Der Mehrwert des Schulfachs Glück für die Berufsorientierung


Bachelorarbeit, 2019

63 Seiten


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Methode und Struktur der Arbeit

3. Die Berufsorientierung
3.1. Ziele
3.2. Phasen
3.3. Handlungsfelder

4. Das Schulfach Glück
4.1. Ziele
4.2. Phasen
4.3. Handlungsfelder

5. Empirische Untersuchung zum Mehrwert
5.1. Schülerumfrage
5.2. Lehrerumfrage
5.3. Methodenkritik

6. Der Mehrwert für die Berufsorientierung
6.1. Ziele
6.2. Phasen
6.3. Handlungsfelder

7. Fazit

8. Kritik und Grenzen

Anhang

Literaturverzeichnis

Vorbemerkungen:

Um dem Leser und der Leserin ein flüssiges Lesen zu ermöglichen, verzichte ich in dieser Arbeit auf den Ausweis beider Geschlechtsformen. Ich bemühe mich um eine geschlechtsneutrale Schreibart und selbstverständlich sind bei männlichen Bezeichnungen auch die Vertreterrinnen des weiblichen Geschlechtes gemeint. Alternativ möchte ich auch keine Idiome wie z.B. Lehrkraft oder SuS zu verwenden, auch wenn es mittlerweile gängige Fachbegriffe sind. Die Verwendung von solchen Gender-Überbegriffen verschleiert letztendlich nur die Gender-Problematik durch Um- schreibung der gemeinten Sache, löst sie aber nicht. Wenn ich männliche Bezeichnungen wie z.B. Schüler oder Lehrer im Allgemeinen verwende, dann inkludiere ich selbstredend auch die Schülerin oder Lehrerin im Allgemeinen. Schüler und Lehrer bestehen aus beiden Geschlechtern und die Unterscheidung der Geschlechterrollen hat hier keinerlei Relevanz. Ich möchte die Leserin, und den Leser daher bitten, aus dem grammatikalischen Geschlecht eines Wortes, nicht auf die Diskri- minierung eines biologischen Geschlechtes zu schließen.

Glossar

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS

ABBILDUNG 1, ANTEIL DER SEKTOREN AM DEUTSCHEN BIP (1970-2010), QUELLE: WELTBANK WDI; ZITIERT IN: HTTPS://WWW.LAI.FU-BERLIN.DE/E- LEARNING/PROJEKTE/VWL_BASISWISSEN/BIP/DIE_SEKTOREN_DER_VOLKSWIRTSCHAFT /DIENSTLEISTUNGSSEKTOR/INDEX.HTML

ABBILDUNG 2, ENTWICKLUNG DER ERWERBSTÄTIGEN IN D NACH WIRTSCHAFTSSEKTOREN, QUELLE: STATISTISCHES BUNDESAMT WISTA 03/2018

TABELLE 1, DIMENSIONEN VON BO UND SFG

TABELLE 2, EIGENE DARSTELLUNG: MÖGLICHE ZIELTHEMEN ZUR BO AUS DEN STUDIEN „WAS ELTERN WOLLEN“ UND „ZUKUNFT? JUGEND FRAGEN!“

TABELLE 3, PHASEN-KONZEPT VON (DRIESEL-LANGE ET AL. 2010)

TABELLE 4, PHASEN-KONZEPT VON (KADI & SAVILLA 2018) IN ANLEHNUNG AN (OECHSLE 2009) ZITAT:

TABELLE 5, (DICHATSCHEK 2002) NACH (HOPPE 1980)

TABELLE 6, (OECHSLE 2009B)

TABELLE 7, (DREER 2013A) NACH (FEND 2006) UND (WENGERT-RICHTER 2007)

TABELLE 8, (POHLMANN 2018), PROFESSIONSETHISCHE ANFORDERUNGEN AN DIE SCHULISCHE BERUFSORIENTIERUNGSBERATUNG, IM SAMMELBAND BO MODERNISIEREN

