Klootschießen - Geschichte, Organisation und Wettkampf


Trabajo, 2005

24 Páginas, Calificación: 1,5


Extracto


Gliederung:

I. Die Geschichte des Klootschießens
I.1.Ursprünge und erste urkundliche Erwähnungen
I.2. Das Klootschießen in Norddeutschland vom Spätmittelalter bis zur Neuzeit: Von der Unterdrückung zur Akzeptanz
I.3. Neues Leben des Friesenspiels ab 1883

II. Klootschießen heute
II.1. Klootschießen und die Frau
II.2. Versportlichung
II.2.1. Standkampf versus Feldkampf
II.2.2. Leistungssport Klootschießen?
II.2.3. Reglementierung
II.3. Popularität des Klootschießens
II.3.1. Organisation in Verbände, Kreise und Vereine
II.4. Außerregionale Verbreitung und internationale Wettkämpfe

III. Literatur

I. Die Geschichte des Klootschießens

I.1.Ursprünge und erste urkundliche Erwähnungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Basse-Soltau (in Alberts, I. et al (1988), S.19f) vermutet die Wurzeln des Klootschießens zeitlich weit vor der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahre 1510 innerhalb des friesischen Klootschießer- Verbandes1). Demnach hat sich das gegenwärtige Spiel vermutlich aus dem Einsatz von getrockneten Lehmkugeln als Wurfgeschosse gegen Feinde im Kampf entwickelt. Menken (1981, S.2) führt das Beispiel des römischen Geschichtsschreibers Tacitus an, der berichtet wie im Jahre 5 römische Truppen an der Niederelbe von einheimischen Küstenbewohnern mit wohlgezielten Würfen von Lehmkugeln angegriffen wurden. Folglich ist das Schießen von Klootkugeln an der Nordseeküste und in Sachsen entstanden und wurde im 7. und 8. Jahrhundert nach England eingeführt. Auch hier existieren Schriften, die den Einsatz von Kugeln als (Schleuder-) Geschosse im Kampf belegen (vgl. Basse-Soltau in Alberts, I. et al (1988), S.19). Abbildung 1 zeigt eine solche, als „Slinger“ bezeichnete Kampfeinheit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 aus Alberts, I. et al (1988) S.20

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Wortfamilie von Kloot nach Ortgies, D.

in Alberts, I. et al (1988), S.42

Die Vermutung, dass sich das Klootschießen aus dem Bergen von Treibholz oder Retten von Schiffbrüchigen mit Hilfe einer an einem Seil befestigten Klootkugel entwickelt habe, hält Basse-Soltau jedoch für unwahrscheinlich. Es sei aber möglich, dass Klootkugeln zu diesem Zweck eingesetzt wurden (vgl. Alberts, I. et al (1988), S.20).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die ersten urkundliche Erwähnung des Worts Kloot bzw. cloet (vgl. hierzu die Übersicht über die Wortfamilien von Kloot in Tabelle 1) außerhalb Ostfrieslands und innerhalb des deutschen Sprachraums stammt aus dem Jahre 1474-75 und steht im Zusammenhang mit der Belagerung der Stadt Neuss durch Karl den Kühnen. Hierbei sollen Klootkugeln von den Eingeschlossenen u.a. zur Übermittlung von Nachrichten zu kölnischen Verbündeten außerhalb der Belagerungszone geworfen worden sein.

Abbildung 2 aus: Basse-Soltau in Alberts, I. et al (1988), S.22.

Darüber hinaus berichten niederländische Quellen bereits um 1390 wie am Hofe des Herzogs Albrecht Klootkugeln zum Spiel, auch mit Wetteinsatz, genutzt wurden (ebd., S.23). Nach Augustin et al (1978, S.45) waren diese in den Niederlanden um das Jahr 1300 benutzten Klootkugeln bereits aus durchbohrten und mit Blei ausgefüllten Holz gefertigt und somit den heutigen Kugeln recht ähnlich.

I.2. Das Klootschießen in Norddeutschland vom Spätmittelalter bis zur Neuzeit: Von der Unterdrückung zur Akzeptanz

Mehrere Quellen dokumentieren, wie das Klootschießen zwischen Mitte des 16. und Ende des 18. Jahrhunderts in mehreren Regionen Norddeutschlands beim „gemeinen Volk“ zwar sehr populär war, bei den Herrschenden, d.h. Kirche und Fürsten aufgrund der mit dem Klootschießen immer häufiger verbundenen Wetteinsätzen, Trinkgelagen, Raufereien und Unfällen auf großes Misstrauen und Ablehnung stieß. Mehr oder weniger erfolgreiche Verbote, verbunden mit Geld- oder Gefängnisstrafen waren oftmals die Folge. Diese zahlreichen Verbote stellen oft die einzigen urkundlichen Belege für die ungebrochene Popularität des Klootschießens dar (vgl. Augustin et. al (1978), S.45). So verbot ein Dekret des Fürsten Albrecht von Ostfriesland aus dem Jahre 1711 das „Kloht-Schießen“, das jedoch seine Wirkung verfehlte, wie weitere, nachfolgende Verbote, oder besser: Verbotsversuche, belegen. Auch in Jever wurde das Klootschießen, hier unter dem Fürsten Friedrich August, der, nach Coldewey (1938, S. 16f) selbst körperlich gebrechlich und deshalb von Leibesübungen wenig erfreut gewesen sein soll, mehrere Male verboten. Der Wortlaut des letzten Verbotes vom 9. Januar 1789 ist wie folgt (nach Coldewey (1938), S.17 in Augustin et. al (1978), S.47):

