Die Nutzung kognitiver Metaphern in der politischen Berichterstattung. Der Migrationsdiskurs im Jahr 2018


Bachelorarbeit, 2019

32 Seiten, Note: 2,0

Emma Hinz (Autor:in)


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Einführung in die Metapherntheorie
2.1 Die Substitutionstheorie
2.2 Die Interaktionstheorie
2.3 Die kognitive Metapherntheorie nach Lakoff und Johnson
2.3.1 Die Typologie konzeptueller Metaphern
2.3.2 Kritik an der kognitiven Metapherntheorie
2.4 Forschungsüberblick zum Migrationsdiskurs

3 Metaphernanalyse in der politischen Berichterstattung
3.1 Methodisches Vorgehen
3.2 Das Korpus
3.3 Fragestellung und Hypothesen nach Drößiger
3.4 Die Analyse
3.4.1 Migration als Krieg
3.4.2 Migration als Fluss, Zuwanderung als Strom und Migration als Wasser
3.4.3 Migration als Ware/Warenhandel und Asylsuchende als Produkt/Gegenstand
3.4.4 Die Weg- und Ziel-Metaphorik

4 Hypothesen verfizieren/falsifizieren
4.1 Diskussion der Ergebnisse
4.2 Reflexion

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Ein Bild hielt uns gefangen. Und heraus konnten wir nicht, denn es lag in unserer Sprache, und sie schien es uns nur unerbittlich zu wiederholen.“

Ludwig Wittgenstein1 (Wittgenstein [1953]/2016: 11)

Dieses Zitat beinhaltet einen wesentlichen Aspekt der Metapherntheorie. Sobald wir eine bildliche Vorstellung von einem komplexen Konstrukt haben, ist es nicht mehr möglich, sich von dieser Vorstellung zu lösen. Die Metapher repräsentiert einen Sachverhalt oder einen Gegenstand, um die Wirklichkeit zu vermitteln und eine Idee von der Realität im Inneren zu bekommen.

Die politische Berichterstattung arbeitet mit diesem Phänomen, denn Politik an sich ist etwas Komplexes, das als nicht leicht zu erschließen gilt. Aus diesem Grund werden kognitive Metaphern eingesetzt, welche unser Denken, Handeln und Fühlen beeinflussen, ohne, dass es uns bewusst ist. Medien gelten bekanntlich als die vierte Gewalt in unserer Gesellschaft und tragen maßgeblich dazu bei, wie über ein Thema diskutiert wird, ob das Thema als Bedrohung in der Gemeinschaft gesehen wird oder wie der Diskurs allgemein verläuft. Diesbezüglich wird sich diese Forschungsarbeit damit beschäftigen, welche metaphorischen Konzepte im Migrationsdiskurs zu finden sind. Im Rahmen dieser Bachelor-Arbeit soll beantwortet werden, wie der Migrationsdiskurs durch Metapherngebrauch in der politischen Berichterstattung im Jahr 2018 strukturiert wird. Ziel dabei ist es, herauszufinden, welche metaphorischen Konzepte und kognitiven Metaphern im Bereich Kriegs-Metaphorik, Wasser-Metaphorik, Waren-Metaphorik und Weg-Metaphorik besonders häufig genutzt werden und vor allem welche Funktion dies hat.

