Zwischen Frank Wedekinds Drama Lulu und Irmgard Keuns Roman Das kunstseidene Mädchen liegt vor allem ein historisches Ereignis: der erste Weltkrieg. Für die Frauen der Zeit brachte dieser Krieg unter anderem eine Veränderung der gesamten Arbeitssituation mit sich. Sie mus sten die Männer nun ersetzen und so eröffnete sich für sie zum ersten Mal der Weg in männliche Arbeitsfelder. Nach dem Krieg wurde von den Frauen erwartet, die Arbeitsplätze wieder für die Männer frei zu machen. Die meisten Arbeitnehmerinnen fügten sich, gingen dem ‚Beruf‘ Ehefrau nach oder suchten sich eine Anstellung in den Bereichen, für die Frauen als besonders geeignet angesehen wurden. Dazu gehörten eher schlecht bezahlte Tätigkeiten wie Haus- oder Kindermädchen, Büroangestellte und andere. Doch natürlich liegt zwischen den beiden Werken mehr als Zeit und historische Ereignisse. Die Hauptfiguren Lulu und Doris stehen nicht nur für unterschiedliche Weiblichkeitskonzeptionen, sie entstammen auch verschiedenen literarischen Gattungen, dem Drama und dem Roman. Während Keun dem Rezipienten Aufschluss über das Innenleben der Protagonistin ermö glicht, die Psychologie der Figur beschreibt, bleibt Lulu selbst für den Leser immer eine Bühnenfigur, die ihre Inne nansicht verweigert. Lulu erscheint zunächst als die stärkere und unabhängigere Persönlichkeit, die sich ihrer Sexualität wesentlich bewusster ist und diese auch radikaler auslebt als Doris. Dennoch geht sie ihrem Abstieg unaufhaltsam entgegen, hat sich zuvor durch (fast) alle sozialen Stufen ihrer Zeit bewegt. Doris hingegen verbleibt immer auf der Ebene der Angestellten bzw. der Arbeiter. Zwar macht sie Ausflüge in das bürgerliche und großbürgerliche Milieu, doch bleibt sie sich der Differenz immer bewusst und scheitert auch daran. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 1. Entstehung und Veröffentlichung
- 2. Das Frauenbild der Jahrhundertwende
- 3. Die „Neue Frau“
- 4. Femmes fatales oder Opfer ihrer Zeit?
- 5. Doris als Femme Fatale?
- 6. Doris und die „Neue Frau“
- 7. Lulu als „Neue Frau“?
- 8. Pierrot-Kostüm versus Feh - eine abschließende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung von Frauenbildern um 1900 anhand von Frank Wedekinds Lulu und Irmgard Keuns Das kunstseidene Mädchen. Ziel ist es, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der weiblichen Protagonistinnen im Kontext der gesellschaftlichen Veränderungen und literarischen Konventionen ihrer Zeit zu analysieren.
- Vergleich der Frauenbilder in Wedekinds Lulu und Keuns Das kunstseidene Mädchen
- Analyse der „Neuen Frau“ als Konzept und ihre Darstellung in beiden Werken
- Untersuchung des Einflusses von Geschlecht und literarischer Gattung auf die Figurenkonzeption
- Bedeutung des historischen Kontextes (u.a. der Erste Weltkrieg) für die Weiblichkeitskonzepte
- Der Einfluss männlicher vs. weiblicher Perspektive auf die Darstellung der Frauenfiguren
Zusammenfassung der Kapitel
0. Einleitung: Die Einleitung stellt den Vergleich zwischen Wedekinds Lulu und Keuns Das kunstseidene Mädchen in den Kontext des Ersten Weltkriegs und der sich daraus ergebenden Veränderungen der Arbeitssituation von Frauen. Sie hebt die unterschiedlichen literarischen Gattungen (Drama vs. Roman) und die daraus resultierenden Unterschiede in der Darstellung der Protagonistinnen Lulu und Doris hervor. Besonders wird der Unterschied zwischen der Außenperspektive auf Lulu und der Einblicke in Doris' Innenleben betont. Die Arbeit untersucht, inwieweit Lulu und Doris als Verkörperungen der Frauenbilder ihrer Zeit zu betrachten sind und thematisiert die unterschiedlichen Perspektiven (männlich vs. weiblich) auf die Frauenfiguren.
1. Entstehung und Veröffentlichung: Dieses Kapitel beschreibt die Entstehung und die Veröffentlichungsgeschichte von Wedekinds Lulu (ursprünglich Die Büchse der Pandora) und Keuns Das kunstseidene Mädchen. Es wird auf die verschiedenen Fassungen von Lulu eingegangen und die Kontroversen um das Werk erwähnt. Weiterhin wird die Einordnung von Keuns Roman in die „Neue Sachlichkeit“ hervorgehoben und sein Erfolg als Bestseller erwähnt.