TABELLE 9, EIGENE DARSTELLUNG: META-HANDLUNGSFELDER DER BO

TABELLE 10, (FRITZ-SCHUBERT ET AL. 2015) PRAXISBUCH SCHULFACH GLÜCK

TABELLE 11, (FRITZ-SCHUBERT ET AL. 2015) PRAXISBUCH SCHULFACH GLÜCK

TABELLE 12, EIGENE DARSTELLUNG DER INTEGRATIVEN ZIELE

TABELLE 13, EIGENE DARSTELLUNG DER INTEGRATIVEN PHASEN

TABELLE 14, EIGENE DARSTELLUNG DER INTEGRATIVEN HANDLUNGSFELDER

1. EINLEITUNG

1. Jeder Schüler in Deutschland durchläuft in Klasse 7-10 die Berufsorientierung (KMK 2017). In dieser Phase sollen die Schüler den Transfer leisten, von ihren erworbenen Fähigkeiten, Wissen, Kompetenzen und persönlichen Vorlieben auf ihre künftige berufliche Tätigkeit zu schließen und den Einstieg in das Berufsleben aktiv zu gestalten. Dabei ist es Auftrag der Berufsorientierung einen realistischen Erwartungshorizont bei den Schülern zu entwickeln, damit Diese sich um eine Zielbenennung bemühen, die auch erreichbar ist (Wolters 2010). So ist die kindliche An- nahme, dass alle Jungs Fußball-Profis werden können recht unrealistisch. Diese kindlichen An- nahmen sollen durch den Prozess der Berufsorientierung aber auch der Lebenswegplanung in Schule, Familie und andere Träger auf ein realistisches Niveau heraufgeschraubt werden, damit eine tragfähige Entwicklung der Schüler in Bezug auf ihre berufliche Zukunft ermöglicht wird (Ziegler 2018). Das Bildungswesen und hier besonders die Berufsorientierung, ist in ihrer Innova- tionsfähigkeit besonders träge. Dies folgt aus der Komplexität des Themas und ist weiterfüh- rend dem Umstand geschuldet, dass es auf Veränderungen der Bildungsansprüche nur reagie- ren kann. Es ist dem Bildungswesen nicht möglich zu agieren, da es sich auf die Veränderungen in den Lebenswelten bezieht. Bildungsziele und Ansprüche sind auf die entsprechenden Le- benswelten ausgerichtet und folgen deren Bedürfnissen, können somit also immer nur reagie- ren. Die Innovation im Bildungssystem ist ein komplexes Thema, da sich Ziele und Ansprüche unserer Gesellschaft ständig weiterentwickeln. Dieser Innovations-Auftrag ist in Bezug zu Bil- dungssystemen so schwierig, da ein System, das einmal so eingestellt ist, dass es funktioniert, nicht wieder verändert werden möchte. Eine ständige Veränderung von Strukturen und Inhal- ten innerhalb eines Systems ist für dessen funktionieren nicht förderlich. Ein Bildungssystem, dass an den Bedürfnissen der Menschen und des Marktes vorbei bildet, benötigen wir jedoch auch nicht. Und so sind Innovationen und Anpassungen des Bildungssystems an die Bedürf- nisse des Menschen und in Bezug auf die Berufsorientierung und dem Schulfach WAT auch auf die aktuelle ökonomische Situation einer Volkswirtschaft (Fachkräftebedarf) notwendig (Friese 2018).
2. Seit der Erkenntnis-Verdichtung, dass die zunehmende Technisierung von Arbeit bestehende Arbeitsplätze zerstört, wird in Fachbüchern des WAT-Unterrichts vom Strukturwandel der Ar- beitswelt gesprochen (Kaminski 2006). Wir stellen fest, dass dieser Strukturwandel ein anhalten- der Prozess der Preis-Effektivität, durch den Austausch von Lohnarbeit zur Maschinenarbeit innerhalb kapitalistischer Ökonomien ist (Pfeiffer 2010; Schwahn et al. 2018). Die Lohnarbeit der Zukunft, wird also nicht die gleiche Arbeit in unserer Zeit sein. Stichpunkt Industrie 4.0 Arbeit 4.0, Freizeit 4.0. In Zukunft werden zunehmend von einfachen Tätigkeiten ausgehend, mehr und mehr durch Maschinen ersetzt werden (Hermeier et al. 2019). Es gilt daher, unsere Jugend innerhalb dieser Arbeitsmarktentwicklung entsprechend vorzubereiten. Es ist zu erwar- ten, dass im Arbeitsleben der Zukunft Arbeitgeber mehrfach gewechselt werden, das Grenzen zwischen Beruf und Freizeit verschmelzen und die persönliche Identifikation mit dem AG zu- nehmen wird. (Hirsch-Kreinsen 2015; Hermeier et al. 2019). Was kann Schule also tun, um adäquat auf das Berufsleben der Zukunft vorzubereiten? Konkret kann Schule als Ort des so- zialen Lernens die Kompetenzen der Schüler in Bezug auf ihre Stärken, Schwächen, Visionen und Ziele stärken, damit diese die Grundvoraussetzungen erfahren, um unter anderen auch resilient durch das Berufsleben zu gehen (Graf 2015).
3. Schule kann der Berufsorientierung mehr Zeit einräumen und innerhalb des bestehenden Fä- cherkanons als fachübergreifendes Thema in die einzelnen Fächer integrieren. Traditionell fin- det die Berufsorientierung lediglich im Schulfach WAT statt. Andere Schulfächer sehen sich für die Berufsorientierung nicht in der Verantwortung und halten sich aus diesem Lern-Prozess gerne heraus. Könnte Berufsorientierung in andere Fächer integriert werden, so würden mehr Aspekte berücksichtigt werden können und der Berufsorientierung würde mehr Zeit einge- räumt werden. Es würde der Berufsorientierung durch den Akteur Schule mehr Bedeutung beigemessen. Vielleicht ist die Integration der Berufsorientierung in andere Schulfächer aber einfach nicht praktikabel. Die fachlichen Anknüpfungspunkte sind vielleicht nicht gegeben, das würde erklären warum dieser Integrationsprozess an den Schulen nicht weiter fortgeschritten ist und wir im Jahr 2019 eine Berufsorientierung vorfinden, welche nur an das Fach WAT angeknüpft ist. Ich denke andere Fächer müssen in die Verantwortung genommen werden, um eine gute Berufsorientierung zu ermöglichen. Aber welchen Beitrag können Fächer wie z.B. Chemie und Physik zur Berufsorientierung leisten? Befassen sich diese Fächer doch mit jeweils eigenständigen Fach-Wissenschaften und nicht mit der gelungenen Integration in das nach- schulische Leben der Schüler. In Zeiten des kompetenzorientierten Unterrichts sollte man den- ken, dass es Schule möglich macht allgemeine Kompetenzen aus den Fachkompetenzen zu generieren. Die aus den Fachkompetenzen heraus entstehenden allgemeinen Kompetenzen scheinen für den Prozess der Berufsorientierung jedoch nicht ausreichend zu sein, wie die Ver- besserungswürdigkeit der BO impliziert.
4. Bildung entwickelt sich weiter und so kommen neue Bildungsansätze in die Entwicklung und praktische Erprobung welche den heutigen Bedürfnissen gerecht werden. Aus der Schulpraxis der pädagogischen Arbeit an den leichten und „schwierigen Schülern“ entstand beim Schullei- ter Fritz-Schubert die Erkenntnis, dass auch Schule einen präventiven Ansatz erarbeiten sollte, welcher die Schüler erst gar nicht zu schwierigen Schülern werden lässt. Neben dem sogenann- ten Schulfach Glück gibt es noch weitere Bildungsansätze, die sich mit der Prävention von Verhaltensauffälligkeiten beschäftigen. Fritz-Schubert gelang es in seiner Dissertation ein pä- dagogisches Konzept auszuformulieren, welches die Selbstwirksamkeit bei Schülern in Bezug zum individuellen Wohlbefinden aktiviert und fördert. Das sogenannte Schulfach Glück ent- stand 2007 in Heidelberg und ist in Berlin als „Pilotprojekt Glück“ an einigen Schulen zu finden. Das Schulfach Glück (SFG) ist der „ positiven Pädagogik “ nahe und befasst sich mit der Ausbildung von Selbst- und Sozialkompetenzen. Es hat einen rein humanistischen Bildungs- ansatz und behandelt im Wesentlichen persönliche und soziale Bedürfnisse der Schüler. Durch die Verknüpfung von Selbst- und Fachkompetenzen bildet es Brücken zwischen den einzelnen Fachdidaktiken. Besonders interessant ist dies für die schulische Berufsorientierung, da es sich bei beiden Bildungsfeldern um Prozesse handelt, die Schüler durchlaufen müssen. Auf Me- taebene betrachtet, greifen bei einer solchen Prozessbewältigung Selbst- und Fachkompeten- zen ineinander, da sie bei ihrer Anwendung nicht spezifisch, sondern allgemein durchmischt und ergänzt werden. Fachkompetenzen des SFG wären z.B. Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit, Em- pathie, Resilienz, Konflikt- und Entscheidungsfähigkeit und das scheinen mir doch grundlegende Kompetenzen für die Berufsorientierung zu sein.