Die Forschungsarbeit kann in zwei Teile gegliedert werden: In einen theoretischen und in einen analytischen Teil. Die erste Stufe (Kapitel 2) umfasst das Forschungsproblem und das Erkenntnisinteresse. Des Weiteren wird sich dabei mit den Vorreitern der kognitiven Metapherntheorie auseinandergesetzt (Kapitel 2.1, 2.2), um anschließend eine der wichtigsten Theorien zum Thema vorzustellen: Die kognitive Metapherntheorie nach Lakoff und Johnson (Kapitel 2.3). Dabei wird sich auch kritisch mit der Theorie auseinandergesetzt (Kapitel 2.3.2). Anschließend folgt ein kurzer Forschungsüberblick über Studien zu der Thematik, um daraus auch das weitere Vorgehen zu begründen (Kapitel 2.4). Die zweite Hauptstufe in einen forschungslogischen Ablauf umfasst das Material. Zunächst wird eine Begründung und Darstellung der Methodenwahl aufgeführt, um dann den Korpus und die Arbeitshypothesen explizierter oder tiefgehender zu betrachten (Kapitel 3.2, 3.2, 3.3). Zu allerletzt werden die Daten erhoben, analysiert und interpretiert (Erhebungsphase mit anschließender Auswertungsphase) (Kapitel 3.4). Die letzte Hauptstufe eines forschungslogischen Ablaufs beinhaltet die Lösung, beziehungsweise in diesem Fall die Diskussion der Ergebnisse mit Bezug zu den vorher aufgestellten Hypothesen (Kapitel 4). Den Abschluss dieser Arbeit bildet eine Reflexion, in der die Arbeit nochmal hinterfragt wird, um Verbesserungsvorschläge für die nächste Forschungsarbeit herauszuarbeiten. Die Datenerhebung ist im Anhang, auf der CD, unter dem Dateinamen „MaxQDA Metaphernanalyse“ zu finden.

2 Einführung in die Metapherntheorie

Die Metapherntheorie lässt sich in verschiedene Gruppen einteilen: Die Substitutionstheorie, die Vergleichstheorie, die Interaktionstheorie und die kognitive Metapherntheorie. Im Folgenden wird die theoretische Grundlage der Metaphern vorgestellt und erläutert.

2.1 Die Substitutionstheorie

„Die Substitutionstheorie der Metapher behandelt einen metaphorischen Ausdruck als Substitut für einen anderen, wörtlichen Ausdruck, ‚der hätte man ihn statt dessen [sic!] verwendet, dieselbe Bedeutung ausdrückt hätte‘“ (Davidson zit. n. Rolf 2005: 93). Das bedeutet, dass der metaphorische Ausdruck äquivalent zum wörtlichen Ausdruck benutzt werden kann. Auch der römische Lehrer der Rhetorik Quintilian behauptete, dass eine Metapher existiert, „wenn ein Ausdruck für etwas Belebtes durch einen anderen Ausdruck für Belebtes ersetzt wird […]“ (Rolf 2005: 93f.). Die Substitutionstheorie ähnelt aus diesem Grund auch der Vergleichstheorie2, denn in der ältesten Metapherntheorie – die auf Aristoteles zurückgeht – heißt es, dass die Substitution nur stattfinden kann, „wenn ein metaphorischer Ausdruck ein verkürzter Vergleich sei, der auf der Ähnlichkeit zwischen den beiden verglichenen Gegenständen beruhe“ (Zymner 1993: 6; auch zu finden bei Kurz 2009: 7). Wie bereits erwähnt, geht die Substitutionstheorie auf Aristoteles zurück, der in seiner Poetik behauptet, dass die

„Metapher […] die Übertragung eines fremden Wortes [ist, EK] […]. Aristoteles unterscheidet dort außerdem vier Arten der Übertragung: (1) von der Gattung auf die Art, (2) von der Art auf die Gattung, (3) von der Art auf die Art und (4) gemäß Analogie“ (Zymner 1993: 5).

Dabei betont Aristoteles, dass nur die letzte Art der Übertragung eine Metapher weitestgehend bezeichnet. Ein bekanntes Beispiel von Aristoteles, welches immer wieder mit der Substitutionstheorie in Verbindung gebracht wird, lautet: „das Alter verhält sich zum Leben, wie der Abend zum Tag; der Dichter nennt also den Abend ‚Alter des Tages‘, oder, wie Empedokles3, das Alter ‚Abend des Lebens’ oder ‚Sonnenuntergang des Lebens‘“ (ebd.: 6)4. In der Substitutionstheorie wird demnach geschaut, wie sich ein Gegenstand X zu einem sprachlichen Ausdruck Y verhält. Um dies zu beantworten, wird nach Gemeinsamkeiten/Analogien gesucht. Doch nicht immer ist es möglich, Metaphern aufzulösen und zu interpretieren. Der bereits erwähnte Quintilian postuliert, dass die Metapher ein „verkürztes Gleichnis“ (ebd.: 7) sein kann.

