PERNTHALER geht in seinem Referat auf die neue Rolle der Nationalstaaten in unserer, im Prozess der Globalisierung befindlichen Gesellschaft ein. Dabei vertritt er im Referat die These, dass der zukünftige Nationalstaat in einer globalisierten Welt zwar zunehmend an funktioneller Souveränität einbüßt, aber an identitätsstiftender Kraft nicht verliert. Ebenfalls bleiben seiner Ansicht nach die verfassungsstaatliche Struktur und Identität der nationalen Staatlichkeit erhalten, was PERNTHALER im Hinblick auf die Absicherung der Freiheit, der kulturellen Vielfalt und der pursuit of happiness auch für wünschenswert erachtet.
Anhand der geschichtlichen Entwicklungen in Europa, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten von Amerika werden die unterschiedlichen Zugänge zum Verfassungsverständnis herausgearbeitet. Dabei stechen die dichotomischen Begriffe „staatseinrichtende“ und „staatserrichtende Verfassung“ hervor. Während in Europa die Verfassung die bereits bestehenden Nationalstaaten einrichten und eine Machtbalance zwischen Bürgern und Regierung zugunsten der Bürgerfreiheiten herstellen sollte, hatte die amerikanische Verfassung den Staat neu zu errichten, und zwar so, dass der die bestehenden Freiheiten, wie sie in der declaration of independence verbrieft sind, nur im notwendigen Maß beschränkte. Diese Unterschiede in der Entwicklung führen letztlich auch dazu, dass das Verständnis um die Funktion der Gerichte in beiden Systemen unterschiedlich geartet ist. Während der „Rechtsstaat“ europäischer Prägung in Folge des Erbes des Absolutismus sich schwieriger Konstruktionen bedienen muss, um unverbrüchliche Grundsätze gegenüber dem volkssouveränen Gesetzgeber abzusichern, bedeutet „rule of law“ im angloamerikanischen Rechtsbereich, dass das supreme law of the land staatsunabhängige Geltung besitzt und von den Gerichten rechtsschöpferisch gefunden und weiterentwickelt wird. Somit steht beispielsweise die Verfassung der USA gegenüber der richterlichen Rechtsfortbildung wesentlich offener gegenüber als dies bei den positivistischen Konstruktionen kontinentaleuropäischen Verfassungen der Fall ist.
Inhaltsverzeichnis
- Die Zukunft des Verfassungsstaates und der Herrschaft des Rechts in der europäischen Integration und Globalisierung
- Die Entwicklung des Verfassungsverständnisses
- Die Rolle des Rechts in der europäischen Integration
- Der transnationale Verfassungsstaat
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Referat von Univ.-Prof. Dr. Peter PERNTHALER befasst sich mit der neuen Rolle der Nationalstaaten in einer globalisierten Welt. Es analysiert, wie sich der Prozess der europäischen Integration und die zunehmende Globalisierung auf die Souveränität und die verfassungsstaatliche Ordnung der Nationalstaaten auswirken.
- Die Entwicklung des Verfassungsverständnisses in Europa, den Vereinigten Staaten und Großbritannien
- Die Rolle des Rechts im Integrationsprozess der Europäischen Union
- Die Herausforderungen der Globalisierung für die Souveränität der Nationalstaaten
- Das Konzept des transnationalen Verfassungsstaates
- Die zunehmende Bedeutung der Rechtsprechung des EuGH
Zusammenfassung der Kapitel
- Das Referat beginnt mit einer Analyse der geschichtlichen Entwicklung des Verfassungsverständnisses in Europa, den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Dabei werden die unterschiedlichen Ansätze zur Einsetzung und Funktion der Verfassung herausgearbeitet, insbesondere die Unterschiede zwischen „staatseinrichtenden“ und „staatserrichtenden“ Verfassungen.
- Im nächsten Schritt wird die Bedeutung des Rechts im Integrationsprozess der Europäischen Union beleuchtet. PERNTHALER argumentiert, dass die amerikanische Verfassungsstruktur und das englische Verfassungsverständnis einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung der EU haben.
- Im weiteren Verlauf des Referats werden die Herausforderungen der Globalisierung für die Souveränität der Nationalstaaten thematisiert. Insbesondere wird auf die zunehmende Bedeutung von transnationalen Unternehmen und den damit verbundenen Verlust an Regulierungsfähigkeit der Nationalstaaten hingewiesen.
- Schließlich stellt PERNTHALER das Konzept des transnationalen Verfassungsstaates vor. Dieser soll die wesentlichen Elemente des nationalen Verfassungsstaates in ein Integrationsgeflecht vielfältiger Ebenen und Systeme transferieren.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen des Referats sind die Auswirkungen der Globalisierung und der europäischen Integration auf die Souveränität der Nationalstaaten und die Zukunft des Verfassungsstaates. Wichtige Schlüsselwörter sind: nationale Souveränität, Verfassungsverständnis, Rechtsstaatlichkeit, rule of law, europäische Integration, transnationale Unternehmen, transnationaler Verfassungsstaat, Mehr-Ebenen-Föderalismus, EuGH-Rechtsprechung.
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- Ing. Mag. Johann Schlatzer (Author), 2006, Die Zukunft des Verfassungsstaates und der Herrschaft des Rechts in der europäischen Integration und Globalisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48790