Relevanz des Themas

1. Die Berufsorientierung ist eine der komplexen gesellschaftlichen Aufgaben, der sich nicht entzogen werden kann. Gesellschaft muss jugendlichen Schulabgängern aufzeigen, wie das Erwerbsleben funktioniert, wie unser Gesellschaftssystem aufgebaut und durchdrungen werden kann (Brüggemann und Rahn 2013). Nur wenn jugendliche Schulabgänger diese gesellschaftlichen Systeme verstanden haben, können sie sich auch angemessen in ihnen bewegen, ohne anzuecken. Und Jugendliche ecken beim Übergang ins Erwerbsleben oft an. 2016 haben wir einen neuen Höchststand der Ausbildungsabbrüche mit 25,8% erreicht. Das ist jeder vierte Auszubildende (Öchsner 2018). Ein dramatischer Höchststand, der unserer Gesellschaft Fehler im System aufzeigt, denn mit jedem Ausbildungsabbruch wird ein individuelles Ziel1 revidiert, welches vorher erreichbar und erstrebenswert schien. Auch bei den Studierenden2 ist 2016 eine Abbrecherquote von 28% erreicht, welche auf eine Orientierungslosigkeit hindeutet (Heublein und Schmelzer 2018). Im WS 2015/16 gab es 18.044 Studiengänge (Dudek et al. 2015) und 326 Ausbildungsberufe (Steiner 2017) in Deutschland. Hier die passende Auswahl zu treffen (über)fordert nicht nur Schüler, son- dern auch Lehrer und Eltern.
2. Es besteht ein wachsender Markt für private Drittanbieter3, welche ihre Dienstleistungen zum Handlungsfeld BO innerhalb des schulischen Raumes anbieten. Das BMBF z.B. be- wirbt indirekt die Durchführung einer Potenzialanalyse durch Drittanbieter und öffnet so- mit einen Markt in dem Geld verdient werden kann (BMBF 2017). Über 2000 private Un- ternehmen arbeiten bereits in der Berufsorientierung. Diese Entwicklung wird aufgrund des Wirkmacht-Verlustes unter Fachleuten der Arbeitslehre äußerst kritisch betrachtet. Der liberale Marktansatz, hoheitliche Staatsaufgaben in die private Wirtschaft zu überfüh- ren, hat in der Vergangenheit vielfach gezeigt, dass die negativen Aspekte überwiegen. So ist vielerorts und in vielen Handlungsfeldern (auch der Bildung) von Rekommunalisierung die Rede (Rügemer 2011). Der Einzug von privaten Unternehmen in das Bildungssystem (z.B. Anbieter von Dienstleistungen, technische Lösungen) ist stark umstritten aber poli- tisch gewollt. Umstritten auch, weil so die Werbung in das System Schule eindringt und der Beutelsbacher Konsens4 somit unterlaufen wird.
3. Sicher gibt es Berufsorientierung in Schulen, die ihrer Zeit voraus ist. Damit gibt es aber auch Schulen, die dem Anspruch einer guten BO nicht nachkommen können, oder wollen. Eine angemessene schulische Begleitung und Vorbereitung der Schüler im Übergang Schule/Beruf kann also nicht immer gewährleistet werden. Angesichts der bestehenden Diskrepanz zwischen den erreichten Qualifikationen der Schulabgänger und den betrieb- lichen Anforderungen an Bewerber, stellt sich zunehmend Unzufriedenheit und Reibung im tertiären Sektor des Bildungssystems ein. Diese Reibung baut auf der Zielverfehlungen einer Berufsorientierung in der Sekundarstufe I und II auf. Schüler werden mit ihrer Über- forderung allein gelassen. Soziale Ungleichheit und die damit zusammenhängenden Bil- dungschancen wirken auf die Schüler und Schule ihr Übriges (Georg 2018). Lehrkräfte ziehen, aufgrund einer permanenten Leistungsanforderung am Limit ihrer Schaffensgren- zen den Kopf ein, um nicht in den Bereich der Überforderung zu gelangen. Lehrkräfte konzentrieren sich in Zeiten der „systemischen Überforderung“ auf die bewährten Metho- den (Gentner und Mertens 2006). Dabei geht jedoch der Blick für die Zukunft verloren und es senkt sich der Qualitätsanspruch einer guten Berufsorientierung auf die zukünftigen Erwartungen und Bedürfnisse. Die Zeit, die Lehrkräfte benötigen, um ihr Ziel für eine verbesserte Berufsorientierung neu zu definieren, ist in einer Zeit der systemischen Über- forderung schlicht weg gesagt nicht vorhanden. Damit ist der Blick in die Zukunft und die damit zusammenhängende Qualität unserer Berufsorientierung versperrt. Wenn aber „Lehrpersonen der Zukunft und der Praxis […] ihre Alltagstheorien zum Thema Bildung und Erziehung, Unterricht und Schule kennen und vor dem Hintergrund neuerer wissen- schaftlicher Erkenntnisse reflektieren können“, dann ist eine grundsätzliche Haltung gegeben, die auf Prozesse der Neuausrichtung und Aktualisierung förderlich wirkt (Aeppli et al. 2014).
4. Ich bin überzeugt, dass die aktuelle Handhabung der schulischen Berufsorientierung in der Praxis verbesserungswürdig ist5. Fachlehrer der Arbeitslehre (WAT) sollen neben Hilfsan- geboten des Landes, der Jugendberufsagentur-Berlin6 und privaten Drittanbietern die in Landeskonzepten verfassten Ziele zur Berufsorientierung erfüllen. Dabei lässt der geltende Fächerkanon den Schülern und Lehrern wenig Zeit, um individualisiert und angemessen mit dem Handlungsfeld Berufsorientierung umzugehen. Es gibt an der Schule kein regu- läres Schulfach, welches sich ausschließlich mit den Eigenkompetenzen der Schüler befasst und deren Persönlichkeit stärkt. Dabei ist dies doch Grundvoraussetzung für eine gute Berufsorientierung. Der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass Berufsorientierung (BO) fachübergreifend betrieben werden muss, wird in der Praxis wenig Bedeutung beigemes- sen. Das sogenannte Schulfach Glück (SFG) ist als Projekt „Glück“ der Senatsverwaltung an die Berliner Schulen gelangt und befasst sich ausschließlich mit Eigen- und Sozialkom- petenzen.

