Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theorie der Gesprächsführung nach Rogers
2.1 Grundlagen der klientenzentrierten Gesprächsführung
2.2 Hauptthesen von Rogers
2.2.1 Rogers Therapeutenvariablen
2.2.2 Empathie
2.2.3 Bedingungsfreie Wertschätzung
2.2.4 Kongruenz
3. Anwendung der klientenzentrierten Gesprächsführung bezogen auf ein Beispielvideo
3.1 Analyse des Lehrers
3.2 Analyse des Vaters
3.3 Fazit und Zusammenfassung der Analyse
5 kritische Reflexion der klientenzentrierten Gesprächsführung
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Empathisch zu sein, bedeutet, die Welt durch die Augen der anderen zu sehen und nicht unsere Welt in ihren Augen.“ (Carl Rogers,1970)
Um einen therapeutischen Erfolg zu erlangen, bedarf es vor allem eines: Zugang zum Klienten1. Da es aber vielen Menschen nicht leicht fällt, anderen ihre Gedanken oder Sorgen verbal mitzuteilen, wurden in den vergangenen Jahren mehrere Theorien zur psychologischen Gesprächsführung entwickelt. Doch bis heute hat sich in der Psychologie besonders eine Theorie durchgesetzt: Die klientenzentrierte Gesprächsführung von Carl Rogers. Ziel dieser ist es, durch aufrichtiges Zollen von Empathie, Aufmerksamkeit und durch aktives Zuhören dem Klienten zu ermöglichen, neue Betrachtungsweisen und Lösungen auf seine Situation zu erhalten und zu erweitern. Dies soll dem Klienten helfen, auch in Zukunft besser mit Problemen umgehen zu können.
Doch ist Rogers Methode immer noch zeitgemäß und unumstritten die beste Art und Weise für Jeden, um ein psychologisches Gespräch zu führen? Genau diese und weitere Fragen werden im Laufe dieser schriftlichen Arbeit aufgearbeitet und geklärt. Im zweiten Teil der Arbeit wird ein Beispielvideo bezüglich der Personenzentrierten Gesprächsführung analysiert.
2 Theorie der Gesprächsführung nach Rogers
2.1 Grundlagen der klientenzentrierten Gesprächsführung
Die klientenzentrierte Gesprächsführung wird als eine Methode bezeichnet, die sich an einem sich ständig weiterentwickelnden, tief in einer Persönlichkeitsstruktur verwurzelten Sortiment von Einstellungen, „das von Techniken und Methoden, die mit diesem System übereinstimmen ergänzt wird“ (Rogers 2000: S. 34), bedient (vgl. Rogers 2000: S. 34). Rogers verfolgt bei dem Gespräch mit dem Klienten ein bestimmtes Ziel: Er versucht, während des Gespräches ein bejahendes förderliches Klima zu schaffen, sodass sich der Gesprächspartner zu einem größeren Selbstverständnis sowie zu bestimmteren Entscheidungen hin bewegt und dadurch ein Art Änderung des Selbstkonzepts erreicht. (vgl. Marietta Winkler 1992: S. 23). Anders als bei anderen Methoden, lehnt die klientenzentrierte Gesprächsführung ganz deutlich das medizinische Modell ab, bei welchem stets Ausschau nach einem Krankheitsbild gehalten wird und versucht wird eine spezifische Diagnose zu entwickeln oder ein behandlungsorientiertes Denken im Sinne einer Heilung an erster Stelle steht. Viel mehr basiert das Modell von Rogers auf der inneren Erfahrungswelt des Klienten, denn die Beurteilung welche Entwicklung diese Welt braucht, so Rogers, erfolgt am effizientesten von innen und nicht von außen (vgl. Barton 1974: S. 172). Zudem richtet sich die klientenzentrierte Gesprächsführung vor allem an autonome selbstverantwortliche Personen, d.h. an Personen die wirklich von sich aus Hilfe suchen; nur dann kann ein gutes Klima im Gespräch entstehen, in dem der Klient für sich selbst diese Hilfe sucht. Rogers sieht sein Modell vor allem als Hilfe zur Selbsthilfe (vgl. Winkler 1992: S. 27). Deshalb wird der Klient auch bewusst Klient genannt und nicht Patient, denn der Klient kann selber entscheiden ob er die Hilfe annimmt oder nicht. Zudem würde der Ausdruck „Patient“ stark an medizinische Modelle erinnern, welche in Rogers Theorie vermieden werden (vgl. Winkler 1992: S. 27). Rogers betont immer wieder, dass es sich bei der klientenzentrierten Gesprächsführung um einen non-direktiven Ansatz handelt. Das heißt, dass der Klient während des Gespräches nicht vom Therapeuten geleitet wird, sondern der Klient sich selber befähigt, eigene Lösungsansätze zu entwickeln (vgl. Winkler 1992: S. 27).