Wenn bei hochfürstlicher Regierung bekannt geworden ist, daß das verderbliche Klootschießen hier bei der Stadt und im Lande wiederum einreißen will, diesem mit allerlei Unordnung und einem wilden, wüsten Wesen vergesellschaftetem Unternehmen aber umsoweniger nachzusehen ist, da allbereits hiebevor und näml. unter d. 15. Februaris 1755 und unter d. 19. Jan. 1760 die nachdrücklichsten Verbote von öffentlicher Canzel dieserwegen ergangen ist, als wird mittels Erneuerung derselben das sogenannte Klootschießen und das dabey gewöhnliche Zusammenlaufen überhaupt, es mag dabey gewettet werden oder nicht, bei Gefängnisstrafe und auch sonstiger scharfer körperlicher Züchtigung hierdurch andersweitig verboten und werden die Hochfürstlichen Beamten als auch der Stadtrath hieselbe zugleich angewiesen, durch ihre Untergebenen aufmerksam regilieren zu lassen, daß dieser Verordnung nicht zuwidergehandelt, die Contravenienten aber bei Hochfürstlicher Regierung zur wohlverdienten Bestrafung angezeigt werden mögen. Wonach ein jeder sich zu richten und für den Schaden zu hüten hat.

G. Jever, den 9. Jan. 1789

Aus Hochfürstlicher Regierung hieselbst

Dass das Klootschießen vor allem für die Zuschauer tatsächlich lebensgefährlich sein konnte, zeigt eine Eintragung im Sterberegister des Kirchenbuchs Pakens/Jeverland von 1726 (vgl. Alberts, I. et al (1988), S. 26):

Anno 1726, den 19.Januar, gegen Abend, ist leider Hoye Hoyen, sel. Hoye Ennens Sohn, beim Klootschießen, und zwar durch einen unglücklichen und unversehenen Wurf von einem hiesigen alten, getreuen Tagelöhner und Arbeitsmanne, namens Friedrich Köbe, einem Schlesier von Geburt, mit einer dreipfündigen Kugel an der rechten Seite des Hauptes, gleich übers Ohr getroffen worden und darauf am 20. Januar, früh morgens, um 6 Uhr, in der Gegenwart seiner Mutter gestorben und am 24. Januar beerdigt.

Interessanterweise war die Attraktivität des Klootschießens oft so groß, dass sich selbst mancher Verwaltungsangestellte der Gemeinden dem Verbot und damit seinen Vorgesetzten widersetzte und Klootschießen selbst ausübte, dabei mitwettete oder zumindest als Zuschauer daran teilhatte. Tinnemeyer (1979, S.28) führt hierzu folgende Eintragung im Baurichterbuch von Rhaude vom 1.Mai 1744 an:

Entfang in der Gemeinde vom Jahr 1744-1745 = 69 Gulden, Ausgaben in der

Gemeinde vom Jahr 1744-1745 = 15 Gulden, davon bei der Klootschießerei ausgegeben 4 Gulden 7 Schaaf.

Außerdem übte so mancher Amtsmann Nachsicht, wenn es um die Bestrafung der Klootschießer ging: Protokolle über Verstöße wurden von einem Amtsmann in Norden im Jahr 1771 erst verspätet an die Regierung gesandt, die Geldstrafen stark abgemildert oder, nach vorher ausgesprochenen Versprechen der Klootschießer, sich nicht wieder am Klootschießen zu beteiligen, gänzlich fallen gelassen (vgl. Alberts, I. et al (1988), S.26f.).

Auch Soldaten verstießen gegen das Verbot und übten das Klootschießen oft in erster Linie zum Zweck des Leistungsvergleichs aus, wie ein Bericht vom 12. Januar 1732 der Auricher Garnison belegt (vgl. Alberts, I. et al (1988), S.26). Alberts hält das sportliche Ausüben des Klootschießens ohne Wetteinsatz und übermäßigen Alkoholkonsum und dem hierbei fehlenden Unrechtsbewusstsein für einen Grund für das Hinwegsetzen über landesherrliche Verbote.

