosophischen Fakultät und den anderen Fakultäten. Sie beleuchtet Kants Rolle als politischer Schriftsteller und seine Kritik an den bestehenden Machtstrukturen.
- Die Entstehungsgeschichte und der politische Kontext von Kants „Streit der Fakultäten”.
- Der Konflikt zwischen der philosophischen Fakultät und den theologischen, juristischen und medizinischen Fakultäten.
- Kants Kritik an der Dogmatik und dem Selbstverständnis der etablierten Fakultäten.
- Die Rolle der Vernunft und der Aufklärung in Kants Argumentation.
- Kants politische Ziele und Strategien in der Schrift.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Zur Entstehungsgeschichte der Schrift: Diese Einleitung beschreibt die Entstehungsgeschichte von Kants „Streit der Fakultäten“, der letzten Veröffentlichung des Philosophen. Sie erläutert die Verzögerungen der Drucklegung der drei Teile aufgrund von Zensur und politischen Schwierigkeiten, insbesondere im Bezug auf den Streit mit der theologischen Fakultät. Die Einleitung hebt hervor, dass Kant erst während der Versuche zur Veröffentlichung erkannte, dass die drei Teile eine systematische Einheit bilden, die sich alle mit dem Konflikt zwischen der philosophischen Fakultät und den oberen Fakultäten befassen. Sie umreißt die Struktur der Arbeit, die Kants Ausführungen eng folgen wird, und kündigt die anschließende Auseinandersetzung mit der Vorrede, dem Aufbau der Universität und der Fakultäten sowie dem zentralen Streit selbst an. Die Einleitung bettet das Werk in den Kontext von Kants Spätwerk ein und stellt die Bedeutung der Schrift im Kontext der Aufklärung heraus.
2. Vorrede des „Streits”: Die Vorrede zu Kants „Streit der Fakultäten“ wird hier analysiert. Sie dient als Kommentar zum Regierungswechsel von Friedrich Wilhelm II. zu Friedrich Wilhelm III., indem beide Herrscher mit unterschiedlichem Lob bedacht werden, wobei Friedrich Wilhelm II. mit einer spöttischen Note versehen ist. Die Vorrede dokumentiert einen Briefwechsel zwischen Kant und Woellner, in dem Kant wegen seiner Schrift „Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ kritisiert wird und aufgefordert wird, sich zu religiösen Themen nicht mehr zu äußern. Kant antwortet, er habe in seiner Rolle als Hochschullehrer niemals die Bibel oder das Christentum direkt einbezogen und grenzt seine Rolle als Hochschullehrer von der eines veröffentlichenden Gelehrten ab. Die Analyse beleuchtet die komplexen Beziehungen zwischen akademischer Freiheit, staatlicher Zensur und dem Umgang mit religiösen Themen im Kontext des aufgeklärten Staates. Der Fokus liegt darauf, wie Kant seine Position verteidigt und die Grenzen zwischen akademischer Diskussion und öffentlicher Meinungsbildung darstellt.
3. Aufbau der Universität und Eigenheiten der Fakultäten: Dieser Abschnitt befasst sich mit dem Aufbau der Universität und den spezifischen Merkmalen der vier Fakultäten (Theologie, Jurisprudenz, Medizin und Philosophie) zur Zeit Kants. Es wird analysiert, wie Kant die verschiedenen Fakultäten charakterisiert und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen darlegt. Der Abschnitt beleuchtet die hierarchische Struktur der Universität und die unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten der einzelnen Fakultäten. Die Analyse geht auf Kants Sichtweise ein, welche die philosophische Fakultät als kritische Instanz gegenüber den dogmatischen Tendenzen der anderen Fakultäten positioniert. Die Untersuchung dieser Struktur ist fundamental, um Kants Argumentation im folgenden Kapitel über den "Streit der Fakultäten" zu verstehen.
4. Der Streit der Fakultäten: Dieser Abschnitt analysiert den zentralen Konflikt zwischen der philosophischen Fakultät und den anderen drei Fakultäten, wie Kant ihn beschreibt. Die Arbeit unterteilt den Streit in einen "gesetzwidrigen" und einen "gesetzmäßigen" Aspekt. Der "gesetzwidrige" Streit umfasst die Konflikte, die durch die Einmischung der oberen Fakultäten in die Autonomie der philosophischen Fakultät entstehen. Der "gesetzmäßige" Streit hingegen betrifft den notwendigen Dialog und die kritische Auseinandersetzung zwischen den Fakultäten, die im Interesse der Wahrheit und des Fortschritts liegen. Die Analyse vertieft sich in die Art und Weise, wie Kant diese beiden Aspekte des Streits voneinander abgrenzt und die Notwendigkeit eines rationalen Diskurses zwischen den Fakultäten hervorhebt. Dies wird im Kontext der damaligen gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten analysiert.