Fragstellung

In dieser Arbeit gehe ich der Frage nach, ob das sogenannte Schulfach Glück einen Mehr- wert für die Berufsorientierung liefern kann und woran dieser Mehrwert fest zu machen wäre. Meine These, dass das SFG einen Mehrwert liefert, generiert sich aus meiner einjäh- rigen Ausbildung (2018/19) zum Glückslehrer in der ich Gemeinsamkeiten zwischen SFG und BO feststelle.

2. METHODE UND STRUKTUR DER ARBEIT

In Teil III und Teil IV dieser Arbeit werde ich [Die Berufsorientierung] und [Das Schul- fach Glück] vorstellen und den aktuellen wissenschaftlich publizierten Stand der Themenbe- reiche BO und SFG innerhalb der Dimensionen: Ziele, Phasen und Handlungsfelder jeweils aufzeigen. Diese Themenbereiche werde ich mittels Literaturrecherche erarbeiten. Dabei werde ich auch wissenschaftliche Studien7 aus dem Bildungssektor aufgreifen. Auf Grundlage der erarbeiteten Wissensstände zu den Themenbereichen lassen sich gemeinsame Schnittstel- len und ein möglicher Mehrwert für die Berufsorientierung ableiten.

In Teil V [Empirische Untersuchung zum Mehrwert] werde ich versuchen den Mehrwert des SFG für die BO, durch eine eigene wissenschaftliche Untersuchung aufzudecken. Der empirische Teil gliedert sich in zwei Umfragen. Dabei handelt es sich um ein rein quantitatives (Schülerumfrage) und ein quantitativ/qualitatives (Lehrerumfrage) Setting zu möglichen Schnittstellen und Mehrwert zwischen BO und SFG. Die Schülerumfrage geht den realen sub- jektiven Erfahrungen mit dem SFG und der BO nach. Die zweite Befragung richtete sich an die Lehrkräfte aus den Schulen, welche im Glücksunterricht und der Berufsorientierung ver- haftet sind. Die qualitative Umfrage zielt auf die Expertensicht der Lehrkräfte von BO und SFG ab. Diese haben pädagogische und fachwissenschaftliche Erfahrungen zu den Hand- lungsfeldern BO und SFG. Deren Einschätzungen verleihen den subjektiven Schüleraussagen ein Stück mehr Objektivität und unterstützen die Ergebnisse als Indikator für Tendenzen.

- Die Schülerumfrage ist quantitativ, als „Nicht-experimentelles Forschungsdesign“ auf die Erfahrungen der Schüler ausgerichtet und soll eine „zusammenfassende Be- schreibung eines Phänomens ansteuern“. Es handelt sich damit um ein „deskriptives Forschungsdesign“ (Aeppli et al. 2014).
- Die Lehrerumfrage ist quantitativ-qualitativ, als „Interaktives Design“ auf die Be- schreibung und Bedeutung von Erfahrungen der Lehrer ausgerichtet und soll „erlebten Situationen und Erfahrungen Sinn und Bedeutung zuschreiben“. Es handelt sich damit um eine „phänomenologisches Forschungsdesign“ (Aeppli et al. 2014).