Die zahlreichen Verstöße gegen die fürstlichen Verbote zeigen die tiefe Verwurzelung und große Beliebtheit des Klootschießens innerhalb der norddeutschen Bevölkerung über fast alle soziale Schichten hinweg. So überrascht es wenig, dass ab Beginn des 19. Jahrhunderts in vielen Regionen Verbote aufgehoben und das Klootschießen, wenn auch unter Auflagen in Bezug auf Wetteinsatz und Teilnehmerzahl, wieder erlaubt wurde. So heißt es z.B. in einem Erlass in Norden vom 15. August 1804 namens des preußischen Königs, dass der „gemeine Mann“, der wenig die Freuden des geselligen Lebens kenne, nicht auch noch das verlieren solle, worin er gegenwärtig „allein seine Erholung und sein Vergnügen sucht und findet, ohne ihm irgend einen Ersatz dafür zu gewähren oder anzubieten“. Klootschießen sei als eine sehr nützliche körperliche Übung beizubehalten, da das Spiel uralt und ein besonderes Nationalspiel sei. (vgl. Alberts, I. et al (1988), S.27).

Wissenschaftliche Untersuchungen des Klootschießens wie die von Karl Peters aus dem Jahr 1793/94 („Versuch einer Enzyklopädie der Leibesübungen“) sowie die behördlich im Jahr 1804 in Emden in Auftrag gegebenen Untersuchungen des Klootschießens zum turnerischen Nutzen zeugen von einem grundlegenden Sinneswandel in Bezug auf den Wert des Klootschießens (vgl. Oldendörp, A. in Alberts, I. et al (1988), S.28f). In den folgenden Jahren blühte das Klootschießen regelrecht auf.

I.3. Neues Leben des Friesenspiels ab 1883

Weit vor 1900 war das Klootschießen somit in ein neues Entwicklungsstadium eingetreten: Die zahlreichen Verbote des Volksspiels erwiesen sich als nutzlos, wurden aufgehoben und der Weg für eine außergewöhnlich starke Belebung des Klootschießens war gegen Anfang des 20. Jahrhunderts frei. Für die Menschen im Raum Ostfriesland und Oldenburg wurde Klootschießen die sportliche Betätigung, welche, „verbunden mit körperlicher Abhärtung“ einen „wesentlichen Wert im Hinblick auf die Willensstärkung, insbesondere der Jugend“ habe (Coldewey (1938), S.8). Zwei Faktoren waren nach Alberts/ Wiemann (Alberts, I. et al (1988), S.56) zwischen 1860 und 1883 maßgeblich dafür verantwortlich, dass das Klootschießen bei den breiten Volksschichten noch bekannter und beliebter wurde: Zum einen die mediale Veröffentlichung von Spielergebnissen- und Berichten durch die neu gegründete Butjadinger Zeitung. Zum anderen die Initiative des Butjadinger Bahnweisers Ummo Willem Lübsen, der 1882 einen Appell erließ, in dem er zum gemeinsamen Spiel von Butjadingen mit dem Jeverland aufrief:

An mein Volk!

Ich, Ummo Lübsen, Bahnweise für Stad- und Butjadingerland, thue Euch

hiermit kund und zu wissen, daß unser benachbartes Jeverland sich bereit erklärt hat, einen Kampf gegen uns im edlen Klootschießen aufzunehmen. Ich fordere deshalb alle meine streitbaren Getreuen des Stad- und Butjadingerlandes auf, sich zum Appell am Dienstag, dem 7. Februar, morgens 11 Uhr, in Nordenham einzustellen, um die erlesene Schar zu bestimmen und die ordre bataille entgegenzunehmen.

Gegeben zu Roddens, Lichtmeß 1882

Ummo Willem Lübsen

aus Alberts/ Wiemann in Alberts, I. et al (1988), S. 56.

[...]


[1] Der Wortlaut der Urkunde aus dem Landgerichtsbuch im Staatsarchiv Aurich ist wie folgt: „ Item Johann van Laer in meyster Ennen kamer heft Seeben Krogher mytten klote voir den copp gheschoten. Syn oghe lellick blaw und 2 blodelße int angesicht. Sinngemäß übersetzt: Johann van Laer hat in der Wohnung des Ennen dem Krüger oder Gastwirt Seeben mit einem Kloot an den Kopf geschossen, was dazu führte, dass das Auge des Getroffenen blau anlief und zwei blutunterlaufende Stellen im Gesicht zurück blieben.“ (Vgl. Alberts, I. et al (1988), S.24).

Final del extracto de 24 páginas

Detalles

Título
Klootschießen - Geschichte, Organisation und Wettkampf
Universidad
University of Freiburg  (Instiut für Sport und Sportwissenschaft)
Curso
HS Sportgeschichte
Calificación
1,5
Autores
Año
2005
Páginas
24
No. de catálogo
V48793
ISBN (Ebook)
9783638453882
Tamaño de fichero
1216 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Klootschießen, Geschichte, Organisation, Wettkampf, Sportgeschichte
Citar trabajo
Robert Mattes (Autor)Jörn Väth (Autor), 2005, Klootschießen - Geschichte, Organisation und Wettkampf, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48793

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