2. Das Frauenbild der Jahrhundertwende: Das Kapitel beschreibt das Frauenbild um die Jahrhundertwende, geprägt von Emanzipationsbewegungen, aber auch von einem krisenerprobten Bürgertum und traditionellen Weiblichkeitsvorstellungen. Es wird der Bruch mit dem traditionellen Bild der Frau und die Entstehung des neuen Typs der Femme fatale als Wunsch- und Angstbild beschrieben, wie es in Kunstwerken der Zeit, beispielsweise in Franz von Stucks „Die Sünde“, zum Ausdruck kommt.
Schlüsselwörter
Frauenbild, Jahrhundertwende, Neue Frau, Femme fatale, Frank Wedekind, Lulu, Irmgard Keun, Das kunstseidene Mädchen, Weiblichkeitskonzepte, Drama, Roman, Neue Sachlichkeit, männlicher Blick, weiblicher Blick, Emanzipation, historischer Kontext.
Häufig gestellte Fragen zu "Lulu" und "Das kunstseidene Mädchen"
Welche Themen werden in dieser Arbeit behandelt?
Diese wissenschaftliche Arbeit analysiert die Darstellung von Frauen um 1900 anhand von Frank Wedekinds Lulu und Irmgard Keuns Das kunstseidene Mädchen. Im Mittelpunkt stehen der Vergleich der Frauenbilder, die Analyse der „Neuen Frau“, der Einfluss von Geschlecht und literarischer Gattung auf die Figurenkonzeption, der historische Kontext (insbesondere der Erste Weltkrieg) und die unterschiedlichen Perspektiven (männlich vs. weiblich) auf die Frauenfiguren.
Welche Werke werden verglichen?
Die Arbeit vergleicht Frank Wedekinds Drama Lulu (ursprünglich Die Büchse der Pandora) und Irmgard Keuns Roman Das kunstseidene Mädchen. Der Vergleich betrachtet die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der weiblichen Protagonistinnen Lulu und Doris im Kontext der gesellschaftlichen Veränderungen und literarischen Konventionen ihrer Zeit.
Wie wird die „Neue Frau“ in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit untersucht das Konzept der „Neuen Frau“ und analysiert deren Darstellung in beiden Werken. Sie beleuchtet die „Neue Frau“ sowohl als Konzept als auch in ihrer konkreten Ausprägung bei Lulu und Doris. Der Vergleich der beiden Figuren soll Aufschluss darüber geben, wie sich das Konzept der „Neuen Frau“ in unterschiedlichen literarischen Gattungen und Perspektiven darstellt.
Welche Rolle spielt der historische Kontext?
Der historische Kontext, insbesondere der Erste Weltkrieg und die sich daraus ergebenden Veränderungen der Arbeitssituation von Frauen, spielt eine wichtige Rolle in der Analyse. Die Arbeit untersucht den Einfluss des historischen Kontextes auf die Weiblichkeitskonzepte und die Darstellung der Frauenfiguren in den beiden Werken.
Wie werden die Unterschiede in der Darstellung der Frauenfiguren erklärt?
Die Arbeit betont die unterschiedlichen literarischen Gattungen (Drama vs. Roman) und die daraus resultierenden Unterschiede in der Darstellung der Protagonistinnen. Der Unterschied zwischen der Außenperspektive auf Lulu und dem Einblick in Doris' Innenleben wird besonders hervorgehoben. Weiterhin wird der Einfluss männlicher vs. weiblicher Perspektiven auf die Darstellung der Frauenfiguren untersucht.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Frauenbild, Jahrhundertwende, Neue Frau, Femme fatale, Frank Wedekind, Lulu, Irmgard Keun, Das kunstseidene Mädchen, Weiblichkeitskonzepte, Drama, Roman, Neue Sachlichkeit, männlicher Blick, weiblicher Blick, Emanzipation, historischer Kontext.
Gibt es eine Zusammenfassung der Kapitel?
Ja, die Arbeit enthält eine detaillierte Zusammenfassung jedes Kapitels. Die Zusammenfassung der Einleitung beschreibt den Vergleich im Kontext des Ersten Weltkriegs und hebt die unterschiedlichen literarischen Gattungen und Perspektiven hervor. Die weiteren Kapitelzusammenfassungen beschreiben die Entstehung und Veröffentlichung der Werke, das Frauenbild der Jahrhundertwende und weitere thematische Schwerpunkte der Analyse.
- Quote paper
- Katrin Gutberlet (Author), 2004, Frauenbilder - zur Konstruktion des Weiblichen in Frank Wedekinds 'Lulu' und Irmgard Keuns 'Das kunstseidene Mädchen', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48829