„[…] die Metapher [ist, EK] ein verkürztes Gleichnis. Sie unterscheidet sich dadurch vom Gleichnis, daß [sic!] bei diesem, was wir beschreiben wollen, mit einer Sache verglichen wird, während die Metapher für die eigentliche Sache selbst gesagt wird. Ein Vergleich ist es, wenn man sagt, daß [sic!] ein Mensch etwas, ‚wie ein Löwe' getan hat, eine Übertragung ist es, wenn man von einem Menschen sagt, er ‚ist ein Löwe‘“ (ebd.).

Für Aristoteles ist die Metapher jedoch etwas anderes als der Vergleich, denn der Vergleich behauptet ‚dieses ist wie das‘, während die Metapher aussagt: ‚dieses ist das‘ (ebd.). Das Problem bei der Substitutionstheorie ist, dass sie den Eindruck erweckt, als wäre die Metapher nur in poetischen Redeweisen und nicht im alltäglichen Sprachgebrauch zu finden. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn die Sprache der Poesie darf nicht als Differenz zur Sprache des Alltags definiert werden (vgl. Kurz 2009: 8). Es lassen sich noch weitere Kritikpunkte an der Substitutionstheorie ausmachen. Zum Beispiel, dass impliziert wird, dass jedes Wort eine eigentliche Bedeutung aufweist. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn die eigentliche Bedeutung wird oft erst im situativen Kontext zugeschrieben (vgl. Feng 2003: 23). Aus diesem Grund kann nicht behauptet werden, dass die Metapher aus einer Substitution von zwei Wörtern entsteht. Des Weiteren beinhaltet die Theorie, dass „die Metapher ein Phänomen [ist, EK], das auf etwas zurückzuführen ist. Damit nehmen sie der Metapher ihre Eigenständigkeit“ (ebd.: 24).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Substitutionstheorie zwar gute Anhaltspunkte in der Metapherntheorie bietet, diese jedoch nicht ausreichend sind, da zu viele Fragen unbeantwortet bleiben. Im nächsten Schritt wird sich mit der Interaktionstheorie beschäftigt.

2.2 Die Interaktionstheorie

Die Begründer der Interaktionstheorie I. A. Richards und Max Black vertreten die „Auffassung, daß [sic!] im Falle einer metaphorischen Äußerung zwei Vorstellungen zusammen aktiv sind, daß [sic!] sie miteinander interagieren“ (Rolf 2005: 35). Jedoch unterscheiden sich die zwei Theoretiker. Richards beschreibt die zwei miteinander agierenden Vorstellungen ‚Tenor/Vehikel‘, während Black die Begriffe ‚Fokus‘ für den Ausdruck und ‚Rahmen‘ für den Satz, der den Ausdruck enthält, benutzt (vgl. ebd.). Nach Richard würde das Prädikat in einem Satz, mit einem metaphorischen Ausdruck als ‚Vehikel‘, benannt werden und das Subjekt in diesem Satz wäre dementsprechend das ‚Tenor‘. Am folgenden Beispiel soll dies deutlich gemacht werden:

Achill ist ein Löwe.

Tenor Vehikel

Wichtig dabei ist, dass der ganze Satz für Richards als eine Metapher zählt, da ‚Tenor‘ und ‚Vehikel‘ miteinander agieren und somit zusammengehören. Er nennt dies „Einheit der Differenz“ (ebd.), denn die Bedeutung entsteht nur in der Interaktion der beiden Wörter und diese Bedeutung weicht von der Bedeutung des ‚Tenors‘ ab. Festzuhalten ist also, dass die Interaktionstheorie von Richards eine Metapher als Einheit der Differenz ‚Tenor‘/ ‚Vehikel‘ beschreibt (vgl. ebd.: 36). Jedoch muss dazu gesagt werden, dass diese Theorie aus dem 18. Jahrhundert stammt und somit einige Kritikpunkte aufweist. Durch die Argumentation von Richards wird nicht klar, worin sich der Unterschied befindet. ‚Tenor’ und ‚Vehikel‘ könnten genauso gut mit den Begriffen ‚die Vorstellung‘ und ‚ihr Bild‘ ausgetauscht werden (vgl. ebd.).