2.2 Hauptthesen von Rogers
„Die grundlegendste Prämisse eines Personenzentrierten Psychotherapeuten, besteht in der Annahme, dass jedem Organismus eine zentrale Kraft innewohnt, die sogenannte Aktualisierungstendenz. “ (Winkler 1992: S. 74) Diese ständig vorhandene Kraft weist eine Bestrebung auf, sich selbst zu erhalten, seine Möglichkeiten zu entfalten und sich stets weiterzuentwickeln (vgl. Winkler 1992: S. 74). Diese Kraft wird Aktualisierungstendenz genannt und ist ein wichtiger Begriff für Rogers Theorie. Rogers bezeichnet diese Kraft als eine Kraft im Individuum, die von Natur aus konstruktiv, positiv und entwicklungsorientiert ist und somit den Hauptantrieb des Menschen darstellt (vlg. Winkler 1992: S. 22). Durch die Aktualisierungstendenz strebt der Mensch laut Rogers also ununterbrochen nach Selbsterhöhung und Wachstum (vgl. Winkler 1992: S. 74). Rogers hat dies anhand eines Beispiels verdeutlicht, in welchem der Prozess des Laufenlernens eines Kleinkindes veranschaulicht wird. Zu Beginn des Laufen Lernprozesses wird das Kleinkind häufig Stürzen und Schmerzen erleiden, sodass es vielleicht sogar für einen kleinen Zeitraum zum Krabbeln zurückkehren wird. Letztlich jedoch wird das Kind bei der Wahl zwischen Krabbeln und somit infantil bleiben oder das Laufen erlernen und folglich persönlich zu wachsen, sich aufgrund der Aktualisierungstendenz, (immer für das Wachstum), also in diesem Fall das Laufen lernen entscheiden (vgl. Winkler 1992: S. 74). Ein weiteres zentrales Konstrukt, welches sich laut Rogers als grundlegendes Element für die Personenzentrierte Gesprächsführung herausstellt, ist das so genannte Selbst. Das Selbst setzt sich im Laufe des Lebens aus den bewussten Wahrnehmungen des ICHs sowie den Beziehungen des ICHs zur Außenwelt zusammen. „Die im Bezug zum Selbst wirksame Aktualisierungstendenz wird als Selbstaktualisierung bezeichnet.“ (Winkler 1992: S. 74) Besteht eine fehlende Übereinstimmung, beziehungsweise ein Konflikt zwischen der Aktualisierungstendenz und der Selbstaktualisierung, so kann laut Rogers diese Inkongruenz durch den Prozess der Personenzentrierten Psychotherapie überwunden werden (vgl.Winkler 1992: S. 75).