Beide Umfragen sind stichpunktartig als Querschnitts-design im März/April 2019 an sechs Berliner Schulen durchgeführt worden und liefern keine abschließenden oder verallgemeiner- baren Aussagen. Die Ergebnisse der Umfragen sehe ich aufgrund der geringen Befragungs- dauer und der Anzahl der TN eher als erste Hinweise, Indikatoren, welche weiterführende Forschung zur Folge haben sollte. Selbstredend gelten für diese Arbeit auch die wissenschaft- lichen Gütekriterien der Objektivität, Realität und Validität.

Ich möchte auch kurz auf die Begriffe Berufsorientierung und Studienorientierung eingehen. Nach meinem Verständnis inkludiert BO die Studienorientierung (StO) aufgrund des Umstandes, dass auch das Studium auf einen späteren Berufswunsch/Arbeitsfeld ausgerichtet ist. Die Un- terscheidung zwischen BO und Studienorientierung dient der differenzierten Verortung des Themas an verschieden Schultypen. An Gymnasien ist der Zwischenschritt Studienorientierung notwendig, um den individuellen Interessen und Fähigkeiten der Schüler in Bezug des späteren Studiengangangebotes gerecht zu werden (Ministerium für Bildung, Ju- gend und Sport von Brandenburg 2015). So verstanden ist die Studienorientierung Teil der Berufsorientierung und diese ist Teil der Lebenswegeplanung, welche im Alter der Adoleszenz beginnt (Oechsle 2009a). Folgerichtig orientiert sich die BO an der Lebenswegplanung und kann aus entwicklungspsychologischer Sicht als ein lebenslanger Prozess verstanden werden, der erst mit Beendigung der Erwerbsarbeit endet. Dementsprechend erforschen verschiedene wissenschaftliche Disziplinen wie Ökonomie, Psychologie, Erziehungswissenschaften, Berufs- pädagogik die Berufsorientierung (Dreer 2013a). Ich möchte im Folgenden also nur noch von der BO sprechen und meine dabei die StO immer mit.

Kleine Begriffsklärung

Die Kapitel: [ Die Berufsorientierung ], [ Das Schulfach Glück ] und [ Der Mehrwert für die Berufsorien- tierung ], werde ich innerhalb der Dimensionen8: Ziele, Handlungsfelder und Phasen bearbeiten. Dabei möchte ich hier auf die Dimensions-Begriffe näher eingehen, um mein Begriffs- Verständnis zu verdeutlichen und ihnen damit eine klare Abgrenzung ermöglichen.

Tabelle 1, Dim ensi onen vo n BO un d SFG

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. DIE BERUFSORIENTIERUNG

1. Mit der ersten industriellen Revolution Industrie1.09 entstand eine neue Produktionsweise, die Fertigung in Teilschritten. Sie erforderte neue Berufsbilder, welche den damals neuen Fertigungsprozessen gerecht werden konnten. Aufgrund der Massenproduktion entstand im Industriesektor ein Bedarf an entsprechend ausgebildeten Arbeitern. Die Berufsorien- tierung junger Menschen wird gesellschaftlich notwendig und gewinnt mit dem gesell- schaftlichen Fortschritt an Bedeutung. Das Matching zwischen Berufs- und Personenmerk- malen ist im Zuge der Institutionalisierung, spätestens seit dem 20. Jahrhundert, Gegen- stand verschiedener Berufswahltheorien (Parson 1909; Brüggemann und Rahn 2013). Zum Anfang des 20. Jahrhundert konstituierte sich die Berufspädagogik und die Arbeitsschulbewe- gung. In der Allgemeinbildung wurde dem Recht der freien Berufswahl durch der Berufs- orientierung nachgegangen. In der Schulabgangsphase wurden den Schülern Arbeitsbedin- gungen und Tätigkeiten der entsprechenden Berufe vorgestellt, damit die Schüler erste Einblicke in Berufe bekamen, die sie innerhalb ihres sozialen Bildungs-Status10 erlernen konn- ten (Friese 2018).

2. Die Berufsorientierung (BO) ist spätestens seit den 1960´iger Jahren ein pädagogischer und zentraler Teil des Bildungssystems (Friese 2018). BO ist gesellschaftliche Aufgabe, die Unternehmen, Verbände, Arbeitsagenturen und Schulen einbezieht. Nach dem heutigen SGB III ist die BO der Arbeitsagentur unterstellt, kann jedoch aus dem Lernort Schule nicht herausgetragen werden (Wolters 2010; KMK 2017; Sen-bjw 2016; Driesel-Lange et al. 2010). Somit ist die BO mit den entsprechenden Zielbenennungen durch Landeskon- zepte (bedingt durch die KMK), an Schulen mit ihren entsprechenden Fachlehrern thema- tisch integriert. „Das Aufgabenspektrum der BStO im Sinne einer pädagogischen Unter- stützung des Berufswahlprozesses umfasst sowohl die Förderung der Persönlichkeitsent- wicklung der Kinder und Jugendlichen als auch die Auseinandersetzung mit der Arbeits- und Lebenswelt“ (Angerer et al. 2018). Die Berufsorientierung (BO) ist ein wenig beforschtes, aber zentrales Handlungsfeld in der Abgangsphase der allgemeinbildenden Schulen. Es umschreibt einen Prozess der individuellen Entwicklung, in dem „man Lern- aufgaben, die sich im menschlichen Leben, aufgrund von körperlichen Reifungsprozessen oder gesellschaftlichen Erwartungen in bestimmten Lebensphasen stellen und individuell bewältigt werden müssen“ (Brüggemann und Rahn 2013, 11). Schule begleitet, neben an- deren Trägern und den Eltern, die Schüler bei ihrem Prozess der Entwicklung bezüglich ihrer Berufswahlkompetenz. Anspruch einer guten BO ist es, keine Differenz zwischen dem Anspruch der ArbG und der Fähigkeiten der Schulabgänger entstehen zu lassen! Oft ist von der Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger die Rede. Brüggemann & Rahn (2013) so- wie Pohlmann (2018) betonen den normativen Aspekt der BO. Schließlich werden Schüler in ihrem Prozess beraten und damit auch beeinflusst. „Die zunehmende Ausdehnung von kommerziellen Beratungsanbietern steht dem ethischen Anspruch der Unabhängig- keit/Trägerneutralität und Klientenorientierung entgegen. Und die gelenkte Berufsorien- tierungsberatung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels widerspricht dem ethischen Prinzip der freien Berufswahl und Ergebnisoffenheit der Beratung“ (Pohlmann 2018). Auch die Lehrkräfte der schulischen BSO unterliegen bei genauerer Betrachtung einem etischen Konflikt. So besteht aufgrund von Autonomie der Lehrkräfte und Abhängigkeit der Lernenden eine Paradoxie/Antinomie innerhalb der pädagogischen Beratung die nicht aufgelöst werden kann, sondern nur reflexiv handhabbar ist (Helsper 2016; Pohlmann 2018).