Max Black geht einen Schritt weiter. Auch hier wird sein Ansatzpunkt mit einem Beispiel verdeutlicht:

Der Mensch ist ein Wolf.

Fokus (metaphorischer Ausdruck)

Der ganze Satz ‚der Mensch ist ein Wolf‘ müsste dann dementsprechend als ‚Frame‘ gekennzeichnet werden. Dabei ist sich die Literatur jedoch nicht einig. Wichtig für Black ist jedoch, dass die metaphorische Bedeutung des Prädikats im Hinblick auf den Redegegenstand beruht (vgl. ebd.: 38). Des Weiteren gibt es auch noch eine wörtliche Bedeutung, also die gewöhnliche Bedeutung des Prädikats. Black kritisiert außerdem die Substitutions-/ und Vergleichstheorie, dennoch stellt er fest, dass die Metaphernart entscheidend für die Frage ist, welche Theorie am geeignetsten ist (vgl. ebd.). Zum Beispiel ist es nicht notwendig, die Interaktionstheorie auf tote Metaphern anzuwenden. Dies sind Metaphern, welche im alltäglichen Sprachgebrauch nicht mehr als solche zu erkennen sind, wie beispielsweise ‚Tischbein‘ oder ‚Augapfel‘ (vgl. ebd.). Black erläutert relevante Aspekte, auf die bei der Interaktionstheorie geachtet werden muss:

1.) Der Hauptgegenstand (P): „ungefähr das, worüber die Aussage ‚wirklich‘ handelt“ (ebd.),
2.) die untergeordnete Aussage bzw. der Hilfsgegenstand (S): „das, wovon die metaphorische Aussage ‚wörtlich gelesen, handeln würde‘“ (ebd.),
3.) das mit dem Hilfsgegenstand verbundene System von Implikationen (I) und
4.) „das resultierende System von Attributionen (A) das von P behauptet wird“ (ebd.).

Diese vier Punkte sollen anhand des bereits genannten Beispiel nochmal deutlich gemacht werden:

Der Mensch ist ein Wolf.

(P) (S)

Das mit dem Hilfsgegenstand verbundene System von Implikationen (I) beinhaltet zum einen semantisches Wissen, aber auch enzyklopädisches Wissen – in diesem Fall also über den Wolf.

„Der Interaktionstheorie der Metapher zufolge liegt deren Geheimnis und Rätsel in ‚der Interaktion‘ zweier ‚zusammenwirkender‘ Vorstellungen. Vorstellungen, von denen angenommen wird, daß [sic!] sie zusammenwirken, beziehen sich zum einen auf den Hilfsgegenstand: auf den Gegenstand, der von dem metaphorisch verwendeten Ausdruck bezeichnet wird – in Blacks Beispiel auf das mit dem Wort ,Wolf‘ verbundene System von Gemeinplätzen; zum anderen aber sind auch Vorstellungen vom Hilfsgegenstand im Spiel – im erwähnten Beispiel Vorstellungen vom Menschen“ (ebd.: 39).

Der Mensch verbindet zum Beispiel mit dem (S) ‚Wolf‘, dass er hungrig ist, auf Beutejagd geht oder sein Revier verteidigt. Dies sind andere Implikationen, als die das Wort (P) ‚Mensch‘ normalerweise hervorruft (vgl. Black [1954]/1983: 76f.). Wenn der Mensch also ein Wolf ist, sucht er vielleicht auch seine Beute, ist wild oder hungrig. Doch diese Behauptungen müssen dem Hauptgegenstand ‚Mensch‘ angepasst werden und so rücken manche Charakterzüge in den Hintergrund und manche treten hervor (vgl. Rolf 2005: 40)5. „Die Wolf-Metapher selbst unterdrückt ihrerseits (auf Seiten des Hauptgegenstands) einige Details und betont andere. Es findet eine wechselseitige Selektion bzw. Betonung von Eigenschaften statt“ (ebd.). Der letzte Punkt „das resultierende System von Attributionen, das vom Hauptgegenstand behauptet wird“ (ebd.) stellt dann die Gesamtheit inklusive der Selektion von bestimmten Merkmalen, die dem Menschen eigentlich zugeschrieben wird, dar.