2.2.1 Rogers Therapeutenvariablen
Um ein Gesprächsklima zu schaffen, in dem der Klient neue Betrachtungsmöglichkeiten entdeckt und zu einem größeren Selbstverständnis gelangen kann, bedarf es nach Rogers drei wichtige Haltungen den Therapeuten. Zum einen die Empathie, als zweites die Wertschätzung dem Klienten gegenüber und als drittes die Kongruenz, beziehungsweise die Echtheit. Diese drei Haltungen müssen vom Berater/Therapeuten eingehalten werden und tragen maßgebend für eine Situation bei, in der sich der Klient öffnen kann und neue Wege für seine Situation finden kann. In der folgenden Abbildung werden die drei Haltungen im Zusammenhang mit Mitarbeiterführung noch einmal verbildlicht dargestellt, welches das große Anwendungsgebiet der Theorie noch einmal deutlich unterstreicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Drescher-peter.de :https: //slideplayer.org/slide/2908473/
2.2.2 Empathie
Die erste wichtige Haltung, die Rogers für Therapeuten der personenzentierten Gesprächsführung mitbringt, ist Empathie. Er beschreibt die Empathie nicht als ein Zustand, sondern viel mehr als ein Prozess, bei dem der Therapeut versucht in die private Unternehmens- und Gefühlswelt des Klienten einzutreten und dort heimisch zu werden (vgl. Winkler 1992: S. 23). Ziel ist es, dass der Berater „[…] genau die Gefühle und persönlichen Bedeutungen spürt, die der Klient erlebt, und daß er dieses Verstehen dem Klienten mitteilt. Unter optimalen Umständen ist der Therapeut so sehr in der privaten Welt des anderen drinnen, daß er oder sie nicht nur die Bedeutung klären kann, deren sich der Patient bewußt ist, sondern auch jene knapp unterhalb der Bewußtseinsschwelle.“ (Rogers, C.: Der neue Mensch 1981; S. 68) Der Therapeut legt während des Gespräches also seine gesamten Werte und Ansichten beiseite und damit auch sein eigenes Selbst, um in die Welt des Klienten eintauchen zu können. Für diesen Schritt muss der Therapeut in sich selbst sehr sicher sein, um nicht in der vermeintlich befremdlichen Welt des Gegenübers verloren zu gehen (vgl. Winkler 1992: S. 24). Der Therapeut stellt für den Klienten während des gesamten Gespräches keinen Leiter dar, sondern viel mehr einen Begleiter, der sich von der Welt des Klienten leiten lässt (vgl. Winkler 1992: S. 24). Dadurch wird der Therapeut enorm sensibilisiert für Veränderung der Gefühlswelt des Gegenübers und erhält einen vollen Einblick in die Wahrnehmungswelt des Klienten.
2.2.3 Bedingungsfreie Wertschätzung
„Diese Haltung besagt, dass sich der Berater bemüht, dem Klienten eine nicht an Bedingungen geknüpfte Wertschätzung entgegen zu bringen. D.h. der Klient wird vom Berater akzeptiert und angenommen, unabhängig davon, was der Klient äußert, unabhängig davon, wie der Klient sich gibt und verhält.“ (Rogers 1983: S. 38) Mit Wertschätzung ist eine bedingungslose positiven Wertschätzung des Klienten gemeint, was nicht bedeutet, dass der Berater für gut heißen muss was der Klient sagt oder tut, sondern viel mehr, dass der Berater den Klienten so annimmt, wie er ist Die bedingungsfreie Wertschätzung die Rogers beschreibt ähnelt sehr stark der Wertschätzung, die Eltern ihren Kindern schenken. Sie ist am hilfreichsten, wenn sie keine besitzergreifende oder bewertende Anteilnahme in sich trägt. Benimmt sich ein Kind in den Augen der Eltern einmal unangemessen, so wird es trotzdem weiterhin von den Eltern positiv wertgeschätzt und geliebt. Es ist eine Wertschätzung die keinen Bedingungen unterliegt (vgl. Winkler 1992: S. 25f.) „Je mehr ich den einzelnen zu akzeptieren vermag, je mehr Zuneigung ich für ihn empfinde, desto leichter kann ich eine für ihn nützliche Beziehung schaffen […]. Gelingt es dem Berater/Therapeuten diese Haltung einzunehmen, so kann innerhalb der Beziehung eine emotionale Wärme erzeugt werden, in der sich der Klient traut, seine Ängste und Verletzungen dem Therapeuten mitzuteilen.“ (Rogers 1977: S. 56) Durch ständiges Wiederholen mit eigenen Worten, die der Berater dem Klienten mitteilt, versucht der Berater zu erfahren, was er glaubt von der Gefühlswelt des Klienten verstanden zu haben. Das gibt dem Klienten nicht nur das Gefühl, dass er verstanden werden will, sondern ermöglicht dem Therapeuten auch, immer weiter in die Wahrnehmungswelt des Klienten einzutauchen (vgl. Winkler 1992: S. 24 f.)
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1 Zur besseren Lesbarkeit wird darauf verzichtet, die männliche und weibliche Form anzugeben. Somit sind mit „Klient“ sowohl der Klient, als auch die Klientin gemeint. Das gleiche gilt bei anderen personenbezogenen Ausdrücken.