3. Das Schulfach WAT stellt den Hauptbezug zur BO aufgrund des historischen Verlaufes und seiner Konzeption durch das ehemalige Schulfach Arbeitslehre her (Sen-bjw 2016). Im ehemaligen Berliner Schulfach Arbeitslehre und dem jetzigem Schulfach WAT finden überwiegend die Lernformen des Projektorientierten Lernens und des Dualen Lernens statt. „Die Lernform Duales Lernen wurde von der Berliner Senatsverwaltung im Rahmen der Schul- strukturreform im Schuljahr 2010/2011 eingeführt (Ohlemann et al. 2016). Das Duale Ler- nen ist also eher als politisch motivierter Begriff als ein fachdidaktischer Terminus zu ver- stehen. Mit dem Begriff Duales Lernen ist der Erwerb von Kompetenzen gemeint, der über die Fachkompetenzen der Arbeitslehre / WAT hinaus geht. Es sollen „die Prozesse des theoretischen Lernens innerhalb der Schule mit beruflichen Aspekten aus der Arbeitswelt sowie praktischen Erfahrungen wie Werkstattarbeit [verbunden werden]“ (Ohlemann et al. 2016; Bartels und Nix 2010). Ziel des Dualen Lernens, ist das frühe 11 in Kontakt kommen mit verschiedenen Berufsfeldern und der Erwerb von Schlüsselqualifikationen. Dabei stellt die Studie BeBest (Ohlemann et al. 2016) selbst fest, dass:

- die teilnehmenden Lehrkräfte eine Optimierung der personellen und finanziellen Ressourcen fordern.
- die Lernenden (bei Befragung früherer Jahrgänge) das Duale Lernen im Fach WAT auf zwei Bereiche der praktischen Arbeit reduzierten, die Holzwerkstatt und die Lehrküche.
- nach Angaben der Lernenden gibt es lediglich drei zentrale Bereiche der BSO- Maßnahmen in Sek I, Werkstattarbeit, Bewerbungstraining und das Betriebs-Prak- tikum.

Als zentraler Begriff der BSO konnte sich Duales Lernen binnen 5 Jahren12 demnach nicht etablieren. Die praktische, überfachliche Bearbeitung des schulischen Handlungsfeldes BSO hinkt bei den überwiegenden Schulen den politischen Forderungen hinterher. Diese Entwick- lung zeigt auf, dass relevante Begriffe der Fachdidaktik nicht durch Politik und Verwaltung, aufgrund von Anspruchsdenken implementiert werden können. Fachbegriffe können nur Re- levanz erfahren, wenn die entsprechende Fach-Wissenschaft diese Begriffe auch benutzt, um Dinge zu beschreiben. „So geht es in den Fachdidaktiken vorwiegend um Bildung bzw. das Lernen und Lehren in der Schule […]. Fachdidaktische Forschung zielt ganz besonders […] auf die Verbesserung von Unterricht in einem spezifischen Fach oder Domäne ab“ (Reiss und Ufer 2010). Angesichts der vorhandenen hohen Orientierungslosigkeit der Schüler am Über- gang Schule / Beruf und erschreckenden Zahlen bezüglich der aktuellen Praxis im Arbeits- lehre-Unterricht13 aus anderen Forschungsstudien, gilt es die fachdidaktische Erforschung der BSO auszubauen (Prof. Dr. Marianne Friese 2017; Rahn et al. 2016; Friese 2017). An diesem Punkt könnte ich wohl alle Fachwissenschaftler der BO als Referenz aufführen, da die BO von der Forschung als allgemein ausbaufähig konnotiert wird.