Jedoch wurde die Interaktionstheorie ebenfalls des Öfteren kritisiert, da keine klare Grenze zwischen Fokus und Rahmen vorzufinden ist. Der Linguist George Lakoff und der Sprachphilosoph Mark Johnson haben sich an der Interaktionstheorie orientiert und in den 1980er Jahren maßgeblich zur Metaphernforschung beigetragen.

2.3 Die kognitive Metapherntheorie nach Lakoff und Johnson

„The essence of metaphor is understanding and experiencing one kind of thing in terms of another” (Lakoff/Johnson 1980: 5). Diese sehr einfache Definition einer Metapher von Lakoff und Johnson zeigt, dass die Metapher „eine Bedeutung von einem Bereich auf einen anderen [überträgt, EK]“ (Schmitt 2017: 39). Unser Denken wird von Metaphern strukturiert und sie dient als „zentrales Sinnesorgan für unsere soziale und kognitive Welt […]“ (Buchholz 2018: 8). Auseinandersetzungen und Konflikte werden oft mit dem Konzept des Krieges in Zusammenhang gebracht, doch unsere Vorstellung des Konflikts ändert sich umgehend, wenn wir die Auseinandersetzung als einen Tanz sehen und wahrnehmen (vgl. ebd.). Durch die Übertragung von Bildern eines Konzepts auf ein anderes werden andere Aspekte des Konzepts ausgeblendet. Zum Beispiel kann es durchaus sein, dass der Diskussionspartner auch eine kooperative Lösung finden will und nicht nur kriegerische Absichten aufzeigt.

Die Metapher darf nicht nur als ein Element der Sprache angesehen werden. Sie besitzt eine ordnende Funktion in unserem Denken, denn unser Konzeptsystem ist hauptsächlich metaphorisch angelegt (vgl. Lakoff/Johnson 2018: 12). So kann mit dem Beispiel der konzeptuellen Metapher Argumentieren ist Krieg6 gezeigt werden, dass die Form des Diskurses in Kampfbegriffen strukturiert ist (vgl. ebd.: 13). Dies zeigt sich mit folgenden metaphorischen Ausdrücken: „Ihre Behauptungen sind unhaltbar. […] Seine Kritik traf ins Schwarze. Ich schmetterte sein Argument ab“ (ebd.: 12). Lakoff und Johnson halten außerdem fest, dass „das Wesen der Metapher darin [besteht, EK], daß [sic!] wir durch sie eine Sache oder einen Vorgang in Begriffen einer anderen Sache bzw. eines anderen Vorgangs verstehen und erfahren können“ (ebd.: 13). Somit ist nicht nur das Konzept, sondern auch die Handlung und die Sprache metaphorisch strukturiert. Durch die Verwendung von konzeptuellen Kampf-Metaphern wird unser Denken und Handeln beeinflusst, also wie wir über das Argumentieren sprechen und die Art und Weise, wie wir die Argumentation sehen (vgl. ebd.: 15). Der Grund, warum es Sinn macht, metaphorische Ausdrücke zu untersuchen, haben Lakoff und Johnson folgendermaßen ausgedrückt:

„Da in unserer Sprache metaphorische Ausdrücke systematisch mit metaphorischen Konzepten verbunden sind, können wir anhand von metaphorischen sprachlichen Ausdrücken das Wesen metaphorischer Konzepte untersuchen und Einsicht gewinnen in die metaphorische Natur unserer Aktivitäten“ (ebd.).

Die Aussage verdeutlicht, wie sehr unser Denken und Handeln metaphorisch organisiert ist. Die konzeptuellen Metaphern werden also – wie bereits erläutert – nicht nur als sprachliches Phänomen gesehen, sondern tragen dazu bei, dass der Mensch seine Umwelt versteht und diese auf eine kognitive Ebene gruppieren kann.