Schlüsselwörter
Immanuel Kant, Streit der Fakultäten, Aufklärung, Philosophie, Theologie, Jurisprudenz, Medizin, Universität, Fakultäten, politische Philosophie, Zensur, akademische Freiheit, Vernunft, Dogmatik, Kritik.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Immanuel Kants „Streit der Fakultäten“
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Immanuel Kants Schrift „Der Streit der Fakultäten“ im Kontext der politischen und akademischen Landschaft des 18. Jahrhunderts. Sie untersucht die Entstehungsgeschichte, den Aufbau der Universität, die Eigenheiten der Fakultäten und den zentralen Konflikt zwischen der philosophischen Fakultät und den anderen Fakultäten. Ein weiterer Fokus liegt auf Kants Rolle als politischer Schriftsteller und seiner Kritik an bestehenden Machtstrukturen.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entstehungsgeschichte und den politischen Kontext von Kants Schrift, den Konflikt zwischen der philosophischen und den anderen Fakultäten (Theologie, Jurisprudenz, Medizin), Kants Kritik an der Dogmatik, die Rolle von Vernunft und Aufklärung in seiner Argumentation, sowie Kants politische Ziele und Strategien.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit folgt der Struktur von Kants Schrift und beinhaltet eine Einleitung zur Entstehungsgeschichte, eine Analyse der Vorrede, eine Beschreibung des Aufbaus der Universität und der Fakultäten, sowie eine detaillierte Analyse des „Streits der Fakultäten“ selbst, unterteilt in einen „gesetzwidrigen“ und einen „gesetzmäßigen“ Aspekt. Sie schließt mit einem Fazit über Kants Rolle als politischer Schriftsteller.
Was wird in der Einleitung behandelt?
Die Einleitung beschreibt die Entstehungsgeschichte von Kants „Streit der Fakultäten“, die Verzögerungen der Drucklegung aufgrund von Zensur und politischen Schwierigkeiten, und die systematische Einheit der drei Teile der Schrift. Sie umreißt die Struktur der Arbeit und hebt die Bedeutung der Schrift im Kontext von Kants Spätwerk und der Aufklärung hervor.
Was ist der Inhalt der Analyse der Vorrede?
Die Analyse der Vorrede beleuchtet den Kommentar zum Regierungswechsel von Friedrich Wilhelm II. zu Friedrich Wilhelm III., den Briefwechsel zwischen Kant und Woellner über Kants Schrift „Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“, und die komplexen Beziehungen zwischen akademischer Freiheit, staatlicher Zensur und dem Umgang mit religiösen Themen im aufgeklärten Staat. Der Fokus liegt auf Kants Verteidigung seiner Position und der Abgrenzung zwischen akademischer Diskussion und öffentlicher Meinungsbildung.
Worauf konzentriert sich der Abschnitt über den Aufbau der Universität und die Eigenheiten der Fakultäten?
Dieser Abschnitt analysiert den Aufbau der Universität und die Charakteristika der vier Fakultäten (Theologie, Jurisprudenz, Medizin und Philosophie) zur Zeit Kants. Er beleuchtet die hierarchische Struktur, die Rollen der Fakultäten, und Kants Sichtweise der philosophischen Fakultät als kritische Instanz gegenüber den dogmatischen Tendenzen der anderen Fakultäten.
Wie wird der „Streit der Fakultäten“ analysiert?
Der „Streit der Fakultäten“ wird in einen „gesetzwidrigen“ Streit (Einmischung der oberen Fakultäten in die Autonomie der philosophischen Fakultät) und einen „gesetzmäßigen“ Streit (notwendiger Dialog und kritische Auseinandersetzung im Interesse von Wahrheit und Fortschritt) unterteilt. Die Analyse vertieft sich in Kants Abgrenzung dieser Aspekte und die Notwendigkeit eines rationalen Diskurses zwischen den Fakultäten.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Immanuel Kant, Streit der Fakultäten, Aufklärung, Philosophie, Theologie, Jurisprudenz, Medizin, Universität, Fakultäten, politische Philosophie, Zensur, akademische Freiheit, Vernunft, Dogmatik, Kritik.
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- David Runschke (Autor), 2004, Immanuel Kant: Der Streit der Fakultäten, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48341