3.1. Ziele

1. Eingliederung in den Arbeitsmarkt

BO muss aber auch als Zwei-Klientel-Programm verstanden werden. Neben der subjektiven Klientel der Schüler / Jugendlichen, gibt es den objektiven Klienten, die Gesellschaft – hier im Speziellen die Arbeitsgesellschaft, vertreten durch die Arbeitgeber. Berufsbilder und An- forderungen ändern sich aufgrund von Anpassungen an ökonomische Entwicklungen. Die derzeitig verantwortliche Generation stellt die Weichen für die Fortführung ihrer Arbeit. Somit weist eine bestehende Arbeits-Gesellschaft der kommenden, jüngeren Generation ihre Rolle zu. Nach Oechsle (2009) handelt es sich bei der BO um ein Allokationsprozess um gesell- schaftliche Zuweisungsprozesse, in Abhängigkeit von „ökonomischen und soziokulturellen Faktoren wie Arbeitsmarkt, Familie, und Geschlecht […]“ (Oechsle 2009, 56). Brüggemann und Rahn (2013) beschreiben diese Doppeldeutigkeit der BO als eine Norm, welche Verant- wortlichkeiten zwischen Individuum und Gesellschaft festlegt. „Andererseits […] wird erwar- tet, dass sich Jugendliche wie strategische Arbeitsmarktsubjekte verhalten, die ihre beruflichen Wünsche […] dem anpassen, was auf dem Arbeitsmarkt realisierbar scheint“ (Brüggemann und Rahn 2013, 12). Die Vorstellung vom Arbeitsleben und späteren Lebensvorstellungen / Werten muss jeder Schüler für sich sinnhaft in Einklang bekommen, um jenes individuelle Leben gerechtfertigt aushalten zu können. Die Fragen, die auf Schülerebene aufkommen sind: Was will ich erreichen? Was kann ich erreichen? Was soll ich erreichen? Pädagogischer An- spruch der BO ist es, dass Schüler diese Fragen für sich selbst beantworten können (Sen-bjw 2016). Schule kann erheblich dazu beitragen, die Salutogenese bei Schülern zu fördern, um den Weg zum Ziel der individuellen Lebenszufriedenheit zu beschreiten. Der Umgang mit den im Arbeitsleben zu erwartenden Bedingungen wie: permanentem Verunsicherungsgefühl, Leis- tungsdruck, Sinnlosigkeit, Machtlosigkeit, Orientierung in der pervertierten Gesellschaftsform der Aufmerksamkeitsökonomie sowie der Trieb und Interessensteuerung kann resilient gelernt werden. Es gilt den inneren Kompass auf bestimmte Lebensziele auszurichten, um das hohe Ziel des individuellen Wohlbefindens zu erreichen. Dies kann nur erreichen, wer seine Psyche resilient gegen äußere Faktoren schützen kann (Hansch 2015). Die BO ist ein Prozess der individuellen Ausrichtung auf Ziele, bedingt durch Möglichkeiten, und damit wesentlicher Teil der individuellen Lebenswegeplanung.

2. Ausrichtung der individuellen Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kompetenzen, Bedürfnisse und Vorlieben von Schülern auf die zu erwartenden Berufsbilder der künftigen Gene- rationen.

Vom 01. - 05.04.2019 fand in Hannover die größte und wichtigste Industriemesse der Welt statt, die „ Hannovermesse“. Branchenthemen der Zukunft sind: Die Digitalisierung der industri- ellen Produktion, die Vernetzung einzelner Arbeitsstationen mittels dem neuen Mobilfunkstandart 5G. Mit dem Schlagwort Industrie 4.0 soll individueller produziert werden: Die Klassische Fließbandarbeit schreitet mittels digitaler Vernetzung in ein neues Zeitalter, in dem kostengünstiger produziert werden kann. So ermöglicht es Industrie 4.0, dass z.B. mehrere Autohersteller in einem Werk produzieren. Der Weltmarkt zwingt die Hersteller von globalen Produkten zu Wettbewerbsvorteilen mittels Effizienz. Eine große Frage der Zukunft in Bezug zur Arbeit lautet: Auf welcher erwerbsmäßigen Grundlage sollen die Konsumenten der Zu- kunft die Produkte kaufen, wenn Arbeitsplätze durch den Einsatz technischer Geräte ver- drängt werden (Bonin, H., Gregory, T., & Zierahn, U. 2015)? Ein Phänomen besteht schon lange und ist Teil der kapitalistischen Produktion: Die Potenzierung, die Selbstbeschleunigung, die Radikalisierung des Kapitalismus. Diese System-Logik finden wir auch im kontinuierlichen Abbau von Lohnkosten wieder. Das Ökonomische Prinzip des Input-Output-strebens ist im- manent im kapitalistischen System. Egal welche Branche, welches Produkt, umso höher die Lohnkosten im Verhältnis zum Gewinn, umso unwahrscheinlicher scheint die mögliche Ge- winnsteigerung zu sein. Menschen machen Fehler und Fehler kosten Geld. Menschen arbeiten nicht wie Maschinen 24h am Tag. Die Produktivität der Maschinen ist bei vergleichbarer Ar- beit um ein Vielfaches höher.

Bei der Suche nach den obersten Zielen der BO-Lehrpersonen stehen für mich die Bedürfnisse der Schüler und Eltern an oberster Stelle, da sie zentrale Akteure der BO sind. Schule muss auf deren Bedürfnisse eingehen, um den Ansprüchen der Eltern und Schülern beim Prozess der Bo gerecht zu werden. Aber was sind deren Bedürfnisse? Ich möchte hier kurz zwei Stu- dien vorstellen, die sich jeweils mit den Bedürfnissen von Eltern und von Schülern auseinan- dersetzen.

- Die Studie „ Was Eltern wollen“ (Institut für Demoskopie Allensbach 2015) und
- die Studie „Zukunft? Jugend fragen!“ (BMUB 2018). Ich werde hier ausgewählte Ergebnisse dieser Studien anhand nachfolgender Tabelle vergleichen. Daraus lassen sich Handlungsziele für Schulen benennen.

Tabelle 2, Eigene Darstellung: Mögliche Zielthemen zur BO aus den Studien „Was Eltern wollen“ und „Zu-kunft? Jugend fragen!“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhand dieser Gegenüberstellung lassen sich fundierte Verbesserungsvorschläge für die BO erstellen, obwohl sich die Studien nicht direkt mit der BO befassen.