Im Folgenden werden die Begrifflichkeiten bei Lakoff und Johnson definiert, um daraufhin das Besondere an der Theorie festzuhalten und zu erläutern. Die metaphorischen Redewendungen umfassen einzelne metaphorische Aussagen, wie die bereits geschilderten Aussagen (vgl. Schmitt 2017: 57). Das metaphorische Konzept beinhaltet „Zusammenfassungen mehrerer einzelner Metaphern, die vom gleichen, meist sinnlich konkreten Quellbereich Strukturen auf einen abstrakten, komplexeren Zielbereich übertragen“ (ebd.). Beispiele für metaphorische Konzepte wären: Argumentieren ist Krieg oder auch Zeit ist Geld (vgl. Lakoff/Johnson 2018: 12, 16). Es können sich mehrere metaphorische Äußerungen auf ein und denselben Ziel- bzw. Quellbereich beziehen. Jedoch ist nicht immer klar definiert, was unter dem komplexen Zielbereich zu verstehen ist, da dies eher subjektiv ist (vgl. Jäkel zit. n. Schmitt 2017: 42). Ein weiterer Begriff in der Metapherntheorie von Lakoff und Johnson ist der Begriff ‚Schemata‘. Schemata umfassen einfache Muster, sowie einfache und gestalthafte Erfahrungen (vgl. Schmitt 2017: 58). Diese sind besonders wichtig, um die metaphorische Struktur von Redewendungen zu beschreiben. Folgendes Beispiel macht dies deutlich:

Schemata: Personifikation

Beispiel Redewendung: „Das Leben hat mich betrogen“ (Lakoff/Johnson 2018: 44).

Schemata: Tätigkeit wird metaphorisch als Substanz und deshalb als Gefäß betrachtet. Beispiel Redewendung: „Wie bist du ins Diskutieren gekommen?“ (ebd.: 42).

Bei den Schemata handelt es sich zumeist um Höhe, Tiefe, Behälter, Substanz, Kraft, Richtung oder Start-Weg-Ziel. Diese Schemata helfen dabei, Metaphern bewusst wahrzunehmen bspw. durch Präpositionen wie ‚in‘ oder ‚aus‘. Schemata entstehen also „aus der körperlichen Auseinandersetzung mit der Umwelt“ (Schmitt 2017: 87).

Lakoff und Johnson unterscheiden in ihrer Metapherntheorie zwischen dem Quell- und dem Zielbereich („source domain“ und „target domain“) (ebd.: 41). Es gibt drei Bedingungen, die erfüllt werden müssen, um einen wörtlichen Ausdruck als Metapher zu bezeichnen. Der Quellbereich muss zunächst identifiziert werden. Dieser beinhaltet zumeist eine konkret-sinnliche Erfahrung wie beispielsweise visuelle Sinneseindrücke (vgl. ebd.). Die metaphorische Redewendung nimmt Bezug auf ein Ziel. Die dritte Bedingung umfasst die Übertragung des „Denkmuster[s] von einem konkreten lebensweltlichen Quellbereich […] auf einen komplexen Zielbereich […]. Diese Übertragung dient der konstruierenden Versprachlichung des Zielphänomens ebenso wie seiner sozialen Rezeption“ (ebd.). Anhand des folgenden Beispiels soll dies verdeutlicht werden: Das metaphorische Konzept der Geist ist eine Maschine umfasst folgende metaphorische Redewendung: „Mein Gedankengang ist heute etwas eingerostet“ (vgl. Lakoff/Johnson 2018: 38). Die Maschine (Quellbereich) ist sinnlich wahrnehmbar und der Geist (Zielbereich) wird auf den Quellbereich übertragen, indem die Maschine auf den Geist Bezug nimmt.

2.3.1 Die Typologie konzeptueller Metaphern

Lakoff und Johnson konstatieren, dass es verschiedene Gruppen gibt, in denen sich die metaphorischen Konzepte einordnen lassen. Sie differenzieren die Metaphern in folgenden Kategorien: Strukturmetaphern, Orientierungsmetaphern, ontologische Metaphern und die Personifikation.