3. Den Bedarf des Arbeitsmarktes berücksichtigen.

Mit dem Fortschreiten des Gewinnstrebens der ökonomisch handelnden Gesellschaften ent- wickeln sich jene Gesellschaften innerhalb der Sektoren: Agrar, Dienstleistung, Industrie. Dem folgenden Diagramm (Abbildung 1) kann entnommen werden, dass sich mit der Sektorenver- schiebung innerhalb einer Volkswirtschaft auch der Bedarf an Arbeits- und Ausbildungsplät- zen ändert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1, Anteil der Sektoren am deutschen BIP (1970-2010), Quelle: Weltbank WDI; Zitiert in:

https://www.lai.fu-berlin.de/e-learning/projekte/vwl_basiswissen/bip/die_sektoren_der_volkswirt-schaft/dienstleistungssektor/index.html

Der Arbeitsmarkt unterliegt also den jeweiligen ökonomischen Bedingungen einer Volkswirt- schaft. (Schwahn et al. 2018). BO muss also die Interessen der Betroffenen zukunftsgerichtet thematisieren, um den zu erwartenden Entwicklungen gerecht zu werden und damit die Inte- ressen der Betroffenen zu bedienen.

Auch die folgende Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Erwerbstätigen nach Wirtschafts- sektoren. Dabei benennen die Begriffe Tertiär, Sekundär und Primär die Sektoren Dienstleis- tung, Industrie und Bau sowie Agrar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2, Entwick lun g der Erwerbstäti gen in D nach Wirts chaftssek toren , Quel le : Statisti sches Bundesam t WI STA 03/2018 .

Die Bedarfsorientierte BO am Arbeitsmarkt ist Handlungsfeld der Arbeitsagentur, welche als Akteur innerhalb der BO, Übersicht und Beratung anbieten kann. Der Anstieg des Tertiären Sektors hat auch Auswirkungen auf die Bildungsabschlüsse. So besteht ein Zusammenhang zwischen Bildungsgrad und Häufigkeit der Arbeitslosigkeit. Den Anforderungen der jeweiligen Sektoren wird anhand der Schulabschüsse Rechnung getragen. Diesen Aspekt möchte ich hier aufgrund des Formates Bachelorarbeit jedoch nicht weiter thematisieren.

[...]


1 Das erlangen eines Ausbildungsabschlusses.

2 Die Studienabbruchquote bezieht sich auf die Absolventen eines Bachelorstudiums.

3 Kommerzielle Unternehmen.

4 Bildungsgrundsätze der formalen politischen Bildung z.B. Überwältigungsverbot durch absichtliche Beein- druckung, Neutralitätsgebot der Lehrkraft.

5 Abgesehen davon, dass die BSO-Konzepte einer ständigen Veränderung durch Anpassung an die Gegeben- heiten des Arbeitsmarktes unterliegen.

6 Ist ein Beratungs- und Hilfsangebot für Jugendliche und Eltern beim Übergang in das Berufsleben https://www.jba-berlin.de/home/.

7 BeBest, (Ohlemann et al. 2016); Was Eltern wollen, (Institut für Demoskopie Allensbach 2015); Zukunft? Ju- gend fragen!, (BMUB 2018); Unterricht zum Glücklichsein, (Bertrams 2011); Schüler glücklich und stark machen, (Rupp und Knörzer 2010); Förderung von Selbstwirksamkeit bei Schülern und Lehrern (Jerusalem und Schwarzer 1999)

8 Dimensionen, weil: Personen die einen Prozess durchlaufen, anhand von Freiheitsgraden innerhalb der Pro- zessfelder ihren Fortschritt beschreiben können. Die Dynamik des Prozesses wird von Freiheitsgraden beein- flusst. Durch die Regulierung von Freiheitsgraden können wiederum Prozesse beeinflusst werden.

9 Ist ein Begriff, der die erste Entwicklungsstufe der industriellen Produktion umschreibt. Der vollzogene und zu erwartende industrielle Wandel lässt sich in Industrie 1.0, 2.0, 3.0, 4.0 unterteilen (Frick 2014). Die Arbeits- welt unterliegt unter anderen dem industriellen Wandel direkt.

10 Entsprechend der Schulform war (und ist) die Auswahl an Berufen determiniert. Gymnasium=Studium und akademische Berufe, Realschule=technische, kaufmännische Berufe, Hauptschule: kaufmännische-, Hand- werksberufe

11 In Berlin ist die Jahrgangsstufe 7 der Sek I gemeint.

12 Die Studie BeBest wurde 2016 erhoben, der Begriff Duales Lernen wurde 2010/11 durch die Sen-bjf einge- führt.

13 2014 wurden 71% des Arbeitslehreunterrichts in Hessen von fachfremden Lehrkräften unterrichtet. Siehe: (Friese 2017.

Ende der Leseprobe aus 63 Seiten

Details

Titel
Der Mehrwert des Schulfachs Glück für die Berufsorientierung
Autor
Jahr
2019
Seiten
63
Katalognummer
V490519
ISBN (eBook)
9783668979260
ISBN (Buch)
9783668979277
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mehrwert, glück, berufsorientierung, Schulfach Glück, allgemeiner Bildungsansatz, psychologie, Schulbildung, theoretische Grundlagen, empirische Studie, Arbeitslehre, WAT, Schulfach, interdisziplinärer Bildungsansatz, subjektives Wohlbefinden, Ernst Fritz-Schubert, Gatwu, Berlin, Schülerumfrage, Lehrerumfrage, Sven Jänsch, Pilotprojekt Glück, Schule, Lebenswegplanung, salutogenese, resilienz, sethasa, positive Pädagogik
Arbeit zitieren
Sven Jänsch (Autor:in), 2019, Der Mehrwert des Schulfachs Glück für die Berufsorientierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/490519

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