Strukturmetaphern:

Mit Strukturmetaphern wird der Fall gemeint, „in denen ein Konzept von einem anderen Konzept her metaphorisch strukturiert wird“ (ebd.: 22). Darunter fallen die teilweise bereits genannten metaphorischen Konzepte wie beispielsweise Argumentieren ist Krieg/Zeit ist Geld/Das Leben ist eine Reise. Die Redewendung „Er griff jeden Schwachpunkt in meiner Argumentation an“ impliziert eine kriegerische, angreifende Handlung. In diesem Bereich ist ebenfalls oft die Rede von Gegnern, gewinnen und verlieren, Strategien planen, Attacken und weitere Argumentationshandlungen, die wiederum unser Handeln strukturieren (vgl. ebd: 12f.). Durch diese kriegerischen Worte kann es sein, dass man sich eher aggressiv in einer Argumentation verhält, da dem Diskussionspartner beispielsweise keine lösungsorientierten Aspekte zugesprochen werden, da dies in einem kriegerischen Konflikt eben auch nicht der Fall ist.

Orientierungsmetaphern:

Orientierungsmetaphern sind solche Fälle, „bei dem ein ganzes System von Konzepten in ihrer wechselseitigen Bezogenheit organisiert wird, […] weil die meisten von ihnen mit der Orientierung im Raum zu tun haben: oben-unten, innen-außen, […]“ (ebd.: 22). Diese hier zugehörigen Metaphern geben dem metaphorischen Konzept eine räumliche Beziehung wie folgendes Beispiel zeigt: Glücklich sein ist oben. Zu diesem Konzept gehören dann sprachliche Ausdrücke wie „Meine Stimmung stieg“ (ebd.: 23). Diese metaphorische Orientierung beruht auf physischen und kulturellen Erfahrungen, doch diese sind nicht überall auf der Welt gleich. Zum Beispiel liegt unsere Zukunft vor dem Menschen und in anderen Kulturen liegt die Zukunft hinter dem Menschen (vgl. ebd.: 22). Laut Lakoff und Johnson liegt die physische Grundlage in diesem Konzept darin, dass eine gebeugte Körperhaltung eher mit Traurigkeit und Depressionen einhergeht und ein aufrechter Gang mit Freude und Heiterkeit (vgl. ebd.: 23). Des Weiteren muss noch festgehalten werden, dass verschiedene Metaphern kohärent mit anderen sind, wie beispielsweise Glücklich sein ist oben und Gesundheit ist oben. Manche Metaphern sind so eindeutig in unserem kognitiven Konzept mit ‚oben‘ verknüpft, dass ein anderes Konzept gar nicht mehr vorstellbar ist (zum Beispiel ‚hoher Status‘) (vgl. ebd.: 27).

[...]


1 Original zu finden bei Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen (1953), Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2003, § 115.

2 Viele Theoretiker fassen die Vergleichstheorie und die Substitutionstheorie zusammen. Im weiteren Verlauf wird nur noch der Oberbegriff Substitutionstheorie genannt, da beide Theorien auf eine Substitution aufbauen.

3 Empedokles war ein antiker griechischer Philosoph.

4 Ebenfalls zu finden bei Gredel (2014: 33f.) und Kurz (2009: 11): „Aus der Analogie der Verhältnisse vom Alter zum Leben und vom Tag zum Abend kann man die metaphorische Wendung Abende des Lebens ableiten“.

5 Siehe auch ‚verborgen‘/ ‚verdrängen‘ bei Drößiger (2004: 58ff.) oder ‚highlighting‘ und ‚hiding‘ bei Lakoff und Johnson (vgl. Schmitt 2017: 60).

6 „Die Großschreibung entspricht einer Konvention zur Kennzeichnung konzeptueller Metaphorik“ (Baldauf 1997: 16). Diese wird im Folgenden beibehalten.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Die Nutzung kognitiver Metaphern in der politischen Berichterstattung. Der Migrationsdiskurs im Jahr 2018
Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung)  (Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft)
Note
2,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
32
Katalognummer
V490097
ISBN (eBook)
9783668965942
ISBN (Buch)
9783668965959
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Metaphern Migration Diskurs, Metaphertheorie, Metaphernanalyse, Krieg Fluss Wasser Strom Weg, Warenhandel
Arbeit zitieren
Emma Hinz (Autor:in), 2019, Die Nutzung kognitiver Metaphern in der politischen Berichterstattung. Der Migrationsdiskurs im Jahr 2018, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/490097

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